Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.08.2014, Az. I ZR 242/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3295

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I
[X.]/12
Verkündet am:

18. Juni 2014

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

Geschäftsführerhaftung
UWG § 8 Abs. 1
a)
Der Geschäftsführer haftet für unlautere [X.]handlungen der von ihm vertretenen [X.] nur dann persönlich, wenn er daran entweder durch [X.] beteiligt war oder wenn er die [X.]verstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründe-ten Garantenstellung hätte verhindern müssen.
b)
Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den [X.] begründen keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegen-über außenstehenden [X.], [X.]verstöße der [X.] zu verhindern.
c)
Der Geschäftsführer haftet allerdings persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen [X.], wenn er ein auf Rechtsverletzun-gen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat.
[X.], Urteil vom 18. Juni 2014 -
I [X.]/12 -
Kammergericht

[X.]

Berichtigt durch Beschluss
vom 26. August 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des B[X.]gerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 19.
März 2014 durch [X.] [X.].
Büscher, Pokrant, Prof.
[X.].
Schaffert, [X.].
[X.] und [X.].
Koch

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammerge-richts vom 13. November 2012 wird auf Kosten der Klägerin zu-rückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein Gasversorgungsunternehmen, das
Verbraucher
mit Erdgas beliefert. Der Beklagte zu
2
ist
alleiniger
Geschäftsführer der im Aus-gangsverfahren ebenfalls beklagten
R.
GmbH
(im Folgenden Beklagte zu
1). Diese vertrieb im Jahr 2009 im Auftrag
der e.

GmbH,
eines
Wettbewerbers
der Klägerin,
[X.] und
beauftragte hierzu
selbständige Handels-vertreter, die den Vertrieb ihrerseits
durch eigene Mitarbeiter oder [X.]itte im We-ge der Haustürwerbung durchführten.

Die Klägerin hat behauptet, die bei der Haustürwerbung eingesetzten Werber
hätten versucht, Verbraucher mit unzutreffenden und irreführenden An-gaben zur Kündigung ihrer [X.]
mit der Klägerin
und zum [X.] neuer Verträge mit der e.

GmbH zu bewegen. Sie meint, neben
der Beklagten
zu
1
hafte auch der Beklagte zu
2
persönlich, da er von den
Ver-1
2
-
3
-
stößen Kenntnis gehabt und seinen Betrieb jedenfalls nicht so organisiert habe, dass er die Einhaltung von
Rechtsvorschriften habe sicherstellen können.

Das [X.] hat die
Beklagten
unter Androhung von Ordnungsmit-teln
verurteilt,
es zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Vertrieb von [X.] gegenüber Verbrauchern zu behaupten,

1.
ihre Mitarbeiter (i) kämen im Auftrag der Klägerin und/oder ([X.]) es bestehe sonst eine rechtliche oder geschäftliche Verbindung zwischen der e.

GmbH und der Klägerin und/oder ([X.]i) die Klägerin und die V.

AG
würden zusammengelegt;

2.
im Zusammenhang mit einer Behauptung nach Nr.
1 zu behaupten, für den Wechsel von G.

-Kunden zur e.

GmbH gebe es Gutschriften oder
Preisreduzierungen;

3.
im Zusammenhang mit dem Wechsel von Kunden der Klägerin zur e.

GmbH den Eindruck zu erwecken, es handele sich nicht um einen Lieferan-tenwechsel.

Außerdem hat das [X.] die Beklagten zur Auskunft verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt.

Auf die allein vom Beklagten zu
2 eingelegte Berufung hat das [X.]
die gegen
diesen
gerichtete Klage abgewiesen
(KG, [X.], 172 = [X.], 354).

Mit ihrer
vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision erstrebt die Klä-gerin weiterhin die Verurteilung
des Beklagten
zu 2.
Dieser beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

3
4
5
6
-
4
-
Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden
gegen den Beklagten zu 2
weder ein
Unterlassungsanspruch nach
§
8 Abs.
1 und 3 Nr.
1, §§
3, 5 Abs.
1 und 2 UWG
noch die darauf bezogenen Folgeansprüche zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Beklagte zu
2
hafte
unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsge-fahr
weder
als Störer
noch als Täter. Die Klägerin habe nicht substant[X.]ert vor-getragen, wann und auf welche Weise er
Kenntnis von ihren
Vorwürfen erlangt habe. Eine Haftung ergebe sich auch nicht wegen
eines pflichtwidrigen Unter-lassens.
Eine wettbewerbsrechtliche [X.], durch
geeignete [X.] falsche oder irreführende Darstellungen der eingesetzten Werber zu unterbinden, treffe
zwar
die Beklagte zu 1
als Unternehmensträgerin, nicht aber
den Beklagten zu
2
als deren Geschäftsführer. Dieser sei grundsätzlich nur der [X.] und nicht [X.] gegenüber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass sich die [X.] rechtmäßig verhalte. Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, aus denen sich eine persönliche wettbewerbsrechtliche Haftung ergeben könne, da der Beklagte zu
2
nicht zu
erkennen gegeben habe, gegenüber den Mitbewerbern seiner Auftraggeber persönlich die Verantwortung für ein wettbe-werbskonformes Verhalten übernehmen
zu wollen. Ebenso wenig hafte er
we-gen eines Organisationsverschuldens.
Die Haftung für Organisationsmängel treffe primär die [X.].
Soweit daneben
eine Eigenhaftung des Ge-schäftsführers überhaupt in Betracht komme, lägen jedenfalls im Streitfall keine derart gewichtigen Umstände und Rechtsverletzungen vor, die eine persönliche Erfolgsabwendungspflicht
des Beklagten
zu
2
begründen könnten. Die Auslage-rung des Direktvertriebs auf selbständige [X.]itte, die provisionsabhängig Haus-türwerbung betrieben, begründe
ebenfalls
keine erhöhte Gefahr für die Bege-hung von [X.]verstößen.
7
8
-
5
-

Auch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr bestehe kein
Unterlassungsanspruch, da keine Anhaltspunkte für ein künftiges
rechtswidri-ges Verhalten des Beklagten
zu
2
vorlägen, nachdem die durch ihn
vertretene Beklagte zu 1 die
Unlauterkeit der angegriffenen Behauptungen
nicht in Abrede gestellt und ihre Unterlassungsverpflichtung durch Verzicht auf Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche
Urteil anerkannt habe.

I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision
hat
keinen
Erfolg.
Das Berufungsgericht hat eine persönliche Haftung des Beklagten zu
2
für [X.]verstöße der von ihm vertretenen [X.]
zu
Recht
verneint.

1.
Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsge-richt davon ausgegangen, dass eine Haftung des Beklagten zu
2 als Störer
im Zusammenhang mit den [X.]verstößen der Beklagten zu
1
nicht in Betracht kommt. Als Störer kann nach der Rechtsprechung des [X.]s bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer
ohne
Täter oder Teilnehmer zu sein

in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten
Rechtsguts
beiträgt (st. Rspr.;
vgl. nur
[X.], Urteil vom 15.
August 2013
I
ZR
80/12, [X.], 1030 Rn.
30 = [X.], 1348

File-Hosting-Dienst, [X.]). Für Fälle des soge-nannten [X.], um die es bei [X.]verstößen geht und in denen keine Verletzung eines absoluten Rechts in Rede steht, kann
die Passiv-legitimation nach der
neueren
[X.]srechtsprechung dagegen allein nach den deliktsrechtlichen Kategorien der [X.]chaft und Teilnahme begründet werden ([X.], Urteil vom 22.
Juli 2010
I
ZR
139/08, [X.], 152 Rn.
48 = [X.], 223
Kinderhochstühle im Internet
I; Urteil vom 12.
Juli 2012

I
ZR
54/11, [X.], 301 Rn.
49 = [X.], 491

Solarinitiative).

9
10
11
-
6
-
2. Auch soweit das Berufungsgericht eine
Haftung des Beklagten zu
2 als Täter für die mit den Klageanträgen zu
I
1 bis 3 beanstandeten Wettbe-werbsverstöße
verneint
hat, hält das Berufungsurteil rechtlicher Nachprüfung
stand.

a) Die
Frage, ob sich jemand als Täter
(oder Teilnehmer) in einer die zi-vilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines [X.]

hier an den falschen oder irreführenden Darstellungen der im Auftrag der Beklagten zu
1
handelnden Werber

beteiligt hat, beurteilt sich nach den
im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen ([X.], [X.], 152 Rn.
30

Kinderhochstühle im Internet
I; [X.], Urteil vom 22.
Juni 2011
I
ZR
159/10, [X.],
1018 Rn.
24 = [X.], 1469
Automobil-Onlinebörse).
Täter ist danach derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täter-schaft begeht (§
25 Abs.
1 StGB). Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftli-che Begehung, also
ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (vgl. §
830 Abs.
1 Satz
1 BGB).

b) Der
Geschäftsführer
haftet für einen [X.]verstoß der von ihm vertretenen [X.], wenn er die Rechtsverletzung selbst begangen oder in Auftrag gegeben hat
(vgl. [X.], Urteil vom 19.
Juni 1963
Ib
ZR
15/62, [X.], 88, 89
[X.]; Urteil vom 23.
Mai 1985
I
ZR
18/83, [X.], 1063, 1064 = WRP 1985, 694
Landesinnungsmeister). Im [X.] steht ein solches Verhalten des Beklagten zu
2 nicht in Rede.

c) Nach der bisherigen Rechtsprechung haftet der Geschäftsführer dar-über hinaus
allerdings auch dann
für [X.]verstöße der [X.],
wenn er von ihnen
Kenntnis hatte und
es unterlassen hat, sie zu verhindern (vgl.
nur
[X.], Urteil vom
26.
September 1985
I
ZR
86/83, [X.], 248, 251
Sporthosen;
Urteil vom
9.
Juni 2005
I
ZR
279/02, [X.], 1061, 12
13
14
15
-
7
-
1064 = [X.], 1501
Telefonische Gewinnauskunft). Diese [X.], in der nicht daran angeknüpft wird, dass der gesetzliche Vertreter der juristischen Person das wettbewerbswidrige Verhalten selbst veranlasst hat, hat ihre ursprüngliche Grundlage in der Störerhaftung (vgl. [X.], [X.], 248, 251
Sporthosen; [X.], Urteil vom 15.
Januar 2009
I
ZR
57/07, [X.], 841 Rn.
14
f.
und 18
= WRP 2009, 1139
[X.]). Nach Aufgabe der [X.] im Lauterkeitsrecht kann an der bisherigen Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden.

aa) Ein Unterlassen kann positivem [X.] nur gleichgestellt werden, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein [X.] entspricht. Erforderlich ist eine Garantenstellung des [X.], die ihn verpflichtet, den deliktischen Erfolg abzuwenden (vgl. [X.],
Urteil vom 5.
Dezember
1989
VI
ZR
335/88, [X.]Z 109, 297, 303;
Urteil vom 10.
Juli 2012

VI
ZR
341/10, [X.]Z 194, 26
Rn. 18). Eine Garantenstellung kann sich aus vorhergehendem gefährdenden [X.] (Ingerenz), Gesetz, Vertrag oder der Inanspruchnahme von Vertrauen ergeben (vgl.
[X.], Urteil vom 6.
April 2000

I
ZR
67/98, [X.], 82, 83 = [X.], 1263
Neu in Bielefeld
I; Urteil vom 12.
Januar 2010
1
StR
272/09, NJW 2010, 1087 Rn.
58; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], UWG, 32. Aufl., §
8 Rn.
2.16; Hühner, [X.]-Prax 2013, 459, 460
f.).
Sie muss gegenüber dem außenstehenden [X.] bestehen, der aus der Verletzung der Pflicht zur Erfolgsabwendung Ansprüche herleitet (vgl. [X.]Z 109, 297, 303; 194, 26 Rn.
20).

bb) Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wett-bewerbshandlungen der von ihm vertretenen [X.] besteht
danach
nur, wenn er daran entweder durch [X.] beteiligt war oder wenn er die [X.]verstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des De-16
17
-
8
-
liktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen.
Es kann deshalb dahinstehen, ob
entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts anzu-nehmen ist, dass
der Beklagte zu 2 Kenntnis jedenfalls von einem Teil
der be-anstandeten Werbebehauptungen hatte, wofür
insbesondere
das von der [X.] zu
1 für die Haustürwerber bereitgestellte Formular "Missverständnisse vermeiden"
sprechen könnte.

d) Nach diesen Grundsätzen kommt im Streitfall eine persönliche Haf-tung des Beklagten zu 2
als Geschäftsführer nicht in Betracht.

aa) Die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von [X.]verlet-zungen
scheidet
als haftungsbegründender Umstand aus. Erforderlich ist viel-mehr grundsätzlich, dass der [X.]verstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Fest-stellungen
dem Geschäftsführer anzulasten ist. So liegt es etwa bei der [X.] Benutzung einer bestimmten Firmierung
und
dem
allgemeinen Werbeauftritt eines Unternehmens, über die typischerweise auf [X.] entschieden wird. Dementsprechend hat der [X.] ohne weiteres eine Haftung der vertretungsberechtigten Organe einer juristischen Person für das allgemeine Konzept einer Kundenwerbung eines Unternehmens (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Juni 2011

I
ZR
157/10, [X.], 184 Rn.
1, 32 = [X.], 194

Branchenbuch Berg), für den Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kam
(vgl. [X.],
Urteil vom 17.
August 2011

I
ZR
108/09, [X.]
2011, 1043 Rn.
5, 70 = [X.], 1454

TÜV
II) und für den allgemeinen Internetauftritt des Unternehmers (vgl. [X.], Urteil vom 19.
April 2012
I
ZR
86/10, [X.], 1145 Rn.
2, 36 = [X.], 1392
Pelikan)
bejaht.

18
19
-
9
-

bb)
Erlangt der Geschäftsführer lediglich Kenntnis davon, dass bei der unter seiner Leitung stehenden Geschäftstätigkeit [X.]verstöße be-gangen werden oder ihre Begehung bevorsteht, trifft ihn persönlich regelmäßig
auch
keine wettbewerbsrechtliche
[X.]
im Verhältnis zu außenste-henden [X.], eine (weitere) Verletzung durch das [X.]recht ge-schützter
Interessen von Marktteilnehmern zu verhindern.

(1) Der Haftung wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Ver-kehrspflicht liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der in seinem [X.] eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zu-mutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der [X.]
daraus
drohenden Gefahren notwendig sind (vgl. [X.], [X.], 301 Rn.
51
Solarinitiative). Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von [X.] für rechtsverletzende fremde Inhalte konkreti-siert sich die wettbewerbsrechtliche [X.] als Prüfpflicht (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Juli 2007
I
ZR
18/04, [X.]Z 173, 188 Rn.
22, 36
[X.] bei [X.]; Urteil vom 12.
Mai 2010
I
ZR
121/08, [X.]Z 185, 330 Rn.
13
Sommer unseres Lebens). Die Haftung wegen Verletzung wettbewerbsrechtlicher [X.]en ist aber nicht auf die Verletzung von Prüfpflichten beschränkt (vgl. [X.]/Goldmann in Harte/[X.], UWG, 3.
Aufl., §
8 Rn.
81). [X.]rechtliche [X.]en können sich ebenso als Überwachungs-
und Eingreifpflichten konkretisieren (vgl. [X.] in [X.]/[X.], UWG
aaO
§
8 Rn.
2.10).

Solche [X.]en können auch das Organ einer [X.] tref-fen. Sie stellen sich als Garantenpflicht aus vorangegangenem gefahrbegrün-denden Verhalten dar (vgl. [X.], [X.], 82, 83
Neu in Bielefeld
I; Urteil vom 28.
Juni 2007
I
ZR
153/04, [X.], 186 Rn.
21 = [X.], 220

Telefonaktion).
Verstößt das Organ
einer juristischen Person, das in seiner 20
21
22
-
10
-
beruflichen Tätigkeit nach der Legaldefinition des §
2 Abs.
1 Nr.
6 UWG als Un-ternehmer im Sinne des Lauterkeitsrechts behandelt
wird,
gegenüber Verbrau-chern gegen eine wettbewerbliche [X.], so entspricht sein Handeln nicht den Erfordernissen fachlicher Sorgfalt (§
3 Abs.
2 UWG). Im Verhältnis zu anderen Marktteilnehmern handelt das Organmitglied
unlauter gemäß §
3 Abs.
1 UWG [X.]/Goldmann in Harte/[X.] aaO §
8
Rn.
83
f.; [X.] in [X.]/[X.] aaO
§
8 Rn.
2.8).

(2) Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen aber
keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden [X.], [X.]verstöße der [X.] zu verhindern ([X.] in Harte/[X.] aaO §
8 Rn.
118). Die nach §
43 Abs.
1 GmbHG und §
93 Abs.
1 Satz
1 AktG dem Geschäftsführer einer GmbH und den Mitgliedern des Vorstands einer Aktiengesellschaft oblie-gende Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung umfasst zwar auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Rechtsverletzungen
wie etwa Wettbe-werbsverstöße
unterbleiben. Diese Pflicht besteht aber grundsätzlich nur ge-genüber der [X.] und nicht auch im Verhältnis zu außenstehenden [X.] (vgl. [X.]Z 109, 297, 303; [X.], Urteil vom 13.
April 1994
II
ZR
16/93, [X.]Z 125, 366, 375; [X.]Z 194, 26 Rn.
22
f.). Es kann zudem nicht außer [X.] bleiben, dass dem Geschäftsführer im Fall einer generellen Haftung für [X.]verstöße ein kaum kalkulierbares Risiko auferlegt würde (vgl. [X.], [X.], 248, 251
Sporthosen).

(3) Eine Erfolgsabwendungspflicht des Geschäftsführers kann sich zwar in begrenztem Umfang aufgrund besonderer Umstände ergeben ([X.]Z 109, 297, 303; 125, 366, 375; 194, 26 Rn.
24; [X.], Urteil vom 28.
April 2008

II
ZR
264/06, [X.]Z 176, 204 Rn.
38;
MünchKomm.GmbHG/[X.], §
43 Rn.
339, 350; [X.]/Ziemons in [X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
43 Rn.
343
ff.; 23
24
-
11
-
Zöllner/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 20.
Aufl., §
43 Rn.
77
f.).
Die Re-vision meint
dazu, der Beklagte zu
2 hafte aufgrund einer [X.]verlet-zung, weil er in seiner Rolle als organschaftlicher Vertreter der Beklagten zu
1 durch eine unzureichende Betriebsorganisation eine gesteigerte Gefahr für die Begehung massenhafter, systematischer sowie grober [X.]verstöße geschaffen oder
diese jedenfalls begünstigt habe.

Die Revision macht damit
aber allein
Umstände geltend, die die Pflicht
des Beklagten zu
2 betreffen, den von ihm vertretenen Betrieb in einer Weise zu organisieren, die es ihm ermöglicht, die Einhaltung der Regeln des lauteren [X.] sicherzustellen. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Der Beklagte zu
2 haftet [X.]

wie dargelegt (Rn. 23)
nicht schon allein aufgrund seiner der [X.] gegenüber bestehenden Verpflichtung, ein rechtmäßiges [X.] der [X.] sicherzustellen.

(4) Die
Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen [X.] im Zu-sammenhang mit der Organisation der von ihm vertretenen [X.]
ist al-lerdings
zu erwägen, wenn der Geschäftsführer sich bewusst der Möglichkeit entzieht, überhaupt Kenntnis von etwaigen [X.]verstößen in seinem Unternehmen oder von ihm beauftragter [X.]ittunternehmen zu nehmen und dementsprechend Einfluss zu ihrer Verhinderung ausüben zu können. In der Rechtsprechung ist dies angenommen worden, wenn ein Geschäftsführer sich dauerhaft im Ausland aufhält (vgl. [X.], [X.] 1983, 595; [X.], [X.]-RR 2002, 240, 243; [X.]-RR 2006, 182, 183). So liegt der Fall hier indes nicht. Dass die in Rede stehenden [X.]verstöße räum-lich entfernt vom Geschäftssitz der Beklagten zu
1, an dem der Beklagte zu
2 seine Geschäftsführertätigkeit ausübt, begangen wurden, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Revision nicht die
Annahme, dieser habe bewusst davon abge-25
26
-
12
-
sehen, sich die Möglichkeit vorzubehalten, die im Außendienst tätigen Werber zu kontrollieren und Einfluss auf sie auszuüben.

(5) Anders als die Revision meint, kann auch nicht angenommen werden, dass der Beklage
zu
2 sich durch die Auslagerung der Haustürwerbung auf [X.] bewusst der Möglichkeit begeben hat, durch direkte arbeitsrechtliche Wei-sungen und enge Kontrollen
[X.]verstöße der Werber von vornherein zu unterbinden oder unverzüglich abzustellen.

Die gegenteilige Ansicht der Revision hätte zur Folge, dass
mit jeder Be-auftragung eines Subunternehmers die wettbewerbsrechtliche [X.] verbunden
wäre, für die Einhaltung der [X.]vorschriften durch die [X.] der Subunternehmer zu sorgen. Das kann aber schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Auslagerung von Tätigkeiten auf andere Unter-nehmen eine wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Unterneh-mensentscheidung ist, die nicht per se als Gefahrenquelle für [X.]ver-stöße angesehen werden kann. Dass der Beklagte zu
2 Unternehmen mit der Durchführung der Vertriebstätigkeit beauftragt hat, bei denen er von vornherein mit [X.]verstößen hätte rechnen müssen, ist weder festgestellt noch vorgetragen worden.

(6) Auch die Aufnahme der [X.] für die e.

GmbH

als solche
begründet keine wettbewerbsrechtliche [X.] des Beklag-ten zu
2. Die im Auftrag der Beklagten zu
1 betriebene Haustürwerbung war grundsätzlich zulässig. Anders als für die Prüfung einer wettbewerbsrechtlichen [X.] der Beklagten zu
1 ist es für die Frage, ob der
Beklagte zu
2 als
Geschäftsführer persönlich haftet, dann
unerheblich,
ob
Haustürwerbung
all-gemein oder jedenfalls
wie die Revision behauptet

im Zusammenhang mit der
Vermittlung von [X.]n eine für [X.]verstöße beson-27
28
29
-
13
-
ders anfällige Vertriebsform
ist. Eine zur persönlichen Haftung des [X.] führende Gefahrenlage ist in der Aufnahme oder Ausübung einer lega-len Geschäftstätigkeit als solcher nicht zu sehen. Denn bei der Frage, ob wett-bewerbsrechtliche [X.]en des Geschäftsführers in Betracht kommen, sind die gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundsätze, die vorstehend darge-stellt sind,
zu berücksichtigen (oben Rn. 23
f.). [X.]rechtliche [X.] des Organs einer [X.] können daher nicht in einem wei-ten, die Haftungsschranken des [X.]srechts durchbrechenden Umfang, sondern nur bei Hinzutreten besonderer Umstände angenommen werden, die über die allgemeine Verantwortlichkeit für die Betriebsorganisation hinausgehen (vgl. [X.], [X.] 1994, 6, 12; [X.], GmbHR 2005, 1235, 1241
f.; Messer in Festschrift [X.], 2006, S.
769, 778
f.).

(7) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, rechtfertigt
auch die weitgehend erfolgsabhängige Bezahlung der Werber
keine abwei-chende Beurteilung. Dabei handelt es sich um ein übliches und verbreitetes Mittel zur Motivation von Vertriebsmitarbeitern. Es ist weder für sich allein noch in Kombination mit anderen zulässigen Instrumenten des Waren-
und Dienst-leistungsabsatzes
geeignet, eine wettbewerbsrechtliche [X.] des Geschäftsführers aufgrund vorangegangenen gefährdenden [X.]s zu begrün-den.

(8) Allerdings
haftet der
Geschäftsführer
persönlich aufgrund
einer
eige-nen
wettbewerbsrechtlichen
[X.], wenn er ein auf Rechtsverletzun-gen
angelegtes Geschäftsmodell
selbst
ins Werk gesetzt hat
(vgl. [X.], [X.], 841 Rn.
21
f.
[X.]).
Dafür bestehen vorliegend jedoch keine An-haltspunkte.

30
31
-
14
-

cc) Eine Garantenstellung und damit die Haftung eines [X.]sor-gans kann auch dadurch begründet werden, dass es über seine ihm gegenüber der [X.] obliegenden Pflichten hinaus eine weitere Erfolgsabwen-dungspflicht [X.] gegenüber persönlich übernommen hat (vgl. [X.]Z 194, 26 Rn.
26; [X.], [X.] 1994, 6, 12). Daran wird es indes bei [X.]ver-stößen regelmäßig fehlen, da die Parteien im Vorfeld eines Verstoßes vielfach nicht miteinander in Kontakt oder in einer Geschäftsbeziehung stehen, aus der heraus das Organ einer [X.] ein besonderes, unter Umständen haf-tungsbegründendes Vertrauen erzeugen könnte. Das Berufungsgericht hat in-soweit ohne Rechtsfehler angenommen, der Beklagte zu
2 habe nicht zu er-kennen gegeben, gegenüber der Klägerin persönlich die Verantwortung für den Schutz eines lauteren [X.] übernehmen zu wollen. Diese Beurteilung greift die Revision nicht an.

e) Eine Gehilfenhaftung des Beklagten zu
2 kommt ebenfalls nicht in [X.]. Er hat die beanstandeten unlauteren [X.]handlungen nicht durch [X.] unterstützt. Eine Beihilfe durch Unterlassen scheidet
schon deshalb
aus, weil es jedenfalls an der dafür erforderlichen
Rechtspflicht des Beklagten zu
2 zur Erfolgsabwendung fehlt (vgl. [X.], [X.], 152 Rn.
34

Kinderhochstühle im Internet
I).

f) Das Berufungsgericht
hat
zu Recht
auch
eine Haftung des Beklagten zu
2 unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr verneint.

Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsan-spruch setzt voraus, dass ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine in naher Zukunft konkret drohende Rechtsverletzung bestehen (vgl. [X.], [X.], 841 Rn.
8
[X.], [X.]). Das Berufungsgericht ist [X.] davon ausgegangen, dass es daran im Streitfall fehlt und der Beklagte 32
33
34
35
-
15
-
zu
2 insbesondere auch durch sein Verhalten im Prozess keinen Anlass für die Annahme gegeben hat, er werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (vgl. [X.], Urteil vom 31.
Mai 2001
I
ZR
106/99, [X.], 1174, 1175 = WRP 2001, 1076
Berühmungsaufgabe; Urteil vom 17.
August 2011

I
ZR
57/09, [X.]Z 191, 19 Rn.
44
Stiftparfüm).

3. Da die
Unterlassungsansprüche unbegründet sind, hat das [X.] auch die darauf bezogenen Folgeansprüche
zu Recht
abgewiesen.

II[X.] [X.] beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Büscher
Pokrant
Richter am [X.] Prof. [X.]. Schaffert

ist in Urlaub und daher verhindert

zu unterschreiben.

Büscher

[X.]
Koch
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.02.2012 -
15 O 547/09 -

KG Berlin, Entscheidung vom 13.11.2012 -
5 U 30/12 -
36
37

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]/12
vom
26. August 2014
in dem Rechtsstreit

Der [X.] Zivilsenat des B[X.]gerichtshofs hat am 26.
August 2014 durch [X.]
[X.].
Büscher und [X.], Prof. [X.]. Schaffert, [X.], [X.] und [X.]. Koch

beschlossen:

Das Urteil vom 18.
Juni 2014 wird nach Anhörung der Parteien gemäß §
319
Abs.
1 ZPO dahin berichtigt, dass es in Randnummer
16, vierte Zeile, anstatt "des [X.]" richtig "des [X.]" heißen muss.

Büscher
Pokrant
Schaffert

[X.]
Koch

Meta

I ZR 242/12

26.08.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.08.2014, Az. I ZR 242/12 (REWIS RS 2014, 3295)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3295

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 W 59/21

Zitiert

I ZR 242/12

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