Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.07.2015, Az. I ZR 250/12

1. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7285

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Gegenstand

Ersatz des Vollziehungsschadens durch eine wettbewerbsrechtliche einstweilige Verfügung mit dem Ausspruch eines Vertriebsverbots für ein Lebensmittel: Auslegung des Verbotstenors; Reichweite einer Verpflichtung des Lebensmittelunternehmers zur Feststellung der Person des Lieferanten nach der Lebensmittel-Basis-Verordnung; Schadensminderungspflichtverletzung bei sofortigem Verkaufsstopp; wettbewerbsrechtliche Relevanz einer Irreführung durch eine geographische Herkunftsangabe - Piadina-Rückruf


Leitsatz

Piadina-Rückruf

1. Bestehen nach dem Wortlaut des Verbotstenors einer einstweiligen Verfügung Unklarheiten, bedarf es einer objektiven Auslegung anhand der Antragsschrift und der ihr beigefügten Anlagen.

2. Die Verpflichtung des Lebensmittelunternehmers nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 178/2002 (Lebensmittel-Basis-VO) jede Person festzustellen, von der er ein Lebensmittel erhalten hat, beschränkt sich darauf, den direkten Lieferanten zu ermitteln.

3. Ein bei einem Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO zu berücksichtigendes Mitverschulden nach § 254 Abs. 2 BGB liegt grundsätzlich nicht deshalb vor, weil ein Handelsunternehmen dem durch eine einstweilige Verfügung ausgesprochenen Vertriebsverbot sofort nachkommt und nicht zuwartet, bis schriftliche Informationen oder eine eidesstattliche Versicherung des Herstellers vorliegen.

4. Eine Irreführung durch eine geographische Herkunftsangabe im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG ist in der Regel wettbewerbsrechtlich relevant, weil es sich um ein wesentliches werbliches Kennzeichnungsmittel handelt.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 8. November 2012 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels aufgehoben, soweit hinsichtlich der auf die Widerklage zugesprochenen Zinsen in Höhe eines Betrags von 8.479,08 € für den Zeitraum vom 1. September 2009 bis zum 23. November 2009 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des [X.], 6. Zivilkammer, vom 14. Januar 2011 abgeändert und hinsichtlich der Widerklage wie folgt neu gefasst:

Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 80.247,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 71.768,70 € vom 1. September 2009 bis zum 23. November 2009 und aus 80.247,78 € seit dem 24. November 2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, die [X.], ist ein Verbraucherschutzverband, der in das Verzeichnis der [X.] nach Art. 4 der [X.][X.] über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen eingetragen ist. Die [X.] betreibt die "P.  "-Lebensmittelmärkte.

2

Die Klägerin erlangte Anfang März 2009 davon Kenntnis, dass die [X.] in den "P.  "-Märkten ein Brot in einer Verpackung anbot, deren Etikett mit der Warenbezeichnung "[X.] [X.]" und dem Hinweis "[X.] Fladenbrot" versehen war. Der obere und untere Rand des Etiketts war farblich entsprechend der [X.] Flagge gestaltet. Unten auf dem Produktetikett befand sich der Hinweis:

Hergestellt von [X.], [X.] 11, 80337 [X.].

3

Die Klägerin mahnte die [X.] ab, weil die Verpackungsgestaltung den Eindruck erwecke, das Produkt sei in [X.] hergestellt worden, obwohl es tatsächlich von der [X.] in [X.] gefertigt worden sei. Am 26. März 2009 erwirkte die Klägerin beim [X.] eine einstweilige Verfügung, mit der der [X.]n unter Androhung von [X.] untersagt wurde,

das Produkt "Piadina" der Marke "[X.]" in einer Verpackung im Geschäftsverkehr zu bewerben, insbesondere zum Verkauf anzubieten und/oder zu verkaufen, auf der neben der Bezeichnung "Piadina - [X.] Fladenbrot" und dem Markennamen "[X.]" an dem oberen und unteren Etikettrand die [X.] Flagge aufgedruckt ist, wie geschehen in der Anlage [X.] [Ablichtung der Produktverpackung], solange dieses Produkt nicht tatsächlich in [X.] hergestellt worden ist.

4

Die einstweilige Verfügung wurde der [X.]n am 2. April 2009 zugestellt. Diese rief daraufhin die in den beanstandeten Verpackungen angebotenen Brote aus ihren Märkten zurück.

5

Unter dem 29. April 2009 legte die [X.] Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung ein und trug unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der [X.] vom 24. April 2009 vor, das Produkt "[X.] [X.] [X.] Fladenbrot" werde in einem näher bezeichneten, von der [X.] kontrollierten und regelmäßig überwachten Unternehmen in [X.] hergestellt und in [X.] verpackt und etikettiert. Die Klägerin nahm daraufhin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.

6

Mit Schreiben vom 21. August 2009 forderte die [X.] die Klägerin erfolglos dazu auf, ihr bis zum 31. August 2009 Schadensersatz in Höhe von 71.768,70 € wegen des Rückrufs der Brote zu zahlen.

7

Die Klägerin hat die [X.] zuletzt auf Ersatz der ihr durch das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entstandenen Kosten in Höhe von 2.415,50 € nebst Zinsen in Anspruch genommen; die weiteren zunächst verfolgten Klageanträge haben die Parteien in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt. Die [X.] hat im Wege der Widerklage von der Klägerin Schadensersatz wegen des Rückrufs der Brote in Höhe von 80.247,78 € nebst Zinsen begehrt.

8

Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der Widerklage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Die Kosten des Rechtsstreits hat es auch hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Klageanträge der Klägerin auferlegt. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.], 26). Mit ihrer vom Senat insoweit zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe

9

A. Das [X.]erufungsgericht hat angenommen, die [X.]eklagte könne aus § 945 ZPO Ersatz der ihr durch den Rückruf der [X.]rote entstandenen Schäden von der Klägerin verlangen. Dazu hat es ausgeführt:

Die einstweilige Verfügung sei zu Unrecht erlassen worden, weil der Klägerin der zuerkannte Unterlassungsanspruch nicht zugestanden habe. Der Vorwurf, die italienisch anmutende Verpackungsaufmachung führe die Verbraucher in die Irre, weil die [X.]rote nicht in [X.] hergestellt würden, sei nicht gerechtfertigt gewesen, weil das Produkt tatsächlich in [X.] gefertigt worden sei. Die Klägerin habe der [X.]eklagten das Angebot und den Vertrieb des Erzeugnisses auch nicht aus anderen als den im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung angeführten Gründen untersagen lassen können, wie etwa wegen einer Irreführung über den Sitz des für die Produktion verantwortlichen Herstellers in [X.] oder über die Herstellung der Ware in [X.]. Die [X.]eklagte müsse sich nicht als Mitverschulden oder als rechtsmissbräuchliches Vorgehen entgegenhalten lassen, sie habe die [X.]rote vorschnell zurückgerufen, obwohl sie gewusst habe oder unschwer habe in Erfahrung bringen können, dass die einstweilige Verfügung zu Unrecht ergangen sei. Die [X.]eklagte sei gehalten gewesen, die Verbotsverfügung umgehend zu befolgen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie bei Einleitung der Rückrufaktion Kenntnis von der Herstellung des Produkts in [X.] gehabt habe.

[X.]. Die gegen diese [X.]eurteilung gerichtete Revision hat weit überwiegend keinen Erfolg. Die [X.]eklagte hat gegen die Klägerin Anspruch auf Ersatz des durch den Rückruf der [X.]rote entstandenen Schadens gemäß § 945 Fall 1 ZPO (dazu [X.]). Eine Minderung des [X.] wegen Mitverschuldens kommt nicht in [X.]etracht (dazu [X.]I). Lediglich die der [X.]eklagten vom [X.]erufungsgericht zugesprochenen Zinsen erweisen sich als geringfügig zu hoch (dazu [X.]II).

I. Das [X.]erufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die einstweilige Verfügung zu Unrecht ergangen ist, weil der Klägerin der geltend gemachte [X.] nicht zustand (dazu [X.] 1). [X.] ist es weiter davon ausgegangen, dass das Angebot und der Vertrieb der beanstandeten Produkte nicht aus anderen Gründen rechtswidrig waren und die Erzeugnisse deshalb nicht ohnehin zurückzurufen waren (dazu [X.] 2). Die Kosten der Rückrufaktion stellen schließlich auch einen ersatzfähigen [X.] aus der [X.]efolgung der einstweiligen Verfügung dar (dazu [X.] 3).

1. Das [X.]erufungsgericht hat angenommen, die einstweilige Verfügung sei im Sinne von § 945 Fall 1 ZPO von Anfang an ungerechtfertigt gewesen, weil der Klägerin der geltend gemachte [X.] weder aus §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFG[X.] (in der bis zum 3. Juli 2009 gültigen Fassung) noch aus §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 1 UWG zugestanden habe. Das gerichtliche Verbot habe auf der [X.]eanstandung der Klägerin beruht, die Verpackungsaufmachung erwecke den irreführenden Eindruck, das [X.]rot sei in [X.] hergestellt worden. Dieser Vorwurf sei unberechtigt gewesen, weil die Ware tatsächlich in [X.] gefertigt worden sei. Die Klägerin sei dem Vortrag der [X.]eklagten, das [X.]rot werde von einem Unternehmen in [X.] im Auftrag der [X.] GmbH produziert, nicht substantiiert entgegengetreten. Diese [X.]eurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

2. Das [X.]erufungsgericht hat zutreffend angenommen, dem Schadensersatzanspruch der [X.]eklagten stehe nicht entgegen, dass sie aus einem anderen als dem der einstweiligen Verfügung zugrunde liegenden Grund gehalten gewesen wäre, das Angebot und den Vertrieb des [X.]rots in der angegriffenen Verpackung zu unterlassen.

a) Ein nach § 945 ZPO zu ersetzender Schaden ist nicht entstanden, wenn der durch die Vollziehung einer ungerechtfertigt ergangenen einstweiligen Verfügung [X.]etroffene ohnehin materiell-rechtlich - etwa wegen eines anderweitigen Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche [X.]estimmungen - verpflichtet gewesen wäre, das ihm durch die einstweilige Verfügung untersagte Verhalten zu unterlassen (vgl. [X.]GH, Urteil vom 3. Dezember 1954 - [X.], [X.]GHZ 15, 356, 358 f. - Progressive Kundenwerbung; Urteil vom 7. Juli 1994 - [X.], [X.]GHZ 126, 368, 374 f. - Fortsetzungsverbot; Urteil vom 20. Juli 2006 - [X.], [X.]GHZ 168, 352 Rn. 27). In einem solchen Fall entfällt zwar entgegen der Ansicht des [X.]erufungsgerichts nicht die Kausalität zwischen der Vollziehung der einstweiligen Verfügung und der Einstellung des darin untersagten Verhaltens, für die es allein auf die reale Ursache des haftungsbegründenden Ereignisses ohne [X.]erücksichtigung von Ersatzursachen ankommt (vgl. [X.]GHZ 168, 352 Rn. 22). Ein Ersatz der durch Vollziehung einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung erlittenen Vermögenseinbuße scheidet aber aus normativen Gründen aus (vgl. Fischer in Prütting/[X.], ZPO, 7. Aufl., § 945 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., [X.]. 62 Rn. 29). Ein [X.]etroffener soll im Wege des Schadensersatzes keine Kosten ersetzt bekommen, die ihm auch bei [X.] Verhalten auf jeden Fall entstanden wären (vgl. [X.]GHZ 15, 356, 359 - Progressive Kundenwerbung; [X.]GH, Urteil vom 28. Januar 1986 - [X.], NJW 1986, 1486, 1487; [X.], WRP 1981, 476, 477).

b) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die [X.]eurteilung des [X.]erufungsgerichts, der Hinweis auf die in [X.] ansässige Herstellerin auf der Produktverpackung begründe auch unter keinem anderen Aspekt eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführungsgefahr.

aa) Das [X.]erufungsgericht hat ausgeschlossen, dass der angesprochene Verkehr durch die italienisch anmutende Verpackungsgestaltung über den Sitz des für die Fertigung des [X.]rots verantwortlichen Herstellers irregeführt wird. Der Verbraucher werde einem aus der Esskultur eines anderen Landes stammenden Lebensmittel oft eine höhere Wertschätzung entgegenbringen, weil es in diesem Land hergestellt werde, ohne sich Gedanken über den Sitz des für die dortige Fertigung verantwortlichen Unternehmens zu machen.

(1) Die Revision rügt, das [X.]erufungsgericht habe dabei unberücksichtigt gelassen, dass der Verbraucher, der das Piadina-[X.]rot als original [X.] Produkt ansehe, erwarte, dass die für die Qualität des Erzeugnisses wesentlichen Fertigungsvorgaben und die Überwachung der Herstellung in [X.] erfolgten. Tatsächlich sei für den gesamten [X.] einschließlich der Rezeptur jedoch die in [X.] ansässige [X.] GmbH verantwortlich.

(2) Die Frage, ob der Verkehr in einer ausländischen Produktaufmachung einen Hinweis auf die örtliche Herkunft des Erzeugnisses aus dem betreffenden ausländischen Staat oder eine [X.]eschaffenheitsangabe in der Weise sieht, dass die Ware unter Verwendung ausländischer Zutaten, Rezepte oder dergleichen hergestellt worden ist, liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet (vgl. [X.]GH, Urteil vom 19. Mai 1965 - [X.], [X.] 1965, 681, 682 = [X.], 371 - de [X.]). Dasselbe gilt für die hier erhebliche Frage, ob der Verkehr bei einem als ausländische Spezialität angebotenen Erzeugnis annimmt, es werde nicht nur im Ausland hergestellt, sondern auch unter der Produktverantwortung eines Herstellers mit Sitz in dem ausländischen Staat gefertigt. Diese tatrichterliche Würdigung ist im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob das [X.]erufungsgericht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentlichen Tatsachenstoff unberücksichtigt gelassen hat (vgl. [X.]GH, Urteil vom 6. November 2013 - [X.], [X.] 2014, 88 Rn. 31 = [X.], 57 - Vermittlung von [X.], mwN).

(3) Solche Rechtsfehler lässt das [X.]erufungsurteil nicht erkennen. Die Annahme des [X.]erufungsgerichts, der Verkehr beziehe die gestalterischen Hinweise auf [X.] nur auf eine Herstellung des [X.]rots in diesem Land, ist nicht erfahrungswidrig. Die Eigenheiten industriell gefertigter Erzeugnisse, zu denen auch die in Rede stehenden, in großer Menge produzierten [X.]rote zählen, bilden sich während des Fertigungsvorgangs heraus und nicht durch dessen Überwachung und Kontrolle (vgl. [X.]GH, [X.]eschluss vom 27. November 2014 - [X.], [X.]-RR 2015, 209 Rn. 15, 18 = [X.], 452 - [X.] - Made in Germany). Dass das für die Herstellung verwendete Rezept von einem in [X.] ansässigen Unternehmen vorgegeben worden ist, steht der Eigenschaft des Piadina-[X.]rots als einer aus [X.] stammenden Spezialität nicht entgegen. Die charakteristischen Eigenschaften eines solchen [X.]rots werden zwar durch die verwendete Rezeptur beeinflusst. Das [X.]erufungsgericht ist aber rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das in Rede stehende [X.]rot nach einem [X.] Rezept hergestellt worden ist. Die [X.]eklagte hat vorgetragen, es sei eine [X.] Rezeptur für Piadina verwendet worden. Die Klägerin, die für eine Irreführung durch Angebot und Vertrieb des [X.]rots in der beanstandeten Verpackung darlegungs- und beweisbelastet ist (vgl. [X.]GH, Urteil vom 19. September 1996 - [X.], [X.] 1997, 229, 230 = [X.], 183 - [X.]eratungskompetenz; Urteil vom 17. Februar 2000 - I ZR 239/97, [X.] 2000, 820, 822 = [X.], 724 - [X.]; Urteil vom 19. Februar 2014, 578 - I ZR 230/12, [X.] 2014, 578 Rn. 16 = [X.], 697 - Umweltengel für Tragetasche), hat für ihre gegenteilige [X.]ehauptung keinen [X.]eweis angetreten.

bb) Das [X.]erufungsgericht hat für möglich gehalten, dass der verständige Durchschnittsverbraucher aus dem [X.] bei isolierter [X.]etrachtung irrtümlich auf eine Produktion des [X.]rots in [X.] schließe, weil ihm nicht ohne weiteres geläufig sei, dass Hersteller im Rechtssinn auch derjenige sein könne, der ein Lebensmittel durch ein anderes Unternehmen im Wege der Lohnfertigung herstellen lasse. Sofern neben der auf eine [X.] Herkunft hindeutenden Verpackungsaufmachung auch der Hinweis auf einen Hersteller in [X.] wahrgenommen werde, löse ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs die vermeintliche Widersprüchlichkeit dahin auf, dass er den [X.] für maßgeblich halte und eine Fertigung der [X.]rote in [X.] annehme. Das [X.]erufungsgericht hat aber weiter angenommen, eine durch die Herstellerangabe hervorgerufene Fehlvorstellung über die Fertigung des Piadina-[X.]rots in [X.] sei nicht geeignet, die geschäftliche Entscheidung der Verbraucher zu beeinflussen. Da deren besondere Wertschätzung der [X.] Spezialität an die Herstellung des Produkts im Ursprungsland anknüpfe, werde der Verbraucher das [X.]rot nicht wegen, sondern trotz seiner vermeintlichen Herkunft aus [X.] kaufen. Die von der Revision dagegen erhobenen [X.] greifen nicht durch.

(1) Eine Irreführung ist wettbewerbsrechtlich relevant, wenn die Fehlvorstellung des angesprochenen Verkehrs für den Kaufentschluss irgendwie - im Sinne einer allgemeinen Wertschätzung - von [X.]edeutung ist, ohne dass es auf besondere Qualitätserwartungen ankommt (vgl. [X.]GH, Urteil vom 29. April 1982 - [X.], [X.] 1982, 564, 566 = [X.], 570 - [X.] Nudeln; Urteil vom 13. Oktober 1994 - [X.], [X.] 1995, 65, 66 = [X.], 11 - Produktionsstätte). Eine Irreführung durch eine geographische Herkunftsangabe im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG ist in der Regel wettbewerbsrechtlich relevant, weil es sich dabei um ein wesentliches werbliches Kennzeichnungsmittel handelt, das der Individualisierung der Ware sowie der Herstellung einer [X.]eziehung zwischen der gekennzeichneten Ware einerseits und den Qualitäts- und Preisvorstellungen der Kunden andererseits dient und das deshalb ein für die Kaufentscheidung des Verbrauchers bedeutsamer Informationsträger ist. Es bedarf daher regelmäßig besonderer Gründe für die Annahme, dass eine irreführende geographische Herkunftsangabe für den Kaufentschluss des getäuschten Publikums ohne [X.]edeutung ist (vgl. [X.]GH, [X.] 1982, 564, 566 - [X.] Nudeln; Urteil vom 9. April 1987 - [X.], [X.] 1987, 535, 537 = [X.], 625 - Wodka [X.]; [X.]GH, [X.] 1995, 65, 66 - Produktionsstätte; [X.]ornkamm in [X.]/[X.]ornkamm, UWG, 33. Aufl., § 5 Rn. 2.183 f.).

(2) Einen solchen besonderen Grund hat das [X.]erufungsgericht zutreffend angenommen. Es hat ausgeführt, der Verbraucher, der sich mit dem [X.]rot aufgrund der "italianisierten" Aufmachung in der Annahme befasse, es handele sich um eine in [X.] hergestellte Spezialität, werde durch den [X.], sofern er ihm eine Produktion in [X.] entnehme, regelmäßig enttäuscht und nicht etwa in seiner Kaufentscheidung bestärkt. Das [X.]erufungsgericht ist damit davon ausgegangen, ein durch den [X.] hervorgerufener Irrtum über die Produktion des Piadina-[X.]rots in [X.] wirke sich auf den Kaufentschluss des Verbrauchers regelmäßig nicht positiv sondern negativ aus. Auf dieser Grundlage hat das [X.]erufungsgericht die wettbewerbsrechtliche Relevanz einer solchen Irreführung mit Recht verneint.

cc) Allerdings hat das [X.]erufungsgericht erwogen, ein Teil des angesprochenen Verkehrs könnte es bevorzugen, dass ein Piadina-[X.]rot nach [X.]m Rezept in [X.] gefertigt werde. Ein solcher Verbraucher werde durch die irrtümliche Annahme, das Produkt werde im Inland gefertigt, in seinem Kaufentschluss positiv beeinflusst. Es erscheine jedoch wenig wahrscheinlich, dass sich Verbraucher von derartigen Erwägungen leiten lassen könnten. Jedenfalls sei diese Gefahr so gering, dass sie ein Verbot der Verpackung nicht zu rechtfertigen vermöge. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Herstellerangabe im Sinne des lebensmittelrechtlichen Herstellerbegriffs objektiv richtig und mit der Kennzeichnungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vereinbar sei. Diese [X.]eurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

(1) Das [X.]erufungsgericht hat den auf dem Produktetikett angebrachten [X.] zu Recht als gesetzlich zulässige Angabe angesehen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 [X.] dürfen Lebensmittel in Fertigpackungen gewerbsmäßig nur in Verkehr gebracht werden, wenn der Name oder die Firma und die Anschrift des Herstellers, des [X.] oder eines in einem Mitgliedstaat der [X.] oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den [X.] angegeben sind. Als Hersteller des Lebensmittels ist auch ein Lohnauftraggeber anzusehen, der - etwa durch die Lieferung der Rohstoffe, die Aufstellung der Rezeptur oder die Überwachung der Herstellungstätigkeit - auf die Herstellung tatsächlichen Einfluss nehmen kann (vgl. [X.] in Zipfel/[X.], Lebensmittelrecht, [X.], § 3 [X.] Rn. 11 [Stand: Juli 2011]). Auch die Revision zieht nicht in Zweifel, dass die auf dem Produktetikett ausgewiesene [X.] GmbH Lohnauftraggeberin des in [X.] ansässigen Fertigungsunternehmens und damit im lebensmittelrechtlichen Sinn Herstellerin der [X.]rote ist.

(2) Auch eine gesetzlich zulässige und damit objektiv richtige Angabe kann allerdings irreführend sein, wenn sie beim angesprochenen Verkehr zu einer Fehlvorstellung führt, die geeignet ist, sein Kaufverhalten zu beeinflussen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf einem unrichtigen Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist für die Anwendung der gesetzlichen Irreführungstatbestände jedoch grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich; außerdem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. zu § 3 UWG aF [X.]GH, Urteil vom 22. April 1999 - [X.], [X.] 2000, 73, 75 = [X.], 1145 - Tierheilpraktiker; zu § 5 UWG [X.]GH, Urteil vom 18. März 2010 - [X.], [X.] 2010, 1024 Rn. 25 = [X.], 1390 - Master of Science Kieferorthopädie).

(3) Mit diesen Grundsätzen steht die [X.]eurteilung des [X.]erufungsgerichts in Einklang. Es hat die Gefahr einer wettbewerbsrechtlich relevanten Irreführung als gering bewertet, weil allenfalls ein kleiner Teil der Verbraucher eine [X.] Spezialität bevorzugt, wenn sie in [X.] hergestellt worden ist. Selbst wenn, wie die Revision ausführt, Verbraucher im Interesse des Umweltschutzes oder zur Sicherung heimischer Arbeitsplätze zunehmend lokal oder regional hergestellte Produkte bevorzugen sollten, ist nichts dafür ersichtlich, ob und in welchem Umfang diese Entwicklung bei der Kaufentscheidung für ein als [X.] Spezialität verkauftes Produkt relevant wird. Jedenfalls ersetzt die Revision mit diesen Erwägungen die tatrichterliche [X.]ewertung in revisionsrechtlich unzulässiger Weise durch ihre eigene Sichtweise, ohne einen Rechtsfehler des [X.]erufungsgerichts aufzuzeigen.

3. Die Annahme des [X.]erufungsgerichts, die Piadina-[X.]rote seien in [X.]efolgung der einstweiligen Verfügung zurückgerufen worden, so dass die dadurch entstandenen Kosten der [X.]eklagten als [X.] im Sinne von § 945 ZPO zu ersetzen seien, hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand. An einem [X.] fehlt es nicht deshalb, weil aufgrund des gerichtlichen [X.] Angebot und Vertrieb in [X.] hergestellter [X.]rote nicht verboten waren.

a) Nach § 945 ZPO ist die Partei, welche die Anordnung einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel entsteht. Der Schadensersatzanspruch umfasst grundsätzlich den durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung adäquat kausal verursachten unmittelbaren und mittelbaren Schaden (vgl. [X.]GHZ 168, 352 Rn. 19; [X.]GH, Urteil vom 10. Juli 2014 - [X.], [X.] 2015, 196 Rn. 34 = [X.], 209 - [X.]). Ein solcher [X.] setzt voraus, dass der Antragsgegner von einer Handlung Abstand nimmt, die durch den gerichtlichen Titel untersagt war (vgl. [X.]GH, Urteil vom 28. November 1980 - [X.], [X.] 1981, 295, 296 = WRP 1981, 269 - Fotoartikel I; Urteil vom 28. November 1991 - [X.], [X.] 1992, 203, 206 - Roter mit Genever). Daran fehlt es, wenn das den Schaden verursachende Verhalten bei objektiver Auslegung des [X.] nicht untersagt war (vgl. [X.]GH, Urteil vom 26. Mai 1970 - [X.], juris Rn. 40 [insoweit nicht in [X.]GHZ 54, 76 abgedruckt]; [X.], [X.] 1989, 296, 296 f.; [X.]erneke/[X.], Die einstweilige Verfügung in [X.], 3. Aufl. Rn. 739; [X.] in Harte/[X.], UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 700; MünchKomm.UWG/Schlingloff, 2. Aufl., § 12 Rn. 568; [X.] in [X.]/[X.], UWG, 6. Aufl., § 12 Rn. 208; [X.] in [X.]/[X.]ornkamm aaO § 12 Rn. 3.83; [X.], Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., [X.]. 36 Rn. 26; MünchKomm.ZPO/[X.], 4. Aufl., § 945 Rn. 22; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 945 Rn. 22).

b) Das [X.]erufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der [X.]eklagten durch die einstweilige Verfügung der Vertrieb der [X.]rote verboten war, die durch die der Antragsschrift beigefügte Produktabbildung konkret bezeichnet worden waren. Das ergibt die gebotene objektive Auslegung des Vollstreckungstitels.

aa) Nach dem Wortlaut der antragsgemäß erlassenen [X.]eschlussverfügung war der [X.]eklagten [X.]ewerbung, Angebot und Verkauf der konkret bezeichneten Piadina-[X.]rote allerdings nicht schlechthin, sondern nur verboten, "solange dieses Produkt nicht tatsächlich in [X.] hergestellt worden ist." Durch diesen Zusatz waren die von der [X.]eklagten zurückgerufenen [X.]rote nicht vom Verbot ausgenommen.

bb) Enthält ein Vollstreckungstitel bei isolierter [X.]etrachtung seines Wortlauts Unklarheiten, muss er ausgelegt werden (vgl. [X.] aaO [X.]. 57 Rn. 5 ff.).

Der Verbotstenor im Streitfall ist auslegungsbedürftig. Wäre der "[X.] - wie der Wortlaut für sich allein nahelegt - im Sinne einer konditionalen Verknüpfung ("nur wenn") oder zeitlich ("bis") zu verstehen, hätte er Ungewissheit über den Herstellungsort der [X.]rote ausgedrückt und wäre unzulässig. Er ließe offen, ob überhaupt eine die Verfügung rechtfertigende Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr für die beschriebene Verletzungshandlung bestünde und ob der [X.]eschluss ein aktuell eingreifendes Verbot ausspräche. Führt ein allein am Wortlaut orientiertes Verständnis des Vollstreckungstitels in dieser Weise zu keinem sinnvollen Inhalt des Verbotstenors, besteht eine Unklarheit über seine [X.]edeutung, die durch Auslegung zu beseitigen ist, soweit dabei ein im Hinblick auf die vollstreckungsrechtlich unverzichtbare [X.]estimmtheit des Titels (vgl. [X.] in [X.]/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., vor §§ 704 bis 707 Rn. 12; Wolf in [X.], Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 2006, Rn. 3.6, 3.23, 7.114) klares und eindeutiges Ergebnis erzielt werden kann.

cc) Nach der gebotenen Auslegung stellt der "[X.] lediglich ein für den Verbotsumfang bedeutungsloses [X.]egründungselement dar. Er drückt allein die Selbstverständlichkeit aus, dass das Verbot nicht mehr gelten soll, wenn die [X.]rote künftig tatsächlich in [X.] hergestellt würden; die bei Erlass des Verbots in den Märkten der [X.]eklagten angebotenen [X.]rote sollen aber auf jeden Fall unter das Verbot fallen. Das folgt aus einer objektiven Auslegung des Verbotstenors anhand der Antragsschrift und der ihr beigefügten Anlagen (vgl. [X.]GH, Urteil vom 19. Mai 2010 - [X.], [X.] 2010, 1035 Rn. 17 ff. = [X.], 1035 - Folienrollos; [X.] in [X.]/Walker aaO § 890 Rn. 12). Aus der Antragsschrift und der ihr beigefügten Produktabbildung ergibt sich eindeutig, dass die Klägerin jedenfalls den Vertrieb der dadurch konkret bezeichneten [X.]rote verbieten wollte. Die Klägerin hatte als sicher dargestellt, dass die [X.]rote in [X.] hergestellt wurden. Davon ist ersichtlich auch das [X.] bei Erlass der Verfügung ausgegangen. Hätte es insoweit Zweifel gehabt, hätte es die Verfügung nicht erlassen dürfen.

Unter diesen Umständen konnte die [X.]eklagte den "[X.] objektiv nicht im Sinne einer konditionalen Verknüpfung ("nur wenn") oder zeitlich ("bis") verstehen. Vielmehr musste die [X.]eklagte, wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, das gerichtliche Verbot dahingehend verstehen, dass es sich auf die in den "P.  "-Märkten angebotenen [X.]rote bezog und erst dann nicht mehr gelten sollte, wenn die Herstellung künftig nach [X.] verlegt werden sollte. Damit erweist sich der "[X.]" für die [X.]eschreibung des durch die konkrete Verletzungsform bestimmten [X.] als unschädliche und verzichtbare Überbestimmung (vgl. [X.]GH, Urteil vom 10. Februar 2011 - [X.], [X.] 2011, 340 Rn. 21 = [X.], 459 - [X.] [X.]utter; Urteil vom 17. März 2011 - [X.], [X.] 2011, 1151 Rn. 13 = [X.], 1587 - Original Kanchipur).

dd) Damit bestand nach Zustellung der Verfügung für die [X.]eklagte der notwendige Vollstreckungsdruck zur [X.]eachtung des gerichtlichen Verbots, der die innere Rechtfertigung für eine verschuldensunabhängige Haftung der Klägerin nach § 945 ZPO darstellt, wenn sich die einstweilige Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist (vgl. [X.]GH, Urteil vom 2. November 1995 - [X.], [X.]GHZ 131, 141, 144; [X.]GHZ 168, 352 Rn. 15). Die Haftung der Klägerin ist danach für alle Schäden gerechtfertigt, die aus der [X.]efolgung des gerichtlichen Verbots resultieren (vgl. [X.]GH, [X.] 2015, 196 Rn. 17 - [X.]). Die Vorschrift des § 945 ZPO beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass die Vollstreckung aus einem noch nicht endgültigen Vollstreckungstitel auf Gefahr des Antragstellers erfolgt (vgl. [X.]GHZ 54, 76, 80 f.; [X.]GH, Urteil vom 19. September 1985 - [X.], [X.]GHZ 96, 1, 3).

II. Die Revision wendet sich erfolglos dagegen, dass das [X.]erufungsgericht ein Mitverschulden der [X.]eklagten verneint hat.

1. Ein mitwirkendes Verschulden des Antragsgegners (§ 254 [X.]G[X.]) ist im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus § 945 ZPO zu berücksichtigen (vgl. [X.]GH, Urteil vom 23. März 2006 - [X.], [X.], 2557 Rn. 23; [X.]GHZ 168, 352 Rn. 30). Eine Minderung oder ein Ausschluss des Schadensersatzanspruchs kommt in [X.]etracht, wenn ein schuldhaftes Verhalten des Antragsgegners dem Antragsteller Anlass zur [X.]eantragung und Zustellung der einstweiligen Verfügung gegeben hat (vgl. [X.]GH, Urteil vom 16. Oktober 1973 - [X.], [X.], 1357, 1358; Urteil vom 20. November 1992 - [X.], [X.]GHZ 120, 261, 270; [X.]GHZ 168, 352 Rn. 31; [X.]GH, [X.], 2557 Rn. 25; differenzierend Walker in [X.]/Walker aaO § 945 ZPO Rn. 26a; enger [X.] aaO [X.]. 36 Rn. 39) oder wenn der Antragsgegner nach Zustellung der einstweiligen Verfügung gegen seine Obliegenheit zur Abwendung oder Minderung des Schadens verstoßen hat (vgl. [X.]GHZ 120, 261, 270).

2. Das [X.]erufungsgericht hat nicht geprüft, ob das Verhalten der [X.]eklagten vor Zustellung der einstweiligen Verfügung ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 [X.]G[X.] begründet. Indes bedarf es zur Prüfung dieses Gesichtspunkts keiner Zurückverweisung der Sache an das [X.]erufungsgericht. Entgegen der Ansicht der Revision kommt ein solches Mitverschulden nach dem vom [X.]erufungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht in [X.]etracht.

a) Es begründet kein Mitverschulden der [X.]eklagten, dass sich die Klägerin zum Antrag auf einstweilige Verfügung veranlasst gesehen hat, weil die in [X.] ansässige [X.] GmbH auf dem Etikett des [X.]rots als Herstellerin ausgewiesen war.

Die Herstellerangabe stand mit den lebensmittelrechtlichen Kennzeichnungsvorschriften in Einklang. Sie diente nicht der Unterrichtung des Verbrauchers über den Ort der Fertigung der Ware, sondern als Information über das die Produktherstellung verantwortende Unternehmen. Die Klägerin konnte deshalb nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die auf dem Produktetikett ausgewiesene Herstellerin das [X.]rot selbst gefertigt hatte. Sie musste in Erwägung ziehen, dass die [X.] GmbH die Erzeugnisse nach ihren Vorgaben durch ein anderes Unternehmen an einem anderen Ort produzieren ließ. Die [X.]eantragung der einstweiligen Verfügung ohne zureichende Aufklärung des Sachverhalts fiel in den Risiko- und Verantwortungsbereich der Klägerin und nicht der [X.]eklagten. Soweit die Revision vorbringt, der von der Klägerin überprüfte Internetauftritt der [X.] GmbH habe auf eine Eigenproduktion hingedeutet, kann eine dadurch möglicherweise verursachte Irreführung nicht der [X.]eklagten zugerechnet werden. Zudem folgt aus einer Eigenproduktion nicht zwingend, dass diese nicht in einer Produktionsstätte in [X.] erfolgt.

b) Die Revision macht geltend, die [X.]eklagte habe bei vernünftiger und wirtschaftlicher Vorgehensweise nach Zugang der Abmahnung unverzüglich bei der [X.] GmbH Erkundigungen über den Herstellungsort der in den "P.  "-Märkten angebotenen Piadina-[X.]rote einholen müssen. Sie hätte dann vor Zustellung der einstweiligen Verfügung verlässliche Informationen über den Produktionsort in [X.] erhalten und den Rückruf der Produkte vermeiden können. Dieser Vortrag ist ebenfalls nicht geeignet, ein Mitverschulden der [X.]eklagten nach § 254 Abs. 1 [X.]G[X.] zu begründen.

aa) Wer zu Unrecht abgemahnt wird, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Abmahnenden vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens über den wirklichen Sachverhalt aufzuklären (vgl. [X.]GH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - I ZR 139/92, [X.] 1995, 167, 169 = [X.], 300 - Kosten bei unbegründeter Abmahnung).

Ein schuldhaftes Unterlassen im Sinne von § 254 [X.]G[X.] setzt allerdings nicht die Verletzung einer besonderen Rechtspflicht voraus, sondern es umfasst jeden Verstoß gegen Treu und Glauben, mithin ein Unterlassen derjenigen Maßnahmen, die ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Sache ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden (vgl. [X.]GHZ 120, 261, 271; [X.]GH, Urteil vom 17. Juni 2014 - [X.], NJW 2014, 2493 Rn. 8 f.). Dabei ist jedoch die § 945 ZPO zugrunde liegende Interessenbewertung zu beachten, die darin besteht, dass die Vollstreckung aus einem noch nicht endgültigen Titel grundsätzlich im Risikobereich des Gläubigers liegt (vgl. [X.]GH, Urteil vom 22. März 1990 - [X.], NJW 1990, 2689, 2690; [X.]GHZ 120, 261, 271).

bb) Nach diesen Maßstäben war die [X.]eklagte nicht gehalten, im wohlverstandenen eigenen Interesse den in der Abmahnung mitgeteilten Sachverhalt zeitnah zu überprüfen, um die Klägerin über die Herstellung der [X.]rote in [X.] aufzuklären und von der Zustellung der einstweiligen Verfügung abzuhalten oder um im Wissen um die fehlende [X.]erechtigung des gerichtlichen Verbots vom Rückruf der Waren abzusehen.

(1) Einer solchen Obliegenheit steht der Grundsatz entgegen, dass sich derjenige, der einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend machen will, selbst die für einen prozessualen Erfolg erforderliche Kenntnis der tatsächlichen Umstände verschaffen muss, aus denen er seinen Anspruch herleiten kann (vgl. [X.]GH, [X.] 1995, 167, 169 - Kosten bei unbegründeter Abmahnung). Dies entspricht der von § 945 ZPO bezweckten Risikoverteilung, dass der Antragsteller, der eine einstweilige Verfügung vor der endgültigen Feststellung ihrer [X.]erechtigung vollzieht, die Gefahr der sachlich-rechtlichen Unbegründetheit seines [X.] wegen Unrichtigkeit der zugrunde gelegten tatsächlichen Umstände trägt (vgl. [X.]GHZ 54, 76, 81; [X.]GH, NJW 1990, 2689, 2690). Den Antragsgegner trifft daher grundsätzlich kein Mitverschulden, wenn der Antragsteller das beanstandete Verhalten vor der objektiven Klärung der Sach- und Rechtslage nicht hinnimmt und durch die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung unterbindet (vgl. für eine unklare Rechtslage [X.]GHZ 168, 352 Rn. 31). Ebenso kann es dem Antragsgegner grundsätzlich nicht als Mitverschulden angelastet werden, nach Zugang einer Abmahnung dem Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht durch zeitnahes Vorbringen seiner Einwände entgegengewirkt zu haben (vgl. für die unterbliebene Einreichung einer Schutzschrift [X.] in Harte/[X.] aaO § 12 Rn. 705).

(2) Allerdings kommt ein Mitverschulden in [X.]etracht, wenn der Antragsgegner eine sich aufdrängende Verteidigungsmöglichkeit unterlässt (vgl. Prütting/[X.] aaO § 945 Rn. 9) oder liquide [X.]eweismittel zurückhält, aus denen sich das Fehlen des [X.]s ergibt (vgl. [X.] in [X.], ZPO, 22. Aufl., § 945 Rn. 9). Auch daraus ergibt sich kein Mitverschulden der [X.]eklagten.

Die [X.]eklagte verfügte hinsichtlich des Herstellungsorts der Piadina-[X.]rote über keine eigenen Erkenntnisse, die sie zur umgehenden Klärung des Sachverhalts in die Lage versetzt hätten. Nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts war ihr bei Zustellung der einstweiligen Verfügung noch nicht bekannt, dass die in den "P.  "-Märkten angebotenen Piadina-[X.]rote in [X.] hergestellt worden waren. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die [X.]eklagte deutlich leichter als die Klägerin hätte überprüfen können, ob die beanstandeten Produkte in [X.] oder in [X.] gefertigt worden waren. Eine Anfrage bei der als Herstellerin angegebenen [X.] GmbH war der Klägerin ebenso wie der [X.]eklagten möglich. Es kann der [X.]eklagten ferner nicht angelastet werden, dass die Klägerin davon abgesehen hat, weitere Informationen einzuholen, weil sie sich durch den Internetauftritt der Herstellerin in der Annahme bestätigt gesehen haben mag, das in [X.] ansässige Unternehmen produziere die [X.]rote selbst (vgl. oben Rn. 41).

(3) Eine für ein Mitverschulden relevante Obliegenheit der [X.]eklagten, den Produktionsort der in den "P.  "-Märkten angebotenen Piadina-[X.]rote zu kennen, folgt auch nicht aus anderen gesetzlichen Wertungen.

Sie ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision nicht daraus, dass die [X.]eklagte im Fall der fahrlässigen irreführenden Angabe über die Herkunft des Produkts eine Ordnungswidrigkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1, § 59 Abs. 1 Nr. 7, § 60 Abs. 1 LFG[X.] (jeweils in der bis zum 3. Juli 2009 gültigen Fassung) begangen hätte. Die Verpackung und Kennzeichnung des Erzeugnisses war, wie unter Rn. 16 bis 27 ausgeführt, nicht irreführend.

Eine Obliegenheit der [X.]eklagten zur zeitnahen Aufklärung des Herstellungsorts der [X.]rote ergibt sich auch nicht aus Art. 18 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen [X.]ehörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (Lebensmittel-[X.]asis-VO). Danach muss der Lebensmittelunternehmer in der Lage sein, jede Person festzustellen, von der er ein Lebensmittel erhalten hat. Diese Verpflichtung beschränkt sich darauf, den direkten Lieferanten zu ermitteln (vgl. Leitlinien für die Anwendung der Artikel 11, 12, 16, 17, 18, 19 und 20 der Verordnung ([X.]) Nr. 178/2002 über das allgemeine Lebensmittelrecht, Ziffer [X.]; [X.] in [X.]/[X.], LGF[X.] · [X.]asisVO · HCVO, 2. Aufl., Art. 18 [X.]asisVO Rn. 21; [X.] in Zipfel/[X.] aaO C 101, Art. 18 [X.]-Lebensmittel-[X.]asisverordnung, Rn. 7 f. [Stand: November 2012]). Diese Pflicht hat die [X.]eklagte erfüllt, weil auf der Verpackung des [X.]rots ihre Lieferantin, die [X.] GmbH, als Herstellerin angegeben war.

3. In dem Verhalten der [X.]eklagten nach Zustellung der einstweiligen Verfügung hat das [X.]erufungsgericht kein Mitverschulden der [X.]eklagten gemäß § 254 Abs. 2 [X.]G[X.] erkannt. Da die [X.]eklagte die einstweilige Verfügung umgehend habe befolgen müssen, sei sie nicht gehalten gewesen, sich vor dem Rückruf der [X.]rote bei der [X.] GmbH nach dem Herstellungsort der Produkte zu erkundigen. Angesichts des Vollstreckungsdrucks habe eine in der Kürze der [X.] allenfalls telefonisch einzuholende Auskunft der Lieferantin die [X.]eklagte nicht zum Abbruch der Rückrufaktion veranlassen müssen. Ohne eine schriftliche und an Eides Statt versicherte Information habe sie die Herstellung der [X.]rote in [X.] nicht hinreichend sicher belegen können. Gegen diese [X.]eurteilung erhebt die Revision keine [X.]. Sie lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.

Es kommt hinzu, dass im Streitfall weitere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, die Klägerin nicht durch Annahme eines Mitverschuldens der [X.]eklagten zu entlasten. Die Klägerin hat sofort das Verfügungsverfahren gegen die [X.]eklagte als Handelsunternehmen beantragt, anstatt zunächst den auf dem Produkt angegebenen Hersteller abzumahnen. Ihr musste klar sein, dass dieses Vorgehen zu einem sofortigen Vertriebsstopp für das beanstandete [X.]rot in den Märkten der [X.]eklagten mit entsprechenden Kosten führen musste. Die Fallkonstellation entsprach damit derjenigen einer unberechtigten Abnehmerverwarnung, die für den Hersteller der beanstandeten Produkte und für den abgemahnten Händler mit einem erheblichen Schädigungspotential verbunden ist (vgl. [X.]GH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 123/06, [X.] 2009, 878 Rn. 17 = [X.], 1082 - Fräsautomat). Damit korrespondieren für denjenigen, der eine einstweilige Verfügung gegen ein bundesweit tätiges Handelsunternehmen vollzieht, besondere Risiken.

Die Klägerin hat die einstweilige Verfügung auch umgehend der [X.]eklagten zugestellt und damit erheblichen Vollstreckungsdruck ausgeübt, anstatt zunächst eine Ablichtung der Verfügung mit dem Hinweis zu übermitteln, binnen bestimmter Frist zuzustellen (vgl. [X.]GH, [X.] 2015, 196 Rn. 19 f. - [X.]). Die Klägerin ist damit weitere Risiken eingegangen, die zu einer entsprechenden Haftung führen.

III. Allerdings ist die Revision der Klägerin in geringem Umfang im Hinblick auf die der [X.]eklagten zugesprochenen Verzugszinsen begründet.

Die [X.]eklagte kann für die [X.] vom 1. September 2009 bis zum 23. November 2009 Verzugszinsen nach § 286 Abs. 1 Satz 1, § 288 Abs. 1 [X.]G[X.] lediglich aus einem [X.]etrag von 71.768,70 € verlangen. Sie hat die Klägerin mit Schreiben vom 21. August 2009 mit Zahlungsfrist bis zum 31. August 2009 allein in dieser Höhe zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Zinsen aus der eingeklagten höheren Summe kann sie gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2, § 288 Abs. 1, § 291 [X.]G[X.] erst verlangen, nachdem der Klägerin am 23. November 2009 die [X.] zugestellt worden ist.

IV. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

[X.]üscher                           [X.]

                 [X.]                         [X.]

Meta

I ZR 250/12

30.07.2015

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 8. November 2012, Az: 6 U 27/11, Urteil

§ 945 ZPO, Art 18 Abs 2 UAbs 1 EGV 178/2002, § 5 Abs 1 S 2 Nr 1 UWG, § 254 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 30.07.2015, Az. I ZR 250/12 (REWIS RS 2015, 7285)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7285

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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