Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.09.2011, Az. IV ZR 38/09

4. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3152

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Gegenstand

Valorenversicherung: Wirksamkeit eines im Voraus vereinbarten Ausschlusses der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung - HEROS II


Leitsatz

 HEROS II

Ein im Voraus vertraglich vereinbarter Ausschluss der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist mit dem von § 123 BGB bezweckten Schutz der freien Selbstbestimmung unvereinbar und deshalb unwirksam, wenn die Täuschung von dem Geschäftspartner selbst oder von einer Person verübt wird, die nicht Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 BGB ist. Das gilt auch im Verhältnis des Erklärenden zu durch die Vertragserklärung begünstigten Dritten (HEROS II, Fortführung von BGH, Urteil vom 17. Januar 2007, VIII ZR 37/06, VersR 2007, 1084) .

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 29. Januar 2009 zugelassen.

Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: bis 500.000 €

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt aus eigenem und von vier Schwestergesellschaften abgetretenem Recht von der [X.] als führendem Versicherer anteilige Versicherungsleistungen aus einer von Unternehmen der [X.] (im Folgenden: [X.]) mit mehreren Versicherungsunternehmen abgeschlossenen "[X.]". Deren Versicherungsbedingungen (im Folgenden: [X.]) lauten - nach der zuletzt ausgestellten Police Nr. 7509 - auszugsweise wie folgt:

"11.   

BESTIMMUNGEN FÜR DEN SCHADENFALL

                 

…       

        

11.3.1   

Schadenzahlungen können mit befreiender Wirkung nur direkt an die Auftraggeber der Versicherungsnehmerin für die vom Schaden betroffenen Transporte erfolgen. Das Aufrechnungsrecht des Versicherers gemäß § 35b [X.] ist insoweit ausgeschlossen.

        

…       

…       

        
                 

13.     

[X.]

                 

…       

        

13.4   

Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin beeinträchtigen den Versicherungsschutz nicht. Diese Vereinbarung gilt ausschließlich zugunsten der jeweiligen Auftraggeber.

…       

        
                 

15.     

[X.]

                 

…       

        

15.3   

Mitversicherung

        

…       

        

Alle der Führenden gegenüber und von dieser abgegebenen Meldungen, Anzeigen und Erklärungen sowie mit der Versicherungsnehmerin getroffene Vereinbarungen … sind in jeder Weise auch für die beteiligten Gesellschaften verbindlich.

        

…"    

2

Die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften sind Versicherte dieses Vertrages. Sie behaupten Schäden aus Bargeldentsorgungen aus der [X.] vom 14. bis zum 17. Februar 2006. Hiermit war die [X.] Transport GmbH aufgrund von mit der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften geschlossenen Rahmenverträgen beauftragt.

3

Die Versicherer der Police Nr. 7509 übersandten den jeweiligen Versicherten eine "Versicherungsbestätigung", welcher der Abschluss der Versicherung für die [X.], ferner unter anderem die versicherten Interessen, die Haftungshöchstsummen sowie Umfang und Gegenstand der Versicherung zu entnehmen waren.

4

Im Februar 2006 kam es zum Zusammenbruch der [X.]. Zahlreichen Auftraggebern, darunter nach ihrer Behauptung auch der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften, wurde den [X.]-Gesellschaften Mitte Februar zur Entsorgung überlassenes Bargeld nicht mehr (vollständig) auf ihren Konten gutgeschrieben. Nachdem im April 2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eröffnet worden war, focht die Beklagte den Versicherungsvertrag im Januar 2007 wegen arglistiger Täuschung an.

5

Die [X.]en streiten insbesondere darüber, ob diese Anfechtung wirksam und die Beklagte schon daher leistungsfrei ist, ferner darüber, ob die [X.] Transport GmbH im Umgang mit dem ihr anvertrauten Bargeld gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen und dadurch einen Versicherungsfall ausgelöst hat.

6

Das [X.] hat der Klage zum Teil stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] die zuletzt auf Zahlung von 468.552,53 € nebst Zinsen sowie Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache in Höhe von 32.745,46 € gerichtete Klage abgewiesen, da der Versicherungsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten sei. Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

7

II. Das Rechtsmittel führt zur Zulassung der Revision unter gleichzeitiger Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gemäß § 544 Abs. 7 ZPO. Dieses hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt, weil es deren Antrag auf Vernehmung zweier Zeugen übergangen hat.

8

1. [X.] einer Willenserklärung nach § 123 Abs. 1 [X.] setzt voraus, dass der Erklärende zu ihrer Abgabe durch eine arglistige Täuschung bestimmt worden ist. Das ist dann der Fall, wenn diese Täuschung einen Irrtum des Erklärenden hervorgerufen und dadurch dessen Entschluss zur Willenserklärung beeinflusst hat (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 2005 - [X.], [X.], 447 unter 1 a). Einen solchen vom Erklärenden, hier der [X.], [X.] und gegebenenfalls zu beweisenden Irrtum (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juli 1987 - [X.], NJW-RR 1987, 1415 unter [X.]) hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft festgestellt.

9

a) Es geht davon aus, bei der [X.] hätten spätestens seit Mitte der 1990er Jahre erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bestanden. Unter anderem um Liquiditätsengpässe auszugleichen, seien laufend die im Zuge von Transportaufträgen entgegengenommenen Gelder nicht sogleich den Konten der jeweiligen Auftraggeber gutgebracht, sondern zu Teilen zur Befriedigung anderweitig offen stehender Forderungen verwendet worden. Der Ausgleich für die dadurch zunächst geschädigten Auftraggeber sei zeitverzögert durch einen entsprechenden Zugriff auf spätere Geldtransporte erfolgt. Daraus habe sich eine vielfach als "Schneeballsystem" bezeichnete Dynamik wachsender Finanzierungslücken entwickelt. Von all dem habe die Beklagte bei Abschluss der Police Nr. 7509 jedoch noch keine konkrete Kenntnis gehabt.

Das stützt sich unter anderem auf folgende Erwägungen: Die [X.]-Verantwortlichen hätten ihr Geschäftsgebaren bei Vertragsschluss nicht offengelegt. Selbst wenn der [X.] einzelne Unregelmäßigkeiten aus den 1990er Jahren und seit dem Jahre 2000 bekannt gewesen wären, folge daraus nicht, dass sie in den Jahren 2000 und 2001 bereits aktuelles und positives Wissen über die erheblichen Fehlbeträge und die Insolvenzreife der [X.] gehabt habe. Bloße Verdachtsmomente genügten für eine solche Kenntnis nicht. Es komme hinzu, dass einzelne möglicherweise zunächst aufgetretene Probleme von [X.] stets "beseitigt" worden und deshalb weitgehend keine Versicherungsfälle abzuwickeln gewesen seien. Bis in die Spätphase habe das Schneeballsystem noch funktioniert. Auch die Klägerin habe vorgebracht, es sei bei ihr  abgesehen von wenigen, nicht regelmäßigen Verzögerungen  zu keinen Auffälligkeiten gekommen. Weiter hätten auch eine im Jahre 1993 ausgesprochene Kündigung, Schadenfälle aus den Jahren 1997 und 2001 und Prämienrückstände in der [X.] von 1998 bis 2000 noch keine ausreichenden Rückschlüsse auf den wirtschaftlichen Zustand der [X.] bei Abschluss der Police Nr. 7509 zugelassen.

Allein aus der Freundschaft zwischen dem [X.]-Geschäftsführer [X.]  und dem Mitarbeiter der [X.] [X.]könne ebenfalls nicht gefolgert werden, die Beklagte sei konkret in das Schneeballsystem eingeweiht gewesen und habe Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage der [X.] gehabt. Dagegen sprächen die Angaben des Zeugen [X.]   anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung im März 2006, wonach die Versicherer bis ins Jahr 2004 nicht gewusst hätten, dass die von [X.] geschuldeten Einzahlungen nicht fristgerecht und taggleich erfolgt seien.

b) Damit hat das Berufungsgericht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.

Es durfte einen Irrtum der hier für darlegungs- und beweispflichtigen [X.] nicht feststellen, ohne zuvor den von der Klägerin beantragten Beweis über die dieser Feststellung entgegenstehende Behauptung zu erheben, der Mitarbeiter der [X.] [X.], der zahlreiche Zuwendungen von Verantwortlichen der [X.] erhalten habe, sei über sämtliche Vorgänge bei [X.] unterrichtet gewesen und habe insbesondere gewusst, dass der Lebensstil des [X.]-Geschäftsführers [X.]   aus Unterschlagungen und Veruntreuungen finanziert worden sei.

aa) Von der Vernehmung der dafür benannten Zeugen [X.]und [X.]  durfte das Berufungsgericht nicht deshalb absehen, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet gewesen wären, dass ihre Erheblichkeit nicht hätte beurteilt werden können (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 1. Juni 2005 - [X.], NJW 2005, 2710 unter [X.]). Das Vorbringen der Klägerin war vielmehr hinreichend substantiiert, zumal sie selbst keine unmittelbare Kenntnis von internen Vorgängen bei der [X.] hat, was ihr die Darlegung und Beweisführung erschwert. In einem solchen Fall darf eine [X.] auch Tatsachen, deren Vorliegen sie lediglich vermutet, als feststehend behaupten und unter Beweis stellen, wenn  wie hier - für die Richtigkeit ihres Vorbringens hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird eine solche Beweisführung erst bei offensichtlicher Willkür oder Rechtsmissbrauch der vortragenden [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 5. April 2001  IX ZR 276/98, NJW 2001, 2327 unter I[X.] a und vom 11. Juli 1996  IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147 unter [X.]). Dafür ist hier angesichts zahlreicher - weitgehend unstreitiger und vom Berufungsgericht unterstellter - Anhaltspunkte, die für eine besondere Nähe zwischen den Zeugen [X.]und [X.]   sprechen, nichts ersichtlich.

bb) Die Beweiserhebung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die benannten Zeugen [X.]und [X.]   ungeeignete oder unerreichbare Beweismittel oder ihre Vernehmungen unzulässig gewesen wären.

Ihre auf § 384 Nr. 2 ZPO gestützte, umfassende Aussageverweigerung in einem anderen Rechtsstreit aus dem [X.]-Komplex (vgl. dazu das Zwischenurteil des [X.] vom 14. Juni 2010 - 8 U 21/09, juris, betreffend den Zeugen [X.]  ) führt nicht dazu, die beiden Zeugen im vorliegenden Rechtsstreit als völlig ungeeignete oder unerreichbare Beweismittel i.S. des § 244 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. zur Bedeutung dieser Vorschrift auch im Zivilprozess: [X.], Urteil vom 17. Februar 1970  III ZR 139/67, [X.]Z 53, 245, 258; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl. § 284 Rn. 8b; [X.], ZPO § 284 Rn. 35) anzusehen oder die beantragte Beweiserhebung für unzulässig zu erachten. Vielmehr gelten für eine solche Annahme strenge Maßstäbe (vgl. etwa [X.], Urteil vom 3. Mai 2006  [X.], [X.], 3416 Rn. 25; [X.], Urteil vom 22. Dezember 1981  5 [X.], [X.], 126 unter [X.]).

Eine solche Prüfung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen.

Es kommt hinzu, dass der Tatrichter im Falle einer Zeugnisverweigerung nach § 384 Nr. 2 ZPO - anders als in den Fällen des § 383 Abs. 1 Nr. 1  3 ZPO - nicht gehindert ist, diese im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung zu würdigen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Oktober 1993 - [X.], NJW 1994, 197 unter [X.] a; [X.] NJW 2011, 80, 81; [X.]/[X.], 3. Aufl. § 384 Rn. 4). Sollten die beiden Zeugen berechtigterweise an ihrer Zeugnisverweigerung festhalten, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob und inwieweit diese Weigerung bei der Gesamtbewertung aller Fallumstände Hinweise darauf gibt, welche Kenntnisse der Zeuge [X.] vom Geschäftsgebaren der [X.] hatte.

2. Der dargelegte Gehörsverstoß ist auch entscheidungserheblich, denn die übrigen Einwände der Klägerin gegen die Wirksamkeit der von der [X.] erklärten [X.] greifen nicht durch.

a) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Police Nr. 7509 handele es sich um den Abschluss eines neuen, zum 1. Dezember 2001 in [X.] getretenen Versicherungsvertrages und nicht lediglich um eine Änderung der zuvor bestehenden Police Nr. 7265, ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

aa) Ein neuer Vertrag liegt vor, wenn der aus den gesamten [X.] zu ermittelnde Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet war, die vertraglichen Beziehungen auf eine selbständige neue Grundlage zu stellen und sich nicht damit zu begnügen, einzelne Regelungen des bestehenden Vertrages zu modifizieren. Für einen neuen Vertrag spricht die Veränderung wesentlicher Vertragsinhalte, z.B. des versicherten Risikos, des versicherten Objekts, der Vertragsdauer, der Vertragsparteien und der Gesamtversicherungssumme (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 1988 - [X.] ZR 111/87, r+s 1989, 22, 23; [X.] [X.], 1681, 1682; [X.] VersR 2002, 1225; [X.], [X.] § 38 Rn. 9; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 37 Rn. 5; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 38 Rn. 6).

bb) Unter Beachtung dieser Maßstäbe und Heranziehung der den Einzelfall prägenden Umstände ist das Berufungsgericht ohne durchgreifenden Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, die Police Nr. 7509 sei als neuer, zum 1. Dezember 2001 in [X.] getretener Vertrag anzusehen. Entscheidungserheblichen Vortrag oder relevante Beweisangebote der Klägerin hat es - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht übergangen. Die Angriffe der Revision erschöpfen sich im Wesentlichen in dem revisionsrechtlich unbehelflichen Versuch, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts unter abweichender Bewertung einzelner Indizien durch eine vermeintlich bessere eigene Würdigung zu ersetzen.

Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht vorgenommenen Gesamtschau zahlreicher Umstände, die sich insbesondere auch nicht als willkürlich i.S. von Art. 3 Abs. 1 GG erweist, schließt der Senat weiter aus, dass einzelne von der Revision herausgegriffene Aspekte das Berufungsgericht zu einer anderen Entscheidung veranlasst hätten, mögen sie auch  für sich betrachtet  auf eine Verlängerung der früheren Police hindeuten.

(1) Das gilt auch, soweit das Berufungsgericht übersehen hat, dass [X.] von und zu einer Bank in [X.] bereits seit 1996 auf der Grundlage einer Zusatzvereinbarung von der Police Nr. 7265 umfasst waren, weshalb seine Annahme, die in Ziffer 4.1.11 der Police Nr. 7509 getroffene "Sondervereinbarung [X.]" enthalte eine Neuregelung, nicht zutrifft. Der Senat schließt aus, dass das Berufungsgericht, hätte es dies erkannt, zu einer anderen Bewertung der Police Nr. 7509 gelangt wäre.

(2) Ohne Erfolg rügt die Beschwerde in diesem Zusammenhang, es sei angebotener Zeugenbeweis übergangen worden. Von einer näheren Begründung sieht der Senat insoweit nach § 564 Satz 1 ZPO ab.

b) Ziffer 13.4 [X.] enthält, selbst wenn man den Wortlaut der Klausel auch auf eine vorvertragliche arglistige Täuschung des Versicherungsnehmers beziehen wollte, keinen wirksamen Ausschluss der [X.].

aa) Ein im Voraus vereinbarter Ausschluss des Anfechtungsrechts aus § 123 Abs. 1 [X.] ist nach allgemeiner Auffassung unwirksam, wenn die Täuschung vom Geschäftspartner selbst oder von einer Person verübt wird, die nicht Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 [X.] ist (vgl. [X.], Urteil vom 17. Januar 2007 - [X.], [X.], 1084 Rn. 18).

§ 123 [X.] schützt die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit ([X.], Urteil vom 24. Oktober 1968 - [X.], [X.]Z 51, 141, 147; [X.], 43, 55), indem die Vorschrift gewährleistet, dass eine Willenserklärung, die nicht als Ausdruck freier rechtsgeschäftlicher Selbstbestimmung angesehen werden kann, weil die Willensbildung des Erklärenden von Täuschung oder Drohung beeinflusst ist, der Anfechtung unterliegt (vgl. dazu nur [X.]/[X.], 5. Aufl. § 123 Rn. 1). Wird diese im Voraus ausgeschlossen, liefert sich der Erklärende der Willkür des Vertragspartners aus und gibt seine freie Selbstbestimmung vollständig auf. Dem [X.] wird ermöglicht, Vorteile aus seiner Täuschung zu ziehen, ohne eine Rückabwicklung des Vertrages befürchten zu müssen. Dafür verdient der arglistig Täuschende nicht den Schutz der Rechtsordnung (vgl. [X.], Urteil vom 17. Januar 2007 aaO).

Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Willenserklärung einer juristischen oder natürlichen Person in Rede steht. Das aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf freie Willensbildung steht, da es korporativ betätigt werden kann (Art. 19 Abs. 3 GG; vgl. [X.] 106, 28, 42 ff.), juristischen und privaten Personen gleichermaßen zu (vgl. [X.], [X.]. § 123 Rn. 44).

bb) Für das Verhältnis zwischen der [X.] als Versicherer und der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften als von Ziff. 13.4 [X.] begünstigte Versicherte gilt nichts anders.

Auch wenn den Versicherern die Berufung auf eine [X.] lediglich gegenüber den Versicherten verwehrt bliebe, wären Erstere der Willkür der täuschenden Versicherungsnehmerin ausgeliefert und ihrer freien rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung beraubt. Da Versicherungsleistungen nach Ziffer 11.3.1 Abs. 1 Satz 1 [X.] an die Versicherten zu erbringen sind, liefe der Schutz des § 123 [X.] gerade dann ins Leere, wenn die durch Täuschung geschaffene Verpflichtung gegenüber den Versicherten bestehen bliebe.

cc) § 334 [X.] steht der Geltendmachung der Anfechtungsfolgen gegenüber der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften ebenfalls nicht entgegen. Als Versicherte des zwischen der [X.] und den beteiligten Versicherern geschlossenen Vertrages können sie Rechte nur so erwerben, wie die Versicherungsnehmerin sie gestaltet hat (vgl. [X.], Urteil vom 19. Januar 1967 - [X.], [X.], 343 unter [X.]; [X.], [X.] § 75 Rn. 4). Ihnen stehen nach § 334 [X.] alle Einwendungen entgegen, die dem Versicherer aus dem Vertrag oder auch dessen Nichtigkeit erwachsen. Dazu zählt der Einwand der Anfechtung (vgl. nur [X.], [X.] § 74 Rn. 27).

dd) Auch aus den [X.], die die Beklagte den Versicherten übersandt hat, erwachsen Letzteren in Bezug auf die [X.] keine weitergehenden Rechte. Das Berufungsgericht hat diese Bestätigungen zu Recht als lediglich deklaratorische Informationsschreiben angesehen, die dazu dienten, die Versicherten über den Abschluss einer Versicherung zwischen der [X.] und der [X.] zu unterrichten und den Inhalt dieses Vertrages zusammenzufassen. Eine gesonderte Begründung, Stärkung und Sicherung von Rechten der Versicherten folgt daraus nicht (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 2000 - [X.] ZR 28/00, [X.], 235 unter [X.]). Die Beklagte hat mit den Bestätigungen keinen über die Regelungen des Versicherungsvertrages hinausgehenden Sicherungszweck verfolgt (anders bei in einem Kfz-Sicherungsschein: Senatsurteil vom 15. November 1978 - [X.] ZR 183/77, [X.], 176 unter 1; [X.], Urteil vom 25. November 1963 - [X.], [X.]Z 40, 297, 302 f.; vgl. Brand in Bruck/[X.], [X.] 9. Aufl. § 44 Rn. 30, 32). Sie war deshalb auch nicht gehalten, diese Bestätigungen gesondert anzufechten.

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Frage, ob die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften den Anfechtungsgrund kannten, für die Wirksamkeit der Anfechtung ohne Bedeutung ist, weil § 123 Abs. 2 [X.] hier nicht anzuwenden ist. Sowohl § 123 Abs. 2 S. 1 als auch Abs. 2 S. 2 [X.] setzen voraus, dass die Täuschung von einem Dritten ausgeht, und können mithin nicht eingreifen, wenn allein eine Täuschung durch den [X.] - hier die [X.] als Versicherungsnehmerin - in Rede steht (vgl. [X.], Urteil vom 8. Dezember 1959 - [X.], [X.]Z 31, 321, 327 f.).

d) Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht an, die [X.] habe der [X.] bei Abschluss der Police Nr. 7509 ihr bis dahin praktiziertes Geschäftsverhalten (vgl. zum Schneeballsystem unter [X.] a) offenbaren müssen.

aa) Die tatsächlichen Grundlagen, aus denen dies hergeleitet wird, hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die strafrechtliche Verurteilung der Geschäftsführer von Unternehmen der [X.] durch das [X.] Hildesheim und in Übereinstimmung mit der dazu ergangenen Revisionsentscheidung des 3. Strafsenats des [X.] (Beschluss vom 1. April 2008 - 3 [X.], [X.], 427) in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt und dabei die für seine Überzeugungsbildung wesentlichen Gesichtspunkte nachvollziehbar darlegt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 16. März 2005 - [X.] ZR 140/04, NJW-RR 2005, 1024 unter 1 und 2; [X.], Urteil vom 22. Januar 1991 - [X.], NJW 1991, 1894 unter [X.]).

bb) Das Berufungsgericht durfte die [X.] in diesem Zusammenhang auch als Verbund von Unternehmen ansehen, bei dem es entbehrlich war, das Maß der gebotenen Sachaufklärung nach den einzelnen [X.]-Unternehmen zu differenzieren. Vor allem gesteuert durch K.     [X.]   als ihr zumindest faktischer Geschäftsführer (vgl. schon [X.], Beschluss vom 1. April 2008 - 3 [X.], [X.], 427 unter [X.] bb) wirkten die Unternehmen der [X.] zur Aufrechterhaltung des [X.] arbeitsteilig zusammen.

(1) Zwar muss ein Vertragspartner im Allgemeinen nicht über alle Umstände aufgeklärt werden, die für seine Entscheidung von Bedeutung sein können. Anderes gilt aber dann, wenn eine solche Mitteilung aufgrund der konkreten Gegebenheiten nach der Verkehrsauffassung erwartet werden darf (vgl. nur [X.], Urteil vom 12. Juli 2001 - [X.], NJW 2001, 3331 unter [X.]). So liegt der Fall hier. Angesichts der unlauteren Geschäftspraktiken der [X.] drohten bereits zur [X.] des Vertragsschlusses jederzeit die Entdeckung und der Zusammenbruch des [X.] mit der Folge, dass die Unternehmen der [X.] insolvent werden und zahlreiche Auftraggeber in diesem Fall die den [X.]-Unternehmen zum Transport übergebenen Gelder beziehungsweise deren Gegenwert verlieren konnten. Losgelöst von der Frage, ob die so entstehenden Ausfälle in jedem Fall einen Versicherungsfall dargestellt hätten, stand für die Verantwortlichen der [X.] jedenfalls zu erwarten, dass die Versicherer im Falle der Entdeckung des [X.] und dem dann unvermeidlichen Zusammenbruch der Geschäfte durch zahlreiche Versicherte in Anspruch genommen würden. Daher lag allein im Betreiben dieses [X.] bereits eine anzeigepflichtige unmittelbare Gefährdung des Vertragszwecks der Versicherung (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1989 - [X.] ZR 197/87, [X.], 465 unter [X.]; [X.], Urteil vom 4. März 1998 - [X.], NJW-RR 1998, 1406 unter [X.]). Durch Verschweigen der geschilderten Gefahren verlagerte die [X.] ihr eigenes wirtschaftliches Wagnis zum Teil auf die Versicherer und belastete diese bewusst mit einem Risiko, das über die mit dem Abschluss einer Valoren-Transport-Versicherung normalerweise verbundenen Gefahren erheblich hinausging (vgl. [X.], Urteil vom 11. Februar 1999 - [X.], NJW 1999, 2032 unter [X.] a).

(2) Dabei ist es hier unerheblich, dass sich die Verantwortlichen der [X.] bei [X.] ihrer Geschäftspraktiken gegenüber den Versicherern unerlaubter Handlungen hätten bezichtigen müssen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 8. Dezember 1997 - [X.], NJW 1998, 1315 unter [X.]). Aus dem strafprozessualen Privileg, sich nicht selbst einer Straftat bezichtigen zu müssen, erwächst kein Anspruch darauf, ungeachtet des Verschweigens solcher Umstände dennoch private Rechte voll durchzusetzen (vgl. dazu [X.] NStZ 1995, 599, 600) oder sich gar versicherungsvertragliche Vorteile zu erschleichen.

Dem steht das Senatsurteil vom 24. September 1986 ([X.] ZR 229/84, [X.], 1089 unter 2) nicht entgegen. In jenem Verfahren stand zur Entscheidung, ob der Versicherungsnehmer einer Feuerversicherung bei Vertragsschluss unaufgefordert mitteilen müsse, dass er sich in der Vergangenheit  erkannt oder unerkannt  einmal strafbar gemacht habe. In diesem Zusammenhang hat der Senat dem Versicherungsnehmer, der vom Versicherer nach einer solchen strafrechtlichen Vergangenheit nicht ausdrücklich gefragt worden war, ein "Recht auf (Ver-)Schweigen" zugestanden, da ein Teilnehmer am allgemeinen rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht erwarten könne, dass sich jemand bei zivilrechtlichen Vertragsverhandlungen unaufgefordert durch Selbstbezichtigung (auch) einer strafrechtlichen Verfolgung erst aussetzen werde. Um eine solche, allein die allgemeine persönliche Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Versicherungsnehmers betreffende [X.] früheren strafbaren Verhaltens geht es hier aber nicht. Vielmehr betrafen die verschwiegenen Geschäftspraktiken unmittelbar das zu versichernde Risiko. Sie stellten, wie das Berufungsgericht zu Recht hervorgehoben hat, auch keinen in der Vergangenheit abgeschlossenen Vorgang dar, sondern dauerten fort und setzten die Versicherungsnehmerin der Gefahr der Insolvenz und die Versicherer einem deutlich erhöhten Risiko der Inanspruchnahme aus.

e) [X.]serklärung der [X.] vom 8. Januar 2007 leidet an keinem ihre Wirksamkeit ausschließenden Mangel.

Sie ist an den Insolvenzverwalter der [X.] gerichtet, auf die Police Nr. 7509 bezogen, wurde ausdrücklich im Namen aller Mitversicherer abgegeben und war geeignet, nicht nur den mit der [X.] im Rahmen einer offenen Mitversicherung geschlossenen Vertrag, sondern den Versicherungsvertrag als Ganzes zu erfassen.

aa) [X.] in Ziffer 15.3 [X.] verleiht - für einen durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Versicherungsnehmer einer Transportversicherung ohne weiteres erkennbar (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Mai 2011 - [X.] ZR 117/09, [X.], 918 Rn. 22) - der [X.] als führendem Versicherer die Befugnis, Willenserklärungen im Namen der übrigen Mitversicherer abzugeben und diese aktiv zu vertreten (vgl. dazu MünchKomm-[X.]/[X.], § 77 Rn. 14; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 58 Rn. 6; [X.] in [X.]/de la Motte/[X.], [X.]. [X.] § 77 Rn. 246; [X.], [X.], 33, 34; [X.]/Dreher, [X.], 289, 291; 2005, 717, 724). Sie wird dadurch auf der Seite der Versicherer mit der umfassenden Wahrnehmung aller aus dem Vertragsverhältnis erwachsenden Aufgaben betraut. Dies umfasst auch Erklärungen, die sich auf den Bestand des Vertrages auswirken können. Angesichts dieser bereits im Versicherungsvertrag erteilten Bevollmächtigung war für eine Zurückweisung der Anfechtung nach § 174 Satz 1 [X.] durch den Insolvenzverwalter kein Raum.

bb) Einer zusätzlichen Anfechtungserklärung gegenüber den Versicherten bedurfte es nicht. Bei der hier genommenen Versicherung für fremde Rechnung sind grundsätzlich alle Erklärungen, die den Vertrag als solchen und nicht lediglich Pflichten der Versicherten oder deren Rechtsausübung betreffen (vgl. [X.], [X.] § 75 Rn. 3; Brand in Bruck/[X.], [X.] 9. Aufl. § 44 Rn. 8), gegenüber dem Versicherungsnehmer abzugeben. Es verbleibt insofern bei der Regel des § 143 Abs. 2, 1. Halbsatz [X.] (vgl. [X.], [X.] § 22 Rn. 37; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 45 Rn. 3). Auf die Wirksamkeit der von der [X.] dennoch auch gegenüber Versicherten abgegebenen Anfechtungserklärungen kommt es deshalb nicht an.

f) Ob einerseits die Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 1 [X.] eingehalten und andererseits der Versicherungsvertrag möglicherweise gemäß § 144 [X.] bestätigt wurde, kann abschließend erst entschieden werden, wenn geklärt ist, in welchem Umfang und ab welchem [X.]punkt die Beklagte oder ein ihr möglicherweise gleichstehender [X.] Kenntnis von denjenigen Tatsachen hatte, über die sie nach ihrer Behauptung getäuscht worden ist.

aa) Die Jahresfrist des § 124 Abs. 1 [X.] beginnt mit der Entdeckung der Täuschung durch den [X.] zu laufen, also mit der Entdeckung des Irrtums und des Umstandes, dass dieser durch eine Täuschung veranlasst worden ist. Nicht ausreichend ist ein bloßes Kennenmüssen; auch ein bloßer Verdacht, getäuscht worden zu sein, genügt nicht (vgl. [X.]/[X.], 5. Aufl. § 124 Rn. 2; [X.]/Singer/von Finckenstein, [X.] [2004] § 124 Rn. 4).

Das hat das Berufungsgericht seinen Überlegungen zutreffend zugrunde gelegt. Seine weiteren, im Übrigen rechtsfehlerfreien Ausführungen zur Wahrung der Anfechtungsfrist gehen allerdings von der fehlerhaft getroffenen Feststellung aus, die Beklagte habe sich bei Abgabe ihrer Vertragserklärung in einem Irrtum über die Geschäftspraktiken der [X.] befunden. Da dieser Punkt weiterer Aufklärung bedarf, kann noch nicht abschließend entschieden werden, ob und gegebenenfalls wann die Anfechtungsfrist zu laufen begonnen hat.

bb) Ähnliches gilt für die Frage einer Bestätigung des Versicherungsvertrages nach § 144 [X.]. Sie setzt voraus, dass der ursprünglich [X.] eindeutig zum Ausdruck bringt, den Vertrag endgültig als wirksam gelten zu lassen (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2010] § 144 Rn. 1), und dies zu einem [X.]punkt äußert, zu dem er bereits weiß oder mindestens mit der Möglichkeit rechnet, dass der Gegner ihn bewusst getäuscht hat. Außerdem muss er wissen, dass sich daraus für ihn ein Anfechtungsrecht ergibt (vgl. [X.], Urteil vom 14. März 1990 - [X.], NJW-RR 1990, 817 unter I[X.]; [X.], 116, 119; [X.]/[X.], [X.] [2010] § 144 Rn. 7).

Zwar hat das Berufungsgericht diese Voraussetzungen auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen ohne Rechtsfehler verneint. Auch insoweit bedarf die Sache aber neuer Verhandlung und Entscheidung, weil neu geprüft werden muss, ob und gegebenenfalls ab welchem [X.]punkt die Beklagte Kenntnis von dem von der [X.] praktizierten Schneeballsystem hatte.

Erst danach kann auch entschieden werden, inwieweit rechtsgeschäftlichen Äußerungen der [X.] nach Vertragsschluss möglicherweise ein Bestätigungswille entnommen werden kann.

III. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:

Greift die Anfechtung bezüglich der Police Nr. 7509 nach § 123 Abs. 1 [X.] durch, wird neu zu prüfen sein, ob sie auch die einvernehmliche Aufhebung der [X.] Nr. 7265 erfasst und im Ergebnis zu deren Wiederaufleben führt.

Soweit das Berufungsgericht dies bisher verneint hat, begegnet die Begründung des Berufungsurteils rechtlichen Bedenken.

1. Ist der Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, wird davon gemäß § 139 [X.] das gesamte Rechtsgeschäft erfasst, es sei denn die Fallumstände rechtfertigen die Annahme, der nicht unmittelbar von der Nichtigkeit betroffene Teil des Rechtsgeschäftes wäre auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden. § 139 [X.] erfordert damit zunächst eine Klärung der Frage, ob ein einheitliches Rechtsgeschäft vorliegt, welches lediglich teilweise der Anfechtung unterliegt, oder ob zwei selbständige Rechtsgeschäfte abgeschlossen worden sind, auf die § 139 [X.] keine Anwendung findet.

2. Ein einheitliches Rechtsgeschäft i.S. von § 139 [X.] liegt vor, wenn der Wille der [X.]en dahin geht, dass die möglicherweise äußerlich getrennten Rechtsgeschäfte miteinander stehen und fallen sollten, mithin das eine nicht ohne das andere von den [X.]en gewollt war (vgl. dazu [X.], Urteil vom 24. Oktober 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 395 Rn. 17 m.w.N.; [X.] [X.], 1681, 1682 f.).

Dafür spricht hier, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit dem Abschluss der zum 1. Dezember 2001 in [X.] tretenden Police Nr. 7509 zugleich die vorzeitige Aufhebung der anderenfalls noch bis einschließlich Dezember 2001 geltenden Police Nr. 7265 einhergehen sollte. Insoweit liegen nicht einmal äußerlich getrennte Vertragserklärungen vor, sondern die vorwiegend die neue Police betreffenden Erklärungen erfassten zugleich stillschweigend die [X.].

Dennoch hat das Berufungsgericht ein einheitliches Rechtsgeschäft mit der Erwägung verneint, es habe im Falle einer erfolgreichen [X.] nicht dem Willen der [X.]en entsprochen, auch den Aufhebungsvertrag betreffend die Police Nr. 7265 zu vernichten und letzterer auf diese Weise wieder Geltung zu verschaffen. Für die Versicherungsnehmerin sei vielmehr offensichtlich gewesen, dass die Beklagte bei Kenntnis der ihr verschwiegenen Gefahrumstände den alten Versicherungsvertrag jederzeit hätte kündigen können.

3. Das ist nicht frei von [X.], denn bei der Ermittlung des für die Einheitlichkeit maßgeblichen [X.]willens ist auf den [X.]punkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen ([X.]/[X.], [X.] 70. Aufl. § 139 Rn. 5) und nicht danach zu fragen, welche [X.]interessen bei Erklärung der [X.] bestanden. Für die Annahme eines einheitlichen Rechtsgeschäfts kann im Übrigen der diesbezügliche Wille einer der Vertragsparteien genügen, wenn er für die andere [X.] erkennbar war und von ihr gebilligt oder jedenfalls hingenommen wurde ([X.], Urteil vom 9. Juli 1992  IX ZR 209/91, [X.], 3238 unter [X.] b m.w.N.).

Das Berufungsgericht hat insoweit nicht geprüft, ob die Aufhebung des bestehenden Versicherungsvertrages (Police Nr. 7265) bei den Verhandlungen über die Police Nr. 7509 zumindest von der Versicherungsnehmerin nicht ohne den gleichzeitigen Neuabschluss gewollt war und ob dies für die Annahme eines einheitlichen Rechtsgeschäfts deshalb ausreichte, weil die Beklagte bei Abschluss der Police Nr. 7509 erkannt und akzeptiert hat, dass beide Rechtsgeschäfte jedenfalls für die Versicherungsnehmerin miteinander stehen und fallen sollten. Demgegenüber kommt es auf die Frage, ob die Beklagte bei Kenntnis der Geschäftspraktiken der [X.] berechtigt gewesen wäre, die Police Nr. 7265 jederzeit fristlos oder ordentlich zu kündigen, nicht an. Maßgeblich ist allein, ob der ursprüngliche Versicherungsvertrag nach der Vorstellung der [X.]en auch ohne den Neuabschluss hätte aufgehoben werden sollen. Das ist ohne Berücksichtigung des später erkannten [X.] und nicht allein anhand der Interessen der [X.] zu beurteilen.

Dr. Kessal-Wulf                                                          Wendt                                                   Felsch

                                     Harsdorf-Gebhardt                                          Dr. Brockmöller

Meta

IV ZR 38/09

21.09.2011

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Celle, 29. Januar 2009, Az: 8 U 93/08, Urteil

§ 123 Abs 1 BGB, § 123 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.09.2011, Az. IV ZR 38/09 (REWIS RS 2011, 3152)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3152

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