Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2012, Az. 8 AZR 804/11

8. Senat | REWIS RS 2012, 3693

FUSSBALL ARBEITSRECHT ARBEITSZEIT ARBEITSVERTRAG INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT ARBEITSUNFÄHIGKEIT

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Arbeitsvertrag - Weisungsrecht - Verpflichtung des Arbeitnehmers, die Steuererklärung durch einen vom Arbeitgeber beauftragten Steuerberater erstellen zu lassen


Leitsatz

Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, der zufolge der Arbeitnehmer seine Steuererklärung durch eine vom Arbeitgeber beauftragte Steuerberatungsgesellschaft erstellen lassen muss, benachteiligt den Arbeitnehmer als Allgemeine Geschäftsbedingung unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. August 2011 - 17 [X.] 355/11 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des [X.], seine Steuererklärung von einer durch die Beklagte damit beauftragten Steuerberatungsgesellschaft erstellen zu lassen.

2

Der verheiratete [X.]läger ist ein bei der [X.] langjährig beschäftigter Techniker. Zuletzt wurde er nach [X.] in den [X.] entsandt. Dazu schlossen die Parteien unter dem 3. August 2009 einen Auslandsarbeitsvertrag, in dem es [X.]. heißt:

        

4.    

Vergütung

        

4.1.   

Für die [X.] erhält der Mitarbeiter eine Auslandsvergütung nach Maßgabe der Vergütungsgrundsätze für entsandte Mitarbeiter unter Berücksichtigung der wahrgenommenen Funktion/Tätigkeit. Die Vergütung wird in einem gesonderten Schreiben festgehalten. …

        

4.3.   

Das Unternehmen setzt voraus, dass der Mitarbeiter für den Auslandseinsatz seinen steuerrechtlichen Wohnsitz in [X.] aufgibt. Durch die Wohnsitzaufgabe entfällt die unbeschränkte Steuerpflicht des Mitarbeiters in [X.]. Das Entfallen der unbeschränkten Steuerpflicht ist Ausgangspunkt für die Festlegung der Auslandsvergütung. Auf die Auswirkungen einer Aufrechterhaltung eines steuerlichen Wohnsitzes in [X.] ist der Mitarbeiter hingewiesen worden. Eine ggf. dadurch verursachte zusätzliche Steuerbelastung in [X.] ist vom Mitarbeiter zu übernehmen.

        

4.4.   

Die Vergütung unterliegt der Besteuerung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen in [X.] und dem Einsatzort.“

3

Das dazugehörige [X.] vom 7. September 2009 lautet auszugsweise:

        

„Die Versteuerung erfolgt durch [X.] und geht zu Lasten des Unternehmens, …

        

[X.] erfolgt auf Basis der im jeweiligen Bundesstaat gültigen Steuersätze gemäß [X.] (Familienstand, Standardfreibeträge). [X.] bezieht sich dabei nur auf das vom Unternehmen gezahlte Einkommen aus unselbständiger Arbeit sowie Erstattungen aufgrund arbeitsvertraglicher Verpflichtungen.

        

Eventuelle Steuermehrbelastungen, die aus privaten, d. h. nicht aus arbeitsvertraglichen Regelungen resultieren, sind vom Mitarbeiter zu tragen.“

4

Die Beklagte verlangte vom [X.]läger weiter die Unterzeichnung eines auf den 3. August 2009 datierten Dokuments „Steuererklärung/Besonderheiten [X.]“, in dem es [X.]. heißt:

        

„Das Unternehmen übernimmt für die Dauer der Entsendung die [X.]osten für die Steuererklärung des Mitarbeiters im Einsatzland sowie für die [X.] Steuererklärung im Jahr des Beginns der Entsendung und die [X.] Steuererklärung im Rückversetzungsjahr. Der Mitarbeiter ist hierbei zur Zusammenarbeit mit der vom Unternehmen zur Erstellung der Steuererklärung beauftragten [X.] verpflichtet.

        

Zum aktuellen Zeitpunkt handelt es sich hierbei um die [X.] AG. [X.] trägt die Verantwortung für die korrekte Erstellung der Steuererklärung auf Basis der ihr zur Verfügung gestellten Informationen. …

        

Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die zur Erbringung der vereinbarten Leistungen notwendigen Daten umfassend und auf dem zwischen dem Unternehmen und [X.] vereinbarten Weg zur Verfügung zu stellen.

        

Dabei ist sichergestellt, dass keine Informationen über private steuerliche Sachverhalte an das Unternehmen gelangen.“

5

Der bereits seit Jahren in den [X.] gemeinsam mit seiner Frau steuerlich veranlagte [X.]läger, der die Leistungen eines anderen Steuerberaters in Anspruch nahm, unterzeichnete diese Erklärung erst, als die Beklagte seinen weiteren Auslandsaufenthalt hiervon abhängig machte. Er behielt sich eine gerichtliche Überprüfung vor.

6

Die Beklagte hat einen Rahmenvertrag mit der [X.] AG (im Folgenden: [X.]) geschlossen. Auf dieser Grundlage lässt die Beklagte die Steuererklärungen ihrer ins Ausland entsandten Mitarbeiter durch [X.] erstellen. Teil dieses Rahmenvertrages sind die „[X.] vom 1. Jan[X.]r 2002“, die [X.]. vorsehen:

        

„12.   

Schweigepflicht gegenüber Dritten, Datenschutz

        

(1)     

Der Wirtschaftsprüfer ist nach Maßgabe der Gesetze verpflichtet, über alle Tatsachen, die ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für den Auftraggeber bekannt werden, Stillschweigen zu bewahren, gleichviel, ob es sich dabei um den Auftraggeber selbst oder dessen Geschäftsverbindungen handelt, es sei denn, dass der Auftraggeber ihn von dieser Schweigepflicht entbindet.

        

(2)     

Der Wirtschaftsprüfer darf Berichte, Gutachten und sonstige schriftliche Äußerungen über die Ergebnisse seiner Tätigkeit Dritten nur mit Einwilligung des Auftraggebers aushändigen.

        

(3)     

Der Wirtschaftsprüfer ist befugt, ihm anvertraute personenbezogene Daten im Rahmen der Zweckbestimmung des Auftraggebers zu verarbeiten oder durch Dritte verarbeiten zu lassen.“

7

Der [X.]läger hat die Vereinbarung vom 3. August 2009, der zufolge er verpflichtet ist, seine Steuererklärung durch [X.] erstellen zu lassen, für unwirksam gehalten. Diese stelle eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 BGB dar. Die Beklagte hätte im Wege des Weisungsrechts die Zusammenarbeit mit einer bestimmten Steuerberatungsgesellschaft nicht anordnen dürfen, da sie in seine Privatsphäre, zu der die Steuererklärung gehöre, nicht eingreifen dürfe. Aufgrund seines Rechts zur gemeinsamen Veranlagung mit seiner Ehefrau werde zudem in deren Privatsphäre wie in das gemeinsame Recht beider Eheleute zur Entscheidung über die Nutzung ehelicher Steuervorteile eingegriffen.

8

Zudem sei die Regelung unverhältnismäßig. Genügt hätten auch unternehmensinterne Vorgaben der [X.], die von den Arbeitnehmern den nach ihrer Wahl ausgesuchten Steuerberatern hätten übermittelt werden können. Es sei ihm nicht zumutbar, höchstpersönliche, sensible Daten einem Dritten zu übermitteln, zumal die Unabhängigkeit einer vom Arbeitgeber vergüteten Steuerberatungsgesellschaft in Frage stünde.

9

Der [X.]läger hat beantragt

        

festzustellen, dass die zwischen ihm und der [X.] unter Vorbehalt abgeschlossene Vereinbarung „Steuererklärung/Besonderheiten [X.]“ rechtsunwirksam ist und dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von ihm zu verlangen, eine entsprechende Vereinbarung mit ihr zu schließen.

Die Beklagte hat ihren Antrag auf [X.]lageabweisung damit begründet, dass sie auch einseitig in Ausnutzung ihres Direktionsrechts nach § 106 [X.] eine entsprechende Anordnung hätte treffen können. Die Einschaltung einer internationalen Steuerberatungsgesellschaft stelle sicher, dass die Steuern korrekt berechnet und in richtiger Höhe abgerechnet würden. Dies bewahre sie einerseits vor Haftungsrisiken und potentieller Rufschädigung, andererseits vor der Zahlung zu hoher Steuern. Mit dem [X.]läger sei nicht nur eine Nettolohnabrede getroffen worden, darüber hinaus spare er auch zusätzlich die Aufwendungen für eine Steuerberatung. Datenschutzrechtlich sei die Vereinbarung unbedenklich, da die [X.] umfangreichen gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten unterliege. Der Rahmenvertrag bestätige dies und stelle sicher, dass Informationen über private steuerliche Sachverhalte nicht an das Unternehmen gelangten.

Sowohl der [X.]läger als auch seine Ehefrau hätten weiterhin einen Steuerberater frei auswählen können, nur sei dieser dann zur Zusammenarbeit mit [X.] verpflichtet. Im Übrigen seien [X.], etwa die der Ehegattin, im Rahmen von § 307 BGB grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

Das Arbeitsgericht hat der [X.]lage stattgegeben. Die Berufung der [X.] hat das [X.] mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass der [X.]läger nicht verpflichtet sei, seine Steuererklärung von einer von der [X.] beauftragten [X.] erstellen zu lassen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren [X.]lageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. [X.] hat das [X.] erkannt, dass die Vereinbarung zur Zusammenarbeit mit einer von der [X.] beauftragten Steuerberatungsgesellschaft gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.] verstößt und unwirksam ist.

A. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Vereinbarung zur Steuererklärung durch die [X.] verstoße gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Im Wege der Ausübung des Direktionsrechts sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, solches einseitig anzuordnen, weswegen die Regelung von § 106 [X.] abweiche. Die damit eröffnete Inhaltskontrolle ergebe, dass die Vertragsfreiheit des [X.]lägers eingeschränkt worden sei, weil er mit einer bestimmten Steuerberatungsgesellschaft kontrahieren müsse. Dies zudem auf einem besonders sensiblen Gebiet, bei dem in besonderem Maße Vertrauen in die Person des Vertragspartners geboten sei. Zwar sei das Interesse der [X.] an einer ordnungsgemäßen Erstellung der Steuererklärung anzuerkennen, es liege aber gleichermaßen auf Seiten des Arbeitnehmers selbst vor. Hinzu komme das auf Seiten der Ehefrau stehende Interesse an gemeinsamer Veranlagung. Der [X.]läger gerate in eine [X.]onfliktsituation, da die Ehegattin die Erstellung ihrer Steuererklärung durch [X.] verweigern könne. Der Verweis auf einen frei zu wählenden, der [X.] zuarbeitenden Steuerberater überzeuge nicht. Der umgekehrte Fall, dass [X.] oder die Beklagte einem von den Eheleuten ausgewählten Steuerberater zuarbeitete, der verantwortlich für die abzugebende Steuererklärung sei, lasse sich ebenso gut vorstellen.

B. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

I. Das [X.]lagebegehren ist in Form seiner Auslegung durch das [X.] zulässig. Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis sein (vgl. [X.] 18. Mai 2010 - 1 [X.] - Rn. 13, [X.] ZPO 1977 § 256 Nr. 102). Der [X.]läger hat das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an einer Feststellung, ob er jedes Jahr wiederkehrend verpflichtet ist, seine Steuererklärung von einer durch die Beklagte ausgewählten Gesellschaft erstellen zu lassen.

II. Die [X.]lage ist auch begründet. Die [X.]lausel in der Vereinbarung „Steuererklärung/Besonderheiten [X.]“ vom 3. August 2009, nach der der [X.]läger mit der [X.] bei Erstellung seiner Steuererklärung zusammenzuarbeiten hat, hält einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. [X.] nicht stand und ist deswegen unwirksam.

1. Auf das Arbeitsverhältnis findet [X.] Arbeitsrecht Anwendung. Mit der Entsendung des [X.]lägers in die [X.] liegt ein Sachverhalt mit Auslandsbezug vor. In Ziffer 22 Punkt 4 des [X.] vom 3. August 2009 haben die Parteien eine zulässige Rechtswahl zugunsten des [X.] Rechts getroffen (Art. 27 EG[X.], in der bis zum 16. Dezember 2009 gültigen Fassung). Die Verordnung Nr. 593/2008/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ([X.]) kommt nicht zur Anwendung, weil der [X.] (17. Dezember 2009) geschlossen wurde, Art. 28 der Verordnung Nr. 593/2008/EG.

2. Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung ist eine von der [X.] gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung.

a) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist ([X.] 23. September 2010 - 8 [X.] 897/08 - Rn. 15, [X.] [X.] § 307 Nr. 48 = EzA [X.] § 309 Nr. 6), finden § 305c Abs. 2 und §§ 306, 307 bis 309 nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 [X.] grundsätzlich auch dann Anwendung, falls die [X.]lausel nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf den Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 [X.] gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen vom Unternehmer zudem als gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden.

b) Nach den insoweit auf das erstinstanzliche Urteil verweisenden Feststellungen des [X.]s handelt es sich bei den auf den 3. August 2009 datierten Schriftstücken um von der [X.] vorformulierte Schreiben. Diese sind durch die Beklagte auch gestellt worden, ohne dass der [X.]läger auf ihre Formulierung Einfluss hatte. Die Beklagte hat zudem selbst darauf verwiesen, dass sie im Falle eines Auslandseinsatzes des Mitarbeiters darauf bestehe, dass dieser seine Steuererklärung durch ein von der [X.] vorgegebenes Unternehmen erstellen lasse. Unstreitig hat die Beklagte den Einsatz des [X.]lägers im Ausland von seiner Zustimmung zu ihren Formulierungen abhängig gemacht.

3. Die [X.]lausel weicht von Rechtsvorschriften ab, § 307 Abs. 3 [X.]. Es findet eine Inhaltskontrolle nach § 307 [X.] statt.

a) Die im Streit stehende [X.]lausel ist nicht § 106 [X.] nachgebildet. Eine einseitige Anordnung, der [X.]läger möge seine Steuererklärung durch [X.] erstellen lassen, wäre nicht mehr von dem Weisungsrecht der [X.] gedeckt. Denn es ginge weder um die nähere Bestimmung von Inhalt, Ort und [X.] der Arbeitsleistung noch um die Regelung der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Das Weisungsrecht dient der [X.]onkretisierung der Hauptleistungspflicht, indem es dem Arbeitgeber ermöglicht, dem Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben zuzuweisen und den Ort und die [X.] ihrer Erledigung verbindlich festzulegen. Hinzu kommt eine nicht abschließend aufzählbare, je nach den Umständen näher zu bestimmende Vielzahl von Pflichten, deren Erfüllung unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungen sinnvoll zu ermöglichen (leistungssichernde Verhaltenspflichten). Schließlich kann sich das Weisungsrecht auch auf die kollektive Sphäre beziehen, in der es um diejenigen [X.] geht, die durch das Zusammenwirken mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb entstehen ([X.] 23. Juni 2009 - 2 [X.] 606/08 - Rn. 17, [X.] [X.] § 106 Nr. 3 = EzA [X.] § 106 Nr. 3).

In den Bereich der privaten Lebensführung darf dagegen durch das Weisungsrecht grundsätzlich nicht eingegriffen werden (vgl. [X.] 18. Juli 2006 - 1 [X.] 578/05 - Rn. 24, [X.]E 119, 122 = [X.] ZPO § 850 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 75 Nr. 4; 28. Mai 2002 - 1 [X.] - zu [X.] 2 b der Gründe, [X.]E 101, 216 = [X.] BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebes Nr. 39 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Ordnung Nr. 29; HW[X.]/[X.] 5. Aufl. § 106 [X.] Rn. 47; [X.]/[X.]lebeck/[X.]olbe 4. Aufl. § 106 [X.] Rn. 30; vgl. auch [X.] 11. Juli 2000 - 1 [X.] 551/99 - zu II 2 der Gründe, [X.]E 95, 221 = [X.] BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 16 = EzA BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 17 zu dem Verbot sog. Lohnverwendungsbestimmungen; zu der Reichweite der Regelungsbefugnis der Betriebspartner Linsenmaier RdA 2008, 1 ff.; zu dem Problem von Bekleidungsvorschriften [X.][X.]/Preis NZA 2011, 369 ff.). Nach dem Gesetzeswortlaut des § 106 Satz 2 [X.] kann nur das Verhalten der Arbeitnehmer „im Betrieb“ geregelt werden.

b) Es steht zwischen den Parteien nicht im Streit, dass der Bereich der Hauptleistungspflichten - bei dem [X.]läger also die Erbringung der geschuldeten Arbeit - nicht betroffen ist. Es ist auch keine leistungssichernde Nebenpflicht tangiert. Eine solche liegt vor, wenn die Erfüllung der Pflicht unumgänglich ist, um den Austausch der Hauptleistungspflicht sinnvoll zu gestalten ([X.] 23. Juni 2009 - 2 [X.] 606/08 - Rn. 17, [X.] [X.] § 106 Nr. 3 = EzA [X.] § 106 Nr. 3). Die Verpflichtung, [X.] in Anspruch zu nehmen, dient nicht der [X.]onkretisierung der aus § 611 Abs. 1 [X.] geschuldeten Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Sie dient auch nicht der [X.]onkretisierung der Hauptleistungspflicht der [X.]. Es kann offenbleiben, ob der Arbeitgeber überhaupt berechtigt wäre, kraft seines Weisungsrechts nähere Vorgaben zu machen, die seine eigene Hauptleistungspflicht betreffen. Selbst wenn man dies annähme, würde sich nichts anderes ergeben. Die Parteien haben zwar eine Nettolohnvereinbarung getroffen, sodass es im Innenverhältnis Sache der [X.] ist, die Lohnsteuer abzuführen und zu tragen. Dies kann aber auch dann durchgeführt werden, wenn die Steuererklärung nicht durch [X.] erstellt wird. Es mag aus Sicht der [X.] wünschenswert und zweckmäßig sein, bei im Ausland tätigen Arbeitnehmern eine international tätige und erfahrene Steuerberatungsgesellschaft einzubinden, unumgänglich zur Vertragsdurchführung ist dies nicht.

Es handelt sich auch nicht um eine Regelung, die die Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betrifft. Das Weisungsrecht unterliegt dem grundsätzlichen Verbot, die private Lebensführung des Arbeitnehmers zu regeln. Die Pflicht zur Erstellung der Steuererklärung ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht und trifft allein den Arbeitnehmer. Es ist ausschließlich das Verhältnis Arbeitnehmer - Finanzbehörde betroffen und damit die Privatsphäre, nicht die betriebliche Sphäre. Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Parteien eine Nettolohnabrede getroffen haben und der Arbeitgeber im Innenverhältnis die Steuer zu tragen hat.

c) Schließlich besteht kein „gesetzliches Leitbild“, das der von der Arbeitgeberin vorgegebenen Vertragsgestaltung entspricht. § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG bestimmt lediglich, dass der Steuerpflichtige - hier der Arbeitnehmer - für den abgelaufenen Veranlagungszeitraum eine Einkommensteuererklärung abzugeben hat. Außerhalb von Vereinbarungen über die Hauptleistungspflichten und gesetzeswiederholender Regelungen ist eine AGB-[X.]ontrolle unproblematisch eröffnet.

4. Die umstrittene Bestimmung ist als Allgemeine Geschäftsbedingung der [X.] unwirksam, weil sie den [X.]läger als Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.].

a) Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird ([X.] 19. August 2010 - 8 [X.] 645/09 - Rn. 39, [X.] [X.] § 307 Nr. 49). Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiden Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Dabei ist auch die Stellung der [X.]lausel im Gesamtvertrag zu berücksichtigen, ebenso wie kompensierende oder summierende Effekte ([X.] 19. August 2010 - 8 [X.] 645/09 - Rn. 40, aaO). Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der [X.]lauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen für verschiedene Arten von Geschäften oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet, deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschiedlich gelagert sind, so kann die Abwägung zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen ([X.] 23. September 2010 - 8 [X.] 897/08 - Rn. 27, [X.] [X.] § 307 Nr. 48 = EzA [X.] § 309 Nr. 6).

Da Arbeitsverträge [X.] sind, müssen nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 [X.] bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände berücksichtigt werden ([X.] 23. September 2010 - 8 [X.] 897/08 - Rn. 28, [X.] [X.] § 307 Nr. 48 = EzA [X.] § 309 Nr. 6). Dazu gehören insbesondere persönliche Eigenschaften des individuellen Vertragspartners, die sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, ferner Besonderheiten der konkreten Vertragsabschlusssituation, wie etwa Überrumpelung, Belehrung oder untypische Sonderinteressen des Vertragspartners ([X.] 23. September 2010 - 8 [X.] 897/08 - aaO).

b) Die nach diesen Grundsätzen vorzunehmende Interessenabwägung führt im Ergebnis zur Unwirksamkeit der von der [X.] eingeführten Vertragsklausel.

aa) Das Interesse der [X.], die Steuererklärungen der von ihr ins Ausland entsandten Arbeitnehmer von einer von ihr ausgewählten Steuerberatungsgesellschaft erstellen zu lassen, ist an sich anzuerkennen. Die Beklagte möchte so sicherstellen, dass die Steuern auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zutreffend ermittelt werden, da sich infolge der getroffenen Nettolohnvereinbarung Fehler bei der Steuerberechnung unmittelbar und zulasten der [X.] auswirken können. Die börsennotierte Beklagte muss Wert darauf legen, dass die unternehmensinternen [X.] eingehalten werden und dass die Gefahr von Haftungs- und Reputationsschäden, etwa durch Nachzahlungen an [X.] oder [X.] Steuerbehörden, gering bleibt. Die Beklagte darf auch versuchen, ihren administrativen Aufwand gering zu halten, welcher sich erhöhte, müsste sie mit Steuerberatern zusammenarbeiten, die individuell von den ins Ausland entsandten Arbeitnehmern beauftragt, aber die unternehmensinternen Richtlinien nicht kennen würden.

bb) Durch die Verpflichtung, seine steuerlich relevanten Daten an die von der [X.] ausgesuchte Gesellschaft zu übermitteln, wird jedoch in das Recht des [X.]lägers auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen.

(1) Das in Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG verankerte Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet dem Einzelnen die Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen ([X.] 15. Dezember 1983 - 1 [X.] - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 65, 1; 27. Februar 2008 - 1 [X.], 1 BvR 595/07 - Rn. 180, [X.]E 120, 274). Geschützt wird die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden ([X.] 15. Dezember 1983 - 1 [X.] - aaO). Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner [X.] Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher [X.]ommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden ([X.] 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 - Rn. 70, [X.]E 115, 320). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Daten der Privat- oder gar der Intimsphäre handelt. Ein „belangloses“ Datum gibt es aus Sicht der Verfassung nicht (vgl. [X.] 15. Dezember 1983 - 1 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, aaO). Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung findet eine Entsprechung im Unionsrecht. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der [X.] hat jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

Überdies handelt es sich bei Steuerdaten um Daten hochsensiblen Inhalts. Die Angaben, die ein Steuerpflichtiger aufgrund des [X.] zu machen hat, ermöglichen weitreichende Einblicke in die persönlichen Verhältnisse, die persönliche Lebensführung (bis hin zu gesundheitlichen Gebrechen), religiösen Bindungen, Ehe- und Familienverhältnisse oder politischen Verbindungen sowie in die beruflichen und sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse ([X.] 17. Juli 1984 - 2 [X.], 2 [X.] - zu [X.] 3 a der Gründe, [X.]E 67, 100). Speziell den Arbeitgeber geht es im Grundsatz nichts an, wenn der Arbeitnehmer etwa Mitgliedsbeiträge an eine [X.] steuerlich absetzt oder Einkünfte aus einer nach Art. 12 GG erlaubten Nebentätigkeit angibt. Die hohe Bedeutung des Schutzes steuerlich relevanter Daten wird auch durch eine Reihe von einfachgesetzlichen Vorschriften untermauert. Das Steuergeheimnis wird nach § 30 AO besonders geschützt. Steuerberater unterliegen nach § 57 Abs. 1 StBerG einer Verschwiegenheitspflicht. Die unbefugte [X.] ist nach § 355 StGB für Amtsträger und nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB für Steuerberater strafbewehrt.

(2) In das Recht des [X.]lägers auf informationelle Selbstbestimmung wird durch die betroffene Vereinbarung eingegriffen, weil er danach nicht mehr frei entscheiden kann, wann er wem welche Daten zur Verfügung stellt. Zwar wird das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht schrankenlos gewährleistet. Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers können durch Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Bei einer [X.]ollision mit den Interessen des Arbeitgebers ist durch eine Güterabwägung im Einzelfall zu ermitteln, ob es den Vorrang verdient ([X.] 16. Dezember 2010 - 2 [X.] 485/08 - Rn. 36, [X.] [X.] § 626 Nr. 232 = EzA [X.] 2002 § 626 Nr. 33; vgl. 26. August 2008 - 1 [X.] - Rn. 17, [X.]E 127, 276 = [X.] BetrVG 1972 § 75 Nr. 54 = EzA BetrVG 2001 § 87 Überwachung Nr. 2). Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sind die betroffenen Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers im Sinne einer praktischen [X.]onkordanz so abzuwägen, dass die geschützten Rechtspositionen für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden ([X.] 10. Oktober 2002 - 2 [X.] 472/01 - zu [X.]I 3 c der Gründe, [X.]E 103, 111 = [X.] [X.]SchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte [X.]ündigung Nr. 44 = EzA [X.]SchG § 1 Verhaltensbedingte [X.]ündigung Nr. 58).

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, der [X.]läger habe in die Beschränkung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die unterzeichnete Vereinbarung selbst eingewilligt. Die Privatautonomie setzt als Grundlage für eine freie Vereinbarung voraus, dass die Bedingungen der Selbstbestimmung des Einzelnen tatsächlich gegeben sind (vgl. [X.] 7. September 2010 - 1 [X.], 1 BvR 851/10 - Rn. 34, NJW 2011, 1339). Eine Einwilligung im Falle eines strukturellen Ungleichgewichts eines Vertragspartners, wie es im Falle von vom Arbeitgeber einseitig vorformulierten und gestellten [X.]lauseln regelmäßig der Fall ist, vermag daher keine rechtfertigende Wirkung zu entfalten (vgl. Erf[X.]/[X.] 12. Aufl. Art. 2 GG Rn. 55; Erf[X.]/[X.] 12. Aufl. § 4a [X.] Rn. 2; [X.] in [X.]/[X.] GG 12. Aufl. Art. 2 Rn. 16). Die gerichtliche [X.]ontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in solch einem Falle gerade erforderlich und kompensiert die mangelnde Verhandlungsmacht des Vertragspartners des Verwenders ([X.] 7. September 2010 - 1 [X.], 1 BvR 851/10 - Rn. 35, aaO).

(3) Erkennbar gibt es weder eine gesetzliche Grundlage noch eine kollektivrechtliche Regelung, die es vorsehen, dass der Arbeitnehmer bei der Erstellung seiner Steuererklärung mit einer vom Arbeitgeber ausgewählten Steuerberatungsgesellschaft zusammenarbeiten muss. § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.] sieht vor, dass personenbezogene Daten erhoben werden dürfen, wenn dies zum Zwecke des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. Dies gilt für die „Stammdaten“ des Arbeitnehmers wie Name, Alter, Geschlecht, Adresse etc. (vgl. [X.] 22. Oktober 1986 - 5 [X.] 660/85 - zu [X.] 2 b der Gründe, [X.]E 53, 226 = [X.] [X.] § 23 Nr. 2 = EzA [X.] § 23 Nr. 4; HW[X.]/[X.] 5. Aufl. Vorb. [X.] Rn. 41). Hier geht es aber, wie dargelegt, nicht um die [X.] solcher Daten, die der Arbeitnehmer notwendig schon bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses anzugeben hat oder die der Arbeitgeber ohnehin schon kennt.

(4) Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers wiegt schwer. Sofern es um Daten wie [X.]rankheit oder mittelbar um die [X.]szugehörigkeit geht, ist nicht nur der äußere Bereich der Privatsphäre betroffen. Es handelt sich um besonders sensible Daten iSv. § 3 Abs. 9 [X.], für die nach § 4a Abs. 3, § 28 Abs. 6 bis Abs. 9 [X.] erhöhte Anforderungen an die Erhebung und Speicherung zu stellen sind. Es besteht aufgrund des Bezugs der steuerrelevanten Daten zu allen Lebensbereichen des Einzelnen die Möglichkeit, ein umfassendes Persönlichkeitsbild zu erstellen. Darüber hinaus stellt sich die Offenlegung sämtlicher Daten, die der Steuererklärung zugrunde liegen, als unverhältnismäßig im allgemeinen Sinne dar, weil das Interesse, möglichst die zutreffende Berechnung der Steuer der ins Ausland entsandten Arbeitnehmer sicherzustellen und somit Doppelbesteuerungen und sonstige Haftungsrisiken zu vermeiden, sich auch auf anderem Wege erreichen lässt. Auch ein vom Arbeitnehmer selbst ausgewählter Steuerberater muss grundsätzlich in der Lage sein, die Steuer bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt zutreffend zu ermitteln. Es spräche nichts dagegen, dass der Arbeitnehmer seine Steuererklärung bei einer anderen, aber ebenfalls international tätigen Steuerkanzlei erstellen ließe. Sofern seitens der [X.] unternehmensinterne Vorgaben zu beachten sind, könnten diese dem beauftragten Steuerberater durch den Arbeitnehmer übermittelt werden.

(5) Aus dem Umstand, dass die Daten einem Dritten, der [X.], zur Verfügung zu stellen sind, ergeben sich weitere Schutzdefizite. Mit [X.] steht der Arbeitnehmer in keinem Vertragsverhältnis. Ein Vertragsverhältnis ist aber stets die Grundlage eines darauf aufbauenden Vertrauensverhältnisses. Eine Grundlage für das normalerweise bestehende Weisungsrecht nach § 665 [X.] aus dem der Erstellung der Steuererklärung zugrunde liegenden Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 Abs. 1 [X.] (vgl. Mü[X.]o[X.]/Müller-Glöge 6. Aufl. § 611 Rn. 126) besteht zugunsten des Arbeitnehmers nicht. Der Arbeitnehmer muss diejenigen - wohl in der Regel ihm nicht bekannten - Rahmenbedingungen akzeptieren, die zwischen der [X.] und [X.] vereinbart sind. Bedenklich erscheint in diesem [X.]ontext, dass nach Ziffer 12 Abs. 3 der vorgelegten „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vom 1. Januar 2002“ die Verarbeitung personenbezogener Daten auch durch Dritte zulässig sein soll. Eine direkte vertragliche Grundlage für eine Haftung der [X.] besteht nicht, ein Schadensersatz ließe sich allenfalls über die Figur eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter realisieren. Ferner erscheint die [X.]lausel deshalb als unangemessen, weil sie der Arbeitgeberin ein Bestimmungsrecht einräumt, das es ihr ermöglicht, zukünftig auch eine andere Steuerberatungsgesellschaft als [X.] einzusetzen. Der Arbeitnehmer muss daher auch in [X.]auf nehmen, seine Steuerdaten zukünftig an eine bei Vertragsschluss noch völlig unbekannte Steuerberatungsgesellschaft weitergeben zu müssen.

(6) Für das Recht des [X.]lägers auf informationelle Selbstbestimmung besteht eine weitere Gefährdungslage insoweit, als personenbezogene Daten an seinen Arbeitgeber gelangen könnten.

Eine grundrechtsrelevante Gefährdungslage kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen benennbarer Rechtsgüter entstehen, insbesondere wenn personenbezogene Informationen in einer Art und Weise genutzt und verknüpft werden können, die der Betroffene weder überschauen noch verhindern kann ([X.] 27. Februar 2008 - 1 [X.], 1 BvR 595/07 - Rn. 180, [X.]E 120, 274). Die Beklagte hat im Prozess zwar vorgetragen, es sei sichergestellt, dass die Steuerdaten des Arbeitnehmers nicht an die Beklagte weitergeleitet würden und dies wurde auch in dem Schreiben „Steuererklärung/Besonderheiten [X.]“ vom 3. August 2009 schriftlich festgehalten. Der Steuerberater ist jedoch immer auch seinem Auftraggeber verpflichtet. Letzterer kann von dem Weisungsrecht nach § 665 [X.] Gebrauch machen. Eine Interessenkollision erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen.

(7) Von der [X.] befürchtete [X.] lassen sich auch bei Hinzuziehung eines Steuerberaters, den der Arbeitnehmer selbst ausgewählt hat, vermeiden. Die Gefahr eines Reputationsschadens besteht generell. [X.]onkrete Fälle aus der Vergangenheit, in der sie aufgrund einer Steuernachzahlung einen Reputationsschaden erlitten hat, hat die Beklagte jedoch nicht vorgetragen. Allgemeine Befürchtungen reichen nicht aus. Das Interesse, den Verwaltungsaufwand gering zu halten, reicht nicht aus, um besondere, personenbezogene Daten zur Verfügung stellen zu lassen.

(8) [X.] hat das [X.] schließlich berücksichtigt, dass die vereinbarte Regelung wegen des Rechts zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Eheleuten entweder einen besonders gravierenden Eingriff in das Recht des Ehegatten auf seine informationelle Selbstbestimmung darstellte oder - bei Verzicht auf gemeinsame Veranlagung - eine Beeinträchtigung der vom Gesetzgeber vorgenommenen steuerrechtlichen Förderung von Ehe und Familie, Art. 6 Abs. 1 GG (von [X.]. Art. 6 Rn. 39; [X.] in [X.]/[X.] Art. 6 Rn. 37). Das Ehegattensplitting im Falle gemeinsamer Veranlagung dient dazu, der Benachteiligung von Eheleuten entgegenzuwirken, die bei progressiv gestalteten [X.] eintreten kann, wenn beide Eheleute zusammen veranlagt werden. Es stellt eine verfassungskonforme und ehegerechte Ausgestaltung des Steuerrechts dar (vgl. [X.] 3. November 1982 - 1 BvR 620/78, 1 BvR 1335/78, 1 [X.], 1 BvR 363/80 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 61, 319). Entsteht der durch die Allgemeine Geschäftsbedingung hervorgerufene Nachteil in der Person eines Dritten, für die der Vertragspartner des Verwenders rechtlich oder kraft persönlicher Verbundenheit einzustehen hat, so stellt sich der Nachteil mittelbar auch als eigener Nachteil dar, weshalb es geboten ist, auch ein Drittinteresse mit einzubeziehen (vgl. [X.] Oktober 1981 - [X.] - zu [X.] der Gründe, NJW 1982, 178; [X.]/[X.] [2006] § 307 Rn. 146; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] 3. Aufl. § 307 Rn. 59; [X.]/[X.] 71. Aufl. § 307 Rn. 11).

5. Die unangemessene Benachteiligung des [X.]lägers iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird auch nicht durch einen dem [X.]läger im Vertragswerk gewährten anderweitigen Vorteil kompensiert. Dabei müssen Vor- und Nachteile in einem inneren Zusammenhang stehen ([X.]/[X.]/[X.]/[X.] 3. Aufl. § 307 Rn. 95; [X.]/L./P. AGB-Recht 5. Aufl. § 307 Rn. 219; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] AGB-Recht 11. Aufl. § 307 [X.] Rn. 151; [X.]/[X.] [2006] § 307 Rn. 125; [X.]/[X.] 71. Aufl. § 307 Rn. 14).

a) [X.] stellt keine wirksame [X.]ompensation dar. Dies ist zwar für den Arbeitgeber risikoreich, weil der Arbeitnehmer durch Änderung von in seiner Sphäre liegenden Umständen die Lohnkostenbelastung erhöhen kann und sich Änderungen im Steuerrecht auch zulasten des nettolohnverpflichteten Arbeitgebers auswirken können. Dem steht aber spiegelbildlich entgegen, dass der Arbeitnehmer seine Steuerlast individuell nicht positiv beeinflussen kann und er von Steuererleichterungen seitens des Gesetzgebers nicht profitiert.

b) Die Übernahme der [X.]osten einer Steuerberatung steht nicht im Zusammenhang mit der Verpflichtung des Arbeitnehmers, seine Daten an die [X.] weitergeben zu müssen. Zwar gehören beide Regelungen zur Frage „Behandlung der Lohnsteuer“. Sie betreffen aber unterschiedliche Materien. Durch die Übernahme der [X.]osten für die Hinzuziehung eines Steuerberaters wird dem Arbeitnehmer ein zusätzlicher Lohnbestandteil gewährt (vgl. [X.] 21. Januar 2010 - VI R 2/08 - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 228, 80 = EzA EStG § 19 Nr. 14). Damit wird eine Regelung über die Hauptleistungspflichten im Arbeitsverhältnis getroffen. Hingegen kann der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers nicht durch höheren Lohn „kompensiert“ werden.

c) Zu Unrecht rügt die Revision, das [X.] hätte bei Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 [X.] zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass [X.]lauseln wie die hier vorliegende, nach der der Arbeitnehmer im Falle eines Auslandseinsatzes verpflichtet wird, seine Steuererklärung durch eine vom Arbeitgeber beauftragte Steuerberatungsgesellschaft erstellen zu lassen, wegen Üblichkeit im Arbeitsleben anzuerkennen seien. Dabei ist davon auszugehen, dass nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Besonderheiten des Arbeitslebens relevant sind ([X.] 25. Mai 2005 - 5 [X.] 572/04 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 115, 19 = [X.] [X.] § 310 Nr. 1 = EzA [X.] 2002 § 307 Nr. 3; vgl. 1. März 2006 - 5 [X.] 363/05 - Rn. 33, [X.]E 117, 155 = [X.] [X.] § 308 Nr. 3 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 48). Soweit die Beklagte sich erstmals in der Revisionsinstanz darauf berufen hat, [X.]lauseln wie die hier im Streit stehende Regelung würden von einer Vielzahl von Unternehmen verwendet, handelt es sich um einen neuen Sachvortrag, der nach § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich unzulässig und vom Senat nicht zu beachten ist. Im Übrigen hat die Beklagte in der Revisionsverhandlung eingeräumt, dass nur „etwa 60 %“ der Unternehmen mit häufigem Auslandseinsatz derartige Regelungen vorsehen. Da nahezu die Hälfte aller Unternehmen auf derartige Regelungen verzichten kann, kann von einer im Arbeitsrecht geltenden Besonderheit iSd. § 310 Abs. 4 Satz 2 [X.] nicht die Rede sein.

C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die [X.]osten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

         

        

    Der ehrenamtliche Richter Brückmann
ist wegen Ablaufs der Amtszeit
an der Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    Bloesinger    

                 

Meta

8 AZR 804/11

23.08.2012

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt, 3. November 2010, Az: 6 Ca 1974/10, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 106 GewO, § 315 BGB, Art 6 Abs 1 GG, § 32 Abs 1 S 1 BDSG 1990, Art 2 Abs 1 GG, § 310 Abs 3 Nr 3 BGB, § 665 BGB, § 675 Abs 1 BGB, § 3 Abs 9 BDSG 1990, § 4a Abs 3 BDSG 1990, § 25 Abs 3 S 1 EStG, Art 1 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.08.2012, Az. 8 AZR 804/11 (REWIS RS 2012, 3693)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3693

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

7 AZR 519/10 (Bundesarbeitsgericht)

Wiedereinstellungsanspruch aufgrund eines vereinbarten Rückkehrrechts - Anspruch auf Abgabe einer Angebotserklärung mit Rückwirkung - AGB-Kontrolle


7 AZR 33/11 (Bundesarbeitsgericht)

Wiedereinstellungsanspruch aufgrund eines vereinbarten Rückkehrrechts - Anspruch auf Abgabe einer Angebotserklärung mit Rückwirkung - AGB-Kontrolle …


7 AZR 672/10 (Bundesarbeitsgericht)

Wiedereinstellungsanspruch aufgrund eines vereinbarten Rückkehrrechts - Anspruch auf Abgabe einer Angebotserklärung mit Rückwirkung - AGB-Kontrolle …


7 AZR 743/10 (Bundesarbeitsgericht)

Wiedereinstellungsanspruch aufgrund eines vereinbarten Rückkehrrechts - Anspruch auf Abgabe einer Annahmeerklärung mit Rückwirkung - AGB-Kontrolle


7 AZR 537/10 (Bundesarbeitsgericht)

Wiedereinstellungsanspruch aufgrund eines vereinbarten Rückkehrrechts - Anspruch auf Abgabe einer Angebotserklärung mit Rückwirkung - AGB-Kontrolle


Referenzen
Wird zitiert von

2 Sa 945/17

4 TaBV 52/18

9 Sa 1385/15

14 Sa 463/14

14 Sa 389/13

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.