Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.09.2010, Az. 25 W (pat) 8/09

25. Senat | REWIS RS 2010, 3394

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - Schutzentziehungsverfahren - "Schokoladenstäbchen" (international registrierte dreidimensionale Marke) - zur grafischen Darstellbarkeit


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das [X.]/06

gegen die Marke [X.] 869 586

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters [X.] sowie [X.] und Metternich

beschlossen:

1. Der Präsidentin des [X.] wird anheimgegeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten.

2. Für den Fall des Beitritts erhält die Präsidentin Gelegenheit bis spätestens 25. Oktober 2010 Ausführungen in der Sache zu machen.

Gründe

I.

1

Gegen die für die Markeninhaberin für die Waren der Klasse 30

2

" Cacao, chocolat, produits de chocolaterie "

3

international unter der Nummer [X.] 869 586 seit dem 7. September 2005 registrierte dreidimensionale Marke

4

Abbildung

5

deren Schutz seit dem 15. Dezember 2005 auf die [X.] erstreckt ist, hat die Antragstellerin mit einem am 13. Januar 2006 beim [X.] eingegangenen Schriftsatz einen Schutzentziehungsantrag mit der Begründung gestellt, dass dieser Marke Schutz entgegen § 8 [X.] gewährt worden sei. Die Antragsgegnerin hat dem Antrag auf Schutzentziehung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] widersprochen.

6

[X.] des [X.] hat den Antrag mit Beschluss vom 24. Mai 2007 zurückgewiesen.

7

Es könne nicht festgestellt werden, dass die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] eingetragen worden sei. Die angegriffene Marke hebe sich von den auf dem hier einschlägigen Warengebiet üblichen Warenformen deutlich ab. Üblich seien auf dem Gebiet der Schokoladewaren neben der klassischen "Riegelform" nur Gestaltungen, die einen ohne weiteres erkennbaren realen Bezug hätten und außerdem von einem gewissen Wert seien; es gebe daher u. a. Schokoladenhandys, -armbanduhren, -autos, -CDs und Tiere aller Art.

8

Die Gestaltung der angegriffene Marke falle aus diesem üblichen Muster heraus. In der Abbildung lasse sich auf den ersten [X.]ick überhaupt nichts aus der realen Welt Bekanntes erkennen. Auch der bei der Markenbeschreibung herausgestellte Bezug zu einer "[X.]" sei nur mit Mühe nachvollziehbar. Es handele sich auch nicht um eine den üblichen Gestaltungsformen entsprechende Form, da [X.]n, die der eingetragenen Darstellung entsprächen, im realen Leben weder als solches von irgendeinem besonderen Interesse seien noch einen besonderen Wert hätten. Schließlich sei auch der Verkauf von Schokolade in der Form von leicht geschlängelten Stäbchen, anders als in der "echten" Form eines Stabes oder Sticks, nicht allgemein üblich.

9

Es handele sich demgemäß bei der eingetragenen Abbildung um eine (völlig) willkürliche Form, so dass der Verkehr diese Form nicht als (übliches) Dekor auffasse, und demgemäß die angegriffene Marke als betrieblicher Herkunftshinweis wirke.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin mit dem Antrag,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des [X.] vom 24. Mai 2007 aufzuheben und der Marke [X.] 869 586 den Schutz für die [X.] zu entziehen.

Das Zeichen bestehe aus der bloßen Abbildung der Ware selbst, so dass es vom Verkehr einerseits nicht als [X.] verstanden würde und andererseits in Bezug auf die eingetragenen Waren lediglich eine beschreibende Angabe sei, an der auch ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber bestehe. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin bereits vor Anmeldung der [X.]-Marke eine vergleichbare Form für ein Schokoladenprodukt verwendet habe, verdeutliche das Allgemeininteresse an einer freien Verwendbarkeit dieser Form und ein sich daraus ergebendes [X.] von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Den Mitbewerbern müsse die freie Wahl zwischen allen beschreibenden Formen erhalten bleiben. Die eingetragene Marke weise zudem auch keine tatsächlich an eine [X.] erinnernde und über die bloße Form eines zylinderförmiges Stäbchen mit Streuseln hinausgehende Ausgestaltung auf. Auch die Markenabteilung habe festgestellt, dass eine Assoziation an einer [X.] allenfalls mit Mühe nachvollziehbar sei. Dementsprechend habe eine in einem [X.] Verletzungsverfahren auf Veranlassung der Antragstellerin durchgeführte demoskopische Umfrage ergeben, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der befragten [X.] die hier maßgebliche Warenform nicht als Kennzeichen eines bestimmten Herstellers ansehe.

Die angegriffene Marke erschöpfe sich in einer Kombination einfacher gestalterischer Merkmale. Der Verkehr werde in der angegriffenen Marke lediglich ein gleichmäßig gewelltes Schokoladenstäbchen mit Streuseln, also eine ausschließlich beschreibende Angabe erkennen. Den Streuseln werde er dabei ausschließlich eine geschmackliche bzw. ästhetische Funktion zumessen. Auch die wellenförmige Ausgestaltung des Schokoladenstäbchens hebe sich nicht durch charakteristische, identitätsstiftende Merkmale in hinreichender Weise von anderen [X.] im hier maßgeblichen Warenbereich ab. Eine von der Markeninhaberin geltend gemachte Anlehnung der Warenform an "knorrige Zweige einer Weinrebe" könne der Marke nicht entnommen werde. Soweit die Markeninhaberin tatsächlich eine daran erinnernde Warenform vertreibe, könne dies nicht berücksichtigt werden, da diese Warenform nicht Gegenstand der Eintragung sei.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen sowie der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die hier geschützte Form eines welligen [X.] mit einzelnen Punkten (Krümeln) an der Oberfläche gehöre nicht zu den üblichen Gestaltungsformen für Schokoladenwaren. Ob diese Form den Verbraucher an eine [X.] erinnere, sei daher unerheblich. Auch die Antragstellerin habe nichts dazu vorgetragen, dass diese Form vor Anmeldung der [X.]-Marke eine übliche Formgebung im hier maßgeblichen Warenbereich gewesen sei. In Anbetracht der nahezu unerschöpflichen Formenvielfalt bei Schokoladenwaren bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis an der eingetragenen Warenform.

In der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2010 hat der Senat Zweifel geäußert, ob der Schutzgegenstand der angegriffenen Marke nach dem der Eintragung zugrundeliegenden Bild hinreichend eindeutig bestimmt und definiert sei und damit den Anforderungen an eine grafische Darstellbarkeit i. S. des § 8 Abs. 1 [X.] genüge.

Die Markeninhaberin hat dazu geltend gemacht, dass diese Frage vom Senat nicht aufgegriffen werden dürfe, da das Löschungsverfahren kontradiktorisch ausgestaltet sei, jedoch weder die Antragstellerin eine mangelnde Bestimmtheit des [X.] geltend gemacht noch die Markenabteilung sich in der angefochtenen Entscheidung damit beschäftigt habe. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sei daher allein die Frage, ob die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 [X.] Schutz erhalten habe. Jedenfalls handele es sich um eine Klageänderung, der es jedoch an Sachdienlichkeit fehle, da die Frage einer hinreichenden Bestimmtheit ein völlig neuer rechtlicher Gesichtspunkt sei.

Eine unzureichende Bestimmtheit und/oder Darstellung einer dreidimensionalen Marke stelle ferner allein einen im Eintragungsverfahren nach § 32 Abs. 2 [X.] zu beanstandenen Verfahrensfehler dar, begründe jedoch bei erfolgter Eintragung keinen [X.] i. S. des § 50 [X.].

Unabhängig davon genüge die eingetragene Marke den Anforderungen an eine grafische Darstellbarkeit i. S. des § 8 Abs. 1 [X.], insbesondere sei sie hinreichend klar dargestellt. Denn vor allem der - auch im vorliegenden Verfahren maßgeblichen - Darstellung der in [X.] hinterlegten Basismarke zu der vorliegenden [X.]-Marke ließen sich die runde und gewellte Form des [X.] sowie die darauf angebrachten Krümel entnehmen. Anfang und Ende des abgebildeten [X.] zeigten die runde Ausgestaltung des [X.] und damit auch dessen Dreidimensionalität. Konturen und Form des [X.] seien somit deutlich erkennbar, wobei die Form des [X.] auch durch die beigefügte Beschreibung noch verdeutlicht werde.

Abbildung

([X.] Registereintrag der [X.])). Dementsprechend sei die Darstellung auch in einer Reihe weiterer Länder, in denen die Marke um Schutz nachgesucht habe, nicht beanstandet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat erachtet es als angemessen, der Präsidentin des [X.] gemäß § 68 Abs. 2 [X.] anheimzugeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten. Im vorliegenden Löschungsverfahren ist über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu befinden, wobei die Beschwerdeentscheidung über den Einzelfall hinaus allgemeine Auswirkungen auch auf das Verfahren vor dem [X.] haben könnte.

Nach vorläufiger Auffassung des Senats hat die zulässige Beschwerde der Antragstellerin Aussicht auf Erfolg, da der mit dem Löschungsantrag angegriffenen Marke Schutz für die [X.] entgegen § 8 Abs. 1 [X.] i. V. m. §§ 107 Abs. 1, 113 Abs. 1 [X.], Art. 5 Abs. 1 MMA, Art. 6 quinquies B Nr. 3 [X.] bewilligt worden ist. Der angegriffenen Marke ist daher der Schutz für den Bereich der [X.] nach §§ 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1, §§ 107 Abs. 1, 115 Abs. 1 [X.] zu entziehen.

Die als dreidimensionale Gestaltung eingetragene angegriffene Marke ist nach Auffassung des Senats nicht hinreichend eindeutig dargestellt und ihr ist deshalb der Schutz für den Bereich der [X.] zu entziehen. Die eindeutige grafische Darstellung des Zeichens, für das Markenschutz begehrt bzw. - im Falle der mit dem Löschungsantrag angegriffenen Marke - Fortgeltung des Markenschutzes beansprucht wird, und die sich daraus ergebende eindeutige Festlegung dessen, was geschützt werden soll, ist für die Entscheidung über die Registereintragung im Anmeldeverfahren bzw. - im Falle einer bereits vollzogenen Eintragung - für den Verbleib der Marke im Register bei der Entscheidung über einen Löschungsantrag fundamental und Bestandteil des [X.] im Sinne von Art. 6 quinquies B Nr. 3 [X.] (vgl. zur [X.]-Wertung der Schutzhindernisse des in der [X.] ebenfalls nicht enthaltenen Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 [X.], [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 3 Rdn. 81). Sinn und Zweck der grafischen Darstellung i. S. d. § 8 Abs. 1 [X.], der die obligatorische Norm des Art. 2 der [X.] umsetzt, ist die eindeutige Definition des [X.] durch den Registereintrag. Dieses zentrale materiell-rechtliche Erfordernis bei Registermarken dient dazu, (1.) im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form zugrunde legen zu können, (2.) die Eintragung in das Register als solche überhaupt zu ermöglichen und (3.) die Eintragung im Interesse der Allgemeinheit zur Unterrichtung über die in [X.] stehenden Marken und über ihren Schutzbereich zu veröffentlichen. Insoweit ist das Register die Grundlage für die Entscheidung markenrechtlicher Kollisionsfälle, aber z. B. auch für die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung (vgl. dazu [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 3 Rdn. 15 m. w. N.).

Bei internationalen Markenanmeldungen mit einem Schutzausdehnungsgesuch auf den Bereich der [X.] muss ebenso wie bei inländischen Markenanmeldungen das Zeichen, für das Schutz bzw. Schutzausdehnung begehrt wird, in der Anmeldung durch die grafische Darstellung so klar und eindeutig festgelegt sein, dass eine genaue Identifizierung und Bestimmung des [X.] möglich ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des [X.] zu Art. 2 [X.] und des [X.] zu § 8 Abs. 1 [X.] (vgl. dazu [X.] [X.], 145, 147 [[X.]. 46] - [X.]; [X.], 604, 606 [[X.]. 28] - [X.]; [X.], 858, 859 [[X.]. 25] - [X.] und [X.], 54, 57 [[X.]. 55 -63] - [X.]/Kist und [X.] GRUR 2007, 150, 151 [[X.]. 16 - 23] - Tastmarke). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für visuell nicht wahrnehmbare Marken wie z. B. Hör-, Riech- und Tastmarken (so [X.] [X.], 145 [X.]. 52 - 55 - [X.]; [X.] [X.], 54 [X.]. 55 - [X.]/Kist und [X.] GRUR 2007, 150, 151 [[X.]. 16 - 23] - Tastmarke) oder für die visuell (wohl) wahrnehmbare abstrakten Farbmarken ([X.], 604, 606 [[X.]. 28] - [X.]; [X.], 858, 859 [[X.]. 25] - [X.]), sondern ebenso für alle anderen visuell wahrnehmbaren Markenformen, also auch für dreidimensionale Gestaltungen. Dabei kann es genügen, das Zeichen mit hinreichend eindeutigen Symbolen, insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen hinreichend eindeutig zu identifizieren und damit zu definieren (vgl. dazu die vorgenannten [X.]- und [X.]-Entscheidungen - [X.], [X.], [X.], [X.]/Kist, Tastmarke, jeweils a. a. O.).

Das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit im Sinne von Art. 2 [X.] und § 8 Abs. 1 [X.] ist nicht schon dann erfüllt, wenn der Schutzgegenstand als solcher darstellbar ist, selbst wenn der Wortlaut der Vorschriften ein solches Verständnis zunächst nahelegen mag. Vielmehr muss nach den genannten Vorschriften die konkret eingereichte grafische Darstellung, die der Anmeldung bzw. Eintragung zugrunde liegt, im Einzelfall die klare und eindeutige Definition des konkret beanspruchten [X.] ermöglichen. Die Frage der grafischen Darstellbarkeit nach Art. 2 [X.] bzw. § 8 Abs. 1 [X.] kann nämlich immer nur anhand der konkret eingereichten grafischen Darstellung geprüft werden.

Die Eintragung bzw. Schutzgewährung einer durch die vorhandene Markenwiedergabe unzureichend definierten Marke führt im Rahmen eines Löschungs- bzw. Schutzentziehungsverfahrens zur Löschung nach § 50 Abs. 1 [X.] bzw. Schutzentziehung nach § 115 i. V. m. § 50 Abs. 1 [X.], ohne die einschränkenden Erfordernisse des § 50 Abs. 2 [X.] (auch nicht in Bezug auf die 10-Jahres-Frist). Der Senat teilt nicht die seitens der Markeninhaberin unter Bezugnahme auf die Entscheidung [X.], 163, 164 - BIC-Kugelschreiber vertretene Auffassung, bei einer Eintragung trotz unzureichender Markenwiedergabe handele es lediglich um einen Verfahrensfehler, welcher nicht unter die Nichtigkeitsgründe des § 50 Abs. 1 [X.] falle, zumal ohne hinreichende Bestimmtheit des [X.] eine Prüfung der markenrechtlichen Schutzfähigkeit überhaupt nicht stattfinden kann. Insofern ist nach Auffassung des Senats die Frage der Bestimmtheit des [X.] eine im registerrechtlichen Verfahren ohne weiteres immanente unabdingbare Voraussetzung für die Schutzgewährung bzw. -belassung.

Die hier zu beurteilende streitgegenständliche dreidimensionale Marke ist nach Auffassung des Senats nicht hinreichend eindeutig bestimmt und definiert. Bei einer 3-D-Marke muss durch die bildliche Wiedergabe der beanspruchten Gestaltung insbesondere deutlich werden, inwieweit Schutz in Bezug auf die "dritte Dimension" begehrt wird, die letztlich die Markenkategorie der dreidimensionalen Marken überhaupt erst ausmacht (vgl. [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 32 Rdn. 28). Das der vorliegenden [X.]-Eintragung zugrunde liegende Bild ist unscharf und lässt insbesondere nicht erkennen, wie die Marke in ihrer Dreidimensionalität gestaltet ist. Dies gilt auch für die etwas deutlichere Darstellung des [X.] in der [X.] Ausgangsanmeldung, welche die Markeninhaberin mit der Anlage 1 dem Schriftsatz vom 19. Mai 2010 ([X.]. 220 d. A.) vorgelegt und damit ins Verfahren eingeführt hat (im Tatbestandsteil dieses Beschlusses ist die [X.] Ausgangseintragung - entnommen aus dem [X.] Markenregister - dargestellt). Diese Darstellung ist letztlich die maßgebliche Grundlage für die Beurteilung der Schutzfähigkeit der hier zu beurteilenden [X.]-Marke (vgl. dazu BPatGE 33, 135 ff.). Es kann dahinstehen, ob ein dreidimensionaler Gegenstand in allen Einzelheiten - d. h. auch aus allen Perspektiven vollständig dargestellt sein muss, was dann bei komplexen dreidimensionalen Gestaltungen regelmäßig mehrere Ansichten erfordern würde (vgl. dazu die Senatsentscheidung [X.], 521 - [X.]). Auch wenn man selbst bei komplexeren dreidimensionalen Marken eine einzige Darstellung ausreichen lassen würde und so den Schutz der Marke auf jene Merkmale beschränken würde, die in der eingereichten Wiedergabe dargestellt sind (siehe dazu auch [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 32 Rdn. 29), wovon - ohne dies zu thematisieren - offensichtlich der [X.] bereits in mehreren Entscheidungen selbst ausgegangen ist (vgl. dazu z. B. [X.] [X.] 2001, 75 bzw. [X.], 505 - [X.] bzw. [X.] II; [X.], 507 - Transformatorengehäuse, vgl. auch den nicht veröffentlichten Beschluss des [X.] vom 14. Dezember 2000 im Verfahren mit dem Aktenzeichen [X.] - Uhrgehäuse), genügt die streitgegenständliche Marke auch diesen geringeren Anforderungen nicht. Denn im Gegensatz zu den vorgenannten Entscheidungen des [X.], in denen der Schutzgegenstand in seiner Dreidimensionalität zwar nicht vollständig, aber doch zumindest aus einer Sicht hinreichend definiert erscheint, ist dies bei der streitgegenständlichen Marke nicht der Fall. Es fehlt jegliches perspektivische Moment bzw. ein solches ist nicht hinreichend deutlich zu erkennen. Dem der Markenanmeldung zugrunde liegenden Bild kann weder die genaue Form noch die Struktur des [X.] entnommen werden. Das Bild zeigt lediglich ein gewelltes Etwas (Stäbchen oder ähnliches), wobei insbesondere nicht erkennbar ist, ob die Wellenform in einer Dimension auf und ab erfolgt oder etwa gewunden ist und dadurch eine weitere Dimension in der Tiefe hat. Auch die erläuternde Beschreibung der angegriffenen Marke, wonach die Marke die Form eines Weinzweiges (Zweig eines Weinstocks), einer Weinrebe oder einer [X.] darstellt, führt zu keinem hinreichend eindeutig bestimmten Schutzgegenstand. Denn Weinzweige, Weinreben oder [X.]n wachsen naturgemäß ganz unterschiedlich und können deshalb auch völlig unterschiedlich gestaltet sein, so dass die vorhandene Beschreibung hier auch im Zusammenhang mit der bildlichen Darstellung nicht die für ein Registerrecht hinreichende Klarheit und Eindeutigkeit schafft. Vorliegend sind nach Auffassung des Senats tatsächlich einige unterschiedliche dreidimensionale Gestaltungen vorstellbar, die angesichts der undeutlichen Zeichenwiedergabe als identisch mit der eingereichten Abbildung angesehen werden könnten. So kann ein in [X.] gewelltes Stäbchen ebenso auf die Abbildung "gelesen" werden wie etwa ein "gewundenes" Stäbchen. Letztlich würde die Anerkennung der vorliegenden undeutlichen Art der Zeichenwiedergabe dazu führen, dass ein ganzes Bündel von denkbaren Gestaltungen geschützt wäre. Bei einer aus Buchstaben bestehenden Marke würde ein ähnlicher Effekt entstehen, wenn Schutz etwa für die Buchstaben "T", "A" und "R" in beliebiger Reihenfolge und Anordnung gewährt würde.

Bei einer Bildmarke, die einen Gegenstand mit räumlicher Ausdehnung wiedergibt, ist eine Unschärfe der bildlichen Wiedergabe oder Unklarheit in Bezug auf die Dreidimensionalität des abgebildeten Gegenstandes jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des [X.] in aller Regel nicht problematisch, weil hier die Bilder selbst Schutzgegenstand sind. Dies ist bei einer nicht hinreichend deutlich wiedergegebenen dreidimensionalen Marke anders zu beurteilen. Bei ihr ist nicht das Bild der Schutzgegenstand, sondern das Bild ist nur die - unter Umständen unzulängliche - Wiedergabe des [X.], aus der sich der Schutzgegenstand erst hinreichend eindeutig auch in seiner Dreidimensionalität ergeben muss.

Soweit die Markeninhaberin im Verfahren die Auffassung geäußert hat, dass die Frage der Bestimmtheit des [X.] und in diesem Zusammenhang die Frage der hinreichend deutlichen grafischen Darstellung nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei und deshalb vom Senat nicht aufgegriffen werden dürfe, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil dieser Gesichtspunkt von der Löschungsantragstellerin bereits im Verfahren vor der Markenabteilung im ersten Schriftsatz angesprochen worden ist, der Ausführungen in der Sache enthält (vgl. Schriftsatz vom 31. Januar 2006, Seite 1, unter Hinweis auf die Entscheidung "[X.]"). Demzufolge ist diese Frage - unabhängig davon, ob der Senat sie nicht auch von Amts wegen aufgreifen könnte, um überhaupt in eine sachgerechte Prüfung der Schutzhindernisse nach § 3 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 [X.] eintreten zu können - jedenfalls verfahrens- und damit auch beschwerdegegenständlich geworden.

2. Die Frage, ob dem angemeldeten Zeichen schon in der denkbaren Variationsbreite der aufgrund unzureichender Abbildung möglichen tatsächlichen Formen die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt, kann dahinstehen und soll hier nicht weiter vertieft werden.

3. Der vorliegende Fall wirft einige Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung bei dreidimensionalen Marken auf, die nach Auffassung des Senats teilweise noch nicht höchstrichterlich geklärt sind. So erscheint z. B. nicht geklärt, ob eine (komplexe) dreidimensionale Gestaltung, die unter Schutz gestellt werden soll, durch die grafische Darstellung im Sinne des Art. 2 der [X.] bzw. nach § 8 Abs. 1 [X.] von allen Seiten dargestellt und insoweit (vollständig) definiert sein muss oder ob die Ansicht von nur einer Seite ausreicht und quasi Teilschutz für eine Seitenansicht einer dreidimensionalen Gestaltung gewährt werden kann. Es erscheint denkbar, dass solche "3D Teilansichtsschutzgegenstände" keine dreidimensionalen Gestaltungen sind, sondern als sonstige Markenformen zu werten sind. [X.] ist ferner nicht geklärt, ob die eindeutige grafische Darstellung des Zeichens, für das Markenschutz begehrt bzw. im Falle der Eintragung - Schutz beansprucht wird, und die sich daraus ergebende eindeutige Festlegung dessen, was geschützt werden soll, Bestandteil des [X.] und auch des europäischen [X.] im Sinne von Art. 6 quinquies B Nr. 3 [X.] ist und ob ein entsprechender Mangel eine Löschung nach § 50 Abs. 1 [X.] bzw. Schutzentziehung nach §§ 50 Abs. 1, 107 Abs. 1, 115 Abs. 1 [X.] rechtfertigt.

Meta

25 W (pat) 8/09

15.09.2010

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 15.09.2010, Az. 25 W (pat) 8/09 (REWIS RS 2010, 3394)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3394


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZB 56/11

Bundesgerichtshof, I ZB 56/11, 28.02.2013.

Bundesgerichtshof, I ZB 56/11, 30.11.2011.


Az. I ZB 39/16

Bundesgerichtshof, I ZB 39/16, 06.04.2017.


Az. 25 W (pat) 8/09

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 8/09, 22.04.2016.

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 8/09, 22.09.2011.

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 8/09, 21.07.2011.

Bundespatentgericht, 25 W (pat) 8/09, 15.09.2010.


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