Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 13.02.2020, Az. 1 BvQ 12/20

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2020, 2651

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Ablehnung eines Antrags auf Erlass einer eA, gerichtet gegen das Inkrafttreten des Berliner "Mietendeckels" - vollständiger Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens und unmittelbar bevorstehende Gesetzesverkündung nicht dargelegt - Antrag verfrüht, mithin unzulässig


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller, die jeweils Wohnungen im [X.] vermieten, begehren die Außerkraftsetzung von Artikel 1 § 11 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 in Verbindung mit § 11 Absatz 2 des [X.] gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung des [X.] bis zu einer Entscheidung des [X.] über eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde der Antragsteller gegen Artikel 1 § 3, § 4 in Verbindung mit §§ 6 und 7, § 5 sowie § 11 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 und § 11 Absatz 2 des [X.] gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung des [X.], wie ihn das [X.] am 30. Januar 2020 in zweiter Lesung beschloss.

2

Durch Artikel 1 § 11 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 in Verbindung mit § 11 Absatz 2 des [X.] gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung des [X.] werden bestimmte Handlungen und Unterlassungen von im [X.] tätigen Vermietern als Ordnungswidrigkeit eingestuft, insbesondere wenn sie im Gesetz näher bestimmte, gegenüber ihren Mietern und Mieterinnen und verschiedenen Behörden des [X.] bestehende Auskunftspflichten nicht erfüllen oder wenn sie mehr als die im Gesetz bestimmten Höchstmieten fordern oder entgegennehmen.

II.

3

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen, weil er unzulässig ist.

4

1. Ein zulässiger Antrag nach § 32 Abs. 1 [X.] erfordert eine substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 22. November 2018 - 1 BvQ 81/18 -, Rn. 2 m.w.[X.]; Beschluss der [X.] des [X.] vom 8. August 2019 - 1 BvQ 63/19 -, Rn. 2 m.w.[X.]). Dabei richten sich die Anforderungen eines isolierten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach den spezifischen Voraussetzungen für eine solche Anordnung; sie sind mit den Begründungsanforderungen im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht identisch (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 8. Mai 2017 - 1 BvQ 19/17 -, Rn. 4).

5

Zu diesen spezifischen Begründungsanforderungen gehören Darlegungen, die dem [X.] ermöglichen, zu beurteilen, ob die Voraussetzungen des § 32 Abs.1 [X.] vorliegen (vgl. [X.], Beschlüsse der [X.] des [X.] vom 25. Oktober 2006 - 1 BvQ 30/06 -, juris, und vom 17. November 2006 - 1 BvQ 33/06 -, juris; Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2008 - 2 BvQ 33/08 -, juris, und vom 28. November 2008 - 2 BvQ 36/08 -, juris), namentlich ob ein Streitfall im Sinne dieser Norm besteht. Dabei gilt der verfassungsprozessuale Grundsatz, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz nicht vor dessen Verkündung erhoben werden kann (vgl. [X.]E 11, 339 <342>), prinzipiell auch für den gegen ein Gesetz gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. [X.]E 11, 339 <342>; 125, 385 <393>; 131, 47 <52>). Hiervon kann nur in Ausnahmefällen abgewichen werden, wenn effektiver Grundrechtsschutz andernfalls nicht gewährleistet werden könnte (vgl. [X.]E 131, 47 <52>).

6

Die Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 [X.] vor Verkündung eines Gesetzes setzt allerdings voraus, dass der Inhalt des Gesetzes fest- und seine Verkündung unmittelbar bevorstehen. Dafür muss das Gesetzgebungsverfahren vor den gesetzgebenden Organen vollständig abgeschlossen sein (vgl. [X.]E 131, 47 <53>). Bei Bundesgesetzen hat das [X.] auch die dem Bundespräsidenten vor der Ausfertigung (Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG) obliegende Kompetenz zur Prüfung des Gesetzes zu respektieren (vgl. [X.]E 131, 47 <53>).

7

2. Diesen Anforderungen genügt der Antrag nicht.

8

Die Antragsteller haben nicht dargelegt, dass das Gesetzgebungsverfahren durch die am 30. Januar 2020 im [X.] durchgeführte zweite Lesung des [X.] gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung des [X.] vollständig abgeschlossen ist, so dass sein Inhalt feststeht und seine Verkündung unmittelbar bevorsteht.

9

Nach Art. 59 Abs. 2 der [X.] ([X.]) in Verbindung mit § 30 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung des [X.] ([X.]) vom 27. Oktober 2016 (GVBl. [BE] S. 841) werden [X.] zwar regelmäßig in zwei Lesungen beraten und beschlossen. Gemäß Art. 59 Abs. 5 [X.] in Verbindung mit § 30 Abs. 2 Satz 2, § 34 Satz 1 GO Abghs Bln hat aber auf Verlangen des Präsidenten des [X.] oder des Senats vor der Ausfertigung eines Gesetzes eine dritte Lesung stattzufinden. Eine Frist für das Verlangen der dritten Lesung ist nicht vorgesehen. Zudem hat der Präsident des [X.] nach Art. 60 Abs. 2 [X.] Gesetze unverzüglich auszufertigen. Damit bestätigt der Präsident des [X.], dass der Gesetzesbeschluss verfassungsgemäß zustande gekommen ist. Insofern ist seine Funktion mit der des Bundespräsidenten vergleichbar, der nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG die Bundesgesetze auszufertigen hat (vgl. Pfennig/[X.], [X.], 3. Auflage 2000, Art. 60 Rn. 2; [X.], in [X.], [X.], 4. Auflage 2020, Art. 60 Rn. 2).

Vorliegend ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sowohl der Präsident des [X.] als auch der [X.] keine dritte Lesung des [X.] gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung des [X.] verlangt haben, noch dass durch den Präsidenten des [X.] die Ausfertigung desselben vorgenommen wurde. Der hier gestellte Antrag ist daher verfrüht und deshalb unzulässig.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvQ 12/20

13.02.2020

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvQ

§ 32 Abs 1 BVerfGG, § 30 Abs 2 S 1 LTGO BE 2016, § 30 Abs 2 S 2 LTGO BE 2016, § 34 S 1 LTGO BE 2016, Art 59 Abs 2 Verf BE, Art 59 Abs 5 Verf BE, Art 60 Abs 2 Verf BE

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 13.02.2020, Az. 1 BvQ 12/20 (REWIS RS 2020, 2651)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2651

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