Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2022, Az. XI ZB 32/21

11. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 4009

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Gegenstand

Vorrang spezialgesetzlicher Prospekthaftung; Zuständigkeit des XI. Zivilsenats des BGH für spezialgesetzliche Prospekthaftungsansprüche


Leitsatz

Zum Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung und zur Zuständigkeit des Senats, hierüber zu entscheiden (weitere Bestätigung von Senat, Beschluss vom 19. Januar 2021 - XI ZB 35/18, BGHZ 228, 237 Rn. 22 ff.), sowie zur Bedeutung von gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO nicht näher begründeten Beschlüssen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Musterentscheid des [X.] vom 24. November 2021 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des [X.] und die außergerichtlichen Kosten der Musterrechtsbeschwerdegegnerin und der Beigetretenen im Rechtsbeschwerdeverfahren trägt der [X.].

Seine außergerichtlichen Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren trägt der [X.] selbst.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Gerichtskosten auf 5.851.327 € festgesetzt.

Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten des [X.] wird für den Prozessbevollmächtigten des [X.] auf 987.500 € und für den Prozessbevollmächtigten der Musterrechtsbeschwerdegegnerin und der Beigetretenen auf 5.851.327 € festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem [X.] ([X.]) darüber, ob der bei der Emission des Fonds H.                                  (im Folgenden: Fonds) am 23. April 2009 aufgestellte Prospekt (im Folgenden: Prospekt) fehlerhaft ist und ob die [X.] hierfür aufgrund sogenannter bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch genommen werden können. Gegenstand des Fonds ist die Beteiligung an vier Kommanditgesellschaften (E.                      GmbH & Co. KG; im Folgenden: Schiffsgesellschaften), die jeweils in den Neubau eines Massengutschiffs Bulker mit einer Tragfähigkeit von 4.500 tdw investieren sollten.

2

Die [X.] zu 1, 2 und 4 sind Initiatoren und Anbieter des [X.]. Sie sind Gründungskommanditisten der Schiffsgesellschaften. Die [X.] zu 3 ist aufgrund eines Spaltungs- und Übernahmevertrags vom 11. April 2013 von der [X.] zu 2 abgespalten worden. Die [X.] zu 1 ist mit einer Kommanditeinlage in Höhe von jeweils 24.000 € an den Schiffsgesellschaften beteiligt, die [X.] zu 2 und 3 mit jeweils 1.000 € und die [X.] zu 4 mit jeweils 12.500 €. Die [X.] zu 2 und 3 fungieren ferner als Treuhandkommanditisten, die [X.] zu 4 war außerdem Platzierungsgarantin.

3

Seit dem [X.] haben zahlreiche Anleger Klagen gegen die [X.] erhoben. In diesen Klageverfahren verlangen sie von den [X.] Schadensersatz wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an den Schiffsgesellschaften nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne.

4

Das [X.] hat mit Beschluss vom 29. Juli 2019 dem [X.] zum Zweck der Herbeiführung eines [X.]s vorgelegt. Mit ihnen wird geltend gemacht, dass der Prospekt in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft sei (Feststellungsziel I 1 bis 8) und dass die [X.] zu 1 bis 4 für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Emissionsprospekts im Wege der Prospekthaftung im weiteren Sinne verantwortlich seien; insoweit sei hierfür nicht Voraussetzung, dass sie mit den [X.] bei Vertragsanbahnung in [X.] Kontakt getreten seien oder ihnen auch nur namentlich bekannt gewesen sein müssten ([X.]). Mit Beschluss vom 30. November 2020 hat das [X.] auf Antrag des Musterklägers im Hinblick auf die Fehlerhaftigkeit des Prospekts das Feststellungsziel I um drei Punkte erweitert. Mit [X.] vom 24. November 2021 hat es das [X.] als unbegründet zurückgewiesen und festgestellt, dass die [X.] gegenstandslos sind.

5

Dagegen wendet sich der Beigeladene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er das Feststellungsbegehren vollumfänglich weiterverfolgt. Mit Beschluss vom 23. Februar 2022 hat der Senat den Beigeladenen zum Musterrechtsbeschwerdeführer und die [X.] zu 2 zur Musterrechtsbeschwerdegegnerin bestimmt.

B.

6

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

7

Das [X.] hat zur Begründung des [X.]s im Wesentlichen ausgeführt:

8

Das [X.] sei nicht zu treffen, weil eine Haftung der [X.] als Gründungsgesellschafter aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden könne. Ein Anspruch auf dieser Grundlage werde vielmehr durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung - hier gemäß § 13 [X.], §§ 44 ff. [X.] in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung - verdrängt. Die [X.] zu 1 sei Gründungsgesellschafterin und [X.] nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] aF, weil sie im Prospekt auf Seite 12 als [X.] genannt werde. Die [X.] zu 2 bis 4 seien nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] aF verantwortlich. Die [X.] zu 2 und 4 seien ebenfalls Gründungsgesellschafter, die [X.] zu 3 sei aus der [X.] zu 2 hervorgegangen. Die [X.] zu 2 fungiere zudem als Treuhandkommanditistin. Die [X.] zu 4 sei [X.] und Platzierungsgarantin.

9

Aufgrund dessen sei über die [X.] nicht mehr zu entscheiden. Da das [X.] unbegründet sei, seien die [X.] gegenstandslos. Die behaupteten [X.] sollten ausschließlich als anspruchsbegründende Voraussetzung einer Haftung der [X.] unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden. Eine solche Prospekthaftung im weiteren Sinne sei aber aus Rechtsgründen nicht gegeben.

[X.]

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

1. Die statthafte (§ 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]) Rechtsbeschwerde des [X.] ist zulässig.

Die Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§ 20 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 575 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO). Das Rechtsbeschwerdeverfahren wird vom Beigeladenen als Musterrechtsbeschwerdeführer geführt (§ 21 Abs. 2 [X.]). Die Rechtsbeschwerde formuliert einen ordnungsgemäßen [X.] (§ 20 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 575 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Der Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und nach den "Schlussanträgen des Musterklägers im Kapitalanleger-Musterverfahren zu entscheiden", lässt vorliegend erkennen, welche Abänderungen beantragt werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2020 - [X.], [X.], 2411 Rn. 21 und vom 15. Dezember 2020 - [X.], [X.], 133 Rn. 34 ff., jeweils mwN).

2. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das [X.] hat zu Recht das [X.] wegen des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftung als unbegründet zurückgewiesen und den Vorlagebeschluss hinsichtlich der [X.] für gegenstandslos gehalten.

a) Durch das [X.] sollte nur eine Haftung der [X.] zu 1 bis 4 nach den Grundsätzen der "Prospekthaftung im weiteren Sinne" durch Verwenden eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden. Denn das [X.] hat ausdrücklich und ausschließlich eine Aufklärungspflicht der [X.] nach den Grundsätzen der "Prospekthaftung im weiteren Sinne" betreffend die in den [X.] genannten [X.] zum Gegenstand. Dies ergibt sich auch aus dem Vorlagebeschluss, wonach mit den [X.] und II ausschließlich eine Haftung der [X.] für den fehlerhaften Inhalt des Prospekts nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne festgestellt werden soll. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde auch nicht.

b) Die begehrte Feststellung ist nicht zu treffen, weil eine Haftung der [X.] zu 1, 2 und 4 als Gründungsgesellschafter der Schiffsgesellschaften zum Zeitpunkt der [X.] aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden kann. Ein Anspruch auf dieser Grundlage wird - was der Senat bereits entschieden hat (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], [X.], 237 Rn. 22 ff.) - vielmehr durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung verdrängt. Nichts anderes gilt für die [X.] zu 3, die aufgrund des Spaltungs- und Übernahmevertrags vom 11. April 2013 für die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründeten Verbindlichkeiten der [X.] zu 2 gesamtschuldnerisch haftet.

Auf den am 23. April 2009 aufgestellten Prospekt findet die Regelung des § 8g [X.] in der vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) i.V.m. § 32 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG Anwendung. Damit ist auch der Anwendungsbereich der § 13 [X.], §§ 44 ff. [X.] in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) eröffnet.

aa) Die [X.] zu 1 ist [X.] im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] aF. Denn sie hat die Verantwortung für den Prospekt ausdrücklich übernommen (Prospekt, Seite 12). Eine Haftung der [X.] zu 1 aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB, die wie im [X.] auf die Verwendung des Prospekts gestützt wird, ist daher aufgrund des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftung ausgeschlossen.

bb) Gleiches gilt auch für eine Haftung der [X.] zu 2 und 4 aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB, die auf die Verwendung des Prospekts gestützt wird.

Nach § 13 [X.], §§ 44 ff. [X.] aF haften neben denjenigen, die für den Prospekt im Sinne des § 8g [X.] aF die Verantwortung übernommen haben, im Falle von dort enthaltenen unrichtigen oder unvollständigen wesentlichen Angaben auch diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] aF). Damit sollen die Personen und Unternehmen getroffen werden, von denen die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], [X.], 237 Rn. 24 mwN). Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] aF ist von einer Prospektverantwortlichkeit eines [X.] als Prospektveranlasser unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des [X.] sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospekts gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist (Senatsbeschluss aaO).

Nach diesen Grundsätzen sind die [X.] zu 2 und 4 [X.] im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] aF. Sie sind - was bereits ausreicht (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2021 - [X.], [X.], 2386 Rn. 24) - Gründungsgesellschafterinnen der Schiffsgesellschaften mit Kommanditeinlagen von jeweils 1.000 € bzw. 12.500 €.

cc) Die [X.] zu 3 haftet aufgrund der Abspaltung von der [X.] zu 2 gemäß § 123 Abs. 2, § 133 Abs. 1 Satz 1 [X.] für deren vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründete Verbindlichkeiten als Gesamtschuldnerin.

dd) Die [X.] zu 1 bis 4 hafteten mithin als [X.] ([X.] zu 1) bzw. als Prospektveranlasserin ([X.] zu 2 bis 4) für unrichtige oder unvollständige wesentliche Angaben nach den Grundsätzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 [X.], §§ 44 ff. [X.] aF. Neben dieser ist eine Haftung der [X.] unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung ausgeschlossen (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], [X.], 237 Rn. 26).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den von der Rechtsbeschwerde zitierten Entscheidungen des [X.] und des I[X.] Zivilsenats des [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April 2021 - [X.], [X.], 774 Rn. 7 f. in Bezug auf das Urteil des I[X.] Zivilsenats vom 13. August 2020 [[X.], [X.], 1862 ff.] und das Urteil des [X.] Zivilsenats vom 19. November 2019 [[X.], [X.], 169 ff.]).

(1) Das Verfahren [X.] betraf eine mögliche Haftung eines [X.] aufgrund von - ihm über § 278 BGB zuzurechnenden - unrichtigen oder unzureichenden Angaben einer Vertriebsmitarbeiterin beim Beratungsgespräch, wobei revisionsrechtlich zu unterstellen war, dass die klagenden Anleger den Prospekt nicht zur Kenntnis genommen hatten ([X.], Urteil vom 4. Juli 2017 - [X.], [X.], 1640 Rn. 10 f.). Auch im Verfahren [X.]/17 ging es um eine derartige Konstellation, wobei dort davon auszugehen war, dass dem klagenden Anleger der Verkaufsprospekt vor Zeichnung der Beteiligung nicht vorlag ([X.], Urteil vom 8. Januar 2019 - [X.]/17, [X.], 495 Rn. 1 und 25 ff.). Der Senat hat in seinem Beschluss vom 19. Januar 2021 ([X.], [X.], 237 Rn. 26 im [X.] an den Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2018 - [X.], [X.]Z 220, 100 Rn. 57) nicht in Frage gestellt, dass Gründungsgesellschafter Anlegern aus anderen Gründen als durch Verwenden einer Kapitalmarktinformation als Mittel der schriftlichen Aufklärung - etwa wegen unrichtiger mündlicher Zusicherungen - nach § 280 Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB (und gegebenenfalls § 278 BGB) haften können (vgl. Senatsbeschluss vom 26. April 2022 - [X.], [X.], 1169 Rn. 23 mwN). Im Verfahren [X.] war im Revisionsverfahren lediglich noch streitig, ob einem Gründungsgesellschafter oder einem mit ihm wesentlich kapitalmäßig oder personell verflochtenen Unternehmen bereits gewährte [X.] im Emissionsprospekt auch dann offengelegt werden müssen, wenn sie bereits vor dem Beitritt eines Anlegers erfolgt sind, während die Haftung dem Grunde nach nicht Gegenstand war ([X.], Urteil vom 19. November 2019 - [X.], [X.], 169 Rn. 6 ff.).

(2) In der Entscheidung des I[X.] Zivilsenats vom 16. März 2017 ging es um die Haftung einer Treuhandkommanditistin, die nicht zu den [X.] gehörte und auch keinen eigenen Gesellschaftsanteil an der [X.] hielt ([X.], Urteil vom 16. März 2017 - [X.], [X.], 708 Rn. 2) und deren Pflichtverletzung darin bestand, unrichtige Prospektangaben nicht von sich aus richtig gestellt zu haben (vgl. [X.], Urteil vom 16. März 2017, aaO Rn. 19). Es ist daher schon nicht ersichtlich, dass diese Treuhandkommanditistin zu dem Personenkreis gehörte, der nach § 13 [X.], §§ 44 ff. [X.] aF haften kann. In dem Verfahren [X.] fehlte es bereits an einem gesellschaftsrechtlichen Aufnahmevertrag seitens des Anlegers, so dass sich die Frage nach einer bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne nicht stellte ([X.], Urteil vom 13. August 2020 - [X.], [X.], 1862 Rn. 20).

(3) Den Entscheidungen in den Verfahren [X.], [X.] und [X.] lagen Beteiligungen an [X.]en im Jahr 2000 ([X.], Urteile vom 22. Oktober 2015 - [X.], [X.], 2238 Rn. 2 und vom 21. Juni 2016 - [X.], [X.], 1487 Rn. 1), im Oktober 2004 und im Mai 2005 ([X.], Urteil vom 9. Juli 2013 - [X.], [X.], 1597 Rn. 1) zugrunde. Die Regelungen des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes vom 28. Oktober 2004 ([X.]) zur Haftung nach § 13 [X.], §§ 44 ff. [X.] für unrichtige oder unvollständige Angaben in einem Prospekt im Sinne des § 8g [X.], auf welche sich die Entscheidung des Senats vom 19. Januar 2021 ([X.], [X.], 237 ff.) bezieht, traten jedoch erst am 1. Juli 2005 und somit danach in Kraft.

(4) Dem nicht veröffentlichten und gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO aF (nunmehr: § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO) nicht näher begründeten Beschluss des [X.] Zivilsenats in dem Verfahren II ZR 280/16 lässt sich nur entnehmen, dass die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die oberlandesgerichtliche Entscheidung zurückgewiesen worden ist, weil kein Revisionszulassungsgrund gegeben war oder ein solcher nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist. Aus ihm lässt sich dagegen nicht ableiten, dass der [X.] Zivilsenat die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts für zutreffend befunden hätte.

Die Voraussetzungen des im Hinblick auf die Fehlerkontrolle einschlägigen [X.] der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) sind nicht schon dann erfüllt, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des [X.], fehlerhaft ergangen wäre. Mit der Einführung dieses [X.] wollte der Gesetzgeber dem [X.] nicht die Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung in dem Sinne auferlegen, dass Entscheidungen der Instanzgerichte in jedem Fall auf ihre Richtigkeit revisionsrechtlich zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren sind. Erforderlich ist vielmehr, dass über den Einzelfall hinaus ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung des [X.] besteht (vgl. BT-Drucks. 14/4722, [X.]). Nur eine solche restriktive Auslegung entspricht dem mit der Neuregelung des Zugangs zur Revisionsinstanz - ausweislich der Begründung des [X.] (BT-Drucks. 14/4722, [X.]) - verfolgten Zweck, im Interesse der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des [X.] das Rechtsmittel nur für solche Sachen zu eröffnen, deren Entscheidung Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt, weil hierbei Fragen auch mit Blick auf die Wiederholung ähnlicher Fälle zu beantworten sind oder sonstige Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berührt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 27. März 2003 - [X.], [X.]Z 154, 288, 293 f. mwN).

Im danach maßgeblichen Interesse der Allgemeinheit liegt die Korrektur eines fehlerhaften Berufungsurteils zum einen dann, wenn vermieden werden soll, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, die nicht den Charakter einer Divergenz im herkömmlichen Sinne haben. Die hierdurch bestimmte Notwendigkeit einer höchstrichterlichen Leitentscheidung muss sich aus konkreten Anhaltspunkten ergeben, wie etwa aus einer ständigen Fehlerpraxis, die eine Wiederholung des Rechtsfehlers durch das Gericht besorgen lässt, oder aus der ernsthaften Gefahr einer Nachahmung durch andere Gerichte (vgl. [X.], Beschluss vom 27. März 2003 - [X.], [X.]Z 154, 288, 294 mwN). Darüber hinaus besteht ein maßgebliches Allgemeininteresse an einer korrigierenden Entscheidung des [X.] auch dann, wenn das Berufungsurteil auf einem Rechtsfehler beruht, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deshalb von [X.] wegen einer Korrektur bedarf. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die anzufechtende Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere der Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) oder des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - beruht, so dass nicht zweifelhaft ist, dass sie auf eine [X.]beschwerde hin der Aufhebung durch das [X.] unterliegt (vgl. [X.] aaO S. 295 f. mwN).

c) Da der Antrag zu dem [X.] in der Sache unbegründet ist, ist der Vorlagebeschluss hinsichtlich der [X.] gegenstandslos.

Gegenstandslos wird der dem Musterverfahren zugrundeliegende Vorlagebeschluss hinsichtlich eines Feststellungsziels, wenn die Entscheidungserheblichkeit dieses Feststellungsziels aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen ist (Senatsbeschlüsse vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 213, 65 Rn. 106, vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 49, vom 23. Oktober 2018 - [X.], [X.]Z 220, 100 Rn. 61 und vom 6. Oktober 2020 - [X.], [X.], 2411 Rn. 54).

Das ist hier für die [X.], die verschiedene [X.] zum Gegenstand haben, der Fall. Der Vorlagebeschluss ist dahin auszulegen, dass die [X.] ausschließlich als anspruchsbegründende Voraussetzung einer Haftung der [X.] unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden sollen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 54 und vom 12. Oktober 2021 - [X.], [X.], 2386 Rn. 28). Im Vorlagebeschluss ist ausgeführt, dass die Parteien sämtlicher [X.] um Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne streiten würden. Da eine solche Haftung aus Rechtsgründen nicht gegeben ist, kommt es auf Feststellungen zu [X.]n nicht mehr an.

I[X.]

Die Rechtsbeschwerde rügt zu Unrecht die Zuständigkeit des Senats.

Der [X.] Zivilsenat ist nach A. I. [X.] Zivilsenat 1.c) des [X.] des [X.] für das Geschäftsjahr 2021 ausschließlich zuständig für Rechtsstreitigkeiten über [X.] nach §§ 13, 13a [X.]. Die Zuständigkeit für spezialgesetzliche [X.] besteht seit dem Jahr 1996. Der Senat ist damit auch zuständig, über das Konkurrenzverhältnis zwischen gesetzlicher Prospekthaftung nach § 13 [X.], §§ 44 ff. [X.] aF und bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung zu entscheiden. Denn ob letztere im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung anwendbar ist, ist keine Frage der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, sondern eine Frage nach der Reichweite der Rechtsfolgen der gesetzlichen Prospekthaftung (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April 2021 - [X.], [X.], 774 mit zust. [X.]. [X.]; [X.], [X.] 2021, 1063, 1071; [X.], EWiR 2022, 133, 134 f.).

IV.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtskosten und die Festsetzung des [X.] für die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 51a Abs. 2 GKG und § 23b [X.].

1. Gemäß § 51a Abs. 2 GKG ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem [X.] bei der Bestimmung des Streitwerts von der Summe der in sämtlichen Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche auszugehen, soweit diese von den Feststellungszielen des [X.] betroffen sind. Infolgedessen sind bei der Streitwertbemessung auch die in den Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche der Beigeladenen zu berücksichtigen, die zwar dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beigetreten sind, ihre Klage aber nicht innerhalb der Monatsfrist des § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 24 Abs. 2 [X.] zurückgenommen haben (Senatsbeschlüsse vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 213, 65 Rn. 117 und vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 74). Der Gesamtwert der in sämtlichen ausgesetzten Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche beträgt vorliegend 5.851.327 €.

2. Die Festsetzung des [X.] für die außergerichtlichen Kosten richtet sich nach § 23b [X.]. Danach bestimmt sich der Gegenstandswert nach der Höhe des von dem Auftraggeber oder gegen diesen im Prozessverfahren geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser Gegenstand des [X.] ist. Für die Prozessbevollmächtigten, die mehrere Beteiligte im Rechtsbeschwerdeverfahren vertreten, ist der Gegenstandswert für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten gemäß § 22 Abs. 1 [X.] in Höhe der Summe der nach § 23b [X.] zu bestimmenden Streitwerte festzusetzen (Senatsbeschlüsse vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 213, 65 Rn. 118, vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 75 und vom 23. Oktober 2018 - [X.], [X.]Z 220, 100 Rn. 81).

Danach ist der Gegenstandswert für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten des [X.] auf 987.500 € festzusetzen. Für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten der [X.] zu 1 bis 4 beläuft sich der Gegenstandswert auf 5.851.237 €.

[X.]     

      

Grüneberg     

      

[X.]

      

Derstadt     

      

Ettl     

      

Meta

XI ZB 32/21

19.07.2022

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BGH, 23. Februar 2022, Az: XI ZB 32/21, Beschluss

§ 8g VerkaufsprospektG vom 28.10.2004, § 13 VerkaufsprospektG vom 27.12.2006, § 44 Abs 1 S 1 Nr 1 BörsG vom 21.06.2002, § 44 Abs 1 S 1 Nr 2 BörsG vom 21.06.2002, §§ 44ff BörsG vom 21.06.2002, § 32 Abs 2 S 1 VermAnlG, § 544 Abs 6 S 2 Halbs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2022, Az. XI ZB 32/21 (REWIS RS 2022, 4009)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4009 WM 2022, 1684 REWIS RS 2022, 4009 MDR 2022, 1367-1368 REWIS RS 2022, 4009

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