Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2015, Az. I ZR 250/12

I. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7288

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[X.]:[X.]:[X.]:2015:300715UIZR250.12.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]/12
Verkündet am:

30. Juli 2015

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Piadina-Rückruf
ZPO § 945; VO ([X.]) Nr. 178/2002 Art. 18 Abs. 2 Unterabsatz 1; [X.] § 5 Abs. 1 Satz
2 Nr. 1; BGB § 254 Abs. 2 Dc
a)
Bestehen nach dem Wortlaut des Verbotstenors einer einstweiligen Verfügung Unklarheiten, bedarf es einer objektiven Auslegung anhand der Antragsschrift und der ihr beigefügten An-lagen.
b)
Die Verpflichtung des Lebensmittelunternehmers nach Art.
18 Abs.
2 Satz
1 der VO ([X.]) Nr. 178/2002 ([X.]) jede Person festzustellen, von der er ein Lebensmittel erhalten hat, beschränkt sich darauf, den direkten Lieferanten zu ermitteln.
c)
Ein bei einem Schadensersatzanspruch nach §
945 ZPO zu berücksichtigendes [X.] nach §
254 Abs. 2 BGB liegt grundsätzlich nicht deshalb vor, weil ein Handels[X.]nehmen dem durch eine einstweilige Verfügung ausgesprochenen Vertriebsverbot sofort nachkommt und nicht zuwartet, bis schriftliche Informationen oder eine eidesstattliche Versi-cherung des Herstellers vorliegen.
d)
Eine Irreführung durch eine geographische Herkunftsangabe im Sinne von §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] ist in der Regel wettbewerbsrechtlich relevant, weil es sich um ein wesentliches werbliches Kennzeichnungsmittel handelt.
[X.], Urteil vom 30. Juli 2015 -
I [X.]/12 -
[X.] Frankfurt am [X.]

LG Frankfurt am [X.]

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 30.
Juli
2015
durch
den Vorsitzen[X.] Prof.
Dr.
Büscher,
die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, die Richterin Dr.
Schwonke
und [X.] Feddersen

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 8.
November 2012 [X.] Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels aufgeho-ben, soweit hinsichtlich der auf die Widerklage zugesprochenen Zinsen in Höhe eines Betrags von

vom 1. September 2009 bis zum 23. November 2009 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil des [X.], 6.
Zivilkammer, vom 14.
Januar 2011 abgeändert und hinsichtlich der Widerklage wie folgt neu gefasst:

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem [X.] 23. Novemb24. November 2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die [X.] abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen
-
3
-

Tatbestand:

Die Klägerin, die [X.], ist ein
Verbraucher-schutzverband, der in das
Verzeichnis der Europäischen Kommission
nach Art.
4 der Richtlinie 98/27/[X.] über Unterlassungsklagen zum Schutz der [X.] eingetragen
ist. Die [X.] betreibt die "P.

"-Lebens-
mittelmärkte.

Die Klägerin erlangte Anfang März 2009 davon Kenntnis, dass die [X.] in den "P.

"-Märkten
ein Brot
in einer Verpackung anbot, deren Eti-
kett
mit der Warenbezeichnung
"[X.] MIO
Piadina"
und
dem Hinweis
"Italie-nisches Fladenbrot"
versehen war. Der
obere und untere Rand des
Etiketts
war
farblich
entsprechend der
[X.]
Flagge
gestaltet.
Unten auf
dem
Pro-duktetikett
befand sich der Hinweis:

Hergestellt von [X.], Zenettistraße
11, 80337
[X.].

Die Klägerin mahnte die [X.]
ab, weil die Verpackungsgestaltung
den Eindruck
erwecke, das Produkt sei in [X.] hergestellt worden, obwohl es tatsächlich von der [X.] in [X.] gefertigt
worden sei.
Am 26. März
2009
erwirkte die
Klägerin beim [X.] am [X.]
eine einstweilige Verfügung, mit der der [X.]n unter Androhung von [X.] untersagt wurde,

das Produkt "Piadina"
der Marke "[X.]"
in einer Verpackung im Geschäfts-verkehr zu bewerben, insbesondere zum Verkauf anzubieten und/oder zu ver-kaufen, auf der neben der Bezeichnung "Piadina
[X.]isches Fladenbrot"
und dem Markennamen "[X.]"
an dem oberen und unteren Etikettrand die italie-nische Flagge aufgedruckt ist, wie geschehen in der Anlage AST
1 [Ablichtung der Produktverpackung], solange dieses Produkt nicht tatsächlich in [X.] [X.] worden ist.
1
2
3
-
4
-

Die einstweilige Verfügung wurde der [X.]n am 2.
April 2009 zuge-stellt. Diese
rief
daraufhin
die in den
beanstandeten Verpackungen
angebote-nen
Brote
aus ihren Märkten zurück.

Unter dem 29.
April 2009 legte
die [X.] Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung
ein
und trug
unter Vorlage einer eidesstattlichen Versi-cherung des Geschäftsführers der [X.] vom 24.
April 2009 vor, das Produkt "[X.] MIO
Piadina [X.]isches Fladenbrot"
werde in einem näher bezeichneten, von der [X.] kontrollier-ten und regelmäßig überwachten Unternehmen in [X.] hergestellt
und in [X.] verpackt und etikettiert. Die Klägerin nahm daraufhin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.

Mit Schreiben vom 21. August 2009 forderte die [X.] die Klägerin
er-folglos dazu auf, ihr
bis zum 31. August 2009 Schadensersatz in Höhe von

zu zahlen.

Die Klägerin hat die [X.] zuletzt auf
Ersatz
der ihr durch das
Verfah-ren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entstandenen
Kosten in Höhe von
2.415,50

nebst Zinsen in Anspruch genommen; die weiteren
zunächst verfolg-ten
Klageanträge haben die Parteien in erster Instanz übereinstimmend für er-ledigt erklärt. Die [X.] hat
im Wege der Widerklage
von der Klägerin
Scha-densersatz
wegen des Rückrufs der Brote
in Höhe von 80.247,78

n-sen
begehrt.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen
und der Widerklage
bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben.
Die Kosten des Rechtsstreits
hat es auch hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Klageanträge der Klägerin auferlegt. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg
geblieben ([X.] 4
5
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5
-
Frankfurt am [X.], LRE
65, 26). Mit ihrer vom Senat insoweit zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt,
verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe:

A. [X.] hat angenommen, die [X.]
könne aus
§ 945 ZPO
Ersatz der ihr durch den Rückruf
der Brote entstandenen Schäden
von der
Klägerin
verlangen. Dazu hat es ausgeführt:

Die einstweilige Verfügung sei zu Unrecht erlassen worden, weil der Klä-gerin der zuerkannte Unterlassungsanspruch nicht zugestanden habe. Der [X.], die italienisch anmutende Verpackungsaufmachung führe die Verbraucher in die Irre, weil
die Brote nicht in [X.] hergestellt würden, sei nicht gerechtfer-tigt gewesen, weil das Produkt tatsächlich in [X.]
gefertigt worden sei. Die Klägerin habe der [X.]n das Angebot und den Vertrieb des Erzeugnisses auch nicht aus anderen als den im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfü-gung angeführten Gründen
untersagen lassen können, wie etwa wegen einer Irreführung über den Sitz des für die Produktion verantwortlichen Herstellers in [X.] oder über die Herstellung der Ware in [X.].
Die
[X.]
müsse sich nicht als Mitverschulden oder als rechtsmissbräuchliches Vorgehen
entge-genhalten lassen, sie habe die Brote
vorschnell zurückgerufen, obwohl sie [X.] habe oder unschwer habe in Erfahrung bringen können, dass die einst-weilige Verfügung zu Unrecht ergangen sei. Die
[X.]
sei gehalten gewe-sen, die Verbotsverfügung umgehend zu befolgen. Es könne nicht davon aus-gegangen werden, dass sie bei Einleitung der Rückrufaktion
Kenntnis von der Herstellung des
Produkts
in [X.] gehabt habe.

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-
6
-
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat
weit überwiegend
keinen
Erfolg. Die
[X.]
hat
gegen
die
Klägerin
Anspruch auf Ersatz des durch den
Rückruf der Brote
entstandenen Schadens
gemäß §
945 Fall
1 ZPO
(dazu B
I).
Eine Minderung des [X.] wegen Mitverschuldens
kommt nicht in Betracht
(dazu B
II).
Lediglich die der [X.]n vom [X.] zugesprochenen Zinsen erweisen sich als geringfügig zu hoch
(dazu B
III).

I. [X.] hat zutreffend angenommen, dass die einstweili-ge Verfügung zu Unrecht ergangen ist, weil der Klägerin der geltend gemachte [X.] nicht zustand (dazu
B
I
1). Rechtsfehlerfrei
ist es weiter
davon ausgegangen, dass das Angebot und der Vertrieb der
beanstandeten Produkte nicht
aus anderen Gründen rechtswidrig
waren
und die Erzeugnisse
deshalb
nicht
ohnehin zurückzurufen waren (dazu B
I
2). Die
Kosten
der
Rück-rufaktion stellen
schließlich auch einen ersatzfähigen
[X.]
aus der Befolgung der einstweiligen Verfügung dar (dazu B
I
3).

1. [X.] hat angenommen, die einstweilige Verfügung sei im Sinne von §
945 Fall
1 ZPO von Anfang an ungerechtfertigt gewesen, weil der Klägerin der geltend gemachte [X.] weder
aus
§§ 8, 3, 4 Nr.
11 [X.] in Verbindung mit
§
11 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 LFGB (in der bis zum 3.
Juli 2009 gültigen Fassung) noch
aus
§§ 8, 3, 5 Abs.
1 Sätze
1 und 2 Nr.
1
[X.] zugestanden habe.
Das gerichtliche Verbot habe auf der Beanstandung
der Klägerin
beruht, die Verpackungsaufmachung erwecke den irreführenden Eindruck, das Brot sei
in [X.] hergestellt
worden. Dieser Vorwurf
sei
unbe-rechtigt
gewesen, weil die Ware tatsächlich in [X.] gefertigt worden sei. Die Klägerin sei dem Vortrag der [X.]n, das Brot
werde von einem Unterneh-men in [X.] im Auftrag der [X.] produziert, nicht substantiiert
entgegengetreten. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen
und lässt keinen Rechtsfehler
erkennen.
11
12
13
-
7
-

2.
[X.] hat
zutreffend
angenommen, dem
Schadenser-satzanspruch der [X.]n stehe nicht entgegen, dass sie aus einem anderen als dem
der einstweiligen Verfügung zugrunde liegenden
Grund
gehalten [X.] wäre, das Angebot und den Vertrieb des Brots
in der angegriffenen Ver-packung
zu unterlassen.

a) Ein nach §
945 ZPO zu ersetzender Schaden
ist
nicht entstanden, wenn der
durch die Vollziehung einer ungerechtfertigt ergangenen einstweiligen Verfügung Betroffene
ohnehin materiell-rechtlich -
etwa wegen eines anderwei-tigen Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen
-
verpflichtet [X.] wäre, das ihm durch die einstweilige Verfügung untersagte Verhalten zu unterlassen (vgl. [X.], Urteil vom 3.
Dezember 1954 -
I
ZR
262/52, [X.]Z 15, 356, 358
f. -
Progressive Kundenwerbung; Urteil vom 7.
Juli 1994 -
I
ZR
63/92, [X.]Z 126, 368, 374
f. -
Fortsetzungsverbot; Urteil vom 20.
Juli 2006

IX
ZR
94/03, [X.]Z 168, 352 Rn.
27).
In einem solchen Fall entfällt zwar
ent-gegen der Ansicht des Berufungsgerichts
nicht die
Kausalität zwischen der Vollziehung der einstweiligen Verfügung und der Einstellung des darin unter-sagten Verhaltens,
für die es allein auf die reale
Ursache des haftungsbegrün-denden Ereignisses ohne Berücksichtigung von Ersatzursachen ankommt
(vgl. [X.]Z 168, 352 Rn.
22). Ein Ersatz der durch Vollziehung einer ungerechtfertig-ten einstweiligen Verfügung erlittenen Vermögenseinbuße
scheidet aber
aus normativen Gründen
aus
[X.] in Prütting/[X.], ZPO, 7.
Aufl., §
945 Rn.
11; [X.]/[X.], [X.], 7.
Aufl., Kap.
62 Rn.
29).
Ein Betroffener soll
im Wege des Schadensersatzes keine
Kosten ersetzt bekom-men, die ihm
auch
bei [X.] Verhalten auf jeden Fall entstanden wären
(vgl. [X.]Z 15, 356, 359 -
Progressive Kundenwerbung; [X.], Urteil vom 28.
Januar 1986 -
VI
ZR
151/84, NJW 1986, 1486, 1487; [X.] Hamm, WRP 1981, 476, 477).

14
15
-
8
-

b) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des [X.]s, der Hinweis auf die in [X.] ansässige Herstellerin
auf der Produktverpackung
begründe auch
unter
keinem anderen Aspekt eine wettbe-werbsrechtlich relevante Irreführungsgefahr.

aa) [X.] hat ausgeschlossen, dass
der angesprochene Verkehr durch
die italienisch anmutende Verpackungsgestaltung
über den Sitz des
für die Fertigung
des Brots
verantwortlichen
Herstellers irregeführt wird. Der Verbraucher
werde
einem aus der
Esskultur eines anderen [X.] stammen-den Lebensmittel
oft eine
höhere Wertschätzung entgegenbringen, weil es in diesem Land hergestellt werde,
ohne sich Gedanken über den Sitz des für die dortige Fertigung verantwortlichen Unternehmens zu machen.

(1) Die Revision
rügt, das Berufungsgericht habe
dabei
unberücksichtigt gelassen, dass der Verbraucher, der das Piadina-Brot als original [X.] Produkt ansehe,
erwarte, dass die für die Qualität des Erzeugnisses wesentli-chen Fertigungsvorgaben und die Überwachung der Herstellung in [X.] er-folgten. Tatsächlich sei für den gesamten [X.] einschließlich der Rezeptur jedoch die in [X.] ansässige [X.] verantwortlich.

(2) Die Frage, ob der Verkehr in einer ausländischen Produktaufma-chung einen Hinweis auf die örtliche Herkunft des Erzeugnisses aus dem be-treffenden ausländischen Staat oder eine Beschaffenheitsangabe in der Weise sieht, dass die Ware unter Verwendung ausländischer Zutaten, Rezepte oder dergleichen hergestellt worden ist, liegt im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Mai 1965 -
Ib
ZR
36/63, [X.] 1965, 681, 682 = [X.], 371 -
de [X.]). Dasselbe gilt für die hier erhebliche Frage, ob der 16
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19
-
9
-
Verkehr bei einem als ausländische Spezialität angebotenen Erzeugnis [X.], es werde nicht nur im Ausland hergestellt, sondern auch unter der Pro-duktverantwortung eines Herstellers mit Sitz in dem
ausländischen Staat
gefer-tigt. Diese tatrichterliche Würdigung
ist im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder [X.] verstoßen oder wesentlichen Tatsachenstoff unberücksichtigt gelassen hat (vgl. [X.], Urteil vom 6.
November 2013 -
I
ZR
104/12, [X.] 2014, 88 Rn.
31 = [X.], 57 -
Vermittlung von [X.], mwN).

(3) Solche Rechtsfehler lässt das Berufungsurteil nicht erkennen. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkehr beziehe die gestalterischen Hin-weise auf [X.] nur auf
eine Herstellung des Brots
in diesem Land, ist nicht erfahrungswidrig. Die Eigenheiten
industriell gefertigter
Erzeugnisse, zu denen auch die in Rede stehenden, in großer Menge produzierten Brote zählen,
bilden sich während des Fertigungsvorgangs
heraus
und nicht durch
dessen
Überwa-chung und Kontrolle (vgl. [X.], Beschluss vom 27.
November 2014

I
ZR
16/14, [X.]-RR 2015, 209
Rn. 15, 18
= [X.], 452
KONDOME

Made in Germany). Dass das für die Herstellung verwendete Rezept von ei-nem in [X.] ansässigen Unternehmen vorgegeben worden ist, steht der Eigenschaft
des Piadina-Brots als einer aus [X.] stammenden Spezialität
nicht entgegen. Die charakteristischen Eigenschaften eines solchen Brots wer-den
zwar durch die verwendete Rezeptur beeinflusst. [X.] ist aber rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass das in Rede stehende Brot nach einem [X.] Rezept hergestellt worden ist. Die [X.] hat vorge-tragen, es sei
eine [X.] Rezeptur für Piadina
verwendet
worden. Die Klägerin, die für
eine Irreführung durch
Angebot und Vertrieb des Brots in der beanstandeten Verpackung darlegungs-
und beweisbelastet
ist (vgl. [X.], Urteil vom 19. September 1996 -
I [X.], [X.]
1997, 229, 230
= [X.], 183
-
Beratungskompetenz; Urteil vom 17. Februar 2000 -
I [X.], [X.] 20
-
10
-
2000, 820, 822
= [X.], 724
-
Space [X.]; Urteil vom 19.
Februar 2014, 578 -
I [X.]/12,
[X.] 2014, 578
Rn. 16
= [X.], 697
-
Umweltengel für Tragetasche), hat für ihre gegenteilige Behauptung kei-nen Beweis angetreten.

bb) [X.] hat für möglich gehalten,
dass der verständige Durchschnittsverbraucher aus dem Herstellerhinweis
bei isolierter Betrachtung
irrtümlich auf eine Produktion des
Brots
in [X.] schließe, weil ihm nicht ohne weiteres geläufig sei, dass Hersteller im Rechtssinn auch derjenige sein könne, der ein Lebensmittel durch ein anderes Unternehmen im Wege der Lohnfertigung herstellen lasse. Sofern
neben der auf eine [X.] Herkunft hindeutenden
Verpackungsaufmachung auch der
Hinweis auf einen Hersteller
in [X.]
wahrgenommen werde, löse
ein nicht unerheblicher Teil
des angesprochenen Verkehrs
die vermeintliche
Widersprüchlichkeit dahin auf, dass er den Herstellerhinweis
für
maßgeblich
halte und eine
Fertigung der
Bro-te
in [X.] annehme.
[X.] hat
aber
weiter angenommen, eine durch die Herstellerangabe hervorgerufene Fehlvorstellung über die Ferti-gung des Piadina-Brots
in [X.]
sei nicht geeignet, die geschäftliche Ent-scheidung der
Verbraucher zu beeinflussen. Da deren besondere Wertschät-zung der
[X.] Spezialität an die Herstellung des Produkts im [X.] anknüpfe, werde der
Verbraucher
das Brot nicht wegen, sondern trotz seiner vermeintlichen Herkunft aus [X.] kaufen.
Die von der Revi-sion dagegen erhobenen [X.] greifen nicht durch.

(1)
Eine Irreführung ist wettbewerbsrechtlich relevant, wenn die Fehlvor-stellung des angesprochenen Verkehrs für den Kaufentschluss irgendwie -
im Sinne einer allgemeinen Wertschätzung
-
von Bedeutung ist, ohne dass es auf besondere Qualitätserwartungen ankommt (vgl. [X.], Urteil vom 29.
April 1982 -
I
ZR
111/80, [X.] 1982, 564, 566 = [X.], 570 -
Elsässer Nudeln; Ur-teil vom 13.
Oktober 1994 -
I
ZR
96/92, [X.] 1995, 65, 66
=
[X.], 11 21
22
-
11
-

Produktionsstätte). Eine Irreführung durch eine geographische Herkunftsan-gabe im Sinne von §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
1 [X.] ist in der Regel
wettbewerbs-rechtlich relevant, weil
es sich dabei um ein wesentliches werbliches Kenn-zeichnungsmittel handelt, das der Individualisierung der Ware
sowie
der Her-stellung einer Beziehung zwischen der
gekennzeichneten Ware einerseits und den Qualitäts-
und Preisvorstellungen der Kunden andererseits dient und das deshalb ein für die Kaufentscheidung des Verbrauchers bedeutsamer Informa-tionsträger ist. Es bedarf daher regelmäßig
besonderer Gründe für die Annah-me, dass eine irreführende geographische Herkunftsangabe für den Kaufent-schluss des getäuschten Publikums ohne Bedeutung ist
(vgl. [X.], [X.] 1982, 564, 566 -
Elsässer Nudeln; Urteil vom 9.
April 1987
I
ZR
201/84, [X.] 1987, 535, 537 = [X.], 625 -
Wodka [X.]; [X.], [X.] 1995, 65, 66 -
Produktionsstätte; [X.] in [X.]/[X.],
[X.], 33.
Aufl., § 5 Rn. 2.183 f.).

(2) Einen
solchen
besonderen Grund
hat das Berufungsgericht zutref-fend angenommen. Es hat ausgeführt, der
Verbraucher, der sich mit dem Brot aufgrund der "italianisierten"
Aufmachung in der Annahme befasse, es handele sich um eine in [X.] hergestellte Spezialität, werde durch den Herstellerhin-weis, sofern er ihm eine Produktion in [X.] entnehme, regelmäßig [X.] und nicht etwa in seiner Kaufentscheidung bestärkt. Das [X.] ist damit davon ausgegangen, ein
durch den
Herstellerhinweis
hervorgeru-fener
Irrtum
über die Produktion des Piadina-Brots
in [X.] wirke sich auf den Kaufentschluss des Verbrauchers
regelmäßig
nicht positiv sondern ne-gativ aus. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht die [X.] Relevanz
einer
solchen
Irreführung
mit Recht verneint.

cc) Allerdings hat das Berufungsgericht erwogen, ein Teil des ange-sprochenen Verkehrs
könnte
es bevorzugen, dass ein Piadina-Brot nach italie-nischem Rezept in [X.]
gefertigt werde. Ein solcher Verbraucher werde 23
24
-
12
-
durch die irrtümliche Annahme,
das Produkt werde im Inland gefertigt,
in sei-nem Kaufentschluss
positiv beeinflusst. Es erscheine jedoch wenig wahrschein-lich, dass sich Verbraucher von derartigen Erwägungen leiten lassen könnten. Jedenfalls sei diese Gefahr so gering, dass sie ein Verbot der Verpackung nicht zu rechtfertigen vermöge. Dabei sei auch zu berücksichtigen,
dass die Herstel-lerangabe
im Sinne
des
lebensmittelrechtlichen Herstellerbegriffs objektiv richtig und mit der Kennzeichnungsvorschrift des §
3 Abs.
1 Nr.
2 [X.] vereinbar
sei. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

(1) [X.] hat den auf dem Produktetikett angebrachten Herstellerhinweis
zu
Recht als gesetzlich zulässige Angabe angesehen. Nach §
3 Abs.
1 Nr.
2 [X.] dürfen Lebensmittel in Fertigpackungen gewerbsmäßig nur in Verkehr gebracht werden, wenn der Name oder die Firma und die [X.], des Verpackers
oder eines in einem Mitgliedstaat der [X.] oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den [X.] sind. Als Hersteller des Lebensmittels
ist auch ein Lohnauftraggeber anzu-sehen, der -
etwa durch die Lieferung der Rohstoffe, die Aufstellung der Rezep-tur oder die Überwachung der Herstellungstätigkeit
-
auf die Herstellung tat-sächlichen Einfluss nehmen kann (vgl. [X.] in Zipfel/[X.], [X.], C
110, §
3 [X.] Rn.
11 [Stand: Juli 2011]). Auch die Revision zieht nicht in Zweifel,
dass die auf dem Produktetikett ausgewiesene Panificio Italiano Veritas
GmbH Lohnauftraggeberin des in [X.] ansässigen Fertigungsunter-nehmens und damit im lebensmittelrechtlichen Sinn Herstellerin
der Brote
ist.

(2) Auch eine
gesetzlich zulässige und damit objektiv richtige Angabe kann allerdings irreführend sein, wenn sie beim
angesprochenen Verkehr
zu einer Fehlvorstellung führt, die geeignet ist, sein
Kaufverhalten zu beeinflussen. In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf einem unrichtigen
Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist für die 25
26
-
13
-
Anwendung der gesetzlichen Irreführungstatbestände jedoch grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als im Fall einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich; außerdem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. zu §
3 [X.] aF [X.], Urteil vom 22.
April 1999 -
I
ZR
108/97, [X.] 2000, 73, 75 = [X.], 1145 -
Tierheilpraktiker; zu §
5 [X.] [X.], Urteil vom 18.
März 2010 -
I
ZR
172/08, [X.] 2010, 1024 Rn.
25 = [X.], 1390

Master of Science Kieferorthopädie).

(3) Mit diesen Grundsätzen steht die Beurteilung des Berufungsgerichts in Einklang. Es hat die Gefahr einer
wettbewerbsrechtlich relevanten Irrefüh-rung
als gering bewertet, weil allenfalls
ein kleiner Teil
der
Verbraucher eine [X.] Spezialität bevorzugt, wenn sie in [X.]
hergestellt worden ist. Selbst wenn, wie die Revision
ausführt, Verbraucher im Interesse des Um-weltschutzes oder zur Sicherung heimischer Arbeitsplätze zunehmend lokal oder regional hergestellte Produkte bevorzugen sollten, ist
nichts dafür ersicht-lich, ob und in welchem Umfang diese Entwicklung bei der Kaufentscheidung für ein als [X.] Spezialität verkauftes Produkt relevant wird. Jedenfalls ersetzt die
Revision mit diesen Erwägungen
die tatrichterliche Bewertung in revisionsrechtlich unzulässiger Weise durch ihre eigene Sichtweise, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

3.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die [X.] seien in Befol-gung der einstweiligen Verfügung
zurückgerufen worden, so dass die dadurch entstandenen Kosten der [X.]n als [X.] im Sinne von §
945 ZPO zu ersetzen seien,
hält der rechtlichen Nachprüfung
ebenfalls
stand. An einem [X.] fehlt es
nicht deshalb, weil aufgrund des [X.] Unterlassungsgebots Angebot und Vertrieb in [X.] hergestellter
Brote nicht verboten waren.

27
28
-
14
-
a) Nach §
945 ZPO ist die Partei, welche die Anordnung einer ungerecht-fertigten einstweiligen Verfügung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel entsteht. Der Schadensersatzanspruch umfasst grundsätzlich den durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung adäquat kausal verursachten
unmittel-baren
und mittelbaren
Schaden
(vgl. [X.]Z 168, 352 Rn.
19; [X.], Urteil vom 10.
Juli 2014
I
ZR
249/12, [X.] 2015, 196 Rn.
34 = [X.], 209 -
Nero).
Ein
solcher
[X.] setzt voraus, dass der
Antragsgegner von einer Handlung
Abstand nimmt,
die
durch den gerichtlichen Titel untersagt war
(vgl.
[X.],
Urteil vom 28.
November 1980
I
ZR
182/78, [X.] 1981, 295, 296 = WRP 1981, 269 -
Fotoartikel
I; Urteil vom 28.
November 1991
I
ZR
297/89, [X.] 1992, 203, 206 -
Roter mit [X.]). Daran
fehlt es, wenn das
den Schaden
verursachende
Verhalten bei objektiver Auslegung des [X.] nicht untersagt
war (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Mai 1970 -
VI
ZR
199/68, juris Rn.
40 [insoweit nicht in [X.]Z 54, 76 abgedruckt]; [X.] Hamm, [X.] 1989, 296, 296
f.; [X.]/[X.], Die einstweilige Verfügung in [X.], 3. Aufl.
Rn.
739; Retzer
in Harte/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
12 Rn.
700; [X.].[X.]/Schlingloff, 2.
Aufl.,
§
12 Rn.
568; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 6.
Aufl., §
12 Rn.
208; [X.] in [X.]/[X.]
aaO
§
12 Rn.
3.83; [X.], Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap.
36 Rn. 26; [X.].ZPO/[X.], 4.
Aufl., §
945 Rn.
22; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4.
Aufl.,
§
945 Rn.
22).

b) [X.] hat
zu Recht angenommen, dass der [X.]n durch die einstweilige Verfügung der Vertrieb der Brote verboten war, die durch die der Antragsschrift beigefügte Produktabbildung konkret
bezeichnet worden waren.
Das ergibt die gebotene objektive Auslegung des Vollstreckungstitels.

aa) Nach dem Wortlaut
der antragsgemäß erlassenen Beschlussverfü-gung war der [X.]n Bewerbung, Angebot und Verkauf der konkret bezeich-29
30
31
-
15
-
neten [X.]
allerdings nicht schlechthin, sondern
nur verboten, "solan-ge dieses Produkt nicht tatsächlich in [X.] hergestellt worden ist."
Durch die-sen Zusatz waren die von der [X.]n zurückgerufenen Brote nicht vom Ver-bot ausgenommen.

bb) Enthält ein Vollstreckungstitel bei isolierter Betrachtung seines Wort-lauts Unklarheiten, muss er ausgelegt werden
(vgl. [X.] aaO Kap.
57 Rn.
5 ff.).

Der Verbotstenor
im Streitfall
ist auslegungsbedürftig.
Wäre der "Solan-ge"-Zusatz -
wie der Wortlaut
für sich allein
nahelegt -
im Sinne einer konditio-nalen Verknüpfung ("nur wenn") oder zeitlich ("bis") zu verstehen, hätte
er
Un-gewissheit über den Herstellungsort der Brote ausgedrückt und wäre unzuläs-sig. Er ließe offen, ob überhaupt eine die Verfügung rechtfertigende Erstbege-hungs-
oder Wiederholungsgefahr für die beschriebene Verletzungshandlung bestünde und ob der Beschluss ein aktuell eingreifendes Verbot ausspräche.
Führt ein allein am Wortlaut orientiertes Verständnis des Vollstreckungstitels
in dieser Weise
zu keinem sinnvollen Inhalt des Verbotstenors, besteht eine Un-klarheit über seine
Bedeutung, die durch Auslegung zu beseitigen ist, soweit dabei ein im
Hinblick auf die vollstreckungsrechtlich
unverzichtbare
Bestimmt-heit des Titels (vgl. [X.] in [X.]/Walker, Vollstreckung und Vorläu-figer Rechtsschutz, 5. Aufl., vor §§ 704 bis 707
Rn. 12; Wolf in [X.], Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 2006,
Rn.
3.6, 3.23, 7.114)
klares und eindeutiges Ergebnis erzielt werden kann.

cc) Nach
der gebotenen
Auslegung stellt der "[X.] lediglich ein für den Verbotsumfang bedeutungsloses [X.] dar. Er drückt allein die Selbstverständlichkeit aus, dass das Verbot nicht mehr gelten
soll, wenn die Brote künftig tatsächlich in [X.] hergestellt würden;
die bei Er-lass des Verbots in den Märkten der [X.]n angebotenen Brote
sollen aber
32
33
34
-
16
-
auf jeden Fall unter das Verbot fallen. Das folgt aus
einer objektiven Auslegung des Verbotstenors anhand der Antragsschrift und der ihr beigefügten Anlagen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Mai 2010 -
I [X.], [X.] 2010, 1035 Rn. 17 ff. = [X.], 1035 -
Folienrollos; [X.] in [X.]/Walker aaO
§ 890
Rn. 12). Aus der Antragsschrift und der ihr beigefügten Produktabbildung ergibt sich eindeutig, dass die Klägerin jedenfalls den Vertrieb der dadurch konkret bezeichneten Brote verbieten wollte. Die Klägerin hatte als sicher dargestellt, dass die Brote in [X.] hergestellt wurden. Davon ist ersichtlich auch das [X.] bei Erlass der Verfügung ausgegangen. Hätte es insoweit Zweifel gehabt, hätte es die Verfügung nicht erlassen dürfen.

Unter
diesen
Umständen konnte die [X.] den "[X.] ob-jektiv nicht im Sinne einer konditionalen Verknüpfung ("nur wenn") oder zeitlich ("bis") verstehen. Vielmehr musste die [X.], wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, das gerichtliche Verbot dahingehend verstehen, dass es sich auf die in den "P.

"-Märkten angebotenen Brote bezog
und erst
dann nicht mehr gelten sollte, wenn die Herstellung künftig nach [X.] verlegt werden sollte. Damit erweist sich
der "Solange-Zusatz"
für die
Beschreibung des durch die konkrete Verletzungsform bestimmten [X.] als un-schädliche und verzichtbare Überbestimmung (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Februar 2011
I
ZR
183/09, [X.] 2011, 340 Rn.
21 = [X.], 459 -
Irische Butter; Urteil vom 17.
März 2011 -
I
ZR
81/09, [X.] 2011, 1151 Rn.
13 = [X.], 1587 -
Original Kanchipur).

dd) Damit bestand nach Zustellung der Verfügung für die [X.] der notwendige
Vollstreckungsdruck zur Beachtung des gerichtlichen Verbots, der die innere Rechtfertigung für eine
verschuldensunabhängige Haftung der Kläge-rin
nach § 945 ZPO
darstellt, wenn sich die einstweilige Verfügung als von [X.] an ungerechtfertigt erweist (vgl. [X.], Urteil vom 2.
November 1995

IX
ZR
141/94, [X.]Z 131, 141, 144; [X.]Z 168, 352 Rn.
15). Die Haftung der
35
36
-
17
-
Klägerin
ist danach für
alle
Schäden gerechtfertigt, die aus der Befolgung des
gerichtlichen Verbots resultieren (vgl. [X.], [X.] 2015, 196 Rn.
17
Nero).
Die Vorschrift des §
945 ZPO beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass die Vollstreckung aus einem noch nicht endgültigen Vollstreckungstitel auf Gefahr des Antragstellers
erfolgt
(vgl. [X.]Z 54, 76, 80
f.; [X.], Urteil vom 19.
September 1985
III
ZR
71/83, [X.]Z 96, 1, 3).

II. Die Revision wendet sich erfolglos dagegen, dass das [X.] ein Mitverschulden der [X.]n verneint hat.

1. Ein mitwirkendes Verschulden des Antragsgegners (§
254 BGB) ist im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus §
945 ZPO zu berücksichtigen (vgl. [X.], Urteil vom 23.
März 2006 -
IX
ZR
134/04, [X.], 2557 Rn.
23; [X.]Z 168, 352 Rn.
30). Eine Minderung oder ein Ausschluss des Schadenser-satzanspruchs
kommt
in Betracht, wenn ein schuldhaftes Verhalten des [X.] dem Antragsteller Anlass zur Beantragung und Zustellung der einstweiligen Verfügung gegeben hat (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Oktober 1973

VI
ZR
142/71, [X.], 1357, 1358; Urteil vom 20.
November 1992

V
ZR
279/91, [X.]Z 120, 261, 270; [X.]Z 168, 352 Rn.
31; [X.], [X.], 2557 Rn.
25; differenzierend Walker in [X.]/Walker
aaO
§
945 ZPO Rn.
26a; enger [X.]
aaO
Kap.
36 Rn.
39) oder wenn der Antragsgegner nach Zustellung der einstweiligen Verfügung gegen seine Obliegenheit zur Ab-wendung oder Minderung des Schadens verstoßen hat (vgl. [X.]Z 120, 261, 270).

2. [X.] hat nicht geprüft, ob das Verhalten der [X.] vor Zustellung der einstweiligen Verfügung ein Mitverschulden nach §
254 Abs.
1 BGB begründet. Indes bedarf es zur Prüfung dieses Gesichtspunkts [X.] Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Entgegen der An-37
38
39
-
18
-
sicht der Revision kommt ein solches Mitverschulden nach dem
vom
[X.]
festgestellten
Sachverhalt nicht
in Betracht.

a) Es begründet kein Mitverschulden der [X.]n, dass sich die Kläge-rin zum Antrag
auf
einstweilige Verfügung veranlasst gesehen hat, weil die in [X.] ansässige [X.]
auf dem Etikett des Brots als Herstellerin ausgewiesen war.

Die Herstellerangabe stand mit den lebensmittelrechtlichen Kennzeich-nungsvorschriften in Einklang. Sie diente nicht der Unterrichtung des Verbrau-chers über den Ort der Fertigung der Ware, sondern als Information über das die Produktherstellung verantwortende Unternehmen. Die Klägerin konnte [X.] nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die auf dem Produktetikett ausgewiesene Herstellerin das Brot selbst gefertigt hatte. Sie musste in Erwä-gung ziehen, dass die [X.] die Erzeugnisse nach ihren Vorgaben durch ein anderes Unternehmen
an einem anderen Ort
produ-zieren ließ. Die Beantragung der einstweiligen Verfügung ohne zureichende Aufklärung des Sachverhalts fiel in den Risiko-
und Verantwortungsbereich der Klägerin
und nicht der [X.]n. Soweit die Revision vorbringt, der von der Klägerin überprüfte Internetauftritt der Panificio Italiano
Veritas GmbH habe auf eine Eigenproduktion hingedeutet, kann eine
dadurch
möglicherweise
verur-sachte
Irreführung
nicht der [X.]n zugerechnet werden.
Zudem folgt aus einer Eigenproduktion nicht zwingend, dass diese nicht in einer Produktionsstät-te in [X.] erfolgt.

b) Die Revision macht geltend, die [X.] habe bei vernünftiger und wirtschaftlicher Vorgehensweise nach Zugang der Abmahnung unverzüglich bei der [X.] Erkundigungen
über den Herstellungsort der
in den "P.

"-Märkten angebotenen
[X.] einholen müssen.
Sie
hätte dann
vor Zustellung der einstweiligen Verfügung verlässliche Informatio-40
41
42
-
19
-
nen über den Produktionsort in [X.] erhalten und den Rückruf der Produkte vermeiden können. Dieser Vortrag
ist
ebenfalls
nicht geeignet, ein Mitverschul-den der [X.]n nach §
254 Abs.
1 BGB zu begründen.

aa) Wer zu Unrecht abgemahnt
wird,
ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Abmahnenden vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens über den wirk-lichen Sachverhalt aufzuklären (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Dezember 1994

I
ZR
139/92, [X.] 1995, 167, 169 = [X.], 300 -
Kosten bei unbegrün-deter Abmahnung).

Ein schuldhaftes Unterlassen
im Sinne von §
254 BGB setzt allerdings nicht die Verletzung einer besonderen Rechtspflicht voraus, sondern
es
umfasst jeden Verstoß gegen Treu und Glauben, mithin ein Unterlassen derjenigen Maßnahmen, die ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Mensch nach Lage der Sache ergreifen würde, um Schaden von sich abzuwenden (vgl. [X.]Z 120, 261, 271; [X.], Urteil vom 17.
Juni 2014 -
VI
ZR
281/13, NJW 2014, 2493 Rn.
8
f.). Dabei ist jedoch die §
945 ZPO zugrunde liegende Inte-ressenbewertung zu beachten, die darin besteht, dass die Vollstreckung aus einem noch nicht endgültigen Titel
grundsätzlich
im Risikobereich des [X.] liegt (vgl. [X.], Urteil vom 22.
März 1990
IX
ZR
23/89, NJW 1990, 2689, 2690; [X.]Z 120, 261, 271).

bb)
Nach diesen Maßstäben war die [X.] nicht
gehalten,
im wohl-verstandenen eigenen Interesse
den
in der Abmahnung mitgeteilten Sachver-halt
zeitnah zu überprüfen, um die Klägerin über die Herstellung der Brote in [X.]
aufzuklären und
von der Zustellung der einstweiligen Verfügung [X.] oder um im Wissen um die fehlende
Berechtigung
des gerichtlichen Verbots vom Rückruf der Waren abzusehen.

43
44
45
-
20
-
(1) Einer solchen Obliegenheit steht der Grundsatz entgegen, dass sich derjenige, der einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend machen will, selbst die für einen prozessualen Erfolg erforderliche Kenntnis der tatsächlichen Umstände verschaffen muss, aus denen er seinen Anspruch [X.] kann (vgl. [X.], [X.] 1995, 167, 169 -
Kosten bei unbegründeter Ab-mahnung). Dies entspricht der von §
945 ZPO bezweckten Risikoverteilung, dass der Antragsteller, der eine einstweilige Verfügung vor der endgültigen Feststellung ihrer Berechtigung vollzieht, die Gefahr der sachlich-rechtlichen Unbegründetheit seines [X.] wegen Unrichtigkeit der zu-grunde gelegten tatsächlichen Umstände trägt (vgl. [X.]Z 54, 76, 81; [X.], NJW 1990, 2689, 2690). Den Antragsgegner trifft daher grundsätzlich kein [X.], wenn der Antragsteller das beanstandete Verhalten
vor der objek-tiven Klärung der Sach-
und Rechtslage nicht hinnimmt und durch die Vollzie-hung einer einstweiligen Verfügung unterbindet (vgl. für eine unklare Rechtsla-ge [X.]Z 168, 352 Rn.
31). Ebenso
kann es dem Antragsgegner grundsätzlich
nicht als Mitverschulden angelastet werden, nach Zugang einer Abmahnung dem Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht durch zeitnahes Vorbringen [X.] Einwände entgegengewirkt zu haben (vgl.
für die unterbliebene Einreichung einer Schutzschrift [X.]/[X.] aaO §
12 Rn.
705).

(2) Allerdings kommt ein Mitverschulden in Betracht, wenn der Antrags-gegner eine sich aufdrängende Verteidigungsmöglichkeit unterlässt (vgl. Prüt-ting/[X.] aaO §
945 Rn.
9) oder liquide Beweismittel zurückhält, aus denen sich das Fehlen des [X.]s ergibt (vgl. [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
945 Rn.
9).
Auch daraus ergibt sich kein Mitverschulden der [X.]n.

Die [X.] verfügte hinsichtlich des Herstellungsorts der [X.] über
keine eigenen
Erkenntnisse, die sie zur umgehenden Klärung
des Sach-verhalts in die Lage versetzt hätten.
Nach den Feststellungen des Berufungsge-46
47
48
-
21
-
richts war ihr bei Zustellung der einstweiligen Verfügung noch nicht bekannt, dass die in den "P.

"-Märkten angebotenen [X.] in [X.] herge-
stellt worden waren. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die [X.]
deutlich
leichter als die Klägerin hätte überprüfen können, ob die [X.] Produkte in [X.] oder in [X.] gefertigt worden waren. Eine
Anfrage bei der
als Herstellerin angegebenen
[X.] war der Klägerin ebenso
wie der [X.]n
möglich. Es kann der [X.]n ferner
nicht angelastet
werden, dass die
Klägerin
davon abgesehen hat, weitere Informationen einzuholen, weil sie sich durch den Internetauftritt der Herstellerin in
der Annahme bestätigt gesehen haben mag, das in [X.] ansässige Unternehmen produziere die Brote selbst
(vgl. oben
Rn. 41).

(3) Eine für ein Mitverschulden relevante Obliegenheit der [X.]n, den Produktionsort der
in den "P.

"-Märkten angebotenen [X.]
zu
kennen, folgt auch nicht aus anderen gesetzlichen Wertungen.

Sie ergibt sich entgegen der
Ansicht der Revision nicht daraus, dass die [X.] im Fall der fahrlässigen irreführenden Angabe über die Herkunft des Produkts eine Ordnungswidrigkeit nach §
11 Abs.
1 Satz
1, §
59 Abs.
1 Nr.
7, §
60 Abs.
1 LFGB (jeweils in der bis zum 3.
Juli 2009 gültigen Fassung) began-gen hätte. Die Verpackung und Kennzeichnung des Erzeugnisses
war, wie [X.] Rn. 16 bis 27 ausgeführt, nicht
irreführend.

Eine Obliegenheit der [X.]n zur zeitnahen Aufklärung des Herstel-lungsorts der
Brote
ergibt sich
auch nicht aus Art.
18 Abs.
2 Unterabsatz
1 der Verordnung ([X.]) Nr.
178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der [X.] und zur Festlegung von Verfahren zur Le-bensmittelsicherheit ([X.]). Danach muss der Lebensmittel-unternehmer in der Lage sein, jede Person festzustellen, von der er ein Le-49
50
51
-
22
-
bensmittel erhalten hat. Diese
Verpflichtung beschränkt sich darauf, den
direk-ten Lieferanten zu ermitteln (vgl. Leitlinien für die Anwendung der Artikel
11, 12, 16, 17, 18, 19 und 20 der Verordnung ([X.]) Nr.
178/2002 über das allgemeine Lebensmittelrecht, Ziffer
II
2; [X.] in [X.]/[X.], [X.] · [X.]
· HCVO, 2.
Aufl., Art.
18 [X.] Rn.
21; [X.] in Zipfel/[X.]
aaO C
101,
Art.
18 [X.]-Lebensmittel-Basisverordnung, Rn.
7
f.
[Stand: November 2012]). Diese Pflicht hat die [X.] erfüllt, weil auf der Verpackung des Brots ihre Lieferan-tin, die [X.], als Herstellerin angegeben war.

3. In dem Verhalten der [X.]n nach Zustellung der einstweiligen [X.] hat das Berufungsgericht kein Mitverschulden
der [X.]n
gemäß §
254 Abs.
2 BGB
erkannt. Da die
[X.]
die einstweilige Verfügung umge-hend habe befolgen müssen, sei sie nicht gehalten gewesen, sich vor dem Rückruf der Brote bei der [X.] nach dem Herstel-lungsort der Produkte zu erkundigen. Angesichts des [X.] eine in der Kürze der [X.] allenfalls telefonisch einzuholende Auskunft der Lieferantin die [X.] nicht zum Abbruch der Rückrufaktion veranlassen müssen. Ohne eine schriftliche und an Eides Statt versicherte Information habe sie die Herstellung der Brote in [X.] nicht hinreichend sicher belegen können. Gegen diese Beurteilung erhebt die Revision keine [X.]. Sie lässt auch kei-nen Rechtsfehler erkennen.

Es kommt hinzu, dass
im Streitfall
weitere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, die Klägerin nicht durch Annahme eines Mitverschuldens der [X.]n zu entlasten. Die Klägerin hat sofort das Verfügungsverfahren gegen die [X.] als Handelsunternehmen beantragt, anstatt
zunächst den auf dem Produkt angegebenen Hersteller abzumahnen. Ihr musste klar sein, dass die-ses Vorgehen zu einem sofortigen Vertriebsstopp für das beanstandete Brot in den Märkten der [X.]n mit entsprechenden Kosten führen musste. Die Fallkonstellation entsprach damit derjenigen einer unberechtigten Abnehmer-52
53
-
23
-
verwarnung, die für den Hersteller der beanstandeten Produkte
und
für den ab-gemahnten Händler mit einem erheblichen Schädigungspotential verbunden ist
(vgl. [X.], Urteil vom 15. Januar 2009 -
I [X.], [X.] 2009, 878 Rn. 17 = [X.], 1082 -
Fräsautomat). Damit korrespondieren
für denjenigen, der eine einstweilige Verfügung gegen ein bundesweit tätiges Handelsunternehmen vollzieht,
besondere Risiken.

Die
Klägerin
hat die einstweilige Verfügung auch umgehend der [X.] zugestellt und damit erheblichen
Vollstreckungsdruck
ausgeübt, anstatt [X.] eine Ablichtung der Verfügung mit dem Hinweis zu übermitteln, binnen bestimmter Frist zuzustellen (vgl. [X.], [X.] 2015, 196 Rn.
19 f.

Nero).
Die Klägerin ist damit
weitere
Risiken eingegangen, die zu einer entsprechenden Haftung führen.

III. Allerdings ist die Revision der Klägerin
in geringem Umfang
im [X.] auf die der [X.]n zugesprochenen Verzugszinsen begründet.

Die [X.] kann
für die [X.] vom 1.
September 2009 bis zum 23.
No-vember 2009 Verzugszinsen nach §
286 Abs.
1 Satz
1, §
288 Abs.
1 BGB ledig-lich aus
einem Betrag von 71.768,70

Schreiben vom 21.
August 2009 mit Zahlungsfrist bis zum 31. August 2009 [X.] in dieser Höhe zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Zinsen aus der eingeklagten höheren Summe kann sie gemäß §
286 Abs.
1 Satz
2, §
288 Abs.
1, §
291 BGB erst verlangen, nachdem der Klägerin am 23.
November 2009 die [X.] zugestellt worden ist.

54
55
56
-
24
-
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97
Abs.
1, §
92 Abs.
2 Nr.
1
ZPO.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Schwonke
Feddersen
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am [X.], Entscheidung vom 14.01.2011 -
2-6 O 428/09 -

[X.] Frankfurt am [X.], Entscheidung vom 08.11.2012 -
6 U 27/11 -

57

Meta

I ZR 250/12

30.07.2015

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.07.2015, Az. I ZR 250/12 (REWIS RS 2015, 7288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7288

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Markenzeichenschutz: Markenmäßige Verwendung einer dem Verkehr nicht als Kennzeichen bekannten geometrischen Grundform – Sierpinski-Dreieck


Referenzen
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I ZR 250/12

I ZR 230/12

I ZR 177/07

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