Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2016, Az. I ZR 191/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 2599

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:101116U[X.]191.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM
NAMEN
[X.]S
VOLKES
URTEIL
I [X.]
Verkündet am:
10. November 2016
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Sierpinski-Dreieck
[X.] § 14 Abs. 2 Nr. 2
Der Verkehr fasst die Aneinanderreihung einer geometrischen Grundform, die dem Verkehr nicht als Kennzeichen bekannt ist und die sich nach Art eines Stoffmusters über das gesamte Bekleidungsstück erstreckt, regelmäßig nur als dekoratives [X.] und nicht als Produktkennzeichen auf (Fortführung von [X.], Urteil vom 14. Januar 2010 -
I [X.], [X.], 838 Rn. 20 = [X.], 1043
[X.]; Urteil vom 14. Januar 2010 -
I [X.] Rn. 20, juris).
[X.], Urteil vom 10. November 2016 -
I [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
[X.]:[X.]:[X.]:2016:101116U[X.]191.15.0
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 10.
November
2016 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Löffler, die Richterin Dr.
Schwonke und
den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 8. September 2015 auf-gehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Revision, an das Berufungsgericht zurück-verwiesen
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte stellt [X.] wie Skier und Sportbekleidung her und vertreibt diese. Sie tritt im geschäftlichen Verkehr unter einem Zeichen auf, das aus einem gleichseitigen
Dreieck, das in drei schwarze Dreiecke und ein farbloses Dreieck unterteilt ist
(sog. Sierpinski-Dreieck),
und dem darunter an-gegebenen Firmenschlagwort "F.

"
besteht:

1
-
3
-
Die Beklagte ist Inhaberin folgender Marken, die ebenfalls die Grundform des Sierpinksi-Dreiecks aufweisen:
-
deutsche Bildmarke Nr. [X.] 30 2013 060 953, angemeldet
am 22. November 2013 und eingetragen am 18. Dezember 2013 für Bekleidung (Klasse 25):

-
deutsche Bildmarke Nr. [X.] 30 2012 034 309, angemeldet am 11. Juni 2012 und eingetragen am 27. Juli 2012 für Bekleidung (Klasse 25):

Die F.

B.

GmbH, eine Schwestergesellschaft
der [X.], ist Inhaberin folgender, die gleiche Dreiecksform aufweisender
Marken:
-
[X.] Nr. 387657, angemeldet am 23. März 1972 und veröffentlicht am 1. Juli 1972
für Sportbekleidung (Klasse 25), deren Schutz auf [X.] erstreckt worden ist:

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-
4
-
-
[X.] Nr. 423925, angemeldet am 24. Mai 1976 und veröffentlicht am 1. Oktober 1976 für Taschen (Klassen 18, 22 und 28), deren Schutz auf [X.] erstreckt worden ist:

-
Unionsbildmarke Nr. 0111 25119, angemeldet am 17. August 2012 und ein-getragen am 30. Januar 2013 für Bekleidungsstücke (Klasse 25):

Die F.

B.

GmbH hat der [X.] das Recht
eingeräumt, alle Ansprüche aus ihren Marken gegenüber [X.] im eigenen Namen geltend zu machen.
Die Klägerin handelt vorwiegend im west-
und süddeutschen Raum mit Bekleidung. Sie bot im Winter 2012/2013 [X.]uzenpullover
mit einem Dreiecks-muster wie in den nachfolgenden
[X.] abgebildet in verschie-denen Farben an.
Die Beklagte sieht in dieser [X.] eine Verletzung der vorstehend
genannten Marken. Sie hat nach vorgerichtlicher Abmahnung eine einstweilige Unterlassungsverfügung des [X.] erwirkt, die [X.] vollstreckt, auf die Berufung der Klägerin durch das [X.] jedoch mit der Begründung wieder aufgehoben worden ist, es fehle an einer markenmäßi-gen Benutzung
([X.], [X.] 2014, 148 = [X.], 204)
. Daraufhin hat die Klägerin die vorliegende
Klage erhoben und beantragt,
4
5
6
-
5
-
festzustellen, dass die Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch hat, wo-nach letztere es zu unterlassen hat, im geschäftlichen Verkehr in der Bundes-republik [X.] ohne Zustimmung der Fa. F.

S.

GmbH das Bild-
zeichen "Dreieck"
im Zusammenhang mit Bekleidungsstücken, insbesondere Herrenpullovern, zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, insbesondere unter dem vorstehend bezeichneten Zeichen die vorstehend
genannten Waren [X.] und/oder anbieten zu lassen und/oder in der Werbung zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend dargestellt:

und/oder

-
6
-
und/oder

Die Klägerin hat weiter beantragt, festzustellen, dass die
von der [X.] geltend gemachten Auskunfts-, Rückruf-, Vernichtungs-
und Schadenser-satzansprüche nicht bestehen. Die Klägerin hat schließlich die Verurteilung der [X.] zur Zahlung von Schadensersatz nach § 945 ZPO in Höhe von 35.580,56

Die Beklagte hat widerklagend beantragt,
die Klägerin unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurtei-len, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik [X.] ohne Zu-stimmung der Firma F.

S.

GmbH das Bildzeichen "Dreieck"
im Zu-
sammenhang mit Bekleidungsstücken, insbesondere Herrenpullovern, zu be-nutzen und/oder benutzen zu lassen, insbesondere unter dem vorstehend be-zeichneten Zeichen die vorstehend genannten
Waren anzubieten und/oder an-bieten zu lassen und/oder das vorstehend bezeichnete Zeichen in Geschäfts-papieren und/oder in der Werbung zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, wenn dies geschieht wie nachfolgend dargestellt:
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-

und/oder

Die Beklagte hat mit der Widerklage ferner Auskunft, Vernichtung, [X.], Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie Abmahnkosten in Höhe von 2.397,50

ebst Zinsen begehrt.
Nach Erhebung der Widerklage hat die Klägerin die Klage mit Ausnahme ihres Schadensersatzbegehrens für erledigt erklärt.
Die Beklagte
hat sich dem nicht angeschlossen.
Die Beklagte hat die Widerklage im Wege eventueller Klagehäufung auf die Klagemarken in der Reihenfolge ihrer Aufzählung, ferner -
an sechster Stel-le -
auf ihr Unternehmenskennzeichen
gestützt.
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-

Das [X.] hat
die Erledigung der Klageanträge im begehrten Um-fang
festgestellt und die Beklagte zum Ersatz des Vollstreckungsschadens in verurteilt. Die weitergehende Zahlungsklage und die Wi-derklage hat das [X.] abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Klägerin nach den [X.] verurteilt. Mit ihrer
vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte [X.],
begehrt
die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat die Widerklage als zulässig und begründet angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Die Beklagte habe die Widerklage
in der Berufungsinstanz vorrangig auf die [X.] Nr.
387
657 gestützt. Zur prozessualen Geltendmachung der Markenrechte ihrer Schwestergesellschaft sei die Beklagte aufgrund gewillkür-ter Prozessstandschaft ermächtigt. Die beanstandete [X.] er-folge [X.], weil der Verkehr wegen
der Kennzeichnungspraxis bei hochwertigen Modewaren eine Wiederholung eines Zeichens in ständig gleicher Abfolge als herkunftshinweisend ansehe. An diese Kennzeichnungspraxis [X.] der Verkehr durch die beanstandete [X.] erinnert. Es beste-he bei hochgradiger Waren-
und Zeichenähnlichkeit Verwechslungsgefahr. Da der [X.] die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche zustünden, seien die mit der Klage
verfolgten gegenläufigen Feststellungsanträge von [X.] an unbegründet gewesen und abzuweisen. [X.] stehe der Klägerin nicht zu, da sie ohnehin materiell-rechtlich zur Unterlassung verpflichtet gewesen sei.
12
13
14
-
9
-
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Das [X.] hat die Widerklage rechtsfehlerhaft
für begründet erachtet (nach-folgend
I) und zu Unrecht die Klage abgewiesen
(nachfolgend II).
I. Die Revision wendet
sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsge-richt die mit der Widerklage geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche zuerkannt hat.
1. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen nicht seine Annah-me, der [X.] stünde aufgrund der [X.] 387
657 gemäß §
14 Abs.
2 Nr.
2 und Abs.
5 [X.] der geltend gemachte Unterlassungsan-spruch zu.
a) Vergeblich beanstandet die Revision allerdings, dass das Berufungs-gericht der Berufungsbegründung der [X.] eine Änderung der im Wege der eventuellen Klagehäufung geltend gemachten Reihenfolge der Widerkla-gemarken entnommen hat. Zwar trifft es zu, dass in der Änderung der [X.], in der die [X.] im Wege der eventuellen Klagehäufung [X.] werden,
eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO liegt, weil jede [X.] als
eigenständiger Streitgegenstand anzusehen ist (vgl. [X.], [X.] vom 24. März 2011 -
I [X.], [X.]Z 189, 56 Rn. 9 -
TÜV I; Urteil vom 28. April 2016 -
I [X.], [X.], 810 Rn. 15 = [X.], 1252
-
profitbricks.es). Die Zulassung der Klageänderung durch das Berufungsgericht unterliegt anders als deren Versagung (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Juli 2012
-
VIII ZR 109/11, [X.], 2662 Rn. 18) jedoch nicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung. Der
mit der Vorschrift des § 533 Nr. 1 ZPO verfolgte Zweck, die Befassung des Berufungsgerichts mit neuen Streitgegenständen einzuschrän-ken, kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Berufungsgericht selbst die Klageänderung als zulässig angesehen und den neuen Streitgegenstand sach-lich geprüft hat (vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 2007 -
VII ZR 27/06, NJW-RR 15
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-
2008, 262 Rn. 9; Urteil vom 17. Oktober 2012 -
XII [X.], [X.], 3722 Rn. 11).
b) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der
von der [X.] geltend gemachte markenrechtliche
Unterlassungsanspruch
nicht zuerkannt werden.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die Verwen-dung des beanstandeten Musters auf den von der Klägerin vertriebenen Pul-lovern als
[X.] angesehen.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, das
Dreieckszeichen
werde auf den von der Klägerin angebotenen Kleidungsstücken als Marke verstanden. Ein Zeichen, das dem Verkehr als Produktkennzeichen für Bekleidungsstücke bekannt sei, werde er ebenfalls als Herkunftshinweis auffassen, wenn es auf der Außenseite der Kleidung angebracht sei. Ob vorliegend das Muster, das aus in versetzten Reihen angeordneten Dreiecken bestehe, schon deswegen als Herkunftshinweis angesehen werde, weil dem Verkehr das Dreieck als Pro-duktkennzeichen für Bekleidungsstücke bekannt sei, könne dahinstehen. Die Bekanntheit eines Zeichens sei nur ein Indiz für ein [X.]es Verständ-nis von Bildelementen. Sei ein Bildzeichen erheblichen Teilen des Verkehrs als Zeichen eines bestimmten Herstellers geläufig, werde es im Rahmen eines
Musters mit diesem Zeichen wiedererkannt und als Herkunftshinweis verstan-den. Auch ein Muster aus einem dem Verkehr vollständig unbekannten Zeichen könne [X.] verstanden werden, wenn dem Verkehr das Muster
auf-grund einer gängigen Branchenübung als Herkunftshinweis erscheine. Auf eine Positionierung allein im linken Brustbereich von Bekleidungsstücken sei eine herkunftshinweisende Wahrnehmung bei Pullovern nicht beschränkt. Generell sei bei hochwertigen Mode-, Leder-
und Schmuckwaren -
etwa der Firmen [X.], [X.], [X.] und [X.] -
in beachtlichem Maße ein deko-rativer und gleichermaßen kennzeichnender Gebrauch
von Mustern
zu [X.]. Diese [X.] wirkten über den Bereich der 19
20
-
11
-
hochwertigen Modeerzeugnisse und der konkreten Branche hinaus. Der [X.] sei daran gewöhnt, dass sich die übrigen Anbieter oftmals am Luxusseg-ment orientierten, um vom Prestigewert dieser Waren zu profitieren. Der [X.] sei auch daran gewöhnt, dass [X.] von einem Bereich der
Mode -
etwa Taschen -
in einen anderen -
etwa Bekleidung -
über-tragen würden.
An diese
Kennzeichnungspraxis fühle sich der Verkehr bei dem Muster des Pullovers
der Klägerin erinnert.
Es handele sich um kein natürli-ches, typisches Muster, welches ein eher ornamentales Verständnis nahelege. Von daher sei der Verkehr geneigt, in der ständig gleichen Abfolge des immer gleichen einprägsamen Symbols schon allein aufgrund des Aufbaus des
Mus-ters einen Herkunftshinweis zu sehen, selbst wenn er nicht wisse, welches
Un-ternehmen sich hinter diesem Symbol verberge.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu [X.] Anforderungen an eine [X.]e Verwendung geometrischer Figu-ren auf einem Kleidungsstück gestellt. Zudem widerspricht seine Beurteilung der Lebenserfahrung.
bb) Eine [X.]e Benutzung oder -
was dem entspricht -
eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass die beanstandeten Bezeichnungen im Rahmen des Produkt-
oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unter-scheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dienen. Die Rechte aus der Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.], dessen Anwendung eine Verwechslungsgefahr voraussetzt, sind auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen [X.] die Hauptfunktion der Marke, das heißt die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte ([X.], Urteil vom 12. Juni 2008 -
C-533/06, [X.]. 2008, [X.] = [X.], 698 Rn. 57 -
O2/Hutchison; Urteil vom 18. Juni 2009
-
C-487/07, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 756 Rn. 59 -
L'Oréal/Bellure; [X.], Urteil vom 11. April 2013 -
I [X.], [X.], 1239 Rn. 20 = WRP
2013, 21
-
12
-
1601 -
VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion;
Urteil vom 23.
September 2015
-
I [X.], [X.], 1201 Rn. 68 = [X.], 1487 -
Sparkassen-Rot/[X.]; Urteil vom 21.
Oktober 2015

I
ZR 23/14, [X.], 197 Rn. 27 = [X.], 199 -
Bounty; Urteil
vom 28. April 2016 -
I [X.], [X.], 1301
Rn. 34 = [X.], 1510
-
Kinderstube).
Bei der Beurteilung ist auf die [X.] in dem maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. [X.], Urteil vom 22. Juli 2004

I
ZR 204/01, [X.], 865, 866 = [X.], 1281 -
Mustang), in dem der Verkehr in unterschiedlicher Größe angebrachte Aufdrucke markenrechtlich geschützter Zeichen auf
Bekleidungsstücken vorfindet. Die Antwort auf die [X.], ob der Verkehr ein auf einem Bekleidungsstück
angebrachtes Motiv als produktbezogenen Hinweis auf die Herkunft oder als bloßes dekoratives [X.] auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Motivs variieren. [X.] als bei eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken (hierzu [X.], Beschluss
vom
24.
April 2008 -
I
ZB 21/06, [X.], 1093 Rn.
22 = [X.], 1428 -
Marlene-Dietrich-Bildnis I) geht der Verkehr bei Bildern, Motiven, Symbolen und Wörtern, die auf der Vorderseite von Beklei-dungsstücken
angebracht sind,
nicht generell davon aus, es handele sich um einen Herkunftshinweis. Ob dies der Fall ist, bedarf vielmehr einer Beurteilung im jeweiligen Einzelfall
([X.], Urteil vom 14. Januar 2010 -
I [X.], [X.], 838 Rn. 20 = [X.], 1043 -
[X.]; Urteil vom 14. Januar 2010

I [X.] Rn. 20, juris).
Die Beurteilung, ob der Verkehr eine Bezeichnung als Herkunftshinweis versteht, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter. Im Revisionsverfahren ist [X.] nur zu prüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff zutreffend erfasst und ohne Widerspruch zu Denkgesetzen und [X.] geurteilt hat und ob das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird (st. Rspr.; vgl. nur [X.], [X.], 1239 Rn.
21 -
VOLKSWAGEN/22
23
-
13
-
Volks.Inspektion; [X.], 197 Rn. 28 -
Bounty; [X.], 1301 Rn. 36

Kinderstube).
cc) Danach hält die Beurteilung des Berufungsgerichts der revisions-rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

(1) Die
Annahme des Berufungsgerichts, der Verkehr werde aufgrund bestimmter [X.] im Segment für hochwertige Mode, Leder-
und Schmuckwaren -
etwa der Firmen [X.], [X.], [X.] und [X.] -
in der ständig gleichen Abfolge des immer gleichen Symbols auf den von der Klägerin angebotenen Pullovern einen Herkunftshin-weis erkennen, wird von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsge-richts nicht getragen.
In der Revisionsinstanz ist mangels anderweitiger Fest-stellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass die Klägerin

wie von ihr erstinstanzlich vorgetragen -

e-boten hat. Betroffen ist mithin nicht das vom Berufungsgericht herangezogene Segment hochpreisiger Luxusartikel, sondern dasjenige
alltäglicher
Beklei-dungsartikel in einem nicht herausgehobenen Preisbereich. Zwar erscheint es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass [X.] von einem Produktbereich auf andere Segmente ausstrahlen
können.
Das [X.] hat jedoch nicht festgestellt, dass im betroffenen Warensegment der Alltagsbekleidung die Praxis der Kennzeichnung von Luxuswaren, dasselbe Symbol in ständiger Abfolge anzubringen,
in maßgeblichem Umfang anzutref-fen wäre. Ebenso wenig sind anderweitige
Anhaltspunkte festgestellt oder
er-sichtlich, die
im vorliegenden Fall die vom Berufungsgericht angenommene
Ausstrahlungswirkung nahelegen würden.
(2)
Das [X.] hat in der zwischen den Parteien ergan-genen Entscheidung im Verfügungsverfahren festgestellt, bei dem [X.] Zeichen handele es sich um eine einfache geometrische Form ([X.], 24
25
26
-
14
-
[X.] 2014, 148,149).
Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete [X.] stelle kein natürliches, typisches,
ein eher ornamentales Verständnis nahelegendes Muster dar,
ist mit der Lebenser-fahrung nicht zu vereinbaren. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die Gestaltung aus
der Aneinanderreihung einer geometrischen Grundform -
des um 180° gedrehten
sog. [X.] -
besteht. Jedenfalls dann, wenn sich eine solche sich wiederholende
Gestaltung nach Art eines Stoffmusters auf das gesamte Kleidungsstück erstreckt, handelt es sich um eine für einen [X.] ungewöhnliche Erscheinungsform, die eine dekorative Wahrneh-mung nahelegt.
Sieht der Verkehr Bilder, Motive, Symbole und Wörter schon nicht generell als Herkunftshinweise an, wenn sie sich auf der Vorderseite eines Kleidungsstücks befinden (vgl. [X.] [X.], 838 Rn. 20 -
[X.]), so ist eine noch zurückhaltendere Betrachtungsweise angebracht, wenn eine
gleichförmige geometrische
Gestaltung
nicht auf die Vorderseite des Klei-dungsstücks beschränkt
ist, sondern
sich
nach Art eines Stoffmusters auf das gesamte Kleidungsstück erstreckt. In einem solchen Fall bedarf es besonderer
-
vom Berufungsgericht nicht festgestellter -
Anhaltspunkte
für die Annahme, der Verkehr werde das Muster als Marke auffassen.
2. Da das Berufungsgericht eine Markenverletzung gemäß §
14 Abs.
2 Nr.
2 [X.] nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, kann die Verurteilung der Klägerin nach den Annexanträgen ebenfalls keinen Bestand haben.
[X.] Die Abweisung der Klageanträge ist aus demselben Grund rechtsfeh-lerhaft.
1.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die
be-gehrte
Feststellung der Erledigung der
Klageanträge
nicht abgelehnt
werden.
a) Hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, ist zu prüfen, ob der Unterlassungsantrag bis zum geltend gemachten erledi-27
28
29
30
-
15
-
genden Ereignis zulässig und begründet war und -
wenn dies der Fall ist -
durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraus-setzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen oder -
wenn die Klage in der Vorinstanz erfolglos war -
das Rechtsmittel zurückzuweisen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 27. Oktober 2011 -
I [X.], [X.], 651 Rn. 17 = [X.], 1118 -
regierung-oberfranken.de; Urteil vom 30. Januar 2014 -
I [X.], [X.], 385 Rn. 13 = [X.], 443 -
H 15; Urteil vom 21. April 2016 -
I [X.], [X.], 1316
Rn. 10 = [X.], 1494
-
Notarielle Unterlassungserklärung).
b) Die Beurteilung der von der Klägerin für erledigt erklärten negativen Feststellungsklage
hängt spiegelbildlich vom Ergebnis der von der [X.] erhobenen Widerklage ab.
Auch wenn die Abbildungen
in den Anträgen der Parteien
nicht vollständig identisch sind, werden in der Sache jedenfalls kern-gleiche Verletzungsformen aufgegriffen. Die Rechtsfehler bei der Beurteilung der Widerklage (siehe Rn. 16
ff.) wirken sich damit in gleicher Weise bei
der Klage aus.
2.
Die
Abweisung der Klage auf Ersatz des [X.] hat danach
ebenfalls
keinen Bestand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der Anspruch der Klägerin gemäß §
945 ZPO nicht verneint werden.
a) Ein nach § 945 ZPO zu ersetzender Schaden ist nicht entstanden, wenn der durch die Vollziehung einer ungerechtfertigt ergangenen einstweiligen Verfügung Betroffene ohnehin materiell-rechtlich verpflichtet ist, das ihm durch die einstweilige Verfügung untersagte Verhalten zu unterlassen (vgl. [X.], Ur-teil vom 3.
Dezember 1954

I
ZR
262/52, [X.]Z 15, 356, 358 f. -
Progressive Kundenwerbung; Urteil vom 7.
Juli 1994

I
ZR
63/92, [X.]Z 126, 368, 374 f.
-
Fortsetzungsverbot; Urteil vom 20. Juli 2006 -
IX
ZR
94/03, [X.]Z 168, 352 31
32
33
-
16
-
Rn.
27). In einem solchen Fall entfällt nicht die Kausalität zwischen der Vollzie-hung der einstweiligen Verfügung und der Einstellung des darin untersagten Verhaltens, für die es allein auf die reale Ursache des haftungsbegründenden Ereignisses ohne Berücksichtigung von Ersatzursachen ankommt (vgl. [X.]Z 168, 352 Rn. 22). Ein Ersatz der durch Vollziehung einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung erlittenen Vermögenseinbuße scheidet aber aus [X.] Gründen aus (vgl. Fischer in Prütting/Gehrlein, ZPO,
7. Aufl., § 945 Rn.
11; [X.]/[X.],
[X.], 8. Aufl., [X.]. 62 Rn. 30). Ein Betroffener soll im Wege des Schadensersatzes keine Kosten ersetzt bekom-men, die ihm auch bei [X.] Verhalten des Schädigers auf jeden Fall entstanden wären (vgl. [X.]Z 15, 356, 359 -
Progressive Kundenwerbung; [X.], Urteil vom 28. Januar 1986 -
VI [X.], NJW 1986, 1486, 1487; Urteil vom 30. Juli 2015 -
I [X.], [X.], 406 Rn. 15 = [X.], 331

-
Piadina-Rückruf; Urteil vom 19. November 2015 -
I [X.], [X.], 720 Rn. 38 = [X.], 854 -
Hot Sox).
b) Hiervon ist im Ansatz auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat allerdings nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Klägerin materiell-rechtlich zur Unterlassung der beanstandeten [X.] verpflichtet war ([X.] Rn. 19
ff.).
I[X.] Danach ist auf die Revision das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
1. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht dem Vortrag der [X.] zur Bekanntheit ihres Klagezeichens nachzugehen und zu prüfen haben, ob sich eine etwaige Bekanntheit über den Bereich der Ski-
und Sportbekleidung hinaus auf den Bereich der Bekleidung allgemein er-streckt. Es wird weiter zu prüfen haben, ob sich eine etwaige Bekanntheit der 34
35
36
-
17
-
Zeichen der [X.] auch dann zugunsten der [X.]en Wahrneh-mung durch den Verkehr
auswirkt, wenn eine Gestaltung beanstandet wird, in der die
Dreiecksform -
wie im Streitfall -
verdreht und nach Art eines Musters auf dem gesamten Bekleidungsstück vielfach wiederholt angeordnet ist.
2. Markenrechtliche Ansprüche wegen Verletzung der Bildmarke Nr.
[X.]
30
2013 060 953 scheiden von vornherein
aus, weil diese Marke erst am 22. November 2013 angemeldet und am 18. Dezember 2013 eingetragen worden ist und somit im Zeitpunkt der beanstandeten [X.] im Winter 2012/2013 noch nicht bestand.
3. Hinsichtlich des mit der Widerklage geltend gemachten Anspruchs auf Feststellung der Schadensersatzpflicht wird der Umstand zu beachten sein, dass die Beklagte
hinsichtlich der [X.] Nr. 387 657 in Prozessstandschaft für die F.

B.

GmbH vorgeht. Ein etwaiger Schaden
wegen Verletzung dieser Marke ist der
Markeninhaberin entstanden; dies muss
37
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-
18
-
im Feststellungsantrag Ausdruck finden, selbst wenn die Beklagte zur [X.] ermächtigt sein sollte
(vgl. [X.], Urteil vom 19.
Juli 2007

I
ZR 93/04, [X.], 877 Rn. 32 = [X.], 1187 -
Windsor
Estate; Urteil vom 6. Februar 2013 -
I [X.], [X.], 925 Rn. 57 = [X.], 1198 -
VOODOO).

Büscher
Schaffert
Löffler

Schwonke
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.08.2014 -
34 O 9/14 -

O[X.], Entscheidung vom 08.09.2015 -
I-20 [X.] -

Meta

I ZR 191/15

10.11.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2016, Az. I ZR 191/15 (REWIS RS 2016, 2599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2599

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 217/18 (Bundesgerichtshof)

Markenrechtsverletzung im Internet-Versandhandel: Kennzeichenmäßige Verwendung eines Zeichens im Modebereich; Verwendung eines weiteren Zeichens als Modellbezeichnung …


I ZR 108/18 (Bundesgerichtshof)

Markenrechtsverletzung im Internet-Versandhandel: Herkunftshinweisende markenmäßige Benutzung einer Wortmarke für Damenoberbekleidung als Modellbezeichnung für eine Damenhose


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