Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.06.2018, Az. 8 AZR 96/17

8. Senat | REWIS RS 2018, 8117

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) SCHADENSERSATZ ARBEITSVERTRAG FRIST

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Gegenstand

Schadensersatz - Ausschlussklausel - Geltendmachung - Fristbeginn - Fälligkeit


Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] - Kammern [X.] - vom 16. Dezember 2016 - 9 [X.]/16 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die [X.]arteien streiten darüber, ob der [X.]eklagte der Klägerin wegen der Herausgabe eines [X.]KW an einen Kunden sowie des dadurch verursachten Verlustes dieses [X.]KW zum Schadensersatz verpflichtet ist.

2

Der [X.]eklagte war vom 1. Mai 2014 bis zum 29. Febr[X.]r 2016 im [X.]utohaus der Klägerin als [X.]KW-Verkäufer tätig. Der [X.]rbeitsvertrag der [X.]arteien vom 3. [X.]pril 2014 enthält [X.]. die folgende [X.]egelung:

        

17.   

Verfallfristen

        

17.1   

        
        

[X.]lle [X.]nsprüche aus dem [X.]rbeitsverhältnis und solche, die mit dem [X.]rbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ausgenommen [X.]rovisionsansprüche, verfallen innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach [X.]eendigung des [X.]rbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.

        

…“    

3

Im Mai 2014 bestellte der [X.] bei der Klägerin einen [X.]KW [X.] zum Kaufpreis von 29.422,91 Euro. Dabei gab er an, das Fahrzeug über die [X.] finanzieren zu wollen. Der [X.]eklagte richtete sodann im [X.]amen der Klägerin für [X.] eine Darlehensanfrage an die [X.]. Diese teilte unter dem 8. Mai 2014 mit, dass sie dem Kunden das Fahrzeug gerne finanziere. In dem Schreiben der [X.] vom 8. Mai 2014 heißt es unter „[X.]uflagen/[X.]uszahlungsvoraussetzungen“ ferner:

        

„Für den Kunden ist nur eine Finanzierung möglich (Es liegen für diesen Kunden jedoch mehrere Kreditanfragen vor).“

4

Tatsächlich lag bei der [X.] ein weiterer Finanzierungsantrag des Kunden [X.] für ein Fahrzeug der Marke VW To[X.]reg vor. Da dieser Darlehensvertrag zustande kam, kam es nicht zum [X.]bschluss eines Darlehnsvertrages zur Finanzierung des [X.] 1.

5

Im [X.]etrieb der Klägerin bestand die [X.]nweisung, ein [X.]eufahrzeug, das entweder nicht vollständig bezahlt war oder für das keine gesicherte Finanzierung vorlag, nicht an einen Käufer herauszugeben, es sei denn, dass eine Einwilligung der [X.]eschäftsleitung vorlag.

6

[X.]m Freitag, den 19. September 2014 erschien der [X.] im [X.]utohaus der Klägerin, um den bestellten [X.]KW [X.] abzuholen. Er leistete eine [X.]nzahlung iHv. 9.125,00 Euro und drängte auf eine sofortige Überlassung des Fahrzeugs für das bevorstehende Wochenende. Er vereinbarte mit dem [X.]eklagten, das Fahrzeug am Montag, den 22. September 2014 zurückzubringen, woraufhin der [X.]eklagte ihm den [X.]KW [X.] überließ.

7

Der [X.] brachte das Fahrzeug allerdings nicht wieder zurück. Ebenso wenig entrichtete er den restlichen Kaufpreis. [X.]uf [X.]itten der Klägerin suchte der [X.]eklagte die vom Kunden [X.] angegebene [X.]eschäftsadresse in [X.] auf, wo ihm die Eigentümerin des Objekts erklärte, sie habe einen im Souterrain gelegenen [X.]aum an jemanden vermietet, der diesen wiederum an [X.] untervermietet habe. Der [X.] wurde dort nicht angetroffen.

8

[X.]uf eine von der Klägerin im September 2014 erstattete Strafanzeige hin wurde der [X.] am 30. Oktober 2014 in [X.] ([X.]) festgenommen. Das Fahrzeug [X.]KW [X.] wurde am 17. [X.]ovember 2014 in [X.] ([X.]) beschlagnahmt. [X.]m 4. März 2015 hob das [X.] den Haftbefehl auf. Das [X.]mtsgericht [X.] hob in der Folgezeit auf [X.]ntrag der Staatsanwaltschaft [X.] die [X.]eschlagnahme des Fahrzeugs auf, woraufhin die [X.] [X.]ehörden dieses wieder an [X.] herausgaben.

9

Seit Febr[X.]r 2015 stand die Klägerin, anwaltlich vertreten, in Kontakt mit den [X.]nwälten von [X.]. Diese teilten unter dem 23. Febr[X.]r 2015 mit, der [X.] sei sich wegen der geleisteten [X.]nzahlung und der Finanzierung des Fahrzeugs nicht bewusst gewesen, eine Unterschlagung zu begehen und wolle deswegen den [X.]estbetrag begleichen. Die Verhandlungen hierüber verliefen letztlich erfolglos.

Im [X.]pril 2015 beauftragte die Klägerin eine Detektei, um die Wiederbeschaffung des Fahrzeuges abzusichern. Diese berichtete mit Schreiben vom 21. [X.]pril 2015, dass sich unter der als Wohnanschrift von [X.] angegebenen [X.]dresse „Via [X.] [X.]“ kein Wohnsitz befinde; dort stehe lediglich ein heruntergekommenes [X.]ebäude, das vorher möglicherweise als [X.]ar oder [X.]estaurant genutzt worden sei. Mit Schreiben vom 30. [X.]pril 2015 informierte die Detektei die Klägerin darüber, dass Herr [X.] derzeit nicht auffindbar sei. Unter dem 5. Mai 2015 teilte sie schließlich mit, der [X.] habe auch unter der von der Klägerin neu ermittelten und von dieser mitgeteilten [X.]nschrift nicht erreicht werden können.

Im Mai 2015 beauftragte die Klägerin einen [X.] [X.]echtsanwalt damit, vor Ort Kontakt mit [X.] bzw. mit dessen [X.]nwälten aufzunehmen. Der [X.]echtsanwalt von [X.] teilte am 1. Juli 2015 mit, dass zunächst das Strafverfahren in [X.] eingestellt werden müsse, damit über eine einvernehmliche Lösung weiterverhandelt werden könne. Der [X.] [X.]echtsanwalt der Klägerin erhielt von den [X.] [X.]ehörden die [X.]uskunft, dass Herr [X.] in [X.] (unter der von ihm angegebenen [X.]dresse) gemeldet sei. [X.]nfang [X.]ugust 2015 entwarf die Klägerin eine Klage gegen den Kunden [X.], mit der sie diesen auf Herausgabe des Fahrzeugs [X.] und auf Schadensersatz in [X.]nspruch nahm. [X.]m 12. [X.]ugust 2015 ließ sie die Klageschrift in die [X.] Sprache übersetzen; am 20. [X.]ugust 2015 machte sie die Klage beim [X.] anhängig. [X.]ls Zustelladresse war dort [X.], [X.] angegeben.

[X.]achdem der [X.]eklagte mit Schreiben vom 16. [X.]ovember 2015 die fristgerechte Kündigung seines [X.]rbeitsverhältnisses erklärt hatte, forderte die Klägerin ihn mit Schreiben vom 20. [X.]ovember 2015 erfolglos auf, seine „Schadensersatzverpflichtung zunächst dem [X.]runde nach anzuerkennen und zu diesem Zweck das beigefügte Schuldanerkenntnis bis spätestens 4. Dezember 2015“ zurückzusenden.

[X.]m 2. Dezember 2015 teilte das [X.] der Klägerin mit, dass die Klage dem Kunden [X.] nicht habe zugestellt werden können, da dieser unter der angegebenen [X.]dresse in [X.] nicht wohne und nicht aufzufinden sei.

Mit der am 29. Dezember 2015 beim [X.]rbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin den [X.]eklagten auf Zahlung von Schadensersatz in [X.]nspruch genommen. Sie hat die [X.]uffassung vertreten, der [X.]eklagte habe dadurch, dass er das Fahrzeug [X.] ohne vollständige Kaufpreiszahlung und ohne gesicherte Finanzierung an den Kunden [X.] herausgegeben habe, schuldhaft seine arbeitsvertraglichen [X.]flichten verletzt. Hierdurch sei ihr ein Schaden iHv. insgesamt 29.191,61 Euro entstanden. Dieser [X.]etrag setze sich zusammen aus dem [X.] in Höhe von 20.297,91 Euro, Kraftstoffkosten iHv. 59,85 Euro, Detektivkosten iHv. 2.700,00 Euro, Kosten für die [X.]eauftragung des [X.] [X.]echtsanwalts iHv. 2.394,00 Euro sowie [X.]echtsanwalts- und [X.]erichtskosten für das Verfahren vor dem [X.] iHv. 3.739,85 Euro. Der [X.]nspruch sei nicht aufgrund der im [X.]rbeitsvertrag vereinbarten [X.]usschlussfrist verfallen. Zwar habe der [X.]eklagte seine [X.]flichten aus dem [X.]rbeitsverhältnis bereits am 19. September 2014 verletzt. Sie, die Klägerin, sei aber davon ausgegangen, dass der infolge der Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden [X.] eingetretene [X.]esitzverlust nur vorübergehend gewesen sei, weshalb sie umfangreiche [X.]nstrengungen zur Wiederbeschaffung des Fahrzeugs unternommen habe. [X.]ufgrund der Korrespondenz mit den [X.]echtsanwälten des Kunden [X.] habe sie noch auf Zahlung des Kaufpreises hoffen dürfen. [X.]achdem die Ermittlungen ergeben hätten, dass der [X.] in [X.] gemeldet sei, habe für sie immer noch die [X.]ussicht bestanden, das Fahrzeug aufgrund einer Klage zurückzuerhalten. Eine Vermögensminderung habe sie erst durch den dauerhaften Verlust des Fahrzeugs erlitten. Dies habe erst im Dezember 2015 festgestanden, nachdem die Zustellung der Klage an [X.] gescheitert sei. Erst zu diesem Zeitpunkt sei ihr Schadensersatzanspruch gegen den [X.]eklagten fällig gewesen. [X.]us der [X.] nach § 241 [X.]bs. 2 [X.][X.][X.] ergebe sich zudem, dass der [X.]rbeitgeber zunächst prüfen müsse, ob er eventuelle [X.]nsprüche gegen den [X.]rbeitnehmer abwenden könne, bevor er diesen auf Schadensersatz in [X.]nspruch nehme.

Die Klägerin hat beantragt,

        

den [X.]eklagten zu verurteilen, an sie 29.191,61 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf [X.]rozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz seit dem 22. [X.]ovember 2015 zu zahlen.

Der [X.]eklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die [X.]uffassung vertreten, sich nicht vertragswidrig verhalten zu haben. [X.]ach dem Schreiben der [X.] vom 8. Mai 2014 sei die Finanzierung des Fahrzeugs gesichert gewesen. Daher habe er auch bei einer [X.]ücksprache mit dem [X.]eschäftsführer [X.] der Klägerin, aufgrund derer dieser mit der Herausgabe des Fahrzeugs einverstanden gewesen sei, nichts anderes angeben müssen. Einem Schadensersatzanspruch der Klägerin stehe jedenfalls die [X.]usschlussklausel in Ziff. 17.1 des [X.]rbeitsvertrags entgegen. [X.]ls der [X.] das Fahrzeug am 22. September 2014 abredewidrig nicht zurückgebracht und sich herausgestellt habe, dass die von diesem angegebene [X.]nschrift in [X.] zweifelhaft gewesen sei, habe die Klägerin davon ausgehen müssen, dass sie den [X.]KW wohl nicht zurückerhalten werde. [X.]achdem der [X.] [X.]nwalt des Kunden [X.] im Febr[X.]r 2015 ernsthaft darauf hingewiesen habe, Herr [X.] habe nichts falsch gemacht, da er ja ermächtigt worden sei, das Fahrzeug mit nach Hause zu nehmen und zu Hause sei er in [X.], habe die Klägerin erkennen müssen, dass sie es mit einem unredlichen [X.]eschäftspartner zu tun habe. Spätestens jedoch, als das [X.]mtsgericht [X.] die [X.]eschlagnahme des Fahrzeugs aufgehoben habe und dieses im März 2015 wieder an [X.] herausgegeben worden sei, sei der Klägerin klar gewesen, dass sie den [X.]KW nie wiedersehen werde.

Das [X.]rbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete [X.]erufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der [X.]evision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der [X.]eklagte beantragt die Zurückweisung der [X.]evision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das [X.] hat die [X.]erufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den [X.]eklagten weder einen [X.]nspruch auf Zahlung von Schadensersatz iHv. [X.] Euro aus § 280 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] noch einen solchen aus § 823 [X.]bs. 1 [X.]G[X.]. Dabei kann vorliegend offenbleiben, ob der [X.]eklagte der Klägerin gegenüber wegen der Herausgabe des [X.]KW [X.] an den Kunden [X.] überhaupt dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet ist. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den [X.]eklagten war aufgrund der in Ziff. 17.1 des [X.]rbeitsvertrags der [X.]arteien vom 3. [X.]pril 2014 getroffenen [X.] am 20. [X.]ovember 2015, als die Klägerin sich erstmals an den [X.]eklagten wandte und diesen schriftlich aufforderte, seine Verpflichtung zum Schadensersatz zunächst dem Grunde nach anzuerkennen und ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben, bereits verfallen.

I. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch wird von der in Ziff. 17.1 des [X.]rbeitsvertrags der [X.]arteien getroffenen pauschalen [X.] erfasst. [X.]ach Ziff. 17.1 des [X.]rbeitsvertrags der [X.]arteien verfallen nämlich alle [X.]nsprüche aus dem [X.]rbeitsverhältnis und solche, die mit dem [X.]rbeitsverhältnis in Verbindung stehen, ausgenommen [X.]rovisionsansprüche, innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach [X.]eendigung des [X.]rbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.

II. Es kann dahinstehen, ob es sich bei der in Ziff. 17.1 des [X.]rbeitsvertrags der [X.]arteien vereinbarten [X.] um eine [X.]llgemeine Geschäftsbedingung handelt, wovon das [X.] bereits aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes der Klausel ausgegangen ist, und ob diese ggf. nach §§ 307 ff. [X.]G[X.], insbesondere nach § 309 [X.]r. 7 [X.]G[X.] unwirksam wäre. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könnte sich die Klägerin als Verwenderin auf eine Unwirksamkeit der Klausel nicht berufen. Die Inhaltskontrolle nach den [X.]estimmungen des [X.]G[X.]-Kontrollrechts schafft lediglich einen [X.]usgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den [X.], sie dient aber nicht dem Schutz des [X.]s vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen ([X.][X.]G 18. Dezember 2008 - 8 [X.]/08 - Rn. 42; 27. Oktober 2005 - 8 [X.] - Rn. 16; [X.]GH 5. [X.]pril 2006 - [X.]/05 - Rn. 19).

III. Die dreimonatige Verfallfrist nach Ziff. 17.1 des [X.]rbeitsvertrags der [X.]arteien war am 20. [X.]ovember 2015, als die Klägerin sich erstmals an den [X.]eklagten wandte und diesen schriftlich aufforderte, seine Verpflichtung zum Schadensersatz zunächst dem Grunde nach anzuerkennen und ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben, bereits abgelaufen. [X.]us diesem Grund kann dahinstehen, ob es sich bei dem Schreiben der Klägerin vom 20. [X.]ovember 2015 überhaupt um eine ordnungsgemäße schriftliche Geltendmachung iSv. Ziff. 17.1 des [X.]rbeitsvertrags handelt, was zweifelhaft ist, da es an einer hinreichenden Spezifizierung der Forderung der Höhe nach fehlt (vgl. zu diesem Erfordernis [X.][X.]G 18. Februar 2016 - 6 [X.] - Rn. 45, [X.][X.]GE 154, 118; 20. Juni 2002 - 8 [X.] - zu II 2 e aa der Gründe) oder ob die Klägerin ihre [X.]nsprüche erst mit ihrer Klage gegen den [X.]eklagten ordnungsgemäß iSd. [X.] geltend gemacht hat.

1. Die in Ziff. 17.1 des [X.]rbeitsvertrags der [X.]arteien bestimmte Verfallfrist von drei Monaten nach Fälligkeit hat spätestens am 12. [X.]ugust 2015 zu laufen begonnen, als die Klägerin sich entschlossen hatte, gegen den Kunden [X.] Klage zu erheben und die vorbereitete Klageschrift in die [X.] übersetzen ließ. Zu diesem Zeitpunkt waren die [X.]nsprüche der Klägerin fällig iSd. [X.]. Der [X.]egriff der Fälligkeit im Sinne einer [X.]usschluss- bzw. [X.] ist unter Einbeziehung des Kenntnisstandes des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichtspunkte interessengerecht auszulegen. Das entspricht im Grundsatz der Wertung des § 199 [X.]bs. 1 [X.]r. 2 [X.]G[X.]. Ein [X.]nspruch ist deshalb regelmäßig erst dann im Sinne der [X.]usschlussfrist fällig, wenn der Gläubiger ihn annähernd beziffern kann ([X.][X.]G 1. März 2006 - 5 [X.] - Rn. 14, [X.][X.]GE 117, 165; 27. Oktober 2005 - 8 [X.] - Rn. 19; 25. Mai 2005 - 5 [X.] - Rn. 28, [X.][X.]GE 115, 19).

2. Danach waren etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin spätestens am 12. [X.]ugust 2015, als diese sich entschieden hatte, gegen den Kunden [X.] Klage zu erheben und eine vorbereitete Klageschrift in die [X.] übersetzen ließ, fällig. Zu diesem Zeitpunkt stand - wie das [X.] in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat - aufgrund der Gesamtumstände für die Klägerin erkennbar fest, dass der Kunde [X.] weder den [X.]KW zurückgeben noch den restlichen Kaufpreis zahlen würde. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin auch in der Lage, die ihr durch die Herausgabe des Fahrzeugs [X.] an den Kunden [X.] und den dauerhaften Entzug dieses Fahrzeugs insgesamt entstandenen Schäden zumindest annähernd zu beziffern.

a) Das [X.] hat angenommen, spätestens am 12. [X.]ugust 2015 habe für die Klägerin erkennbar festgestanden, dass der Kunde [X.] weder den [X.]KW [X.] zurückgeben noch den restlichen Kaufpreis zahlen würde. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Kunde [X.] hatte das Fahrzeug [X.] entgegen der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung nicht am Montag, den 22. September 2014 zurückgebracht und sich auch nicht bei der Klägerin gemeldet. [X.]ereits mit ihrer noch im September 2014 gegen Herrn [X.] erstatteten Strafanzeige hatte die Klägerin deutlich gemacht, dass sie kein Vertrauen in die Lauterkeit dieses Kunden hatte. Zudem hatten die von ihr initiierten [X.]achforschungen des [X.]eklagten unter der vom Kunden [X.] angegebenen Geschäftsadresse ergeben, dass es sich hierbei offensichtlich um eine Scheinadresse handelte. [X.]ach [X.]ufhebung der [X.]eschlagnahme des Fahrzeugs durch das [X.] und nach Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden [X.] durch die [X.] [X.]ehörden konnte die Klägerin auch nicht mehr hoffen, mit Hilfe der Strafverfolgungsbehörden wieder in den [X.]esitz des Fahrzeugs zu gelangen. Darüber hinaus musste sich der Klägerin aufgrund der mit den [X.] [X.]nwälten des Kunden [X.] geführten Korrespondenz die Erkenntnis aufdrängen, dass die [X.]nwälte des Kunden [X.] lediglich eine „Hinhaltetaktik“ verfolgten und dass der Kunde [X.] keinesfalls zur Zahlung des Restkaufpreises oder zur Herausgabe des Fahrzeugs [X.] bereit war. [X.]uch die Ermittlungsergebnisse der von der Klägerin beauftragten Detektei sprechen dafür, dass die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt annehmen musste, weder den restlichen Kaufpreis noch das Fahrzeug vom Kunden [X.] zu erlangen. [X.]achdem sich sowohl die vom Kunden [X.] angegebene [X.]dresse in [X.] als auch die weitere [X.]dresse in [X.] ([X.]) als Scheinadressen erwiesen hatten, konnte die Klägerin auch nicht davon ausgehen, den Kunden [X.] unter der später ermittelten Meldeadresse in [X.] erfolgreich auf Herausgabe des Fahrzeugs bzw. Zahlung des Restkaufpreises in [X.]nspruch nehmen zu können.

b) Die Klägerin kann demgegenüber nicht mit Erfolg einwenden, erst aufgrund der gerichtlichen Mitteilung, wonach die Klage dem Kunden [X.] unter der [X.]nschrift in [X.] nicht habe zugestellt werden können, habe der endgültige Verlust des Fahrzeugs und damit der Schadenseintritt und dessen Umfang festgestanden, weshalb sie erst zu diesem Zeitpunkt den Schaden habe vollständig beziffern können.

aa) Zwar durfte die Klägerin zumutbare Ermittlungen über den Sachverhalt anstellen, bevor sie den [X.]eklagten auf Schadensersatz in [X.]nspruch nahm (vgl. hierzu [X.][X.]G 26. Mai 1981 - 3 [X.]ZR 269/78 - zu I 2 b der Gründe). [X.]llerdings diente die Klage gegen den Kunden [X.] nicht mehr der [X.]ufklärung des Sachverhalts, sondern der Wiederbeschaffung des Fahrzeugs und der Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs.

bb) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin war diese nach § 241 [X.]bs. 2 [X.]G[X.] weder gehalten noch berechtigt, zunächst Klage gegen den Kunden [X.] zu erheben, bevor sie den [X.]eklagten auf Schadensersatz in [X.]nspruch nahm.

(1) Gemäß § 241 [X.]bs. 2 [X.]G[X.] kann jede [X.]artei nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet sein. Der [X.]rbeitgeber ist daher gehalten, die im Zusammenhang mit dem [X.]rbeitsverhältnis stehenden Interessen des [X.]rbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter [X.]erücksichtigung der Interessen und [X.]elange beider Vertragsparteien nach [X.] und Glauben verlangt werden kann. Die Schutz- und Rücksichtnahmepflicht des [X.]rbeitgebers gilt auch für die Vermögensinteressen der [X.]rbeitnehmer (vgl. etwa [X.][X.]G 26. [X.]pril 2018 - 3 [X.]ZR 586/16 - Rn. 10 mw[X.]). Dies kann grundsätzlich zu der Verpflichtung des [X.]rbeitgebers führen, vorrangig den unmittelbar schädigenden Dritten in [X.]nspruch zu nehmen, bevor er [X.]nsprüche gegenüber dem mitverantwortlichen [X.]rbeitnehmer geltend macht. Dies gilt allerdings nur dann, wenn es dem geschädigten [X.]rbeitgeber bei klarer Rechtslage ohne weiteres möglich ist, den eigentlichen Schädiger mit rechtlichem und wirtschaftlichem Erfolg in [X.]nspruch zu nehmen (so [X.]alandt/[X.] 77. [X.]ufl. § 421 [X.]G[X.] Rn. 12; vgl. zur vorrangigen Inanspruchnahme des [X.] gegenüber der Inanspruchnahme des [X.]rbeitgebers: [X.][X.]G 16. März 1966 - 1 [X.]ZR 340/65 - zu VII der Gründe, [X.][X.]GE 18, 190).

(2) Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht erfüllt, weil gerade keine realistische [X.]ussicht bestand, den Kunden [X.] als eigentlichen Schädiger mit wirtschaftlichem Erfolg in [X.]nspruch zu nehmen. [X.]nfang [X.]ugust 2015, als die Klägerin sich entschlossen hatte, den Kunden [X.] gerichtlich auf Herausgabe des Fahrzeugs und Schadensersatz in [X.]nspruch zu nehmen, war aufgrund der unter Rn. 25 ausgeführten Umstände klar, dass weder eine Herausgabe- noch eine Zahlungsklage letztlich erfolgversprechend waren, sondern nur zur Entstehung zusätzlicher Kosten und damit zu einer Erhöhung des Schadens führen würden. Selbst wenn es der Klägerin gelungen wäre, ein Urteil zu ihren Gunsten zu erstreiten, bestand jedenfalls keine realistische [X.]ussicht, aus dem Urteil erfolgreich die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Es stand - im Gegenteil - [X.] [X.] sich einer Zwangsvollstreckung aus dem Urteil entziehen würde.

cc) [X.]us vorgenannten Gründen war die Klägerin auch nicht nach dem Rechtsgedanken des § 254 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]G[X.] gehalten bzw. berechtigt, zunächst Klage gegen den Kunden [X.] zu erheben, bevor sie den [X.]eklagten auf Schadensersatz in [X.]nspruch nahm.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Volz    

                 

Meta

8 AZR 96/17

07.06.2018

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Freiburg (Breisgau), 27. April 2016, Az: 1 Ca 223/15, Urteil

§ 241 Abs 2 BGB, § 611 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.06.2018, Az. 8 AZR 96/17 (REWIS RS 2018, 8117)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8117

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