Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2011, Az. IV ZR 38/09

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3176

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 38/09
vom

21.
September 2011

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

[X.]

[X.] §
123

Ein im Voraus vertraglich vereinbarter Ausschluss der Anfechtung wegen arg-listiger Täuschung ist mit dem von §
123 [X.] bezweckten Schutz der freien Selbstbestimmung unvereinbar und deshalb unwirksam, wenn die Täuschung von dem Geschäftspartner selbst oder von einer Person verübt wird, die nicht Dritter i.S. des §
123 Abs.
2 [X.] ist. Das gilt auch im Verhältnis des Erklä-renden zu durch die Vertragserklärung begünstigten [X.] ([X.], Fort-führung von [X.], Urteil vom 17. Januar 2007
[X.], [X.], 1084).

[X.], Beschluss vom 21.
September 2011 -
IV ZR 38/09 -
[X.]

LG Hannover

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die [X.], [X.], [X.], die Richte-rinnen Harsdorf-Gebhardt und Dr. Brockmöller

am 21.
September 2011

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 29.
Januar 2009 zugelassen.

Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß §
544 Abs.
7 ZPO aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: bis 500.000

Gründe:

[X.] Die Klägerin begehrt aus eigenem und von vier Schwestergesell-schaften abgetretenem Recht von der [X.] als führendem Versi-cherer anteilige Versicherungsleistungen aus einer von Unternehmen der [X.] (im Folgenden: [X.]) mit mehreren Versiche-rungsunternehmen abgeschlossenen "[X.]". Deren [X.]
-
3
-

sicherungsbedingungen (im Folgenden: [X.]) lauten -
nach der zuletzt ausgestellten Police Nr.
7509
-
auszugsweise wie folgt:

"11.
BESTIMMUNGEN FÜR DEN SCHADENFALL

11.3.1
Schadenzahlungen können mit befreiender Wirkung nur direkt an die Auftraggeber der Versicherungsneh-merin für die vom Schaden betroffenen Transporte er-folgen. Das Aufrechnungsrecht des Versicherers ge-mäß §
35b [X.] ist insoweit ausgeschlossen.

13.
OBLIEGENHEITEN

13.4
Verstöße gegen Obliegenheiten, sonstige Rechts-pflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versiche-rungsnehmerin beeinträchtigen den Versicherungs-schutz nicht. Diese Vereinbarung gilt ausschließlich zugunsten der jeweiligen Auftraggeber.

15.
SCHLUSSBESTIMMUNGEN

15.3
Mitversicherung

Alle der Führenden gegenüber und von dieser abge-gebenen Meldungen, Anzeigen und Erklärungen sowie mit der Versicherungsnehmerin getroffene Vereinba-

auch für die beteiligten Gesellschaften verbindlich.

Die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften sind Versicherte dieses Vertrages. Sie behaupten Schäden aus Bargeldentsorgungen aus der [X.] vom
14. bis zum 17.
Februar 2006. Hiermit war die [X.]
2
-
4
-

Transport GmbH aufgrund von mit der Klägerin und ihren [X.] geschlossenen Rahmenverträgen beauftragt.

Die Versicherer der Police Nr.
7509 übersandten den jeweiligen Versicherten eine "Versicherungsbestätigung", welcher der Abschluss
der Versicherung für die [X.], ferner unter anderem die ver-sicherten Interessen, die Haftungshöchstsummen sowie Umfang und Gegenstand der Versicherung zu entnehmen waren.

Im Februar
2006 kam es zum Zusammenbruch der [X.]. Zahlreichen Auftraggebern, darunter nach ihrer Behauptung auch der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften, wurde den [X.] Mitte Februar zur Entsorgung überlassenes Bar-geld nicht mehr (vollständig) auf ihren Konten gutgeschrieben. Nachdem im April
2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] eröffnet worden war, focht die Beklagte den Versicherungsver-trag im Januar
2007 wegen arglistiger Täuschung an.

Die [X.]en streiten insbesondere darüber, ob diese Anfechtung wirksam und die
Beklagte schon daher leistungsfrei ist, ferner darüber, ob die [X.] im Umgang mit dem ihr anvertrauten Bargeld gegen vertragliche Verpflichtungen verstoßen und dadurch einen Versicherungsfall ausgelöst hat.

Das [X.] hat der Klage zum Teil stattgegeben. Auf die Be-rufung der [X.] hat das [X.] die zuletzt auf Zahlung von 468.552,53

Rechtsstreits in der Hauptsache in Höhe von 32.745,46

a-ge abgewiesen, da der Versicherungsvertrag wirksam wegen arglistiger 3
4
5
6
-
5
-

Täuschung angefochten sei. Die Revision wurde nicht zugelassen. [X.] wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

I[X.] Das Rechtsmittel führt zur Zulassung der Revision unter gleich-zeitiger Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gemäß §
544 Abs.
7 ZPO. Dieses hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs.
1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt, weil es deren Antrag auf Vernehmung zweier Zeugen übergangen hat.

1. Die Anfechtung einer Willenserklärung nach § 123 Abs. 1 [X.] setzt voraus, dass der Erklärende zu ihrer Abgabe durch eine arglistige Täuschung bestimmt worden ist. Das ist dann der Fall, wenn diese [X.] einen Irrtum des Erklärenden hervorgerufen und dadurch dessen Entschluss zur Willenserklärung beeinflusst hat (vgl. [X.], Urteil vom 22.
Februar 2005 -
X
ZR 123/03, MMR
2005, 447 unter
1
a). Einen [X.] vom Erklärenden, hier der [X.], [X.] und [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Juli 1987 -
V
ZR 152/86, NJW-RR
1987, 1415 unter
II
3) hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft festgestellt.

a) Es geht davon aus, bei der [X.] hätten spätestens seit Mitte der 1990er
Jahre erhebliche finanzielle Schwierigkeiten [X.]. Unter anderem um Liquiditätsengpässe auszugleichen, seien laufend die im Zuge von Transportaufträgen entgegengenommenen Gel-der nicht sogleich den Konten der jeweiligen Auftraggeber gutgebracht, sondern zu Teilen zur Befriedigung anderweitig offen stehender Forde-rungen verwendet worden. Der Ausgleich für die dadurch zunächst ge-7
8
9
-
6
-

schädigten Auftraggeber sei zeitverzögert durch einen entsprechenden Zugriff auf spätere Geldtransporte erfolgt. Daraus habe sich eine vielfach als "Schneeballsystem" bezeichnete Dynamik wachsender Finanzie-rungslücken entwickelt. Von all dem habe die Beklagte bei Abschluss der Police Nr.
7509 jedoch noch keine konkrete Kenntnis gehabt.

Das stützt sich unter anderem auf folgende Erwägungen: Die [X.] hätten ihr Geschäftsgebaren bei [X.] nicht offengelegt. Selbst wenn der [X.] einzelne [X.] aus den 1990er Jahren und seit dem Jahre 2000 bekannt gewesen wären, folge daraus nicht, dass sie in den Jahren 2000 und 2001 bereits aktuelles und positives Wissen über die erheblichen Fehlbe-träge und die Insolvenzreife der [X.] gehabt habe. Bloße Verdachtsmomente genügten für eine solche Kenntnis nicht. Es komme
hinzu, dass einzelne möglicherweise zunächst aufgetretene Probleme von [X.] stets "beseitigt" worden und deshalb weitgehend keine [X.] abzuwickeln gewesen seien. Bis in die Spätphase habe das Schneeballsystem noch funktioniert. Auch die Klägerin habe vorge-bracht, es sei bei ihr
abgesehen von wenigen,
nicht regelmäßigen Ver-zögerungen

zu keinen Auffälligkeiten gekommen. Weiter hätten auch eine im Jahre
1993 ausgesprochene Kündigung, Schadenfälle aus den Jahren
1997 und 2001 und Prämienrückstände in der [X.] von 1998 bis 2000 noch keine ausreichenden Rückschlüsse auf den wirtschaftlichen Zustand der [X.] bei Abschluss der Police Nr.
7509 zugelas-sen.

Allein aus der Freundschaft zwischen dem [X.]-Geschäftsführer W.

und dem Mitarbeiter der [X.] Harald S.

könne ebenfalls nicht gefolgert werden, die Beklagte sei konkret in das 10
11
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7
-

Schneeballsystem eingeweiht gewesen und habe Kenntnis von der wirt-schaftlichen Lage der [X.] gehabt. Dagegen sprächen die Angaben des Zeugen W.

anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung im März
2006, wonach die Versicherer bis ins Jahr
2004 nicht gewusst hätten, dass die von [X.] geschuldeten Einzahlungen nicht fristge-recht und taggleich erfolgt seien.

b) Damit hat das Berufungsgericht das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG) verletzt.

Es durfte einen Irrtum der hier
für
darlegungs-
und beweispflichti-gen [X.] nicht feststellen, ohne zuvor den von der Klägerin bean-tragten Beweis über die dieser Feststellung entgegenstehende Behaup-tung zu erheben, der Mitarbeiter der [X.] S.

, der zahlreiche Zuwendungen von Verantwortlichen der [X.] erhalten habe, sei über sämtliche Vorgänge bei [X.] unterrichtet gewesen und habe insbesondere gewusst, dass der Lebensstil des [X.]-Geschäftsführers W.

aus Unterschlagungen und Veruntreuungen [X.] worden sei.

aa) Von der Vernehmung der dafür benannten Zeugen S.

und W.

durfte das Berufungsgericht nicht deshalb absehen, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet gewesen wären, dass ihre Erheblichkeit nicht hätte beurteilt werden können (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 1.
Juni 2005 -
XII
ZR 275/02, NJW
2005, 2710 un-ter
II
2
a). Das Vorbringen der Klägerin war vielmehr hinreichend sub-stantiiert, zumal sie selbst keine unmittelbare Kenntnis von internen [X.] bei der [X.] hat, was ihr die Darlegung und Beweisführung erschwert. In einem solchen Fall darf eine [X.] auch Tatsachen, deren 12
13
14
-
8
-

Vorliegen sie lediglich vermutet, als feststehend behaupten und unter Beweis stellen, wenn

wie hier
-
für die Richtigkeit ihres Vorbringens hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Zu einem unzulässigen [X.] wird eine solche Beweisführung erst bei offensichtlicher Willkür oder Rechtsmissbrauch der vortragenden [X.] (vgl. [X.], [X.] vom 5.
April 2001
IX ZR 276/98, NJW
2001, 2327 unter
III
1
a und vom 11.
Juli 1996
IX
ZR 226/94, NJW
1996, 3147 unter
II
5
d). Dafür ist hier angesichts zahlreicher -
weitgehend
unstreitiger und vom [X.] unterstellter
-
Anhaltspunkte, die für eine besondere Nähe zwischen den Zeugen S.

und W.

sprechen, nichts ersichtlich.

[X.]) Die Beweiserhebung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die benannten Zeugen S.

und W.

ungeeignete oder unerreichbare Beweismittel oder ihre Vernehmungen unzulässig gewesen wären.

Ihre auf § 384 Nr. 2 ZPO gestützte, umfassende Aussageverweige-rung in einem anderen Rechtsstreit aus dem [X.]-Komplex (vgl. dazu das Zwischenurteil des [X.] vom 14. Juni 2010 -
8 U 21/09, juris, betreffend den Zeugen W.

) führt nicht dazu, die beiden Zeugen im [X.] Rechtsstreit als völlig ungeeignete oder unerreichbare [X.] des § 244 Abs. 2 Satz 2 StPO (vgl. zur
Bedeutung dieser Vorschrift auch im Zivilprozess: [X.], Urteil vom 17. Februar 1970

III
ZR 139/67, [X.]Z 53, 245, 258; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl. § 284 Rn. 8b; [X.], ZPO § 284 Rn. 35) anzusehen oder die beantragte Beweiserhebung für unzulässig zu erachten. Vielmehr gelten für eine solche Annahme strenge Maßstäbe (vgl. etwa [X.], Urteil vom 3. Mai 2006

[X.], [X.], 3416 Rn. 25; [X.], Urteil vom 22. Dezember 1981

5
StR 662/81, NStZ
1982, 126 unter
I
1).

15
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-
9
-

Eine solche Prüfung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen.

Es kommt hinzu, dass der Tatrichter im Falle einer Zeugnisverwei-gerung nach §
384 Nr.
2 ZPO -
anders als in den Fällen des §
383 Abs.
1 Nr.
1

3 ZPO -
nicht gehindert ist, diese im Rahmen seiner freien Über-zeugungsbildung zu würdigen (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Oktober 1993 -
II
ZR 255/92, NJW
1994, 197 unter
I
2
a; [X.] NJW 2011, 80, 81; [X.]/[X.], 3.
Aufl. §
384 Rn.
4). Sollten die beiden Zeugen berechtigterweise an ihrer Zeugnisverweigerung festhalten, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob und inwieweit diese Weige-rung bei der Gesamtbewertung aller Fallumstände Hinweise darauf gibt, welche Kenntnisse der Zeuge S.

vom Geschäftsgebaren der [X.] hatte.

2.
Der dargelegte Gehörsverstoß ist auch entscheidungserheblich, denn die übrigen Einwände der Klägerin gegen die Wirksamkeit der von der [X.] erklärten [X.] greifen nicht durch.

a) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Police Nr.
7509 handele es sich um den Abschluss eines neuen, zum [X.] in [X.] getretenen Versicherungsvertrages und nicht ledig-lich um eine Änderung der zuvor bestehenden Police Nr. 7265, ist revisi-onsrechtlich nichts zu erinnern.

aa) Ein neuer Vertrag liegt vor, wenn der aus den gesamten [X.] zu ermittelnde Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet war, die vertraglichen Beziehungen auf eine selbständige neue [X.] zu stellen und sich nicht damit zu begnügen, einzelne Regelungen des bestehenden Vertrages zu modifizieren. Für einen neuen Vertrag 17
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-
10
-

spricht die Veränderung wesentlicher Vertragsinhalte, z.B. des versicher-ten Risikos, des versicherten Objekts, der Vertragsdauer, der Vertrags-parteien und der Gesamtversicherungssumme (vgl. Senatsurteil vom 19.
Oktober 1988 -
IVa
ZR 111/87, r+s
1989, 22, 23; OLG Saarbrücken VersR
2007, 1681, 1682; [X.] VersR
2002, 1225; [X.], [X.] §
38 Rn.
9; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28.
Aufl. §
37 Rn.
5; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2.
Aufl. §
38 Rn.
6).

[X.]) Unter Beachtung dieser Maßstäbe und Heranziehung der den Einzelfall prägenden Umstände ist das Berufungsgericht ohne durchgrei-fenden Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, die Police Nr.
7509 sei als neuer, zum 1.
Dezember 2001 in [X.] getretener Vertrag anzusehen. Entscheidungserheblichen Vortrag oder relevante Beweisangebote der Klägerin hat es -
entgegen der Auffassung der Beschwerde
-
nicht über-gangen. Die Angriffe der Revision erschöpfen sich im Wesentlichen in dem revisionsrechtlich unbehelflichen Versuch, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts unter abweichender Bewertung einzelner Indizien durch eine vermeintlich bessere eigene Würdigung zu ersetzen.

Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht vorgenommenen [X.] zahlreicher Umstände, die sich insbesondere auch nicht als willkürlich i.S. von Art.
3 Abs.
1 GG erweist, schließt der Senat weiter aus, dass einzelne von der Revision herausgegriffene Aspekte das [X.] zu einer anderen Entscheidung veranlasst
hätten, mögen sie auch
für sich betrachtet

auf eine Verlängerung der früheren Police hindeuten.

(1) Das gilt auch, soweit das Berufungsgericht übersehen hat, dass [X.] von und zu einer Bank in [X.] bereits 22
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-
11
-

seit
1996 auf der Grundlage einer Zusatzvereinbarung von der Police Nr.
7265 umfasst waren, weshalb seine Annahme, die in Ziffer
4.1.11 der Police Nr.
7509 getroffene "Sondervereinbarung [X.]" enthalte ei-ne Neuregelung, nicht zutrifft. Der Senat schließt aus, dass das [X.], hätte es dies erkannt, zu einer anderen Bewertung der Po-lice Nr. 7509 gelangt wäre.

(2) Ohne Erfolg rügt die Beschwerde in diesem Zusammenhang, es sei angebotener Zeugenbeweis übergangen worden. Von einer nähe-ren Begründung sieht der Senat insoweit nach § 564 Satz 1 ZPO ab.

b) Ziffer
13.4 [X.] enthält, selbst wenn man den Wortlaut der [X.] auch auf eine vorvertragliche arglistige Täuschung des [X.] beziehen wollte, keinen wirksamen Ausschluss der Arg-listanfechtung.

aa) Ein im Voraus vereinbarter Ausschluss des Anfechtungsrechts aus § 123 Abs. 1 [X.] ist nach allgemeiner Auffassung unwirksam, wenn die Täuschung vom Geschäftspartner selbst oder von einer Person ver-übt wird, die nicht Dritter i.S. des §
123 Abs.
2 [X.] ist (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Januar 2007 -
VIII
ZR 37/06, VersR
2007, 1084 Rn.
18).

§
123 [X.] schützt die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit ([X.], Urteil vom 24.
Oktober 1968 -
II
ZR 214/66, [X.]Z
51, 141, 147; RGZ
134, 43, 55), indem die Vorschrift gewährleistet, dass eine Willens-erklärung, die nicht als Ausdruck freier rechtsgeschäftlicher Selbstbe-stimmung angesehen werden kann, weil die Willensbildung des Erklä-renden von Täuschung oder Drohung beeinflusst ist, der Anfechtung un-25
26
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-
12
-

terliegt (vgl. dazu nur [X.]/[X.], 5.
Aufl. §
123 Rn.
1). Wird diese im Voraus ausgeschlossen, liefert sich der Erklärende der Willkür des Vertragspartners aus und gibt seine freie Selbstbestimmung vollständig auf. Dem [X.] wird ermöglicht, Vorteile aus
seiner Täuschung zu ziehen, ohne eine Rückabwicklung des [X.] zu müssen. Dafür verdient der arglistig Täuschende nicht den Schutz der Rechtsordnung (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Januar 2007 aaO).

Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Willenserklärung einer juristischen oder natürlichen Person in Rede steht. Das aus Art.
2 Abs.
1 GG abgeleitete Recht auf freie Willensbildung steht, da es [X.] werden kann (Art.
19 Abs.
3 GG; vgl. [X.]E
106, 28, 42
ff.), ju-ristischen und privaten Personen gleichermaßen zu (vgl. [X.], [X.] 12.
Aufl. §
123 Rn.
44).

[X.]) Für das Verhältnis zwischen der [X.] als Versicherer und der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften als von Ziff.
13.4 [X.] be-günstigte Versicherte gilt nichts anders.

Auch wenn den Versicherern die Berufung auf eine Arglistanfech-tung lediglich gegenüber den Versicherten verwehrt bliebe, wären [X.] der Willkür der täuschenden Versicherungsnehmerin ausgeliefert und ihrer freien rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung beraubt. Da [X.] nach Ziffer
11.3.1 Abs.
1 Satz
1 [X.] an die Versicher-ten zu erbringen sind, liefe der Schutz des § 123 [X.] gerade dann ins Leere, wenn die durch Täuschung geschaffene Verpflichtung gegenüber den Versicherten bestehen bliebe.

29
30
31
-
13
-

cc) §
334 [X.] steht der Geltendmachung der Anfechtungsfolgen gegenüber der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften ebenfalls nicht entgegen. Als Versicherte des zwischen der [X.] und den beteiligten Versicherern geschlossenen Vertrages können sie Rech-te nur so erwerben, wie die Versicherungsnehmerin sie gestaltet hat (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Januar 1967 -
II
ZR 37/64, VersR
1967, 343 un-ter
IV; [X.], [X.] §
75 Rn.
4). Ihnen stehen nach §
334 [X.] alle Einwendungen entgegen, die dem Versicherer aus dem Vertrag oder auch dessen Nichtigkeit erwachsen. Dazu zählt der Einwand der Anfech-tung (vgl. nur [X.], [X.] §
74 Rn.
27).

dd) Auch aus den [X.], die die Beklagte den Versicherten übersandt hat, erwachsen Letzteren in Bezug auf die [X.] keine weitergehenden Rechte. Das Berufungsgericht hat diese Bestätigungen zu Recht als lediglich deklaratorische Informati-onsschreiben angesehen, die dazu dienten, die Versicherten über den Abschluss einer Versicherung zwischen der [X.] und der [X.] zu unterrichten und den Inhalt dieses [X.]. Eine gesonderte Begründung, Stärkung und Sicherung von Rechten der Versicherten folgt daraus nicht (vgl. Senatsurteil vom 6.
Dezember 2000 -
IV
ZR 28/00, VersR
2001, 235 unter
II
2
a). Die [X.] hat mit den Bestätigungen keinen über die Regelungen des [X.] hinausgehenden Sicherungszweck verfolgt (anders bei in einem Kfz-Sicherungsschein: Senatsurteil vom 15.
November 1978 -
IV
ZR 183/77, VersR
1979, 176 unter
1; [X.], Urteil vom 25.
November 1963 -
II
ZR 54/61, [X.]Z
40, 297, 302
f.; vgl. [X.] in Bruck/[X.], [X.] 9.
Aufl. §
44 Rn.
30, 32). Sie war deshalb auch nicht gehalten, [X.] Bestätigungen gesondert anzufechten.

32
33
-
14
-

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die [X.], ob die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften den [X.] kannten, für die Wirksamkeit der Anfechtung ohne Bedeutung ist, weil § 123 Abs. 2 [X.] hier nicht anzuwenden ist. Sowohl § 123 Abs. 2 S. 1
als auch Abs. 2 S. 2 [X.] setzen voraus, dass die Täuschung von einem [X.] ausgeht, und können mithin nicht eingreifen, wenn allein eine Täuschung durch den [X.] -
hier die [X.] als Versicherungsnehmerin
-
in Rede steht (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Dezember 1959 -
VIII
ZR 134/58, [X.]Z
31, 321, 327
f.).

d) Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungsgericht an, die [X.] habe der [X.] bei Abschluss der Police Nr.
7509 ihr bis da-hin praktiziertes Geschäftsverhalten (vgl. zum Schneeballsystem un-ter
II
1
a) offenbaren müssen.

aa) Die tatsächlichen Grundlagen, aus denen dies hergeleitet wird, hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die strafrechtliche Ver-urteilung der Geschäftsführer von Unternehmen der [X.] durch das [X.] Hildesheim und in Übereinstimmung mit der dazu ergangenen Revisionsentscheidung des 3.
Strafsenats des [X.] (Beschluss vom 1.
April 2008 -
3
StR 493/07, wistra
2008, 427) in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt und dabei die für seine Überzeugungsbildung wesentlichen Gesichtspunkte nach-vollziehbar darlegt (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 16.
März 2005 -
IV
ZR 140/04, NJW-RR
2005, 1024 unter
1 und
2; [X.], Urteil vom 22.
Januar 1991 -
VI
ZR 97/90, NJW
1991, 1894 unter
II
1).

[X.]) Das Berufungsgericht durfte die [X.] in diesem Zu-sammenhang auch als Verbund von Unternehmen ansehen, bei dem es 34
35
36
37
-
15
-

entbehrlich war, das Maß der gebotenen Sachaufklärung nach den ein-zelnen [X.]-Unternehmen zu differenzieren. Vor allem gesteuert durch K.

W.

als ihr zumindest faktischer Geschäftsführer (vgl. schon [X.], Beschluss vom 1.
April 2008 -
3
StR 493/07, wistra
2008, 427 unter
II 2 a [X.]) wirkten die Unternehmen der [X.] zur Aufrechterhaltung des [X.] arbeitsteilig zusammen.

(1) Zwar muss ein Vertragspartner im Allgemeinen nicht über alle Umstände aufgeklärt werden, die für seine Entscheidung von Bedeutung sein können. Anderes gilt aber dann, wenn eine solche Mitteilung auf-grund der konkreten Gegebenheiten nach der Verkehrsauffassung erwar-tet
werden darf (vgl. nur [X.], Urteil vom 12.
Juli 2001 -
IX
ZR 360/00, NJW
2001, 3331 unter
II
1
b). So liegt der Fall hier. Angesichts der un-lauteren Geschäftspraktiken der [X.] drohten bereits zur [X.] des Vertragsschlusses jederzeit die Entdeckung und der Zusammen-bruch des [X.] mit der Folge, dass die Unternehmen der [X.] insolvent werden und zahlreiche Auftraggeber in diesem Fall die den [X.]-Unternehmen zum Transport übergebenen Gelder beziehungsweise deren Gegenwert verlieren konnten. Losgelöst von der Frage, ob die so entstehenden Ausfälle in jedem Fall einen Versiche-rungsfall dargestellt hätten, stand für die Verantwortlichen der [X.] jedenfalls zu erwarten, dass die Versicherer im Falle der Entde-ckung des [X.] und dem dann unvermeidlichen Zusam-menbruch der Geschäfte durch zahlreiche Versicherte in Anspruch ge-nommen würden. Daher lag allein im Betreiben dieses Schneeballsys-tems bereits eine anzeigepflichtige unmittelbare Gefährdung des Ver-tragszwecks der Versicherung (vgl. Senatsurteil vom 8.
Februar 1989 -
IVa
ZR 197/87, VersR
1989, 465 unter
II
3; [X.], Urteil vom 4.
März 1998 -
VIII
ZR 378/96, NJW-RR
1998, 1406 unter
II
1). Durch [X.]
-
16
-

schweigen der geschilderten Gefahren verlagerte die [X.] ihr eigenes wirtschaftliches Wagnis zum Teil auf die Versicherer und belas-tete diese bewusst mit einem Risiko, das über die mit dem Abschluss [X.] normalerweise verbundenen Gefah-ren erheblich hinausging (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Februar 1999 -
IX
ZR 352/97, NJW
1999, 2032 unter
II
3
a).

(2) Dabei
ist es hier unerheblich, dass sich die Verantwortlichen der [X.] bei [X.] ihrer Geschäftspraktiken gegenüber den Versicherern unerlaubter Handlungen hätten bezichtigen müssen (vgl. dazu [X.], Urteil vom 8.
Dezember 1997 -
II
ZR 236/96, NJW
1998, 1315 unter
II
1
b). Aus dem strafprozessualen Privileg, sich nicht selbst einer Straftat bezichtigen zu müssen, erwächst kein Anspruch darauf, ungeachtet des Verschweigens solcher Umstände dennoch private Rech-te voll durchzusetzen (vgl. dazu [X.] NStZ 1995, 599, 600) oder sich gar versicherungsvertragliche Vorteile zu erschleichen.

Dem steht das Senatsurteil vom 24.
September 1986 (IVa
ZR 229/84, VersR
1986, 1089 unter
2) nicht entgegen. In jenem Verfahren stand zur Entscheidung, ob der Versicherungsnehmer einer Feuerversi-cherung bei Vertragsschluss unaufgefordert mitteilen müsse, dass er sich in der Vergangenheit

erkannt oder unerkannt

einmal strafbar ge-macht habe. In diesem Zusammenhang hat der Senat dem Versiche-rungsnehmer, der vom Versicherer nach einer solchen strafrechtlichen Vergangenheit nicht ausdrücklich gefragt worden war, ein "Recht auf (Ver-)Schweigen" zugestanden, da ein Teilnehmer am allgemeinen rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht erwarten könne, dass sich jemand bei zivilrechtlichen Vertragsverhandlungen unaufgefordert durch Selbstbe-zichtigung (auch) einer strafrechtlichen Verfolgung erst aussetzen werde. 39
40
-
17
-

Um eine solche, allein die allgemeine persönliche Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Versicherungsnehmers betreffende Offenba-rung früheren strafbaren Verhaltens geht es hier aber nicht. Vielmehr [X.] die verschwiegenen Geschäftspraktiken unmittelbar das zu versi-chernde Risiko. Sie stellten, wie das Berufungsgericht zu Recht hervor-gehoben hat, auch keinen in der Vergangenheit abgeschlossenen [X.] dar, sondern dauerten fort und setzten die Versicherungsnehmerin der Gefahr der Insolvenz und die Versicherer einem deutlich erhöhten Risiko der Inanspruchnahme aus.

e) Die Anfechtungserklärung der [X.] vom 8.
Januar 2007 leidet an keinem ihre Wirksamkeit ausschließenden Mangel.

Sie ist an den Insolvenzverwalter der [X.] gerichtet, auf die Police Nr.
7509 bezogen, wurde ausdrücklich im Namen aller [X.] abgegeben und war geeignet, nicht nur den mit der [X.] im Rahmen einer offenen Mitversicherung geschlossenen Vertrag, sondern den Versicherungsvertrag als Ganzes zu erfassen.

aa) [X.] in Ziffer
15.3 [X.] verleiht -
für einen durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Versicherungsnehmer einer Transportversicherung ohne weiteres erkennbar (vgl. dazu Senats-urteil
vom 25.
Mai 2011 -
IV
ZR 117/09, [X.], 918
Rn.
22)
-
der [X.] als führendem Versicherer die Befugnis, Willenserklärungen im Namen der übrigen Mitversicherer abzugeben und diese aktiv zu [X.] (vgl. dazu MünchKomm-[X.]/[X.], §
77 Rn.
14; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2.
Aufl. §
58 Rn.
6; [X.] in [X.]/de la Mot-te/[X.], Transportversicherungsrecht 2.
Aufl. [X.]
§
77 Rn.
246; Kret-schmer, VersR
2008, 33, 34;
Lange/Dreher, VersR
2008, 289, 291; 2005, 41
42
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-
18
-

717, 724). Sie wird dadurch auf der Seite der Versicherer mit der umfas-senden Wahrnehmung aller aus dem Vertragsverhältnis erwachsenden Aufgaben betraut. Dies umfasst auch Erklärungen, die sich auf den [X.] auswirken können. Angesichts dieser bereits im Versicherungsvertrag erteilten Bevollmächtigung war für eine Zurückwei-sung der Anfechtung nach §
174 Satz
1 [X.] durch den Insolvenzverwal-ter kein Raum.

[X.]) Einer zusätzlichen Anfechtungserklärung gegenüber den [X.] bedurfte es nicht. Bei der hier genommenen Versicherung für fremde Rechnung sind grundsätzlich alle Erklärungen, die den Vertrag als solchen und nicht lediglich Pflichten der Versicherten oder deren Rechtsausübung betreffen (vgl. [X.], [X.] §
75 Rn.
3; [X.] in Bruck/[X.], [X.] 9.
Aufl. §
44 Rn.
8), gegenüber dem Versicherungs-nehmer abzugeben. Es verbleibt insofern bei der Regel des §
143 Abs.
2, 1.
Halbsatz [X.] (vgl. [X.], [X.] §
22 Rn.
37; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.] 28.
Aufl. §
45 Rn.
3). Auf die Wirksamkeit der von der [X.] dennoch auch gegenüber Versicherten abgegebenen [X.] kommt es deshalb nicht an.

f) Ob einerseits die Anfechtungsfrist des §
124 Abs.
1 [X.] einge-halten und andererseits der Versicherungsvertrag möglicherweise gemäß §
144 [X.] bestätigt wurde, kann abschließend erst entschieden werden, wenn geklärt ist, in welchem Umfang und ab welchem [X.]punkt die [X.] oder ein ihr möglicherweise gleichstehender [X.] Kenntnis von denjenigen Tatsachen hatte, über die sie nach ihrer Be-hauptung getäuscht worden ist.

44
45
-
19
-

aa) Die Jahresfrist des §
124 Abs.
1 [X.] beginnt mit der Entde-ckung der Täuschung durch den [X.] zu laufen, also mit der Entdeckung des Irrtums und des Umstandes, dass dieser durch eine Täuschung veranlasst worden ist.
Nicht ausreichend ist ein bloßes Kennenmüssen; auch ein bloßer Verdacht, getäuscht worden zu sein, genügt nicht (vgl. [X.]/[X.], 5.
Aufl. §
124 Rn.
2; [X.]/Singer/von Finckenstein, [X.] [2004] §
124 Rn.
4).

Das hat das Berufungsgericht seinen Überlegungen zutreffend zu-grunde gelegt. Seine weiteren, im Übrigen rechtsfehlerfreien Ausführun-gen zur Wahrung der Anfechtungsfrist gehen allerdings von der [X.] getroffenen Feststellung aus, die Beklagte habe sich bei Abgabe ih-rer Vertragserklärung in einem Irrtum über die Geschäftspraktiken der [X.] befunden. Da dieser Punkt weiterer Aufklärung bedarf, kann noch nicht abschließend entschieden werden, ob und gegebenen-falls wann die
Anfechtungsfrist zu laufen begonnen hat.

[X.]) Ähnliches gilt für die Frage einer Bestätigung des Versiche-rungsvertrages nach § 144 [X.]. Sie setzt voraus, dass der ursprünglich [X.] eindeutig zum Ausdruck bringt, den Vertrag endgültig als wirksam gelten zu lassen (vgl. [X.]/[X.],
[X.] [2010] §
144 Rn.
1), und dies zu einem [X.]punkt äußert, zu dem er be-reits weiß oder mindestens mit der Möglichkeit rechnet, dass der Gegner ihn bewusst getäuscht hat. Außerdem muss er wissen, dass sich daraus für ihn ein Anfechtungsrecht ergibt (vgl.
[X.], Urteil vom 14.
März 1990 -
VIII ZR 18/89, NJW-RR
1990, 817 unter
III
3; RGZ
128, 116, 119; [X.]/[X.], [X.] [2010] §
144 Rn.
7).

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48
-
20
-

Zwar hat das Berufungsgericht diese Voraussetzungen auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen ohne Rechtsfehler verneint. Auch insoweit bedarf die Sache aber neuer Verhandlung und Entschei-dung, weil neu geprüft werden muss, ob und gegebenenfalls ab welchem [X.]punkt die Beklagte Kenntnis von dem von der [X.] prakti-zierten Schneeballsystem hatte.

Erst danach kann auch entschieden werden, inwieweit rechtsge-schäftlichen Äußerungen der [X.] nach Vertragsschluss möglich-erweise ein Bestätigungswille entnommen werden kann.

II[X.] Der Senat weist für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:

Greift die Anfechtung bezüglich der Police Nr.
7509 nach §
123 Abs.
1 [X.] durch, wird neu zu prüfen sein, ob sie auch die einvernehm-liche Aufhebung der [X.] Nr.
7265 erfasst und im Ergebnis zu deren Wiederaufleben führt.

Soweit das Berufungsgericht dies bisher verneint hat, begegnet die Begründung des Berufungsurteils rechtlichen Bedenken.

1. Ist der Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, wird davon gemäß §
139 [X.] das gesamte Rechtsgeschäft erfasst, es sei denn die Fallum-stände rechtfertigen die Annahme, der nicht unmittelbar von der Nichtig-keit betroffene Teil des Rechtsgeschäftes wäre auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden. §
139 [X.] erfordert damit zunächst eine Klärung der Frage, ob ein einheitliches Rechtsgeschäft vorliegt, welches lediglich teilweise der Anfechtung unterliegt, oder ob zwei selbständige 49
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-

Rechtsgeschäfte abgeschlossen worden sind, auf die § 139 [X.] keine Anwendung findet.

2. Ein einheitliches Rechtsgeschäft i.S. von § 139 [X.] liegt vor, wenn der Wille der [X.]en dahin geht, dass die möglicherweise äußer-lich getrennten Rechtsgeschäfte miteinander stehen und fallen sollten, mithin das eine nicht ohne das andere von den [X.]en gewollt war (vgl. dazu [X.], Urteil vom 24.
Oktober 2006 -
XI
ZR 216/05, NJW-RR
2007, 395 Rn.
17 m.w.N.; OLG Saarbrücken VersR
2007, 1681, 1682
f.).

Dafür spricht hier, dass nach den Feststellungen des Berufungsge-richts mit dem Abschluss der zum 1. Dezember 2001 in [X.] tretenden Police Nr.
7509 zugleich die vorzeitige Aufhebung der anderenfalls noch bis einschließlich Dezember 2001 geltenden Police Nr.
7265 einherge-hen sollte. Insoweit liegen nicht einmal äußerlich getrennte Vertragser-klärungen vor, sondern die vorwiegend die neue Police betreffenden [X.] erfassten zugleich stillschweigend die [X.].

Dennoch hat das Berufungsgericht ein einheitliches Rechtsge-schäft mit der Erwägung verneint, es habe im Falle einer erfolgreichen [X.] nicht dem Willen der [X.]en entsprochen, auch den Aufhebungsvertrag betreffend die Police Nr. 7265 zu vernichten und letz-terer auf diese Weise wieder Geltung zu verschaffen. Für die Versiche-rungsnehmerin sei vielmehr offensichtlich gewesen, dass die Beklagte bei Kenntnis der ihr verschwiegenen Gefahrumstände den
alten [X.] jederzeit hätte kündigen können.

3. Das ist nicht frei von [X.], denn bei der Ermittlung des für die Einheitlichkeit maßgeblichen [X.]willens ist auf den [X.]punkt 55
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der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen ([X.]/[X.], [X.] 70. Aufl. § 139 Rn. 5) und nicht danach zu fragen, welche [X.]in-teressen bei Erklärung der [X.] bestanden. Für die Annah-me eines einheitlichen Rechtsgeschäfts kann im Übrigen der diesbezüg-liche Wille einer der Vertragsparteien genügen, wenn er für die andere [X.] erkennbar war und von ihr gebilligt oder jedenfalls hingenommen wurde ([X.], Urteil vom 9. Juli 1992

IX
ZR 209/91, [X.], 3238 un-ter
I
1
b m.w.N.).

Das Berufungsgericht hat insoweit nicht geprüft, ob
die Aufhebung des bestehenden Versicherungsvertrages (Police Nr. 7265) bei den [X.] über die Police Nr. 7509 zumindest von der Versicherungs-nehmerin nicht ohne den gleichzeitigen Neuabschluss gewollt war und ob dies für die Annahme eines einheitlichen Rechtsgeschäfts deshalb ausreichte, weil die Beklagte bei Abschluss der Police Nr. 7509 erkannt und akzeptiert hat, dass beide Rechtsgeschäfte jedenfalls für die Versi-cherungsnehmerin miteinander stehen und fallen sollten. Demgegenüber kommt es auf die Frage, ob die Beklagte bei Kenntnis der [X.] der [X.] berechtigt gewesen wäre, die Poli-ce Nr.
7265 jederzeit fristlos oder ordentlich zu kündigen, nicht an. [X.] ist allein, ob der ursprüngliche Versicherungsvertrag nach der Vorstellung der [X.]en auch ohne den Neuabschluss hätte aufgehoben 59
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werden sollen. Das ist ohne Berücksichtigung des später erkannten [X.] und nicht allein anhand der Interessen der [X.] zu beurteilen.

Dr. [X.][X.] [X.]

Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.04.2008 -
13 [X.]/07 -

[X.], Entscheidung vom 29.01.2009 -
8 U 93/08 -

Meta

IV ZR 38/09

21.09.2011

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2011, Az. IV ZR 38/09 (REWIS RS 2011, 3176)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3176

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