Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.10.2012, Az. XI ZR 368/11

11. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2281

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ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) SCHADENSERSATZ BANK- UND KAPITALMARKTRECHT BANKEN ANLAGEBERATUNG

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Gegenstand

Bankenhaftung bei Anlageberatung: Aufklärungspflichten bei dem Verkauf von Indexzertifikaten im Wege des Eigengeschäfts; Aufklärungspflicht bei Kommissionsgeschäft


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des [X.] vom 1. Juli 2011 wird insoweit zurückgewiesen, als das Berufungsgericht über einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen unterbliebener Aufklärung über die "Gewinnmarge" der Beklagten zum Nachteil der Klägerin erkannt hat. Im Übrigen wird die Revision als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der inzwischen insolventen [X.] in Anspruch.

2

Die Klägerin ist eine langjährige Kundin der [X.] und deren Rechtsvorgängerin (im Folgenden: Beklagte), bei der sie auch ein Wertpapierdepot unterhielt, über das zahlreiche Wertpapiergeschäfte abgewickelt wurden. Aufgrund eines im Februar 2007 mit einem Mitarbeiter der [X.] geführten Beratungsgesprächs erwarb die Klägerin gemäß [X.] vom 6. Februar 2007 für insgesamt 32.000 € 32 "G. "-Zertifikate der [X.] (nachfolgend: Emittentin) zu einem dem Nennwert entsprechenden Stückpreis von jeweils 1.000 €. Ob das Beratungsgespräch auf Seiten der Klägerin von ihr persönlich oder von ihrem Ehemann geführt wurde, ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die äußeren Umstände dieses Gesprächs im Übrigen und sein Inhalt. Die Beklagte erhielt von der Emittentin eine Vertriebsprovision von 3,5%, die sie der Klägerin nicht offenbarte.

3

Am 13. Mai 2008 erhielt die Klägerin eine Bonuszahlung in Höhe von 2.800 €. Im September 2008 wurde die [X.] Muttergesellschaft der Emittentin, die Investmentbank [X.], die für die Rückzahlung der Anleihe eine Garantie übernommen hatte, insolvent. Dies zog die Insolvenz der Emittentin nach sich, sodass die Zertifikate weitgehend wertlos wurden.

4

Die Klägerin verlangt von der [X.], gestützt auf den Vorwurf mehrerer Beratungsfehler, die Rückzahlung von 29.200 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der [X.]. Darüber hinaus begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte sich im Annahmeverzug befinde, und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Im Revisionsverfahren haben die Parteien den Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages von 949,86 € übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, soweit die Klägerin sich gegen die Verneinung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen unterlassener Aufklärung über die "Gewinnmarge" wendet. Im Übrigen ist die Revision unzulässig.

A.

6

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in juris veröffentlicht ist ([X.], Urteil vom 1. Juli 2011 - [X.]), hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

7

Die Anlageempfehlung der Beklagten sei, ausgehend von den insoweit maßgeblichen höchstrichterlichen [X.]n, anlegergerecht gewesen. Bereits das [X.] habe insoweit zu Recht insbesondere auf die in ihrem vorangegangenen Anlageverhalten zum Ausdruck kommende Risikobereitschaft der Klägerin abgestellt, die etwa im Jahre 2006 Aktien eines seit 2005 unter Gläubigerschutz stehenden [X.] Unternehmens erworben habe. Auf die Frage, ob die Klägerin die streitgegenständliche Anlage selbst getätigt habe oder dabei durch ihren Ehemann vertreten worden sei, komme es nicht an. Sofern sie, wie sie behaupte, selbst tätig geworden sei, müsse sie sich die zuvor von ihrem Ehemann für sie vorgenommenen Anlagegeschäfte zurechnen lassen, aus denen die Beklagte den Schluss habe ziehen dürfen, die streitgegenständliche Anlage entspreche dem Anlageziel und dem Risikoprofil der sich als spekulations- und risikofreudig darstellenden Klägerin. Dass sie den Kundenberater darauf hingewiesen habe, selbst nicht über die erforderlichen Kenntnisse zu verfügen, sei der Einlassung der Klägerin nicht zu entnehmen.

8

In Bezug auf die Verpflichtung der Beklagten zur objektgerechten Beratung könne dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Beklagte generell verpflichtet gewesen sei, hinsichtlich der empfohlenen Anlage auf Totalverlust- bzw. Bonitätsrisiken hinzuweisen oder über die Funktionsweise des Zertifikats aufzuklären. Jedenfalls im vorliegenden Falle habe sie aufgrund der in der Vergangenheit von der - hierbei ggf. durch ihren Ehemann vertretenen - Klägerin getätigten umfangreichen Geschäfte davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin über die notwendigen Erfahrungen verfügt habe und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich gewesen sei. Dessen ungeachtet habe die Beklagte aber auch vorgetragen, über die Funktionsweise des Zertifikats und allgemeine Emittentenrisiken aufgeklärt zu haben. Weder habe die Klägerin den ihr obliegenden Beweis für das Gegenteil angetreten noch ergäben sich aus ihrer persönlichen Anhörung durch das [X.] genügende Anhaltspunkte für eine unzureichende oder unzutreffende Beratung.

9

Im Übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bei zutreffender Aufklärung über die [X.] die streitgegenständlichen Zertifikate nicht erworben hätte, also eine etwaige Falschberatung ursächlich für ihre Anlageentscheidung geworden sei. Die insoweit geltende Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sei widerlegt. Eine Anlegerin, die - wie die Klägerin - über ihren Ehemann noch im September 2008 21.000 Aktien der [X.] sowie des Weiteren einen Tag nach Anmeldung der Insolvenz Aktien des Bankhauses [X.] zu einem Kurswert von 39.000 € erworben habe, könne sich nicht ernsthaft darauf berufen, sie hätte vom Kauf der streitgegenständlichen Zertifikate abgesehen, wenn ihr ein - im Jahre 2007 jedenfalls eher unwahrscheinliches - Insolvenzrisiko der Emittentin bekannt gewesen wäre.

Die Klägerin könne sich schließlich auch nicht darauf stützen, von der Beklagten nicht über deren "Gewinnmarge" aufgeklärt worden zu sein. Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung sei die sog. Rückvergütungs- oder "kick back"-Rechtsprechung des [X.] auf die vorliegende Situation nicht anwendbar und eine Bank nicht verpflichtet, über die von ihr beim Verkauf von Zertifikaten erzielten Erträge ("Gewinnmarge") aufzuklären. Die Voraussetzungen, unter denen nach der mit Beschluss des [X.] vom 9. März 2011 ([X.]) erfolgten Klarstellung aufklärungspflichtige Rückvergütungen vorlägen, seien hier schon im Ansatz nicht erfüllt. Die Klägerin habe weder einen Ausgabeaufschlag noch eine Vertriebsprovision noch andere offen ausgewiesenen Provisionen gezahlt, die "hinter ihrem Rücken" an die Beklagte hätten weitergeleitet werden können. Vielmehr habe es sich im Streitfall um einen Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten gehandelt. Nach dem Sachvortrag der Beklagten, dem die Klägerin allein mit dem - unzutreffenden - Hinweis, die Beklagte habe ein Kommissionsgeschäft "suggeriert", nicht ausreichend entgegengetreten sei, habe die Beklagte die Zertifikate nach Zeichnung durch die Klägerin (Kaufvertrag zum Festpreis) jeweils auf eigene Rechnung angeschafft, wovon die Klägerin noch in der Klageschrift selbst ausgegangen sei. Das Festpreisgeschäft bestehe unabhängig von den Konditionen des [X.], so dass die Bank das Risiko von Kursschwankungen zwischen Vertragsabschluss und Deckungsgeschäft trage. [X.] zwischen Einstands- und Verkaufspreis betreffe das wirtschaftliche Eigeninteresse der Bank am Wertpapiergeschäft, über das sie nicht aufklären müsse. Vielmehr müsse der Kunde damit rechnen, dass die Bank als Verkäuferin einen Geschäftsgewinn erziele.

B.

Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Schadensersatzforderung der Klägerin wegen unterlassener Aufklärung über die von der Beklagten erzielte "Gewinnmarge" beschränkt. Soweit die Revision das Berufungsurteil auch darüber hinaus angreift, ist das Rechtsmittel daher als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 ZPO).

1. Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält zwar keinen Zusatz, der die dort zugelassene Revision entsprechend einschränkt. Die Beschränkung ergibt sich aber durch Auslegung der Urteilsgründe.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann sich die Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist ([X.], Urteile vom 17. Januar 2008 - [X.], [X.], 748 Rn. 8, vom 12. Mai 2010 - [X.], NJW 2010, 3015 Rn. 18 und vom 20. März 2012 - [X.], juris Rn. 9; Versäumnisurteil vom 10. Mai 2012 - [X.], [X.], 1451 Rn. 4, jeweils mwN; Beschlüsse vom 7. Juni 2011 - [X.]/10, juris Rn. 4 und vom 13. Dezember 2011 - [X.], juris Rn. 5). So verhält es sich hier.

b) Das Berufungsgericht hat ausweislich der Entscheidungsgründe "im Hinblick auf die Frage, ob die von der Beklagten erzielte Gewinnmarge von 3,5% im Sinne der [X.] aufklärungspflichtig gewesen wäre, … wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision" zugelassen. Es hat damit deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es der Klägerin nicht die vollumfängliche Überprüfung seiner Entscheidung ermöglichen wollte. Denn die angesprochene Rechtsfrage ist allein für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der vermeintlichen [X.] in Bezug auf die "Gewinnmarge" erheblich. Schadensersatzansprüche wegen der übrigen gerügten Pflichtverletzungen hat das Berufungsgericht dagegen aus verschiedenen, das Urteil insoweit selbständig tragenden anderweitigen Gründen abgelehnt, die zudem durchweg nur den Bereich tatrichterlicher Würdigung (§ 286 ZPO) der tatsächlichen Umstände des Streitfalls betreffen. Dass das Berufungsgericht insoweit gemäß § 543 Abs. 2 ZPO klärungsbedürftige Rechtsfragen angenommen hat, ist nicht ersichtlich. Aus einer Gesamtschau der Urteilsgründe ergibt sich daher der eindeutige Wille des Berufungsgerichts, die Revision nur hinsichtlich eines vermeintlichen Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der Aufklärungspflicht der Beklagten über die erzielte "Gewinnmarge" zuzulassen.

Soweit der [X.] in seinen Urteilen vom 27. September 2011 ([X.], [X.]Z 191, 119 Rn. 8 f. und [X.], [X.], 2261 Rn. 8 f.) jeweils von einer unbeschränkt zugelassenen Revision ausgegangen ist, lagen dieser Beurteilung in wesentlichen Punkten abweichend begründete Zulassungsentscheidungen zugrunde. Das dortige Berufungsgericht hatte die Revisionszulassung in beiden Fällen damit begründet, mehrere von ihm näher bezeichnete Fragen seien bislang nicht höchstrichterlich geklärt, weshalb "der Sache grundsätzliche Bedeutung" zukomme ([X.], [X.], 1029, 1035; [X.], Urteil vom 23. April 2010 - 13 U 118/09, juris Rn. 132). Hierdurch hatte das Berufungsgericht lediglich den Anlass der Revisionszulassung mitgeteilt, ohne die im Tenor uneingeschränkt zugelassene revisionsrechtliche Nachprüfung entsprechend beschränken zu wollen. Ein damit vergleichbarer Sachverhalt liegt im Streitfall, in dem das Berufungsgericht ausdrücklich nur im Hinblick auf eine bestimmte einzelne Frage "wegen der grundsätzlichen Bedeutung" die Revision zugelassen hat, nicht vor.

2. Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam.

a) Die Zulassung der Revision kann allerdings nicht auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente beschränkt werden, sondern nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des [X.], auf den auch die [X.] selbst ihre Revision beschränken könnte (st. Rspr.; [X.], Urteile vom 27. September 2011 - [X.], [X.]Z 191, 119 Rn. 8, vom 20. März 2012 - [X.], juris Rn. 9 und vom 4. Juli 2012 - [X.], NJW 2012, 2657 Rn. 8; Beschlüsse vom 16. Dezember 2010 - [X.], [X.], 526 Rn. 5, vom 7. Juni 2011 - [X.]/10, ZUM 2012, 35 Rn. 4 und vom 13. Dezember 2011 - [X.], juris Rn. 5). Voraussetzung hierfür ist eine Selbständigkeit des von der Zulassungsbeschränkung erfassten Teils des Streitstoffs in dem Sinne, dass dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen [X.] beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum unanfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann ([X.], Beschlüsse vom 16. Dezember 2010 - [X.], [X.], 526 Rn. 5 und vom 7. Juni 2011 - [X.]/10, ZUM 2012, 35 Rn. 4, jeweils mwN).

b) Auf die abstrakte Rechtsfrage der Aufklärungspflicht über die erzielte Gewinnmarge - unter Ausklammerung der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruchs, insbesondere der Kausalität und des Verschuldens - hätte die Revision deshalb zwar nicht wirksam beschränkt werden können (vgl. [X.]sbeschluss vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1211 Rn. 7). Nach der Rechtsprechung des [X.] ist aber eine Beschränkung auf eine von mehreren zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Anlageberatung vorgetragenen Pflichtverletzungen möglich ([X.], Urteile vom 27. September 2011 - [X.], [X.]Z 191, 119 Rn. 8 und [X.], [X.], 2261 Rn. 8 sowie Urteil vom 19. Juli 2012 - [X.], [X.], 1574 Rn. 8; Beschluss vom 16. Dezember 2010 - [X.], [X.], 526 Rn. 6). Von einer solchen Einschränkung ist hier auszugehen. Der Vorwurf der unterbliebenen Aufklärung über die von der Beklagten erzielte Gewinnmarge kann eindeutig von den übrigen geltend gemachten Pflichtverstößen einer sonst nicht anleger- und objektgerechten Beratung abgegrenzt und in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht selbständig beurteilt werden. Dementsprechend hätte die Klägerin ihre Revision selbst auf den Anspruch wegen der Verletzung der Aufklärungspflicht über die Gewinnmarge beschränken können. Nachdem die Klage in den Vorinstanzen mangels Pflichtverletzung der Beklagten insgesamt erfolglos geblieben ist, besteht insoweit auch nicht die Gefahr widersprechender Entscheidungen (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Dezember 2010 - [X.], [X.], 526 Rn. 6).

II.

Soweit die Revision zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte aufgrund des - als solchem außer Streit stehenden - [X.] der [X.]en nicht verpflichtet war, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie für den Vertrieb der streitgegenständlichen Zertifikate von der Emittentin eine Provision in Höhe von 3,5% erhielt.

1. Die [X.] ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet ([X.]surteil vom 6. Juli 1993 - [X.], [X.]Z 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des [X.] ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des [X.] unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. zusammenfassend [X.]surteile vom 27. September 2011 - [X.], [X.]Z 191, 119 Rn. 22 und [X.], [X.], 2261 Rn. 23, jeweils mwN).

2. Ausgehend hiervon ist eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, nach der Rechtsprechung des [X.] grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. In einem solchen Fall ist es nämlich für den Kunden bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss ([X.], Urteile vom 15. April 2010 - [X.], [X.]Z 185, 185 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - [X.], [X.]Z 189, 13 Rn. 38). Nichts anderes gilt nach der [X.]srechtsprechung, wenn fremde Anlageprodukte - im Wege des [X.] (§ 2 Abs. 3 Satz 2 WpHG) oder des Eigenhandels (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WpHG) - zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert werden ([X.]surteile vom 27. September 2011 - [X.], [X.]Z 191, 119 Rn. 37 und [X.], [X.], 2261 Rn. 40 sowie vom 26. Juni 2012 - [X.], [X.], 1520 Rn. 19 und [X.], juris Rn. 27 f., jeweils mwN). Ein Umstand, der - wie die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers - für den Kunden im Rahmen des Kaufvertrags offensichtlich ist, lässt innerhalb des [X.] seine Schutzwürdigkeit entfallen ([X.]surteile vom 27. September 2011 - [X.], [X.]Z 191, 119 Rn. 44 und [X.], [X.], 2261 Rn. 47). Dabei ist im Ergebnis unerheblich, in welcher Weise die Bank bei einem Veräußerungsgeschäft ihr [X.] realisiert ([X.]surteile vom 26. Juni 2012 - [X.], [X.], 1520 Rn. 19 und [X.], juris Rn. 27).

Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des [X.] zur Offenlegung versteckter Innenprovisionen und zur [X.] von Rückvergütungen nicht entgegen ([X.]surteile vom 27. September 2011 - [X.], [X.]Z 191, 119 Rn. 38 ff. und [X.], [X.], 2261 Rn. 41 ff.). Auch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben gebieten keine andere Betrachtungsweise ([X.]surteil vom 26. Juni 2012 - [X.], [X.], 1520 Rn. 24 ff.).

3. Nach diesen Grundsätzen bestand keine Aufklärungspflicht der Beklagten über ihr mit dem streitgegenständlichen Wertpapiergeschäft verbundenes [X.].

a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass im Streitfall über die von der Klägerin erworbenen Zertifikate zwischen den [X.]en ein Kaufvertrag in Form eines Festpreisgeschäfts, mithin ein Eigengeschäft im vorgenannten Sinne zustande gekommen ist.

b) Ob die insoweit von der Revision erhobene Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen § 286 ZPO Sachvortrag der Klägerin unberücksichtigt gelassen, zutrifft, kann im Ergebnis auf sich beruhen.

aa) Allerdings hatte die Klägerin in der Klageschrift selbst ausdrücklich vorgetragen, die Beklagte habe die streitgegenständlichen Zertifikate "als Eigenhändlerin verkauft"; dies bedeute, dass die Beklagte "das streitgegenständliche Zertifikat zuvor selbst von der Emittentin gekauft und über ihren Eigenbestand an die Klägerin weiterveräußert" habe. Damit stimmte die Sachdarstellung der Beklagten in der Klageerwiderung überein, sie habe die in Streit stehenden Wertpapiere von der Emittentin bezogen und im Wege des Eigenhandelsgeschäfts zu einem festen Preis im eigenen Namen an ihre Kunden verkauft. Von ihrem ursprünglichen Vortrag ist die Klägerin jedoch im Verlaufe des Rechtsstreits abgerückt. So hat sie geltend gemacht, die Kaufabrechnung deute nicht darauf hin, "dass der Verkauf der Wertpapiere im Rahmen eines Eigengeschäftes…erfolgt ist", vielmehr seien "Rückschlüsse auf ein Börsengeschäft zulässig". "Auf ein Kommissionsgeschäft und nicht auf ein Eigengeschäft" lasse auch der Sachvortrag der Beklagten, sie habe mit der Emittentin eine Provision in Höhe von 3,5% vereinbart, schließen. Des Weiteren hat die Klägerin zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, ob die Klägerin "nach ihrem Empfängerhorizont insoweit von Eigenhandel ausgehen konnte"; die Beklagte "suggeriere" in der [X.] ein "Börsenkommissionsgeschäft".

bb) Ob die Klägerin, die im Rahmen der von ihr geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen [X.] für den Abschluss eines Kommissionsgeschäfts darlegungs- und beweispflichtig ist, mit diesem Sachvortrag ihrer diesbezüglichen prozessualen Obliegenheit genügt hat, bedarf letztlich keiner Entscheidung. Selbst dann nämlich, wenn zwischen den [X.]en nicht ein Eigengeschäft, sondern ein Kommissionsgeschäft vereinbart gewesen sein sollte, wäre die Beklagte nach den gegebenen Umständen nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin über die von der Emittentin erhaltene Vertriebsprovision aufzuklären.

(1) Entgegen der Auffassung der Revision wären auch in diesem Falle die [X.] über aufklärungspflichtige Rückvergütungen nicht anwendbar.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.]s ist eine Bank aus dem [X.] verpflichtet, über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären (vgl. [X.]surteile vom 19. Dezember 2006 - [X.], [X.]Z 170, 226 Rn. 22 f. und vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 17; [X.]sbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - [X.], [X.], 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das [X.], [X.], 68 nicht zur Entscheidung angenommen). [X.] Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gezahlt werden, deren Rückfluss an die [X.] aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieses Produkts nicht erkennen ([X.]surteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1337 Rn. 17; [X.]sbeschlüsse vom 20. Januar 2009 - [X.], [X.], 405 Rn. 12 f. und vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 25).

Eine aufklärungspflichtige Rückvergütung in diesem Sinne liegt hier nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts nicht vor. Die [X.] vom 6. Februar 2007 weist neben dem an die Beklagte zu zahlenden Preis von 1.000 € pro Zertifikat keine von der Klägerin an die Emittentin zu entrichtenden und hinter dem Rücken der Klägerin an die Beklagte zurückfließenden Posten aus (vgl. [X.]surteil vom 26. Juni 2012 - [X.], [X.], 1520 Rn. 37).

(2) Eine Aufklärungspflicht der Beklagten über die von der Emittentin gezahlte Provision ergäbe sich, wie der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat ([X.]surteile vom 26. Juni 2012 - [X.], [X.], 1520 Rn. 43 f. und [X.], juris Rn. 47 f.), auch nicht aus etwaigen kommissionsrechtlichen [X.] und Rechenschaftspflichten.

Hierbei kann letztlich auf sich beruhen, ob und in welchem Umfang aufgrund eines über die Beschaffung der Wertpapiere geschlossenen Kommissionsvertrages derartige Auskunfts- und Herausgabepflichten gemäß § 384 Abs. 2 HGB hinsichtlich von der beratenden Bank erlangter Provisionen bestehen (zum Meinungstand vgl. [X.]surteil vom 26. Juni 2012 - [X.], [X.], 1520 Rn. 42 mwN). Denn solche - kommissionsrechtlichen - Pflichten allein rechtfertigten nicht die Annahme einer Verletzung des [X.]es durch die Bank, wenn sie den Anleger über Erhalt und Höhe der Provision nicht aufklärt. Hat nämlich ein Anleger - wie vorliegend die Klägerin - neben dem dem Nennwert entsprechenden Preis der Wertpapiere für deren Beschaffung weder eine Kommissionsgebühr noch sonstige Aufschläge an die Bank zu entrichten, stellt sich die Abwicklung des [X.] aus seiner Sicht in wirtschaftlicher Hinsicht nicht anders als bei einem Eigengeschäft der Bank dar, so dass es bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise in Bezug auf den Beratungsvertrag ebenso wie dieses zu behandeln ist ([X.]surteile vom 26. Juni 2012 - [X.], [X.], 1520 Rn. 43 f. und [X.], juris Rn. 47 f.).

(3) Die Revision geht schließlich auch in der Annahme fehl, bei einer Veräußerung der streitgegenständlichen Zertifikate im Wege des Eigen- bzw. Festpreisgeschäfts habe die Beklagte die Klägerin über ihre Verkäufereigenschaft aufklären müssen.

Wie der erkennende [X.] nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat ([X.]surteile vom 27. September 2011 - [X.], [X.]Z 191, 119 Rn. 48 ff. und [X.], [X.], 2261 Rn. 51 ff.), ist die [X.] aufgrund des [X.] mit ihrem Kunden bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht verpflichtet, diesen darüber zu informieren, dass der Zertifikaterwerb im Wege des [X.] erfolgt. Eine solche Aufklärungspflicht liefe jedenfalls deshalb leer, weil sie nicht dazu führt, dass dem Anleger die für ihn wesentlichen Informationen bezüglich eines auf Seiten der [X.] erteilt werden. Für die entsprechende Aufklärungspflicht sprechen zudem auch nicht die zu berücksichtigenden Kundeninteressen.

An dieser Rechtsprechung hat der [X.] auch unter Berücksichtigung ablehnender Stellungnahmen mit seinen Urteilen vom 26. Juni 2012 ([X.], [X.], 1520 Rn. 33 f. und [X.], juris Rn. 37 f. mwN) festgehalten. Die Revision zeigt ebenfalls keine Gesichtspunkte auf, die dem [X.] Veranlassung geben könnten, von seiner Rechtsprechung abzuweichen.

4. Die weiteren von der Klägerin geltend gemachten [X.] gegen das Berufungsurteil beziehen sich auf angebliche Beratungsfehler, wegen derer die Revision nicht zugelassen wurde. Sie können ihr deshalb nicht zum Erfolg verhelfen.

[X.]                            [X.]Maihold

                      Pamp                                   [X.]

Meta

XI ZR 368/11

16.10.2012

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Düsseldorf, 1. Juli 2011, Az: I-17 U 182/10, Urteil

§ 280 Abs 1 S 1 BGB, § 2 Abs 3 S 2 WpHG, § 31 WpHG, § 384 HGB, § 387 HGB, § 396 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.10.2012, Az. XI ZR 368/11 (REWIS RS 2012, 2281)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2281

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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