Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.11.2011, Az. I ZB 56/11

1. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 903

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Gegenstand

Verfahren in Markenangelegenheiten: Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes auf die Akteneinsicht Dritter; Erforderlichkeit der Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses - Schokoladenstäbchen


Leitsatz

Schokoladenstäbchen

1. Das Informationsfreiheitsgesetz findet auf die Akteneinsicht Dritter in Verfahren in Markenangelegenheiten keine Anwendung.

2. Für die Akteneinsicht in die Verfahrensakten über einen Antrag auf Schutzentziehung einer IR-Marke braucht ein berechtigtes Interesse nicht glaubhaft gemacht zu werden.

Tenor

Der Antragstellerin wird Einsicht in die Akten des [X.] - I ZB 56/11 -, des [X.] - 25 W (pat) 8/09 - und des [X.] - IR 869 586/30 - einschließlich des [X.] gewährt. Die Akteneinsicht kann auf der Geschäftsstelle des [X.] des [X.] oder beim [X.] in [X.] erfolgen.

Gründe

1

I. Das [X.] hat der [X.] Nr. 869586 für [X.] den Schutz entzogen ([X.], Beschluss vom 21. Juli 2011 - 25 W (pat) 8/09, juris). Dagegen hat die Markeninhaberin Rechtsbeschwerde eingelegt. Die an dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beteiligte Antragstellerin, eine Partnerschaft von Rechtsanwälten, begehrt Einsicht in die Akten dieses Verfahrens.

2

II. Dem Antrag ist stattzugeben.

3

1. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die Einsicht allerdings nicht nach dem Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des [X.] - vom 5. September 2005 ([X.] I, S. 2722) zulässig. Auf die Einsicht Dritter in die Akten in Verfahren in Markenangelegenheiten (§§ 32 bis 96 [X.]) findet das Informationsfreiheitsgesetz nach seinem § 1 Abs. 3 keine Anwendung. Nach dieser Bestimmung gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 25 des [X.] des [X.] vor. Zu den dem Informationsfreiheitsgesetz vorrangigen Regelungen gehören die Bestimmungen des Markengesetzes über die Akteneinsicht (vgl. [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 62 [X.] Rn. 3; [X.], Markenrecht, 4. Aufl., § 62 Rn. 1; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 62 Rn. 1). Die Akten- und Registereinsicht beim [X.] richtet sich nach § 62 [X.]. Die Vorschrift ist nach § 82 Abs. 3 [X.] im Beschwerdeverfahren vor dem [X.] entsprechend anwendbar; sie gilt auch im Rechtsbeschwerdeverfahren (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Oktober 2005 - [X.], BeckRS 2005, 12319 mwN).

4

2. Nach § 62 Abs. 2 i.V.m. § 82 Abs. 3 [X.] ist grundsätzlich Einsicht in die Gerichts- und Verfahrensakten zu gewähren, die eine eingetragene Marke betreffen. Dies gilt nach §§ 107, 119 [X.] auch für das Verfahren über den Antrag auf Schutzentziehung einer [X.], das nach § 115 Abs. 1, § 124 [X.] an die Stelle des Antrags auf Löschung einer eingetragenen Marke tritt.

5

Für die Akteneinsicht braucht - anders als bei der Einsicht in die Akten von Markenanmeldungen nach § 62 Abs. 1 [X.] (vgl. auch [X.], Beschluss vom 10. April 2007 - [X.], [X.], 628 Rn. 13 f. = WRP 2007, 788 - [X.]) - ein berechtigtes Interesse nicht glaubhaft gemacht zu werden. Ob ausnahmsweise einer (unbeschränkten) Akteneinsicht schutzwürdige Belange der Verfahrensbeteiligten entgegenstehen können (bejahend [X.]/[X.]/[X.] aaO § 62 [X.] Rn. 15; [X.] aaO § 62 Rn. 5; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 62 Rn. 20; verneinend [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 62 Rn. 5; [X.]/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Bd. 1, Seite 233 f. Rn. 56) braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Die Verfahrensbeteiligten haben der begehrten Akteneinsicht zwar widersprochen. Sie haben ein berechtigtes Interesse, das ausnahmsweise einer (unbeschränkten) Akteneinsicht entgegenstehen könnte, aber nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Ein solches Interesse ist auch nicht ersichtlich.

[X.]Büscher                                         Schaffert

                                Koch                                                  Löffler

Meta

I ZB 56/11

30.11.2011

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BPatG München, 21. Juli 2011, Az: 25 W (pat) 8/09

§ 1 Abs 3 IFG, § 62 Abs 1 MarkenG, § 62 Abs 2 MarkenG, § 82 Abs 3 MarkenG, § 107 MarkenG, § 115 Abs 1 MarkenG, § 119 MarkenG, § 124 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.11.2011, Az. I ZB 56/11 (REWIS RS 2011, 903)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 903


Verfahrensgang

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Az. I ZB 56/11

Bundesgerichtshof, I ZB 56/11, 28.02.2013.

Bundesgerichtshof, I ZB 56/11, 30.11.2011.


Az. I ZB 39/16

Bundesgerichtshof, I ZB 39/16, 06.04.2017.


Az. 25 W (pat) 8/09

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 8/09, 22.04.2016.

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 8/09, 22.09.2011.

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 8/09, 21.07.2011.

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 8/09, 15.09.2010.


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