Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.04.2021, Az. 1 BvR 1732/14

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2021, 6837

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde zur Bestands- und Nutzungsdatenauskunft durch Telekommunikations- und Telemediendiensteanbieter - Rechtssatzverfassungsbeschwerde gegen § 180a LVwG (juris: VwG SH), § 8a VerfSchG SH sowie gegen § 15 Abs 5 S 4 TMG teils unzulässig, teils unbegründet


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind Vorschriften des Bundesrechts und des [X.]n Landesrechts, die in unterschiedlichem Umfang die manuelle Bestands- und [X.]auskunft durch Telekommunikations- und [X.]anbieter regeln.

2

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 180a des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das [X.] (Landesverwaltungsgesetz ‒ LVwG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1992 (GVOBl Schl.-H. [X.], 534) und gegen § 8a Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im [X.] (Landesverfassungsschutzgesetz ‒ LVerfSchG) vom 23. März 1991 (GVOBl Schl.-H. [X.]), jeweils in der durch das Gesetz zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes und des [X.] vom 21. Juni 2013 (GVOBl Schl.-H. [X.]) geänderten Fassung.

3

Zudem richtet sie sich gegen § 15 Abs. 5 Satz 4 des Telemediengesetzes ([X.]) vom 26. Februar 2007 ([X.], 251) in der ursprünglichen Gesetzesfassung.

4

a) Die Vorschriften des § 180a LVwG und des § 8a Abs. 1 LVerfSchG enthalten jeweils mehrere Befugnisregelungen, die Polizei und Verfassungsschutzbehörde des [X.] zum Abruf von Daten Dritter bei Telekommunikations- und [X.] ermächtigen.

5

§ 180a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 LVwG ermächtigt die Polizei zur allgemeinen Bestandsdatenauskunft, Zugangsdatenauskunft sowie Bestandsdatenauskunft anhand dynamischer und statischer IP-Adressen bei Telekommunikationsdiensteanbietern (zum Gegenstand dieser Maßnahmen [X.] 155, 119 <130 ff. Rn. 8 ff.> - [X.]I). § 180a Abs. 4 LVwG erstreckt diese Befugnisse auf den Abruf von Daten bei [X.] und erweitert sie zudem um eine - inhaltlich begrenzte - Ermächtigung zur [X.]auskunft bei diesen Anbietern.

6

§ 8a Abs. 1 Satz 1 LVerfSchG ermächtigt die Verfassungsschutzbehörde zur allgemeinen Bestandsdatenauskunft bei [X.]. Soweit die Vorschrift darüber hinaus auch zur Bestandsdatenauskunft bei Anbietern von Postdienstleistungen ermächtigt, ist davon auszugehen, dass sie nicht Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist. Die Beschwerdeschrift enthält insoweit keinerlei Ausführungen. Mit § 8a Abs. 1 Satz 2 bis 4 LVerfSchG bestehen auch für die Verfassungsschutzbehörde Ermächtigungsgrundlagen für die allgemeine Bestandsdatenauskunft, Zugangsdatenauskunft und Bestandsdatenauskunft anhand dynamischer IP-Adressen bei Telekommunikationsdiensteanbietern.

7

Die angegriffenen landesrechtlichen Vorschriften enthalten neben den Befugnisregelungen flankierende Bestimmungen, etwa zum beim Datenabruf zu beachtenden Verfahren in § 180a Abs. 1 Satz 2 LVwG.

8

b) Der ebenfalls angegriffene § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] erklärt die Vorschrift des § 14 Abs. 2 [X.] für entsprechend anwendbar. Dadurch werden in der hier angegriffenen ursprünglichen Gesetzesfassung Diensteanbieter von Telemedien im Einzelfall zur [X.]serteilung über [X.] berechtigt, soweit dies zur Erfüllung näher genannter behördlicher Aufgaben und Zwecke oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist.

9

Soweit § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] durch Gesetz vom 1. September 2017 ([X.]) geändert worden ist, ist diese Fassung nicht Gegenstand des Verfahrens. Durch die Änderung wurde die Vorschrift um einen Verweis auf die gleichzeitig neugeschaffenen Absätze 3 bis 5 des § 14 [X.] erweitert. Eine Verfassungsbeschwerde erstreckt sich aber nicht automatisch auf die Neuregelung einer bereits angegriffenen Norm (vgl. [X.] 87, 181 <194>; 155, 119 <158 Rn. 66>). Die [X.]n haben sich zu der Änderung auch nicht geäußert. Gleiches gilt, soweit durch Art. 12 des Gesetzes zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des [X.] vom 27. Mai 2020 vom 30. März 2021 ([X.]) der Inhalt des § 14 Abs. 2 [X.] und damit das Ziel der in § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] enthaltenen Verweisung geändert worden ist. Auch die durch das [X.] Gesetz zur Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz ([X.]) vom 26. Februar 2021 (GVOBl Schl.-H. [X.]) bewirkten - vorwiegend begrifflichen - Änderungen des § 180a LVwG sowie dessen flankierender Regelungen sind aus diesen Gründen nicht Gegenstand des Verfahrens.

2. Die [X.]n rügen mit ihrer im Juni des Jahres 2014 erhobenen Verfassungsbeschwerde, durch sämtliche der angegriffenen Vorschriften in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt zu sein. Daneben machen sie eine Verletzung ihres nach Art. 10 Abs. 1 GG gewährleisteten [X.] durch die [X.] geltend, die die Behörden zum Datenabruf anhand dynamischer IP-Adressen ermächtigen. Soweit die angegriffenen Regelungen eine Benachrichtigung der Betroffenen nicht vorsähen, seien sie darüber hinaus in ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt.

a) Die [X.]n waren zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde Mitglieder des [X.] und bildeten die "Piratenfraktion im [X.]", deren Briefkopf die Verfassungsbeschwerde trägt. Sie geben an, Inhaber von Festnetz- und [X.]anschlüssen sowie [X.] zu sein und Mobiltelefone zu nutzen. Als Abgeordnete seien sie auf anonyme Hinweise über Missstände angewiesen. Sie nutzten das [X.] sowohl beruflich als auch privat sehr intensiv und informierten sich dort beispielsweise über Nachrichten auf dem Angebot "www.spiegel.de".

b) Die Verfassungsbeschwerde sei auch hinsichtlich des bereits im Jahre 2007 in [X.] getretenen § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] zulässig. Die Vorschrift habe durch das Gesetz zur Änderung des [X.] und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft vom 20. Juni 2013 ([X.]) eine grundlegend veränderte Bedeutung erhalten, die zum Neubeginn der Frist zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde geführt habe. Weil damit erstmals gesetzliche Grundlagen für die telekommunikationsrechtliche Bestandsdatenauskunft anhand dynamischer IP-Adressen eingeführt worden seien, könne nun im Zusammenspiel mit der [X.]auskunft bei Telemedien die Anonymität im [X.] in weitem Umfang aufgehoben werden.

c) Die [X.]n halten die angegriffenen Regelungen für unverhältnismäßig. Die [X.] seien nicht hinreichend begrenzt. Insbesondere seien die von den landesrechtlichen Befugnisregelungen vorausgesetzten [X.]n zu niedrig. Auch die übergreifenden Anforderungen an Transparenz, Rechtsschutz und Kontrolle würden nicht gewahrt. Überdies genügten § 180a Abs. 4 LVwG und § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Bestimmtheit und Normenklarheit.

3. Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Bundesregierung, die Landesregierung und der [X.] Stellung genommen. Sie halten die Verfassungsbeschwerde insbesondere deshalb bereits für unzulässig, weil die [X.]n als Parlamentsfraktion beziehungsweise Mitglieder des [X.] nicht beschwerdeberechtigt seien. Jedenfalls sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet.

Das [X.] [X.] hält die Verfassungsbeschwerde für überwiegend unbegründet, bezweifelt jedoch die Verhältnismäßigkeit von § 180a Abs. 4 LVwG und die hinreichende Bestimmtheit der Ermächtigung zur Zugangsdatenauskunft nach § 8a Abs. 1 Satz 3 LVerfSchG.

Überdies haben sich die damalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, die Landesdatenschutzbeauftragten des [X.] und des [X.] sowie der [X.] geäußert.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. [X.] nach § 93a Abs. 2 [X.] liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte der [X.]n angezeigt. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Zwar mangelt es nicht bereits an der Beschwerdeberechtigung der [X.]n (1). Die Verfassungsbeschwerde ist aber unzulässig, soweit die angegriffenen Vorschriften die Bestands- und [X.]auskunft bei [X.] betreffen (2). Soweit sie Regelungen zur Bestandsdatenauskunft bei Telekommunikationsdiensteanbietern enthalten, ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls unbegründet (3).

1. Obwohl die [X.]n die Verfassungsbeschwerde unter dem Briefkopf ihrer damaligen [X.]fraktion erhoben haben und diese unter anderem auch damit begründen, dass sie gerade als [X.]abgeordnete das [X.] intensiv nutzten, dürften sie im vorliegenden Verfahren als "jedermann" im Sinne des § 90 Abs. 1 [X.] beschwerdeberechtigt sein. [X.] und Inhalt der Verfassungsbeschwerde lässt sich entnehmen, dass die Verfassungsbeschwerde nicht von der [X.]fraktion, sondern von den [X.]n jeweils persönlich erhoben worden ist. Zwar betonen sie dabei auch ihre Abgeordnetenstellung. Letztlich berufen sie sich aber ausschließlich auf die ihnen als "jedermann" zustehenden Grundrechte des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 GG sowie auf das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch unzulässig, soweit sie sich gegen § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] sowie die Regelungen zum Datenabruf bei [X.] in § 180a Abs. 4 LVwG und § 8a Abs. 1 Satz 1 LVerfSchG richtet.

a) Soweit die [X.]n § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] und § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 LVerfSchG angreifen, ist die Verfassungsbeschwerde nach § 93 Abs. 3 [X.] verfristet.

aa) Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich des in § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 LVerfSchG geregelten Abrufs von Bestandsdaten bei [X.] verspätet erhoben worden. Die Vorschrift wurde bereits durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Terrorismusbekämpfungsgesetze und zur Stärkung der parlamentarischen Kontrolle vom 12. März 2009 (GVOBl Schl.-H. [X.]) in das Landesverfassungsschutzgesetz eingefügt und ist zum 17. April 2009 in [X.] getreten. Die hier angegriffene Fassung wurde zwar erst durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes und des [X.] vom 21. Juni 2013 (GVOBl Schl.-H. [X.]) mit Wirkung zum 1. Juli 2013 verabschiedet. Dies löste jedoch hinsichtlich der in § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 LVerfSchG enthaltenen Ermächtigung zum Abruf von Bestandsdaten bei [X.] die Frist zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde nicht erneut aus.

Wird ein bestehendes Gesetz geändert, gilt § 93 Abs. 3 [X.] prinzipiell nur für die geänderten Vorschriften. Für die nach Form, Inhalt und materiellem Gewicht unverändert gebliebenen Bestimmungen beginnt hingegen die Frist nicht neu zu laufen. Die Ausschlussfrist wird nicht neu eröffnet, wenn eine unverändert gebliebene oder nur redaktionell veränderte Norm lediglich vom Gesetzgeber neu in seinen Willen aufgenommen wird und keinen neuen oder erweiterten Inhalt erlangt ([X.] 129, 208 <234> m.w.N.; stRspr). Dies ist hier der Fall. Durch das Änderungsgesetz wurde zum einen der bisher ebenfalls in § 8a Abs. 1 Satz 1 LVerfSchG geregelte Abruf von Bestandsdaten bei Telekommunikationsdiensteanbietern in einen neuen Satz 2 ausgegliedert und zum anderen mit dem neugeschaffenen § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 LVerfSchG eine eigenständige Ermächtigungsgrundlage für den Abruf von Bestandsdaten bei bestimmten Arten von Telemedien geschaffen. Dadurch wurde der Anwendungsbereich des weiterhin in § 8a Abs. 1 Satz 1 - nun: Halbsatz 1 - LVerfSchG geregelten Abrufs von Bestandsdaten bei Telemedien lediglich eingeschränkt. Die Regelung hat keinen Inhalt erhalten, der nicht bereits zuvor von ihr umfasst gewesen wäre.

[X.]) Auch hinsichtlich § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] war die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 [X.] bei Erhebung der Verfassungsbeschwerde bereits abgelaufen. Die Vorschrift ist in ihrer hier angegriffenen Fassung als Teil der ursprünglichen Fassung des Telemediengesetzes gemäß Art. 5 Satz 1 des Gesetzes zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste vom 26. Februar 2007 ([X.]) bereits am 1. März 2007 in [X.] getreten ([X.]). § 14 Abs. 2 [X.], auf den die Vorschrift verweist, war zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde zuletzt durch Art. 2 des Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das [X.] vom 25. Dezember 2008 ([X.]) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 geändert worden.

Die Frist ist auch nicht am 1. Juli 2013 durch das Inkrafttreten der Neufassung von § 113 Abs. 1 Satz 3 Telekommunikationsgesetz ([X.]) durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des [X.] und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft vom 20. Juni 2013 ([X.]) sowie die Einführung entsprechender [X.] neu in Gang gesetzt worden. Eine bereits abgelaufene Frist zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde wird zwar auch bei einer inhaltlich unverändert gebliebenen Norm neu in Gang gesetzt, wenn die angegriffene Vorschrift in ein anderes gesetzliches Umfeld eingebettet worden ist, sodass auch von der Anwendung der älteren Vorschrift neue belastende Wirkungen ausgehen können (vgl. [X.] 45, 104 <119>; 100, 313 <356>). Dies ist hier aber nicht der Fall. Die Vorschriften richten sich einerseits an Telemedien-, andererseits an Telekommunikationsdiensteanbieter. Sie bilden bereits deshalb kein einheitliches gesetzliches Umfeld. Dass sie - entsprechende fachgesetzliche [X.] vorausgesetzt - für aneinander anknüpfende behördliche Gefahrenabwehr- und Ermittlungsmaßnahmen genutzt werden können, führt auch nicht dazu, dass von der Anwendung des § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] seit der Änderung des § 113 Abs. 1 Satz 3 [X.] neue belastende Wirkungen ausgehen könnten. Denn aneinander anknüpfende behördliche Maßnahmen sind hinsichtlich ihrer Eingriffsintensität grundsätzlich getrennt voneinander zu betrachten (vgl. [X.] 130, 151 <190 f., 197> - [X.]).

Es bedarf folglich keiner Entscheidung darüber, ob und inwieweit durch die aktuelle Änderung des von § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] in Bezug genommenen § 14 Abs. 2 [X.] und die Einführung des § 15c [X.] (oben Rn. 9) das Rechtsschutzinteresse der [X.]n hinsichtlich der angegriffenen Fassung des § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] entfallen ist (vgl. insoweit [X.] 87, 181 <194 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 4. Juni 2014 - 1 BvR 1443/08 -, Rn. 2).

[X.]) Ob die Verfassungsbeschwerde auch in Bezug auf § 8a Abs. 1 Satz 2 LVerfSchG verspätet ist, weil diese Regelung durch die Ausgliederung aus Satz 1 der Vorschrift lediglich redaktionell geändert worden ist (vgl. dazu [X.] 122, 63 <74>), kann offenbleiben. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit jedenfalls unbegründet (dazu unten Rn. 50).

b) Hinsichtlich der weiteren angegriffenen Regelungen zum Abruf von Daten bei [X.] in § 180a Abs. 4 LVwG und § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 LVerfSchG ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig. Die [X.]n haben nicht dargelegt, beschwerdebefugt zu sein.

Da sich ihre Verfassungsbeschwerde gegen gesetzliche Bestimmungen richtet, müssten sie durch die angegriffenen Vorschriften unmittelbar, selbst und gegenwärtig in ihren Grundrechten betroffen sein (vgl. [X.] 120, 378 <394>; stRspr). Das ergibt sich aus dem Vorbringen jedoch nicht.

aa) Die [X.]n sind von den Vorschriften zwar unmittelbar betroffen, da die angegriffenen Regelungen erst der Umsetzung durch Vollzugsakte bedürfen, die [X.]n davon aber nicht zuverlässig Kenntnis erlangen (vgl. die vergleichbare Rechtslage in [X.] 155, 119 <159 f. Rn. 73 f.>).

[X.]) Die [X.]n haben allerdings nicht hinreichend dargelegt, dass sie durch die angegriffenen § 180a Abs. 4 LVwG und § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 LVerfSchG auch selbst betroffen sind.

Erfolgt die konkrete Beeinträchtigung - wie hier - erst durch die Vollziehung des angegriffenen Gesetzes und erlangen Betroffene in der Regel keine Kenntnis von den Vollzugsakten, reicht es aus, wenn [X.] darlegen, dass sie mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Rechtsnormen beruhenden Maßnahmen in ihren Grundrechten berührt werden (vgl. [X.] 120, 378 <396>; 125, 260 <305>; stRspr). Der geforderte Grad der Wahrscheinlichkeit wird davon beeinflusst, welche Möglichkeit die [X.]n haben, ihre Betroffenheit darzulegen. So ist bedeutsam, ob die Maßnahme auf einen tatbestandlich eng umgrenzten Personenkreis zielt oder ob sie eine große Streubreite hat und Dritte auch zufällig erfassen kann ([X.] 120, 378 <396>; stRspr). Darlegungen, durch die sich [X.] selbst einer Straftat bezichtigen müssten, sind zum Beleg der Selbstbetroffenheit ebenso wenig erforderlich wie der Vortrag, für sicherheitsgefährdende oder nachrichtendienstlich relevante Aktivitäten verantwortlich zu sein (vgl. [X.] 130, 151 <176 f.>; stRspr).

Nach diesen Maßstäben haben die [X.]n nicht hinreichend dargelegt, selbst in ihren Grundrechten betroffen zu sein.

(1) Anders als Telekommunikationsdienste, die im Wesentlichen gleichartige und leicht kategorisierbare Leistungen erbringen, zählt zu den Telemedien eine Vielzahl unterschiedlicher Dienste, deren Gegenstand überdies nicht bloß in der Übertragung von Signalen besteht. Sie bieten vielmehr jeweils individuelle inhaltliche Leistungen an (vgl. etwa die Übersicht bei [X.], in: [X.], jurisPK-[X.]recht, 6. Aufl. 2019, [X.]. 1 Rn. 83 ff. ), bei deren Nutzung personenbezogene Daten in unterschiedlichem Umfang anfallen. So ist die Nutzung mancher [X.] nur unter Angabe bestimmter, von Dienst zu Dienst unterschiedlicher Bestandsdaten etwa im Rahmen einer persönlichen Registrierung möglich, während andere Dienste ohne derartige Angaben genutzt werden können. Gesetzliche Pflichten zur Erhebung von Bestandsdaten wie sie § 111 Abs. 1 [X.] für Telekommunikationsdienste vorsieht, bestehen für [X.] nicht. Zudem sieht das Angebot einiger Dienste die aktive Teilnahme ihrer Nutzerinnen und Nutzer vor, während andere Dienste rein passiv genutzt werden können. Es ist daher für die jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer nicht gleichermaßen wahrscheinlich, in den Fokus sicherheitsrechtlicher Behördenaktivitäten zu geraten. Auch die Aussagekraft, die ein behördlicher Abruf von Bestands- oder [X.] haben kann, ist von den beim jeweiligen Dienst erhobenen Daten und dem Gegenstand des Dienstes abhängig.

Die bloße Angabe, überhaupt Telemedien zu nutzen, reicht vor diesem Hintergrund nicht aus, um mit einiger Wahrscheinlichkeit von einer Betroffenheit durch die Vorschriften zur Bestands- oder [X.]auskunft bei Telemedien ausgehen zu können. Vielmehr sind nähere Informationen zu Art und Gegenstand der genutzten Dienste sowie dem eigenen Nutzungsverhalten erforderlich, um dies beurteilen zu können.

(2) Der Vortrag der [X.]n zu ihrer Nutzung von Telemedien ist zu unspezifisch, um mit einiger Wahrscheinlichkeit von einer eigenen Betroffenheit gerade durch diejenigen Teile der angegriffenen [X.] ausgehen zu können, die sich auf Telemedien beziehen.

(a) Die [X.]n haben einzig das [X.]angebot des Magazins "[X.]" als von ihnen genutzten Telemediendienst benannt. Sie haben jedoch nicht näher dargelegt, inwiefern sie wegen dieser Nutzung mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die angegriffenen § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 LVerfSchG und § 180a Abs. 4 LVwG betroffen sein könnten.

Hinsichtlich § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 LVerfSchG ergibt sich dies schon daraus, dass die Vorschrift die Verfassungsschutzbehörde lediglich zum Abruf von Bestandsdaten ermächtigt, die [X.]n aber nicht vorgetragen haben, bei diesem [X.]anbieter überhaupt Bestandsdaten angegeben zu haben. Dies kann auch nicht zu ihren Gunsten unterstellt werden, da eine Nutzung des Angebots in weiten Teilen auch ohne Angabe von Bestandsdaten möglich ist. Selbiges gilt insofern, als § 180a Abs. 4 LVwG die Polizei zur Bestandsdatenauskunft ermächtigt.

Auch für die gefahrenabwehrrechtliche [X.]auskunft nach § 180a Abs. 4 LVwG ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwiefern das von den [X.]n benannte Nutzungsverhalten in einem Zusammenhang mit Tätigkeiten gerade der polizeilichen Gefahrenabwehr stehen könnte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ihnen derartige Angaben nicht möglich gewesen wären, ohne selbstbelastende Angaben zu tätigen.

Von näheren Angaben kann auch nicht etwa deshalb abgesehen werden, weil die Befugnisnorm des § 180a Abs. 4 LVwG eine große Streubreite aufweisen würde und Dritte auch zufällig erfasst sein könnten. Denn die Vorschrift weist zum einen durch die Begrenzung auf bestimmte [X.]n und zu schützende Rechtsgüter einen deutlichen Einzelfallbezug auf (vgl. dazu [X.] 141, 220 <268 Rn. 101>). Zum anderen ist nach § 180b Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 LVwG für einen derartigen Abruf grundsätzlich ein Richtervorbehalt, jedenfalls aber nach § 180b Abs. 2, Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 186 Abs. 1 Satz 5 - mittlerweile: Satz 4 - LVwG eine nachträgliche richterliche Bestätigung der Maßnahme vorgesehen. Dadurch wird eine externe Prüfung des Zusammenhangs zwischen dem Abruf von [X.] und den gefahrbegründenden Umständen ermöglicht und die Streubreite der Maßnahme weiter begrenzt.

(b) Auch soweit die [X.]n angegeben haben, E-Mail-Postfächer zu nutzen, haben sie nicht dargelegt, mit einiger Wahrscheinlichkeit von den angegriffenen [X.] für Telemedien betroffen zu sein.

Die [X.]n haben schon nicht angegeben, welche E-Mail-Dienste sie nutzen. Insofern würde sich nämlich die Frage stellen, ob bestimmte Arten von [X.] nach der bisherigen Rechtslage als Telekommunikationsdienste anzusehen sein könnten (vgl. für we[X.]asierte E-Mail-Dienste verneinend [X.], Urteil vom 5. Februar 2020 - 13 A 17/16 -, Rn. 42; vgl. auch [X.], Urteil vom 13. Juni 2019, [X.], [X.]/18, [X.]:[X.]), mit der Folge, dass insoweit die Übermittlungsregelungen des Telemediengesetzes nach § 11 Abs. 3 [X.] bereits keine Anwendung fänden (vgl. BTDrucks 16/3078, S. 15 f.).

Der Vortrag der [X.]n genügt auch im Übrigen nicht den [X.]. Es ist nicht ersichtlich, dass ihre Daten mit einiger Wahrscheinlichkeit Gegenstand eines polizeilichen oder nachrichtendienstlichen Abrufs von Bestands- oder [X.] sein könnten. Ihr Vortrag, auf Hinweise zu nicht näher spezifizierten "Missständen" angewiesen zu sein, ist für eine solche Annahme zu pauschal. Auch ist nicht erkennbar, ob und gegebenenfalls welche Bestandsdaten bei den von ihnen genutzten Anbietern von [X.] erhoben und gespeichert werden.

(c) Aus denselben Gründen ist auch hinsichtlich der bereits verspätet angegriffenen Regelungen des § 15 Abs. 5 Satz 4 [X.] und des § 8a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 LVerfSchG nicht von einer hinreichenden Darlegung der Selbstbetroffenheit durch die [X.]n auszugehen.

3. Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet, soweit sie sich gegen landesrechtliche Regelungen zum Abruf von Bestandsdaten bei Telekommunikationsdiensteanbietern in § 180a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 bis 3 LVwG sowie in § 8a Abs. 1 Satz 2 bis 4 LVerfSchG richtet.

a) § 180a Abs. 1 Satz 1 LVwG und § 8a Abs. 1 Satz 2 LVerfSchG ermächtigen die Polizei beziehungsweise die Verfassungsschutzbehörde jeweils zum allgemeinen Abruf von Bestandsdaten bei Telekommunikationsdiensteanbietern.

Die allgemeine Bestandsdatenauskunft von Telekommunikationsdienste-anbietern ist jedenfalls dann verhältnismäßig, wenn sie auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr an das Bestehen einer konkreten Gefahr im Sinne der polizeirechtlichen Generalklausel geknüpft ist und für nachrichtendienstliche Zwecke vorgesehen ist, dass die [X.] zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten sein muss. Dann bedarf es weder auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr noch für nachrichtendienstliche Zwecke in Bezug auf die jeweils zu schützenden Rechtsgüter Anforderungen, die über den allgemeinen Schutz der öffentlichen Sicherheit beziehungsweise der von den Nachrichtendiensten zu schützenden Rechtsgüter hinausgehen. Einer Beschränkung auf den Abruf der Daten Polizeipflichtiger bedarf es ebenfalls nicht (vgl. [X.] 130, 151 <205 f.>; 155, 119 <186 f. Rn. 146, 189 Rn. 151>).

Diese zur Übermittlungsregelung des früheren § 113 Abs. 1 Satz 1 [X.] entwickelten Maßstäbe gelten für die hier betroffenen behördlichen [X.] entsprechend (vgl. [X.] 155, 119 <208 f. Rn. 197>). Hinsichtlich der übergreifenden Anforderungen an Transparenz, Rechtsschutz und Kontrolle ist bei der allgemeinen Bestandsdatenauskunft eine Benachrichtigung der Betroffenen ebenso wenig erforderlich (vgl. [X.] 130, 151 <210>; 155, 119 <226 Rn. 245>) wie besondere Berichtspflichten gegenüber Parlament und Öffentlichkeit (vgl. [X.] 155, 119 <228 Rn. 251>).

§ 180a Abs. 1 Satz 1 LVwG und § 8a Abs. 1 Satz 2 LVerfSchG genügen diesen Anforderungen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der vorgesehenen [X.]n.

aa) Soweit § 180a Abs. 1 Satz 1 LVwG als [X.] eine "im einzelnen Falle bevorstehende Gefahr" voraussetzt, entspricht dies entgegen der Auffassung der [X.]n sowohl nach der sonstigen Verwendung dieser Formulierung innerhalb des Landesverwaltungsgesetzes als auch nach der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. [X.] Schl.-H. 18/713, [X.]) dem Erfordernis einer konkreten Gefahr.

[X.]) § 8a Abs. 1 Satz 2 LVerfSchG ermächtigt die Verfassungsschutzbehörde "im Einzelfall" zum allgemeinen Abruf von Bestandsdaten, "soweit dies zu ihrer Aufgabenerfüllung erforderlich ist". Diese Formulierung entspricht hinsichtlich der [X.] derjenigen Fassung des § 113 Abs. 1 Satz 1 [X.], die ausweislich der dazu ergangenen Entscheidung [X.] so ausgelegt werden kann, dass sie die Gebotenheit der [X.] zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung voraussetzt und damit verhältnismäßig ist (vgl. [X.] 130, 151 <206>). Gründe dafür, weshalb § 8a Abs. 1 Satz 2 LVerfSchG nicht ebenfalls derart ausgelegt werden könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere verzichtet die Vorschrift nicht auf die Voraussetzung der Erforderlichkeit der [X.]. Darin unterscheidet sie sich von der Neufassung des § 113 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch das Gesetz zur Änderung des [X.] und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft vom 20. Juni 2013 ([X.]), bei der eine solche verständige Auslegung nicht erneut möglich war (vgl. [X.] 155, 119 <192 f. Rn. 158>). Auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt sich der Wille, insofern den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen zu wollen (vgl. [X.] Schl.-H. 18/713, S. 16).

b) § 180a Abs. 2 Satz 1 LVwG und § 8a Abs. 1 Satz 3 LVerfSchG ermächtigen die [X.] zum Abruf von Zugangsdaten bei Telekommunikationsdiensteanbietern. Auch insoweit ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Zu den an den Abruf von Zugangsdaten bei Telekommunikationsdiensteanbietern zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen gehört vorwiegend, dass eine Zugangsdatenauskunft nur bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Nutzung der erlangten Daten möglich ist (vgl. [X.] 130, 151 <209>). Dem werden die angegriffenen Vorschriften gerecht.

Eine abschließende Aufzählung der Ermächtigungsgrundlagen, die zu einer Nutzung der Daten berechtigen können, ist entgegen der Ansicht der [X.]n verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. [X.] 155, 119 <222 Rn. 235>). Auch müssen Regelungen zur Zugangsdatenauskunft weder vorsehen, dass diese Maßnahme gegenüber anderen Möglichkeiten, die zugangsgesicherten Inhalte zu erlangen, nachrangig anzuwenden ist (vgl. [X.] 155, 119 <206 f. Rn. 192 f.>), noch über den allgemeinen Standard hinausgehende Anforderungen an Sicherheit, Übermittlung und Löschung gerade von Zugangsdaten stellen (vgl. [X.] 155, 119 <231 f. Rn. 258 ff.>).

c) Auch soweit sich die [X.]n gegen behördliche Ermächtigungsgrundlagen zum Abruf von Bestandsdaten bei Telekommunikationsdiensten anhand von IP-Adressen, nämlich § 180a Abs. 2 Satz 2 und 3 LVwG und § 8a Abs. 1 Satz 4 LVerfSchG, wenden, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.

Die [X.]n rügen vorwiegend, dass § 180a Abs. 2 Satz 2 und 3 LVwG den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begrenzung der zu schützenden Rechtsgüter nicht genüge (dazu aa), § 8a Abs. 1 Satz 4 LVerfSchG keine hinreichende [X.] vorsehe (dazu [X.]) und die Vorschriften überdies keine Dokumentation der den Abruf rechtfertigenden tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen verlangten (dazu [X.]). Die Vorschriften genügen jedoch insoweit den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

aa) Regelungen zur Bestandsdatenauskunft bei Telekommunikationsdiensteanbietern anhand dynamischer IP-Adressen müssen aufgrund ihres gesteigerten Eingriffsgewichts auch dann besonderen Anforderungen hinsichtlich der zu schützenden Rechtsgüter genügen, wenn sie - wie hier § 180a Abs. 2 Satz 2 LVwG - als [X.] zumindest das Vorliegen einer konkreten Gefahr im Sinne der polizeirechtlichen Generalklausel voraussetzen (vgl. [X.] 155, 119 <200 ff. Rn. 176 ff.>). Sie müssen zumindest dem Schutz oder der Bewehrung von Rechtsgütern von hervorgehobenem Gewicht (vgl. [X.] 125, 260 <344>) dienen; dazu zählen jedenfalls die durch das Strafrecht geschützten Rechtsgüter (vgl. [X.] 155, 119 <200 ff. Rn. 177 f.>).

Diesen Anforderungen trägt die in § 180a Abs. 2 Satz 2 LVwG enthaltene Ermächtigungsgrundlage auch insoweit Rechnung, als sie die Bestandsdatenauskunft anhand dynamischer IP-Adressen nicht nur zum Schutz von Leib, Leben oder Freiheit einer Person, sondern darüber hinaus auch zur Abwehr eines "gleichgewichtigen Schadens für Sach- oder Vermögenswerte oder für die Umwelt" eröffnet. Auch diese Rechtsgüter werden vielfach durch das Strafrecht geschützt.

§ 180a Abs. 2 Satz 3 LVwG knüpft die Bestandsdatenauskunft anhand statischer IP-Adressen an dieselben Voraussetzungen, die das Gesetz auch an die Bestandsdatenauskunft anhand dynamischer IP-Adressen stellt. Damit genügt auch diese Vorschrift den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Das Eingriffsgewicht einer Bestandsdatenauskunft anhand statischer IP-Adressen entspricht nach dem derzeitigen Stand der Technik und Praxis lediglich dem Eingriffsgewicht der sonstigen allgemeinen Bestandsdatenauskunft (vgl. [X.] 155, 119 <184 Rn. 141>).

[X.]) Auf dem Gebiet der Nachrichtendienste genügen auch solche Regelungen der Verhältnismäßigkeit, die als [X.] für eine Bestandsdatenauskunft anhand dynamischer IP-Adressen vorsehen, dass eine [X.] zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten ist (vgl. [X.] 155, 119 <189 Rn. 151, 202 Rn. 179>). Da die Tätigkeit der Nachrichtendienste von vornherein auf den Schutz besonders gewichtiger Rechtsgüter gerichtet ist, ist eine ausdrückliche Begrenzung in diesem Fall verfassungsrechtlich nicht notwendig (vgl. [X.] 155, 119 <203 Rn. 182>; vgl. auch [X.], Beschluss des [X.] vom 10. November 2020 - 1 BvR 3214/15 -, Rn. 119 - Antiterrordateigesetz II).

Die in § 8a Abs. 1 Satz 4 LVerfSchG vorgenommene Ausgestaltung der Bestandsdatenauskunft anhand dynamischer IP-Adressen genügt diesen Maßstäben. Die Vorschrift erstreckt die bereits für die allgemeine Bestandsdatenauskunft geltenden materiellen Anforderungen auf die Bestandsdatenauskunft anhand dynamischer IP-Adressen. Damit ist auch insoweit Voraussetzung, dass die [X.] zur Aufklärung einer bestimmten, nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung im Einzelfall geboten ist (vgl. [X.] 130, 151 <206>).

[X.]) Verfassungsrechtlich ist bei Regelungen, die zum Abruf von Bestandsdaten anhand dynamischer IP-Adressen ermächtigen, zudem vorzusehen, dass die tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen dokumentiert werden (vgl. [X.] 155, 119 <228 Rn. 250>). Den [X.]n ist darin zuzustimmen, dass die Ermächtigungsgrundlagen des Landesverwaltungsgesetzes und des [X.] in der angegriffenen Fassung dies nicht ausdrücklich regeln. Gleichwohl erfolgt in den Fällen des § 180a Abs. 2 Satz 2 LVwG und des § 8a Abs. 1 Satz 4 LVerfSchG aufgrund der dort vorgesehenen Verfahrensregelungen eine Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen, womit sich die [X.]n nicht auseinandersetzen.

So sieht § 180b Abs. 1 Satz 1 LVwG für die Bestandsdatenauskunft anhand von IP-Adressen nach dem Landesverwaltungsgesetz grundsätzlich einen Richtervorbehalt vor, auf den nach § 180b Abs. 1 Satz 2 LVwG die Verfahrensregelungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) Anwendung finden. Eine richterliche Entscheidung setzt gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 FamFG einen begründeten Antrag voraus, in dem die der Begründung des Antrags dienenden Tatsachen - und damit die Entscheidungsgrundlagen - angegeben werden sollen. Soweit die richterliche Anordnung nach § 180b Abs. 1 Satz 4 LVwG bei Gefahr im Verzug zunächst unterbleiben kann, ist eine richterliche Bestätigung nach § 180b Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 186 Abs. 1 Satz 5 - mittlerweile: Satz 4 - LVwG zumindest nachzuholen. Dessen ungeachtet ordnet die aktuelle Gesetzesfassung in § 186c Abs. 1 Nr. 3 LVwG eine Protokollierung der Umstände, die den Datenabruf ermöglichen, nun auch ausdrücklich an.

Die Abrufregelung des § 8a Abs. 1 Satz 4 LVerfSchG steht demgegenüber zwar nicht unter dem Vorbehalt einer richterlichen Entscheidung. Sie erfolgt nach § 8a Abs. 7 Satz 1 LVerfSchG jedoch nur auf Anordnung durch den Innenminister beziehungsweise die Innenministerin des [X.]. Da eine ministerielle Anordnung nach § 8b Abs. 1 Satz 2 LVerfSchG einen begründeten Antrag voraussetzt, wird dadurch ebenfalls eine Dokumentation der zugrundeliegenden Tatsachen erreicht.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1732/14

19.04.2021

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 90 Abs 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 93 Abs 3 BVerfGG, § 14 Abs 2 TMG vom 26.02.2007, § 15 Abs 5 S 4 TMG vom 26.02.2007, § 8a Abs 1 S 1 VerfSchG SH vom 21.06.2013, § 8a Abs 1 S 2 VerfSchG SH vom 21.06.2013, § 8a Abs 1 S 3 VerfSchG SH vom 21.06.2013, § 8a Abs 1 S 4 VerfSchG SH vom 21.06.2013, § 180a Abs 1 S 1 VwG SH vom 21.06.2013, § 180a Abs 1 S 2 VwG SH vom 21.06.2013, § 180a Abs 2 S 1 VwG SH vom 21.06.2013, § 180a Abs 2 S 2 VwG SH vom 21.06.2013, § 180a Abs 2 S 3 VwG SH vom 21.06.2013, § 180a Abs 4 VwG SH vom 21.06.2013

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.04.2021, Az. 1 BvR 1732/14 (REWIS RS 2021, 6837)

Papier­fundstellen: ZD 2021, 579 REWIS RS 2021, 6837

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