Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2022, Az. 29 W (pat) 567/19

29. Senat | REWIS RS 2022, 9965

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "T&D; (Wort-Bildmarke)/TAD" – klangliche Verwechslungsgefahr in Verbindung mit hochgradig ähnlichen bis identischen Waren – keine Verwechslungsgefahr bei durchschnittlich ähnlichen bis unähnlichen Vergleichswaren und -dienstleistungen


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2016 023 990

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und den Richter k. A. Posselt

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Mai 2019 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 307 07 284 hinsichtlich der Waren

Klasse 3: Seifen; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel; Kosmetika;

Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse; medizinische Präparate; veterinärmedizinische Präparate; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen; Nahrungsergänzungsmittel für Tiere; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide; Arzneimittel; Medizinprodukte, nämlich Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen

zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der vorgenannten Waren wird die Löschung der Marke 30 2016 023 990 angeordnet.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 16. August 2016 angemeldete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 17. Oktober 2016 für die nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden:

3

Klasse 03: Waschmittel; Bleichmittel; Putzmittel; Poliermittel; Fettentfernungsmittel; Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Haarwässer; Zahnputzmittel; Kosmetika;

4

Klasse 05: Pharmazeutische Erzeugnisse; medizinische Präparate; veterinärmedizinische Präparate; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Babykost; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen; Nahrungsergänzungsmittel für Tiere; Pflaster; Verbandmaterial; Zahnfüllmittel; Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide; Herbizide; Arzneimittel; Medizinprodukte, nämlich Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen;

5

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Generika sowie pharmazeutische, human-, zahn- und veterinärmedizinische sowie kosmetischen Erzeugnisse, Medizinprodukte und Produkte zur Gesundheitspflege und -vorsorge; Vermittlung und Abschluss von Verträgen für Dritte über den Verkauf von Generika sowie pharmazeutische, human-, zahn- und veterinärmedizinische sowie kosmetische Erzeugnisse, Medizinprodukte und Produkte zur Gesundheitspflege und -vorsorge; Import- und Exportdienstleistungen.

6

Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 18. November 2016.

7

Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Beschwerdeführerin aus der älteren Wortmarke 307 07 284

8

TAD

9

die neben Waren und Dienstleistungen in Klassen 9, 10, 29, 30, 32 und 42 unter anderem für folgende Waren geschützt ist

Klasse 03: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, kosmetische Mittel zum Sonnenschutz, Haarwässer; Zahnputzmittel;

Klasse 05: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Arzneimittel und Medizinprodukte (soweit in Klasse 05 enthalten); Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke und für die Gesundheitspflege (soweit in Klasse 5 enthalten); pharmazeutische Mittel zum Sonnenschutz; Babykost; Vitaminpräparate; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel; Seifen; Haarwässer, Zahnputzmittel; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination;

am 31. Januar 2017 aus den oben in Fettdruck dargestellten Waren der Klassen 3 und 5 Widerspruch erhoben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 11. Mai 2017 die Einrede der Nichtbenutzung hinsichtlich der Waren der Klasse 3 und mit Schriftsatz vom 11. August 2017 bezüglich der Waren der Klasse 5 mit Ausnahme der pharmazeutischen Erzeugnisse und Arzneimittel erhoben.

Mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 29. Mai 2019 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Die sich gegenüberstehenden Marken unterlägen keiner Verwechslungsgefahr, so dass kein Löschungsgrund gemäß §§ 42 Abs. 1, 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 MarkenG bestehe.

Die Marken könnten sich im Bereich der pharmazeutischen Erzeugnisse bei identischen Waren begegnen. Ob darüber hinaus Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit bestehe, bedürfe keiner abschließenden Erörterung, da auch bei Warenidentität keine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Auf die Nichtbenutzungseinrede komme es daher nicht entscheidungserheblich an.

Die Waren aus dem medizinischen Bereich wendeten sich sowohl an Fachleute als auch an Endverbraucher. Deren Aufmerksamkeit sei in Bezug auf alles, was mit medizinischer Behandlung zusammenhänge, gesteigert. Auch hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 35 sei von einer erhöhten Aufmerksamkeit der insbesondere angesprochenen Fachkreise auszugehen. Den weiteren Waren der Klasse 3 begegne der insoweit angesprochene allgemeine Verkehr hingegen mit einer eher durchschnittlichen Aufmerksamkeit.

Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Es fehle bereits an einem spezifizierten Vortrag, aus dem sich eine Steigerung der Kennzeichnungskraft für die konkreten Waren, auf die sich der Widerspruch stütze, ergeben könnte. Soweit die Widersprechende eine gesteigerte Kennzeichnungskraft geltend mache, reichten die diesbezüglich eingereichten Unterlagen, die detailliert von der Markenstelle geprüft wurden, nicht aus. Hinsichtlich der eidesstattlichen Versicherung fehle es bereits an einem Vortrag zu den Marktumständen. Demoskopische Untersuchungen zur behaupteten Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke seien nicht eingereicht worden. Es seien auch keine Angaben zu den von der Widerspruchsmarke im Bereich der pharmazeutischen Erzeugnisse (nicht nur der Generika) gehaltenen Marktanteilen, zur tatsächlich erreichten Bekanntheit der in Rede stehenden Kennzeichnung im Bereich der Arzneimittel sowie zu den aufgewendeten Werbemitteln im Vergleich zu Konkurrenzprodukten gemacht worden.

An den Abstand, den die angegriffene Marke von der Widerspruchsmarke einzuhalten habe, seien daher strenge Anforderungen zu stellen. Diesen werde die angegriffene Marke aber gerecht. In der Gesamtheit der Vergleichsmarken bestehe keine hinreichende Zeichenähnlichkeit. Aufgrund der nur in der jüngeren Marke enthaltenen graphischen Ausgestaltung in Form eines Globus unterschieden sich die zu vergleichenden Marken deutlich. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um eine Wort-Bildmarke. Infolgedessen sei davon auszugehen, dass die jüngere Marke klanglich mit "T&D" wiedergegeben werde, da die Gestaltung insoweit nicht zum Ausdruck komme. Die daher zu vergleichenden Bezeichnungen "T&D" und "TAD" unterschieden sich entgegen der Auffassung der Widersprechenden klanglich deutlich. Dabei sei davon auszugehen, dass die ältere Marke aufgrund der Neigung des Verkehrs, Abkürzungen, soweit möglich, als Wort zusammenzufassen, als "tad", die jüngere als "te und de" ausgesprochen werde. Die Zeichen verfügten daher über eine unterschiedliche Silbenanzahl und Vokalfolge und unterschieden sich auffällig in ihrem Sprechrhythmus und im Klangbild. Doch selbst wenn man davon ausgehe, dass die ältere Marke nicht als Wort, sondern als bloße Buchstabenfolge ausgesprochen werde, unterschieden sich die Bezeichnungen "te und de" und "te a de" in der Wortmitte ("und" / "a") noch hinreichend deutlich, um Fehlzuordnungen in klanglicher Hinsicht ausschließen zu können. Im Rahmen der bildlichen Ähnlichkeit sei es nicht zulässig, die Wortbestandteile der jüngeren Marke herauszugreifen und einem isolierten schriftbildlichen Vergleich zu unterziehen, sofern es sich bei den Bildbestandteilen nicht um völlig bedeutungslose Zutaten handele. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden sei der Globus gerade kein kennzeichnungsschwaches Element. Zwar möge man diesem Element über gedankliche Zwischenschritte und Interpretationen einen Hinweis auf die weltweite Verfügbarkeit von Pharmaprodukten entnehmen können, doch sprächen die hierfür notwendigen gedanklichen Schlussfolgerungen gegen dessen sachbezogenen Charakter. Da die Gestaltung in Form des Globus eigenwillig und prägnant sei und in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung finde, unterscheide sich die angegriffene Marke schriftbildlich ebenfalls auffällig vom Widerspruchszeichen. Die allenfalls geringe Ähnlichkeit in den Buchstaben "T" und "D" führe nicht zu Verwechslungen, zumal es sich bei den sich gegenüberstehenden Bezeichnungen um Kurzzeichen handele. Diese würden durch einzelne Abweichungen im Verhältnis stärker beeinflusst und blieben besser und genauer in der Erinnerung. Eine begriffliche Ähnlichkeit scheide mangels übereinstimmender Begriffsgehalte ebenfalls aus.

Ebenso fehlten Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr der Zeichen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 letzter Halbsatz MarkenG. Die nicht zu überhörende bzw. zu übersehende Abweichung in den Bestandteilen "&" und "A" könne weder als Hör- noch als Druckfehler bewertet werden. Daher komme eine Serienmarkenverwechslung angesichts der fehlenden identischen bzw. wesensgleichen Übernahme eines Stammbestandteils nicht in Betracht. Die Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Markenusurpation durch Übernahme der älteren Marke in selbständig kennzeichnender Stellung in die jüngere Marke könne ebenfalls nicht bejaht werden. Zwar könne bereits die ähnliche Übernahme der älteren in die jüngere Marke genügen, doch sei dabei eine hochgradige Ähnlichkeit der Zeichen erforderlich. Diese sei hier aufgrund der oben geschilderten Abweichungen nicht gegeben. Anhaltspunkte für Fehlzuordnungen in sonstige Richtungen seien weder ersichtlich noch vorgetragen.

Der Beschluss ist der Widersprechenden gegen Empfangsbekenntnis am 5. Juni 2019 zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich ihre Beschwerde.

Die Markenstelle gehe zutreffend davon aus, dass die sich gegenüberstehenden Waren der Klasse 5 identisch seien. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei zumindest durchschnittlich. Es bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr. Es genüge hierfür bei der geschilderten Ausgangslage bereits eine unterdurchschnittliche Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen. Es liege jedoch hochgradige klangliche und schriftbildliche Zeichenähnlichkeit vor.

Dem Wort sei in klanglicher Hinsicht als einfachster und kürzester Bezeichnung eine prägende Bedeutung beizumessen. Die jüngere Marke werde daher mit "TE-&-de" wiedergegeben. Der Ausgangspunkt der Markenstelle, die Widerspruchsmarke werde als ein Wort und somit als "TAD" ausgesprochen, entbehre jeder Grundlage. Diese Buchstabenfolge sei aus Sicht der maßgeblichen deutschsprachigen Verkehrskreise so ungewöhnlich gebildet, dass die Aussprache in einem Wort fernliege. TAD sei ursprünglich ein Akronym für "TierArzneimittelDienst" gewesen, dann für "Therapeutika aus Deutschland". Daher werde es auch heute noch als Buchstabenfolge gesprochen. Es sei insoweit mit "ADAC" vergleichbar, bei dem ebenfalls die Einzelbuchstaben ausgesprochen würden. Nur ausnahmsweise – und zwar in Verbindung mit weiteren Worten wie bei der von der Beschwerdegegnerin angesprochenen Werbung – komme eine Benennung als ein Wort in Betracht. Soweit die Markenstelle davon ausgehe, auch bei Aussprache von TAD als Buchstabenfolge "T-A-D" würden die Unterschiede ausreichen, so überzeuge dies nicht. Die klanglichen Unterschiede in der Wortmitte seien nicht hinreichend deutlich, um Fehlzuordnungen ausschließen zu können. Die Vokalfolgen würden sich nur geringfügig unterscheiden (E-U-E bzw. E-A-E). Beide Zeichen sein dreisilbig und die Anfangs- und Endsilben identisch. Zudem sei zu berücksichtigen, dass den Wortanfängen größeres Gewicht zukomme, als den nachfolgenden Bestandteilen. Dies gelte auch für Zeichen aus drei Buchstaben. Der Unterschied in der Mitte trete nicht derart markant in Erscheinung, dass angesichts der übrigen Übereinstimmungen eine Unähnlichkeit der Gesamtklangbilder angenommen werden könne. Ein Verhören unter ungünstigen Übermittlungsbedingungen sei somit nicht ausgeschlossen. Dies gelte vor allem, da Beginn und Ende der Buchstabenfolge bei beiden Marken identisch seien. Klanglich fielen daher die Übereinstimmungen im klangstarken und mehr beachteten Wortanfang und in dem in beiden Zeichen betonten und lang ausgesprochenen Wortende besonders ins Gewicht. Die Abweichungen in der weniger beachteten Wortmitte seien dagegen nicht in besonderem Maße relevant. Sowohl "A" als auch "&" würden kurz ausgesprochen und nicht betont.

Auch in schriftbildlicher Hinsicht sei hochgradige Zeichenähnlichkeit gegeben. Die Markenstelle habe die Unterschiede überbetont und dabei den Grundsatz vernachlässigt, dass nicht die Unterschiede, sondern der Grad an Übereinstimmung den Beurteilungsmaßstab für die Verwechslungsgefahr bildeten. Der Bildbestandteil der jüngeren Marke sei eine geläufige, mit Blick auf die eingetragenen Waren nicht ins Gewicht fallende, Verzierung. Soweit die Markenstelle darauf abstelle, dass es sich bei den Bildelementen um eine völlig bedeutungslose Zutat handeln müsse, damit eine Orientierung lediglich am Wortbestandteil stattfinde, überspanne sie die Anforderungen. Das Bildelement stelle einen Globus dar. Dieser enthalte eine stilisierte Molekülstruktur. Das Bildelement weise in seiner Gesamtheit auf eine weltweite Verfügbarkeit von Pharmaprodukten hin und werde daher lediglich als anpreisender Zusatz verstanden. Die visuelle Ähnlichkeit zwischen den Vergleichszeichen T & D bzw. TAD beruhe auf identischen Übereinstimmung des ersten und letzten Buchstabens, sowie darauf, dass sowohl das "&" als auch das "A" nach oben spitzzulaufend seien und demnach beide stark an ein gleichschenkliges Dreieck erinnerten. Es sei dabei zu beachten, dass der Verkehr die Marken nie direkt miteinander vergleichen könne, sondern sich auf sein undeutliches Erinnerungsbild verlassen müsse.

Ferner liege mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Markenusurpation vor. Es bestehe die Gefahr, dass die Vergleichszeichen miteinander gedanklich in Verbindung gebracht würden. Die beiden Bestandteile der jüngeren Marke seien nicht aufeinander bezogen. Der Verkehr gehe folglich nicht von einem einheitlichen Kennzeichen aus.

Die Beschwerdeführerin legt zudem mit Schreiben vom 13.05.2020 weitere Benutzungsunterlagen – eine weitere eidesstattliche Versicherung und zusätzliche Rechnungen - für den Zeitraum 2017 bis 2019 vor.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 29. Mai 2019 aufzuheben und auf den Widerspruch aus der Marke 307 07 284 die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, zwischen den Zeichen bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Markenstelle habe daher den Widerspruch aus zutreffenden Erwägungen zurückgewiesen.

Nach ständiger Rechtsprechung sei ein erhöhter Aufmerksamkeitsgrad der Verbraucher im Gesundheitsbereich zu berücksichtigen. Dies gelte ebenso für Kosmetika und Schönheitsprodukte. Auch hier bestehe überdurchschnittliches Interesse an Verträglichkeit, Nutzen, etc. der jeweiligen Produkte.

Sofern man von TAD als einem Akronym für Tierarzneimitteldienst ausgehe, sei dies zum einen beschreibend, zum anderen für humane Arzneimittel irreführend.

Eine visuelle Ähnlichkeit scheide aus. Der als Bildelement vorangestellte Globus sei keine geläufige Verzierung und damit prägnant. Unterschiedliche Schreibweisen seien bei einer Wort-Bildmarke nicht zu berücksichtigen. Auch klanglich bestehe ein hinreichender Zeichenabstand. Die Markenstelle sei zurecht davon ausgegangen, dass die Widerspruchsmarke zusammenhängend als "Tad" benannt werde. Es entspreche der menschlichen Natur, Buchstabenfolgen so weit wie möglich als Wörter auszusprechen. Diese gelte auch für Zeichen, denen kein offensichtlicher Wortsinn entnommen werden könne. Als Beispiel könne unter anderem IKEA, ALDI, REWE oder LIDL dienen, die ebenso alle Kurzwörter seien. Auch gehe die Widersprechende selbst davon aus, dass ihr Zeichen als TAD gesprochen werde, da sie auf ihrer Internetseite mit dem Slogan "Gesundheit ist TADsache!" und für ihr Umweltpolitisches Engagement mit dem Slogan "BeeTAD" werbe. Die Argumentation der Widersprechenden sei daher widersprüchlich. Eine regelwidrige Aussprache in Einzelbuchstaben sei – wie sich aus der "ADAC"-Entscheidung des 26. Senats des BPatG ergebe – nur ausnahmsweise zu Grunde zu legen. Eine solche sei hier aber nicht ersichtlich. Das jüngere Zeichen werde hingegen als "T-UND-D" gesprochen. Es sei damit wesentlich länger als das Widerspruchszeichen und weise mit "E-U-E" im Vergleich zu "A" eine andere Vokalfolge und Silbenzahl auf. Selbst wenn man unterstelle, die Widerspruchsmarke werde in Einzelbuchstaben gesprochen, so bestehe immer noch ausreichender Zeichenabstand, da es sich bei beiden Zeichen um Kurzmarken handele, die den Verbrauchern besser und genauer in Erinnerung blieben. Auch werde bei derartigen Kurzzeichen eine Abweichung leicht erkannt, so dass schon bei Unterschieden in einem Laut eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sei. "U" und "A" unterschieden sich als Vokale deutlich. Hinzu komme noch das "und" in der jüngeren Marke, welches in seiner Aussprache prägnant bleibe, da es jedermann geläufig sei.

Der Senat hat mit der Terminladung vom 18. November 2021 einen richterlichen Hinweis zur vorläufigen Einschätzung der Rechtslage übermittelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere nach §§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

A. Im Laufe des Verfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus nicht. Da die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für den gegen diese Eintragung erhobenen Widerspruch gemäß § 158 Abs. 3 MarkenG in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung weiterhin § 42 Abs. 1 und 2 MarkenG in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden. Gem. § 158 Abs. 4 MarkenG finden § 42 Absatz 3 und 4 MarkenG keine Anwendung. Des Weiteren sind gem. § 158 Abs. 5 MarkenG die §§ 26 und 43 Absatz 1 in ihrer bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden, da der Widerspruch vor dem 14. Januar 2019 erhoben und die Benutzung der Marke, wegen der Widerspruch erhoben worden ist, bestritten worden ist.

B. Zwischen den Vergleichsmarken besteht zum Teil Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass der Widerspruch teilweise zu Unrecht zurückgewiesen wurde.

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z.B. EuGH GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER/HABM; BGH GRUR 2020, 870 Rn. 25 – INJEKT/INJEX; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2016, 283 Rn. 7 – BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH, GRUR 2020, 1202 Rn. 19 – YOOFOOD/YO; GRUR 2020, 870 Rn. 25 – INJEKT/INJEX; GRUR 2019, 1058 Rn. 17 – KNEIPP; GRUR 2019, 173 Rn. 17 – combit/Commit; GRUR 2018, 79 Rn. 7 – OXFORD/Oxford Club; GRUR 2017, 914 Rn. 13 – Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke; GRUR 2016, 283 Rn. 7, BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; s. auch Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Auflage, § 9 Rn. 43 ff m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen ist zum Teil eine Verwechslungsgefahr gegeben.

1. Die Einrede der Nichtbenutzung ist gem. § 43 Abs. 1 S. 1 und 2 MarkenG a. F. zulässig. In dem undifferenzierten Bestreiten der Benutzung ist die Erhebung beider Einreden nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG zu sehen (BGH GRUR 2008, 719 Rn. 20 – idw Informationsdienst Wissenschaft). Da die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 18. November 2016 bereits über fünf Jahre im Register eingetragen war (Eintragung am 21. Mai 2007) und nicht mit einem Widerspruch angegriffen wurde, sind beide Einreden zulässig. Die Einrede wurde im Verfahren vor dem DPMA am 11. Mai 2017 ausdrücklich für die Waren der Klasse 3 erhoben. Auch die Benutzung für eine Vielzahl der Waren in Klasse 5 (z. B. Babykost, Verbandsmaterial, Pflaster etc.) wurde in diesem Schreiben als "zweifelhaft", aber wegen des Zeichenabstands als irrelevant bezeichnet. Mit Schriftsatz vom 11. August 2017 wurde die Einrede der Nichtbenutzung nochmals ausdrücklich für alle Waren der Klassen 3 und 5 mit Ausnahme der pharmazeutischen Erzeugnisse und Arzneimittel aufrechterhalten. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind nach § 43 Abs. 1 S. 3 MarkenG daher nur die Waren zu berücksichtigen, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Unterlagen zur rechtserhaltenden Benutzung wurden (vorsorglich) sowohl im Verfahren vor dem DPMA als auch im Beschwerdeverfahren (vgl. Bl. 29 ff. d. A.) nur zur Nutzung für "pharmazeutische Erzeugnisse" und "Arzneimittel", insbesondere "Pantoprazol TAD", "Esomeprazol TAD" und "Mirta TAD" eingereicht. Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob die rechtserhaltende Benutzung durch die vorgelegten Unterlagen erfolgreich glaubhaft gemacht worden ist, da diese von der Einrede der Nichtbenutzung insoweit ausdrücklich ausgenommen worden sind. Darüberhinausgehende Benutzungsunterlagen hat die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Wie auch die Verfahrensbeteiligten in ihren Schriftsätzen vom 19. Februar 2018 und 5. April 2018 übereinstimmend zutreffend dargelegt haben, sind daher lediglich "pharmazeutische Erzeugnisse" und "Arzneimittel" dem Vergleich der Waren und Dienstleistungen zu Grunde zu legen.

2. Eine Ähnlichkeit von Waren bzw. Dienstleistungen ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung der für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblichen Faktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. BGH GRUR 2015, 176 Rn. 10 -- ZOOM/ZOOM). Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen kann dabei allerdings nur angenommen werden, wenn bei den beteiligten Verkehrskreisen der Eindruck entsteht, die betreffenden Waren und Dienstleistungen könnten auf einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit desselben oder eines wirtschaftlich verbundenen Unternehmens beruhen (vgl. BPatG, Beschluss vom 11.12.2014, 25 W (pat) 510/13 - Cartridge Star/Cartridge World). Ein Indiz hierfür kann es sein, wenn die betreffenden Waren typischerweise bei der Erbringung der Dienstleistungen zur Anwendung kommen (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a.a.O., § 9 Rn. 114).

a) Folgende Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke sind unähnlich zu den eben genannten Waren der Widerspruchsmarke. Eine Verwechslungsgefahr scheidet schon deshalb aus.

Klasse 3: Waschmittel; Bleichmittel; Putzmittel; Poliermittel; Fettentfernungsmittel; Schleifmittel; Parfümeriewaren;

Klasse 5: Herbizide;

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten.

Hinsichtlich der eben erwähnten Wasch- und sonstigen "-Mittel" in Klasse 3 besteht keine Ähnlichkeit zu den hier relevanten Waren der Widerspruchsmarke, da diese eine andere Zweckbestimmung aufweisen (vgl. BPatG, Beschluss vom 18.10.1999, 30 W (pat) 20/99; u. a. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 19. Aufl., 2021, S. 283, mittlere Spalte; S. 355, mittlere Spalte; S. 357, linke Spalte).

Dies gilt auch für "Parfümeriewaren" (vgl. BPatG, Beschluss vom 06.02.2017, 30 W (pat) 517/14 – Malteser Kuchler Apotheke/Malteser; Richter/Stoppel, a. a. O., S. 244 ff., Stichwort "Parfümerien", S. 244, rechte Spalte bzw. S. 245, rechte Spalte, jeweils unter Hinweis auf BPatG Beschluss vom 17.12.1996, 24 W (pat) 248/95).

Herbizide kommen bei Pflanzen zum Einsatz und dienen der Unkrautvernichtung, während Arzneimittel und pharmazeutische Erzeugnisse beim Menschen eingesetzt werden, um Krankheiten oder Verletzungen zu heilen oder zu lindern. Während diese vor allem über Apotheken vertrieben werden, werden Herbizide im Gartenfachhandel oder im Großhandel insbesondere für Landwirte und Gärtnereien angeboten. Sie weisen daher diesbezüglich keine Berührungspunkte auf (vgl. auch Richter/Stoppel, a. a. O., S.149, linke und mittlere Spalte).

Bezüglich der Dienstleistungen "Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten" in Klasse 35 besteht ebenfalls eine unterschiedliche Zweckbestimmung. Ferner unterscheidet sich die Zielgruppe. Die hier relevanten Waren der Widerspruchsmarke werden für die eben genannten Dienstleistungen zudem nicht benötigt. Während Arzneimittel und pharmazeutische Erzeugnisse von Pharmaunternehmen entwickelt und hergestellt werden und ihren Absatz vor allem über Apotheken und Drogerien finden, werden die Dienstleistungen insbesondere von Werbeunternehmen, Unternehmensberatungen und Bürodienstleistern erbracht und richten sich an Unternehmen.

b) Die Marken sind hinsichtlich der in beiden Verzeichnissen enthaltenen "pharmazeutische(n) Erzeugnisse" und "Arzneimittel" für identische Waren geschützt.

c) Identität, jedenfalls aber hochgradige Ähnlichkeit, besteht ferner zwischen den Waren der Widerspruchsmarke und "medizinische(n) Präparate(n); veterinärmedizinische(n) Präparate(n)" sowie "Medizinprodukte(n), nämlich Stoffe(n) und Zubereitungen aus Stoffen zum Zwecke der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen" (vgl. u. a. BPatG, Beschluss vom 12.06.2016, 24 W (pat) 522/15 – Diacaro Robugen/Diacard; Beschluss vom 30.10.2019, 29 W (pat) 37/17 – Alliance Healthcare/Alliance; Richter/Stoppel, a. a. O., S. 252, rechte Spalte).

Zwischen der Ware "Desinfektionsmittel" der angegriffenen Marke besteht Identität, jedenfalls aber engste Ähnlichkeit zur Widerspruchsware "Arzneimittel", da Desinfektionsmittel nicht nur der Desinfektion von Gegenständen, sondern auch von Wunden dienen können (vgl. u. a. Richter/Stoppel, a. a. O., S.13, mittlere Spalte, m. w. N.; BPatG, Beschluss vom 12.06.2016, 24 W (pat) 522/15 – Diacaro Robugen/Diacard). "Hygienepräparate für medizinische Zwecke" und "pharmazeutische Erzeugnisse" ergänzen sich bei der Behandlung von Wunden und können dabei im Hinblick auf bakterizide Eigenschaften jedenfalls teilweise sogar dieselbe Funktion erfüllen (vgl. u. a. BPatG, Beschluss vom 06.02.2017, 30 W (pat) 517/14 – Malteser Kuchler Apotheke/Malteser). Jedenfalls liegt eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit vor.

Eine noch hochgradige bzw. enge Ähnlichkeit besteht im Folgenden hinsichtlich der "Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide(n)" in Klasse 5 der angegriffenen Marke zu den Waren "pharmazeutischen Erzeugnisse; Arzneimittel" der Widerspruchsmarke. Unter die Waren der angegriffenen Marke fallen auch Präparate zu Vernichtung von Läusen und Flöhen bzw. von Pilzen am menschlichen Körper wie z. B. Fuß- oder Nagelpilz. Auch wenn letztere Mittel in der Regel mit Antimykotika bezeichnet werden, handelt es sich dabei um fungizide Substanzen. Im Duden wird "Fungizid" u. a. mit "Arzneimittel zur Behandlung von Pilzinfektionen (Medizin)" definiert (https://www.duden.de/rechtschreibung/Fungizid). Daher besteht ein ähnlicher Verwendungszweck wie bei den Waren der Widerspruchsmarke. Zudem kommen die genannten Produkte teils auch ergänzend zu diesen zum Einsatz, werden ebenfalls von Pharmaunternehmen produziert und primär über Apotheken vertrieben.

Auch für die folgenden in Klasse 3 registrierten Waren "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Kosmetika; Seifen; ätherische Öle; Haarwässer; Zahnputzmittel" ist eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit zu den für die Widerspruchsmarke geschützten "pharmazeutischen Erzeugnissen" festzustellen (vgl. BPatG, Beschluss vom 06.02.2017, 30 W (pat) 517/14 – Malteser Kuchler Apotheke /Malteser; Beschluss vom 18.01.2007, 25 W (pat) 52/04 – NATURAL LIFE/LIFE).

Der Warenbegriff "Seifen" schließt auch medizinische Seifen ein, so dass Überschneidungen oder jedenfalls deutliche Berührungspunkte zu "pharmazeutischen Erzeugnissen" bestehen (vgl. so schon BPatG GRUR 1969, 221; siehe auch Richter/Stoppel, a. a. O., Stichwort "Seifen", S. 296 mittlere Spalte).

Der Sammelbegriff "ätherische Öle" bezeichnet aus Pflanzen gewonnene Konzentrate, die im Hinblick auf antiseptische, desinfizierende und entzündungshemmende Wirkungen auch für pharmazeutische Präparate verwendet werden (vgl. Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 8. Aufl., S. 992 f.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts besteht daher eine enge Ähnlichkeit zu "pharmazeutischen Erzeugnissen" und "Arzneimitteln" (siehe etwa BPatG, Beschluss vom 12.06.2016, 24 W (pat) 522/15 - Diacaro Robugen/Diacard; vgl. auch Richter/Stoppel, a. a. O., S. 13, rechte Spalte; S. 3, rechte Spalte; S. 4 linke Spalte).

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Kosmetika", zu denen auch hautpflegende Produkte rechnen, können über eine weitgehend übereinstimmende Wirkstoffzusammensetzung wie pharmazeutisch erzeugte Dermatika verfügen, so dass sie sich in der Verwendungsweise sehr nahestehen und ggf. sogar substituierbar sind. Die Rechtsprechung geht daher seit langem von einer engen wirtschaftlichen Nähe zu "pharmazeutischen Erzeugnissen" aus (vgl. auch BGH GRUR 1965, 670, 671 - Basoderm; BPatGE 38, 105, 109 - Lindora/Linola; Beschluss vom 12.06.2016, 24 W (pat) 522/15 - Diacaro Robugen/Diacard).

"Haarwässer" sind ebenso überdurchschnittlich ähnlich zu den Widerspruchswaren "pharmazeutische Erzeugnisse" (BPatG, Beschluss vom 12.06.2016, 24 W (pat) 522/15 - Diacaro Robugen/Diacard; BPatG Beschluss vom 20.09.1993, 24 W (pat) 17/92; Richter/Stoppel, a. a. O., S.139, linke Spalte). Denn Haarwässer dienen häufig jedenfalls auch der Einwirkung auf die – schuppige, juckende, gerötete –Kopfhaut und weisen damit nach Zweckbestimmung und Anwendungsweise eine deutliche Nähe zu Dermatika auf. Häufig handelt es sich dabei um Pflegemittel, die nach medizinischen Gesichtspunkten konzipiert sind und die über Vertriebswege und Verkaufsstätten angeboten werden, über die auch Dermatika bezogen werden können, so dass insoweit deutliche Anhaltspunkte für eine gemeinsame unternehmerische Verantwortung bestehen (BPatG, Beschluss vom 12.06.2016, 24 W (pat) 522/15 - Diacaro Robugen/Diacard).

Zwischen "Zahnputzmitteln", die der Eindämmung gesundheitsbeeinträchtigender Bakterien dienen, und Mund- und Rachenarzneien mit therapeutischer oder vorbeugender Funktion ist ein enger sachlicher Zusammenhang gegeben, so dass auch insoweit eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit zu "pharmazeutischen Erzeugnissen" besteht (vgl. BPatG, Beschluss vom 12.06.2016, 24 W (pat) 522/15 - Diacaro Robugen/Diacard; BPatG Beschluss vom 20.09.1993, 24 W (pat) 17/92).

"Nahrungsergänzungsmittel für Menschen; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische Zwecke" sind hochgradig ähnlich zu den "pharmazeutischen Erzeugnissen" der Widerspruchsmarke. Denn im Rahmen der Gesundheitspflege für medizinische Zwecke werden häufig auch Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel zusätzlich eingesetzt, um Mangelerscheinungen auszugleichen oder Störungen von Verdauung, Resorption und Stoffwechsel auszugleichen. Schwerpunkt ist damit die Heilung oder Linderung krankhafter Zustände, was zusätzlich zu den für die Warenähnlichkeit maßgeblichen Kriterien "Erbringungsort und Vertriebsmodalität" einen weiteren Berührungspunkt darstellt. Die Waren können zudem insbesondere in der äußeren Erscheinung - etwa in Form von Kapseln oder Tabletten - sowie bei den verwendeten Inhaltsstoffen erhebliche Übereinstimmungen aufweisen (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 234, linke Spalte; vgl. BPatG, Beschluss vom 05.08.2014, 24 W (pat) 34/14 – Erovital/Gelovital; Beschluss vom 09.10.2014, 30 W (pat) 13/14 - Dorovit/Korovit; Beschluss vom 04.04.2018, 29 W (pat) 520/16– Denk Getränk/Denk).

Entsprechendes gilt für "Nahrungsergänzungsmittel für Tiere" und "diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für veterinärmedizinische Zwecke". Angesichts des weiten Oberbegriffs "pharmazeutische Erzeugnisse", für die der Einwand der Nichtbenutzung nicht aufrechterhalten worden ist, ist von einer engen Warenähnlichkeit auszugehen, da zum einen für den Menschen bestimmte Präparate vielfach auch im veterinärmedizinischen Bereich eingesetzt werden, zum anderen auch Produkte darunterfallen können, die die gleichen Wirkstoffe enthalten (vgl. BPatG, Beschluss vom 03.04.2007, 24 W (pat) 7/06 – Bio-Cefit/CEKIT; BPatGE 43, 8, 16 – Rhoda-Hexan/Sota-Hexal).

d) Eine lediglich durchschnittliche Ähnlichkeit besteht zwischen den Waren "Pflaster; Verbandmaterial" zu Arzneimitteln und pharmazeutischen Erzeugnissen. Sie können dazu dienen, auf die Haut aufgebrachte oder über die Haut aufzunehmende Wirkstoffe abzudecken bzw. zu fixieren, um den Heilungsprozess zu fördern, so dass sich diese Waren insofern ergänzen können. Darüber hinaus können sie selbst pharmazeutische Wirkstoffe enthalten, die zur kontrollierten Freisetzung und Aufnahme über die Haut bestimmt sind (vgl. BPatG, Beschl. v. 20.10.2005, 25 W (pat) 140/03 – Cosmo Life/COSMO; Beschluss vom 11.01.2018, 25 W (pat) 12/16 – SERTEX/RESTEX/VERTEX; Beschluss vom 25.03.2015, 29 W (pat) 532/12 – Mevida/MELVITA, Beschluss vom 12.06.2016, 24 W (pat) 522/15 – Diacaro Robugen/Diacard; Beschluss vom 30.10.2019, 29 W (pat) 37/17 – Alliance Healthcare/Alliance; Richter/Stoppel, a. a. O., S. 248, mittlere Spalte).

Ähnlichkeit besteht (noch) zwischen "pharmazeutische(n) Erzeugnisse(n)" der Widerspruchsmarke und "Zahnfüllmittel(n); Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Babykost" der angegriffenen Marke (vgl. BPatG, Beschluss vom 30.10.2019, 29 W (pat) 37/17 – Alliance Healthcare/Alliance). Denn die genannten Waren kommen auch unter medizinischen Gesichtspunkten zum Einsatz und stehen in einem Ergänzungsverhältnis zu "pharmazeutischen Erzeugnissen". Auch zu "Arzneimittel(n)" ist keine höhergradige Ähnlichkeit gegeben (vgl. u.a., BPatGE 27, 214 - Werolux/Werolax).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen ist auf dieselben Kriterien abzustellen wie bei der Beurteilung der Waren untereinander. Dabei dürfen an eine Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen keine unüberwindbar hohen Anforderungen gestellt werden (BGH GRUR 2012, 1145, 1148 Rn. 35 - Pelikan). Maßgeblich ist insoweit die Verkehrsanschauung.

Bei den "Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Generika sowie pharmazeutische, human-, zahn- und veterinärmedizinische sowie kosmetische Erzeugnisse, Medizinprodukte und Produkte zur Gesundheitspflege und –vorsorge" ist durchschnittliche Ähnlichkeit gegeben (vgl. BPatG, Beschluss vom 30.10.2019, 29 W (pat) 37/17 – Alliance Healthcare/Alliance). Der Bundesgerichtshof (GRUR 2014, 378 Rn. 39 – OTTO CAP) hat zur Frage der Ähnlichkeit zwischen Einzelhandelsdienstleistungen und den auf sie bezogenen Waren unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung zur Branchenähnlichkeit nach § 15 Abs. 2 MarkenG (vgl. GRUR 2012, 635 Rn. 16 – METRO/ROLLER’s Metro) festgestellt, dass es für die Annahme einer Ähnlichkeit ausreicht, wenn sich die Dienstleistungen auf die entsprechenden Waren beziehen und die angesprochenen Verkehrskreise auf Grund dieses Verhältnisses annehmen, die Waren und Dienstleistungen stammten aus denselben Unternehmen. Davon ist für das Verhältnis zwischen Waren und den hierauf bezogenen Einzelhandelsdienstleistungen u. a. dann auszugehen, wenn große Handelshäuser in dem betreffenden Warensektor neben dem Verkauf fremder Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Hinzu kommt, dass Apotheken und Drogerien neben dem Verkauf fremder Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten.

Bei "Import- und Exportdienstleistungen; Vermittlung und Abschluss von Verträgen für Dritte über den Verkauf von Generika sowie pharmazeutische, human-, zahn- und veterinärmedizinische sowie kosmetische Erzeugnisse, Medizinprodukte und Produkte zur Gesundheitspflege und – vorsorge" besteht aus den genannten Gründen ebenfalls (noch) Ähnlichkeit zu den Waren der Widerspruchsmarke.

3. Angesprochene Verkehrskreise der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen sind – wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat - bei Waren aus dem medizinischen Bereich sowohl Fachleute als auch Endverbraucher, deren Aufmerksamkeit gesteigert ist. Auch in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 ist von einer erhöhten Aufmerksamkeit der vor allem angesprochenen Fachkreise auszugehen. Den Waren der Klasse 3 begegnet der insoweit angesprochene allgemeine Verkehr regelmäßig mit einer durchschnittlichen Aufmerksamkeit.

4. Die Widerspruchsmarke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Für eine Schwächung ist weder etwas vorgetragen noch ersichtlich. Eine von der Widersprechenden im Verfahren vor dem DPMA geltend gemachte gesteigerte Kennzeichnungskraft hat die Markenstelle zu Recht verneint. Die Beschwerdeführerin hat eine Steigerung in der Beschwerdebegründung und ihren weiteren Schreiben auch nicht mehr erwähnt und diesbezüglich keine weiteren Unterlagen vorgelegt. Sie ist vielmehr in ihrer Begründung nun von zumindest durchschnittlicher Kennzeichnungskraft ausgegangen.

5. Im Rahmen der bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr erforderlichen Gesamtabwägung hält die jüngere Marke bei Vorliegen einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke den gebotenen Abstand im Zusammenhang mit identischen und hochgradig ähnlichen Waren nicht ein. Für die übrigen – höchstens durchschnittlich ähnlichen - Waren und Dienstleistungen ist dies jedoch der Fall.

Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig ausreicht, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (BGH GRUR 2020, 870 Rn. 25 – INJEKT/INJEX; GRUR 2017, 914 Rn. 58 – Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke; GRUR 2015, 1114 Rn. 23 – Springender Pudel; GRUR 2015, 1004 Rn. 22 – IPS/ISP; GRUR 2014, 382 Rn. 25 – REAL-Chips; Hacker in: Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 270 f. m. w. N.). Dabei sind grundsätzlich die Vergleichsmarken als Ganzes gegenüberzustellen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen, da der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden und zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen (BGH GRUR 2019, 1058 Rn. 34 – KNEIPP; GRUR 2013, 833 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; Hacker in: Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 249 m. w. N.). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können, den das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorruft (vgl. EuGH GRUR 2007, 700 Rn. 41 – HABM/Shaker [Limoncello/LIMONCHELO]; GRUR 2005, 1042 Rn. 29 – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2020, 1202 Rn. 26 – YOOFOOD/YO; GRUR 2014, 382 Rn. 14 – REAL-Chips; GRUR 2012, 64 Rn. 14 – Maalox/MeloxGRY).

Hiernach besteht teilweise eine unmittelbare Verwechslungsgefahr.

a) Die Vergleichszeichen

Abbildung

und

TAD

in ihrer Gesamtheit unterscheiden sich durch die abweichenden Wortbestandteile "&" und "A" sowie die grafischen Elemente der jüngeren Marke schriftbildlich und begrifflich ausreichend voneinander. Jedoch liegt bezüglich identischer und hochgradig ähnlicher Waren in klanglicher Hinsicht der gebotene Abstand nicht vor. Denn die Zeichen sind klanglich zumindest unterdurchschnittlich ähnlich.

Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass die relevanten Verkehrskreise die Zeichen in der Regel nicht nebeneinander wahrnehmen, sondern in ihrer Erinnerung vergleichen und dabei Übereinstimmungen grundsätzlich stärker ins Gewicht fallen, als Abweichungen (vgl. auch Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, a.a.O., § 9 Rn 263). Grafische Elemente könnten zwar durch Umschreibung sprachlich dargestellt werden; sie werden bei der mündlichen Benennung jedoch im Regelfall weggelassen werden, da ihre Aussprache meist recht aufwendig, zeitraubend und umständlich ist.

b) Schriftbildlich weist das angegriffene Zeichen an seinem Beginn einprägsame grafische Elemente auf, die in der älteren Marke keine Entsprechung finden. Zudem unterscheidet sich die Wortmitte der Kurzzeichen voneinander. Betrachtet man die Zeichen in ihrer Gesamtheit, so ist keine schriftbildliche Verwechslungsgefahr gegeben. Die angegriffene Marke wird in bildlicher Hinsicht auch nicht nur durch ihr Wortelement geprägt.

c) Begrifflich wird der Verkehr beide Zeichen als Fantasiebezeichnungen wahrnehmen. Daher ist hier keine Zeichenähnlichkeit gegeben.

d) Klanglich ist davon auszugehen, dass die Verkehrskreise die jüngere Marke lediglich mit ihrem Wortbestandteil "T&D" bezeichnen und "[te:] und [de:]" aussprechen werden. Die Erdkugel des stilisierten Globus wird – nicht zuletzt wegen ihrer Farbgebung und konkreten Gestaltung - nicht als ein "O" angesehen und daher auch nicht mündlich als solches benannt werden.

Zu Unrecht hat die Markenstelle aber angenommen, dass die Widerspruchsmarke ausschließlich als ein zusammenhängendes Wort "TAD", also "tad" ausgesprochen wird. Die Beschwerdegegnerin hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass der Verkehr grundsätzlich dazu neigt, Buchstabenfolgen und Abkürzungen, soweit möglich, als Wort zusammenzufassen und auszusprechen (vgl. u. a. BPatG, Beschluss vom 05.06.1996, 29 W (pat) 128/94 – ICA/iNCA; Beschluss vom 20.05.2003, 24 W (pat) 031/02 – QIS/KIS). Hierfür hat sie mit IKEA, ALDI, REWE oder LIDL Beispiele vorgetragen. Der genannte Grundsatz kommt aber hier nicht uneingeschränkt zum Tragen. In rechtserheblichem Umfang ist (auch) mit einer mündlichen Wiedergabe der Widerspruchsmarke in Einzelbuchstaben zu rechnen. Hierfür spricht, dass es etliche vergleichbare Kurzzeichen gibt, bei denen eine Aussprache als Einzelbuchstaben erfolgt, wie z. B. bei ADAC, ARD, ORF, SOS, ATU, DAW, MAN oder SAS. Hinsichtlich DAW hat der 30. Senat dies in einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung festgestellt und dabei auch darauf abgestellt, dass das nur aus drei Buchstaben gebildeten Zeichen – wie hier - keinen Wortcharakter aufweise (vgl. BPatG, Beschluss vom 18.02.2021, 30 W (pat) 43/19 – DAWA/DAW). Hingegen spielt es keine Rolle, dass die Widersprechende in der Anfangszeit im Jahr 1968 TAD als Abkürzung für "TierArzneimittelDienst" bzw. im Jahr 1970 "Therapeutika aus Deutschland" verwendet hat. Diese Abkürzungen sind für den Verkehr nicht naheliegend und ihm auch nicht (mehr) bekannt. Dass die Beschwerdeführerin das Widerspruchszeichen in der Werbung, auf ihrer Internetseite und in Flyern in einer Form verwendet, die die Aussprache als ein Wort nahelegt, ändert daran nichts. Denn sie verbindet es dort mit weiteren Bestandteilen jeweils zu Gesamtbegriffen, die akustisch mit anderen Worten verwechselt werden können und daher als Wortspiele dienen, wie z. B. zu "TADsachen" in "TADsachen auf einen Blick" bzw. "Gesundheit ist TADsache!" oder "TADkraft". Diese sagen nichts darüber aus, wie der Verkehr das Zeichen aussprechen wird, wenn es ihm – wie hier – in Alleinstellung begegnet. Daher ist auch eine mündliche Wiedergabe in einzelnen Buchstaben als eine naheliegende und wahrscheinliche Aussprachemöglichkeit anzusehen und deshalb auch eine Aussprache als "[te:] – [a:] – [de:]" zu Grunde zu legen (BPatG, Beschluss vom 21.10.2015, 29 W (pat) 31/13 – CARSI/CARS).

Die Vokalfolge "e-u-e" auf der einen und "e-a-e" auf der anderen Seite unterscheidet sich in diesem Fall lediglich an einer Stelle in der Mitte der Zeichen. Die Silbenzahl ist identisch. Die klangliche Wortlänge der Zeichen und der Sprechrhythmus weichen nur leicht ab. Ein Verhören ist dadurch gerade bei ungünstigen Übermittlungsbedingungen nicht ausreichend ausgeschlossen (vgl. u. a. BPatG, Beschluss vom 17.05.2021, 29 W (pat) 513/20 – paq/pax; Beschluss vom 17.04.2019, 29 W (pat) 562/17 – BKM/BPM). Auch wenn bei Kurzzeichen Unterschiede leichter in Erinnerung bleiben, führen die am besonders beachteten Wortanfang stehenden identischen Elemente "T" sowie das "D" am – im Vergleich zur Wortmitte ebenfalls mehr wahrgenommenen - jeweiligen Wortende dazu, dass der notwendige Abstand hier nicht eingehalten wird.

Im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung hält die angegriffene Marke bei Vorliegen einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft im Zusammenhang mit den identischen und hochgradig ähnlichen Waren den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. Insoweit ist für die beteiligten Verkehrskreise im vorgenannten Umfang in klanglicher Hinsicht keine hinreichend sichere Abgrenzbarkeit der beiden Marken gewährleistet, zumal die Verbraucher nur selten die Möglichkeit haben werden, die Marken unmittelbar miteinander vergleichen zu können, sondern sie vielmehr im Regelfall aus der erfahrungsgemäß eher unsicheren Erinnerung heraus voneinander abgrenzen müssen (vgl. BGH GRUR 2016, 197 Rn. 37 — Bounty; BPatG, Beschluss vom 13.01.2010, 29 W (pat) 8/09 — Monrose/melrose/melrose). Auf die Beschwerde der Widersprechenden war daher der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des DPMA vom 29. Mai 2019 teilweise aufzuheben und im tenorierten Umfang die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

C. Zu einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Kostenentscheidung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG besteht kein Anlass.

Meta

29 W (pat) 567/19

20.06.2022

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994, § 158 Abs 3 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2022, Az. 29 W (pat) 567/19 (REWIS RS 2022, 9965)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9965

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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