Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.03.2020, Az. 29 W (pat) 37/17

29. Senat | REWIS RS 2020, 17

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Alliance Healthcare (Wort-Bild-Marke)/ALLIANCE (Unionsmarke)" – zur rechtserhaltenden Benutzung – zur alleinigen Benutzung in Großbritannien – Benutzung unter Beifügung eines grafischen Symbols – keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Marke – zum Ausnahmevermerk - zur Kennzeichnungskraft – Warenidentität und Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit – unmittelbare Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2012 009 475

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2019 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Seyfarth

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 27. Januar 2015 und vom 9. Februar 2017 aufgehoben und die Löschung der Marke Nr. 30 2012 009 475 im angegriffenen Umfang angeordnet.

2. Der [X.] der Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin wird zurückgewiesen.

3. Die Anschlussbeschwerde der Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]ie Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 5. [X.]ezember 2012 angemeldet und am 28. Februar 2013 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte [X.]egister unter der Nummer 30 2012 009 475 für die Waren und [X.]ienstleistungen der

3

Klasse 5: pharmazeutische und/oder veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost; Pflaster; Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und/oder Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; [X.]esinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide; Herbizide;

4

Klasse 35: [X.]ienstleistungen des Einzelhandels und/oder des Großhandels in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit und/oder Kosmetik; [X.] in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit und/oder Kosmetik; Katalogversandhandelsdienstleistungen in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit und/oder Kosmetik; Zusammenstellung von pharmazeutischen, medizinischen, gesundheitsbezogenen und/oder kosmetischen Waren für [X.]ritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken; Beratung in Fragen des Marketings; betriebswirtschaftliche Beratung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Beschaffungsdienstleistungen für [X.]ritte; Beratung in Fragen der Organisation; Systematisierung von [X.]aten in Computerdatenbanken; Zusammenstellung von [X.]aten in Computerdatenbanken; Hilfe bei der Geschäftsführung von Apotheken und/oder Sanitätshäusern; betriebswirtschaftliche Beratung für Apotheken und/oder Sanitätshäuser;

5

Klasse 39: Auslieferung von pharmazeutischen, medizinischen, gesundheitsbezogenen und/oder kosmetischen Waren; Verpacken und/oder Lagerung von Waren; Transportlogistik;

6

Klasse 44: medizinische [X.]ienstleistungen; Gesundheitspflege für Menschen; Beratung in Fragen Gesundheits-, Körper- und/oder Schönheitspflege; Beratung in Bezug auf medizinische Produkte; Beratung in Fragen Pharmazie; Beratung von Apotheken auf dem Gebiet der Pharmazie; Gesundheitsuntersuchungen; [X.]ienstleistungen eines Apothekers; Körper- und/oder Schönheitspflege, Vermietung von medizinischen Geräten und/oder medizinischer Ausrüstung;

7

eingetragen worden. [X.]ie Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 5. April 2013.

8

Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben aus der Wortmarke UM 002 816 098

9

[X.]

eingetragen am 11. August 2006 für die Waren der

Klasse 5: Pharmazeutische Präparate, ausgenommen jedoch Kinder- und Krankenkost und chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke.

[X.]er Widerspruch ist beschränkt erhoben worden und richtet sich nur gegen die oben fett gedruckten Waren und [X.]ienstleistungen der Klassen 5 und 35 der angegriffenen Marke.

[X.]ie Beschwerdegegnerin und Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Amtsverfahren mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2013 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung hat die Widersprechende zwei eidesstattliche Versicherungen sowie mehrere Belege über die Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ (Geschäftsberichte, [X.], Produktabbildungen, Beipackzettel) vorgelegt.

Mit [X.]üssen vom 27. Januar 2015 und vom 9. Februar 2017, letzterer ergangen im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 35 des [X.] eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] verneint und den Widerspruch zurückgewiesen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Marken begegneten sich teilweise, nämlich hinsichtlich der pharmazeutischen Erzeugnisse, auf identischen oder eng ähnlichen Waren. Obwohl „[X.]“ einen beschreibenden Anklang habe, liege – in Alleinstellung und für die beanspruchten Waren – keine unmittelbar beschreibende Angabe vor. Es sei daher von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Bei den Adressaten der in Frage stehenden Waren könne es sich auch um breite Verkehrskreise handeln, die Waren, die die Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden beeinflussen könnten, nicht spontan, sondern gezielt oder nach Beratung erwerben würden.

[X.]ie Widerspruchsmarke sei daher berechtigt, von der angegriffenen Marke die Einhaltung eines gewissen Abstandes zu fordern, an den aufgrund des oben genannten Aspekts, der sich [X.] auswirke, keine allzu strengen Anforderungen zu stellen seien. [X.]ieser gebotene Abstand werde im vorliegenden Fall noch eingehalten.

Beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen messe der Verkehr in der [X.]egel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zu. Es stünden sich somit die Markenworte „[X.]“ und „[X.]“ gegenüber, die sich schriftbildlich, begrifflich und klanglich durch das in der jüngeren Marke enthaltene Wort „Healthcare“ in der Anzahl der Silben sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus ausreichend deutlich unterscheiden würden. Nach dem Gesamteindruck sei daher eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit nicht festzustellen. Es bestehe auch kein [X.]ass, einen Bestandteil der angegriffenen Marke wegzulassen oder zu vernachlässigen. Eine zergliedernde Betrachtungsweise sei dem Markenrecht fremd und selbst kennzeichnungsschwache Bestandteile würden nicht von vornherein außer Betracht bleiben. Es sei kein Bestandteil der angegriffenen Marke für die Gesamtmarke mehr prägend als der andere. [X.]a der Bestandteil „[X.]“ eher kennzeichnungsschwach sei, werde der andere Wortteil in jedem Fall mit beachtet. [X.]er Bestandteil „Alliance“ der angegriffenen Marke trete nicht selbständig kennzeichnend hervor, sondern verschmelze mit dem nachstehenden Wort „Healthcare“ zu einem Gesamtbegriff. In der Bedeutung „Verbindung/[X.]“ entfalte er je nach Ware und [X.]ienstleistung eine mehr oder weniger beschreibende Wirkung. [X.]ieser von der Widerspruchsmarke abweichende Sinngehalt trage zusätzlich dazu bei, die Marken besser auseinander halten zu können und Hör- und [X.] zu vermeiden. Er führe auch dazu, dass die Zeichen nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden.

Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr könne aufgrund der unterschiedlichen Wortlängen sowie der typischen Umrisscharakteristik des Bestandteils „- Healthcare“ der angegriffenen Marke, die der Widerspruchsmarke fehle, ebenfalls ausgeschlossen werden. [X.]arüber hinaus verfüge die angegriffene Marke bei handschriftlicher Wiedergabe und Wiedergabe in [X.] über weitere Oberlängen, die der Widerspruchsmarke fehlen würden. Zudem würden bei der Betrachtung des [X.] Marken stets insgesamt wahrgenommen, also auch mit ihren grafischen Bestandteilen.

Für die Annahme weiterer Arten von Verwechslungsgefahren sei kein [X.]ass gegeben. [X.]ie angesprochenen Verkehrskreise gingen auch nicht davon aus, dass es sich bei der jüngeren Marke um ein weiteres Produkt der Widersprechenden handele, schon da sie anders gebildet sei als die angegriffene Marke. [X.]er gemeinsame, eher beschreibende Bestandteil "Alliance" reiche zur Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus. [X.]a auch andere Unternehmen den Bestandteil "Alliance" in ihren Marken verwendeten, weise dieser nicht zwingend auf die Widersprechende hin.

Eine Verwechslungsgefahr komme daher, entgegen der Auffassung der Widersprechenden, unter keinem denkbaren Aspekt in Betracht. Auf die Frage, ob die in zulässiger Weise bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke ausreichend glaubhaft gemacht worden sei, komme es bei dieser Sachlage nicht an.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

Sie ist der Auffassung, zwischen den im Umfang des Angriffs zu vergleichenden Waren und [X.]ienstleistungen bestehe hinsichtlich der Waren „pharmazeutische Erzeugnisse“ und „veterinärmedizinische Erzeugnisse" Identität, hinsichtlich der Waren „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Hygienepräparate für medizinische Zwecke ; [X.]esinfektionsmittel; Babykost; Pflaster; Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und/oder Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke" und der „[X.]ienstleistungen des Einzelhandels und/oder des Großhandels in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit; [X.] in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit; Katalogversandhandelsdienstleistungen in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit; Zusammenstellung von pharmazeutischen, medizinischen, gesundheitsbezogenen Waren für [X.]ritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken" durchschnittliche bis hochgradige Ähnlichkeit. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. [X.]en danach erforderlichen erheblichen [X.] halte die angegriffene Marke nicht ein. Es sei zutreffend, dass der Bestandteil „Healthcare“ der angegriffenen Marke zu klanglichen und schriftbildlichen Unterschieden zwischen den [X.] führe. Es treffe jedoch nicht zu, dass begriffliche Unterschiede zu einem besseren [X.] der Marken führten. Zum einen könne das [X.] Wort „Alliance“ in beiden Marken als „Allianz“ verstanden werden, so dass sich gerade kein begrifflicher Unterschied, sondern ein ähnlicher Begriffsgehalt ergebe. Zum anderen sei das Verständnis “[X.]“ fernliegend, da die Widerspruchsmarke nicht „[X.]“ oder „[X.]“ laute. Weder im [X.] noch in der [X.] Übersetzung stelle „[X.]“ bzw. „[X.]“ einen grammatikalisch richtig gebildeten verständlichen Gesamtbegriff dar. Schließlich sei ein möglicher Begriffsgehalt – wenn überhaupt – nicht sofort erfassbar. Zur Frage der Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke führt die Beschwerdeführerin aus, selbst wenn man von einer Kennzeichnungsschwäche des Bestandteils „Alliance“ in der angegriffenen Marke ausgehe, sei jedenfalls der weitere Bestandteil „Healthcare“ rein beschreibend und ohne jegliche Kennzeichnungskraft. [X.]ie beiden Wortbestandteile seien daher nicht gleichwertig. Jedenfalls könne „Alliance“ neben dem rein beschreibenden Bestandteil „Healthcare“ eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehmen. Für die angesprochenen breiten Verkehrskreise trete demnach der Bestandteil „Healthcare" in den Hintergrund. [X.]ie medizinischen Fachkreise, aber auch die Endverbraucher würden sich an dem Bestandteil „[X.]" orientieren, der mit der Widerspruchsmarke identisch ist. [X.]er angesprochene Verkehr verstehe „Healthcare“ als rein beschreibende Angabe eines Produktbereichs bzw. einer neuen Produktlinie der Widersprechenden unter deren Marke „[X.]".

Es stünden sich daher letztendlich die ältere Marke „[X.]" sowie der identische prägende Bestandteil „Alliance" der angegriffenen Marke gegenüber, so dass zumindest von [X.] auszugehen sei.

Zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung verweist die Beschwerdeführerin zunächst auf die im Amtsverfahren vorgelegten Unterlagen, darunter eine eidesstattliche Versicherung des [X.] der Beschwerdeführerin, [X.]… [X.]… W… vom 9. [X.]ezember 2013 sowie des [X.] der Beschwerdeführerin, [X.] vom 26. April 2016 und mehrere Belege über die Benutzung der Bezeichnung „[X.]“ (Geschäftsberichte, [X.], Produktabbildungen, Beipackzettel). [X.]ie Widerspruchsmarke sei im relevanten Zeitraum in ausreichendem Umfang rechtserhaltend benutzt worden. Sämtliche in der eidesstattlichen Versicherung genannten Waren würden unter das [X.] fallen. Chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke seien solche, die für die Herstellung von pharmazeutischen Präparaten verwendet würden, z.B. Alkohol, Farbstoffe, Trägerstoffe etc. Bei allen Produkten, für welche Umsätze genannt würden, handele es sich um pharmazeutische Präparate. Schließlich seien die in den eidesstattlichen Versicherungen genannten Umsatzzahlen zur Glaubhaftmachung einer ernsthaften Benutzung ausreichend.

[X.]ie Beschwerdeführerin beantragt,

1. die [X.]üsse der Markenstelle für Klasse 35 vom 27. Januar 2015 und vom 9. Februar 2017 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke im beantragten Umfang anzuordnen.

2. die Kostenanträge der Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

[X.]es Weiteren regt die Beschwerdeführerin an, die [X.]echtsbeschwerde zuzulassen.

[X.]ie Beschwerdegegnerin beantragt sinngemäß,

1. die Beschwerde zurückzuweisen.

2. die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen.

[X.]ie Beschwerdegegnerin hat ferner Anschlussbeschwerde eingelegt mit dem Antrag,

der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor dem [X.] aufzuerlegen.

[X.]ie Beschwerdeführerin beantragt,

die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.

[X.]ie Beschwerdegegnerin ist der Auffassung, „[X.]“ könne nur im Sinne von „Verbindung/[X.]“ verstanden werden. In der Gesundheitsbranche werde die Bezeichnung „Allianz“ als beschreibender Hinweis auf einen Zusammenschluss von Unternehmen bei der Vermarktung pharmazeutischer Begriffe verwendet. Es sei daher nicht wahrscheinlich, dass der Verbraucher die Bezeichnung zergliedernd betrachten und in „Alliance“ den herkunftshinweisenden Teil der Marke sehen werde. Wegen des in sich geschlossenen [X.] fehle es auch an einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Bestandteils „Alliance“. Eine Markenusurpation liege nicht vor, da dies eine Verwendung der Widerspruchsmarke in [X.] voraussetzen würde, was nicht der Fall gewesen sei; ebenso wenig reihe sich „[X.]“ als Produktlinie in eine mit dem Bestandteil „Alliance“ gebildete Markenserie ein.

Zur rechtserhaltenden Benutzung trägt die Beschwerdegegnerin vor, die in der eidesstattlichen Versicherung der Widersprechenden genannten Waren würden überwiegend nicht unter das [X.] fallen. [X.]ie Widerspruchsmarke sei für die Waren „pharmazeutische Präparate, ausgenommen jedoch Kinder- und Krankenkost und chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke" eingetragen. Hierunter fielen nur pharmazeutische Präparate, die keine Kinder- und Krankenkost und keine chemischen Präparate für pharmazeutische Zwecke seien. Aufgrund der Einschränkung würden von dem [X.] lediglich pharmazeutische Präparate auf nicht chemischer Basis, also auf rein pflanzlicher Basis beansprucht. [X.]ie Widersprechende lege ausschließlich Abbildungen der Verpackungen der Arzneimittel S… und [X.]… vor, welche mit dem Zeichen „Alliance" gekennzeichnet seien. Hierbei handele es sich jedoch um Präparate auf chemischer Basis, welche vom [X.] ausgenommen seien. Eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sei damit durch die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht.

[X.]ie Ladung zur mündlichen Verhandlung enthält folgenden Zusatz:

[X.]er [X.] weist darauf hin, dass der Erfolg der Beschwerde von einer Glaubhaftmachung der Benutzung abhängt. [X.]eshalb sollte u. a. erneut zur Frage Stellung genommen werden, um welche Waren es sich bei pharmazeutischen Präparaten handeln kann, die nicht „chemische Präparate für pharmazeutische [nicht: medizinische] Zwecke“ sind.

[X.]ie Beschwerdeführerin hat daraufhin weitere Unterlagen eingereicht, u. a. eine eidesstattliche Versicherung des [X.] der Beschwerdeführerin, [X.]… B… vom 15. Oktober 2019 ([X.]. [X.] und [X.], [X.]. 115 u. 194 d. A.).

Sie trägt folgendes vor:

Aus der eidesstattlichen Versicherung vom 15. Oktober 2019 ergäben sich die Umsätze in der gesamten [X.] in den Jahren 2016 bis 2019, bezogen auf die Produktkategorien aus dem [X.] ([X.]age [X.] zum Schriftsatz vom 03.04.2014/[X.]).

Zu der Frage nach den „pharmazeutischen Präparaten (…), die nicht ‚chemische Präparate für pharmazeutische (…) Zwecke‘ sind“ führt sie aus, „pharmazeutische Präparate“ und „chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ seien nicht gleichzusetzen. [X.]ie „pharmazeutische Präparate“ seien „breiter“ und umfassten als Oberbegriff der Klasse 5 die „chemischen Präparate für pharmazeutische Zwecke“. Nur chemische Präparate für „pharmazeutische Zwecke“ würden in die Klasse 5 fallen, für andere Zwecke dagegen in die Klasse 1.

Bei „chemischen Präparaten für pharmazeutische Zwecke“ handele es sich um Inhaltsstoffe für Arzneimittel bzw. Hilfssubstanzen für deren Herstellung, also nur um Bestandteile. Man könne sie daher nicht mit Arzneimitteln auf chemischer Basis gleichsetzen. [X.]as ergebe sich u. a. aus der alphabetischen Liste der [X.] Klassifikation in Klasse 5, die neben dem (allgemeinen) Begriff „chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ auch die Bezeichnung spezieller chemischer Präparate für pharmazeutische Zwecke enthalte. Nur solche „chemischen Präparate für pharmazeutische Zwecke“, d. h. nur Inhaltsstoffe oder Hilfsmittel seien vom [X.] ausgenommen.

[X.]ie Beschwerdeführerin legt des Weiteren das Urteil des [X.] vom 17. Oktober 2019 ([X.]/18) vor ([X.]. 231 ff. d. A.). [X.]arin habe das [X.] ausgeführt, dass bei der Interpretation eines [X.]ses die tatsächlichen Absichten des [X.] relevant seien, und es absurd wäre, das [X.] so zu interpretieren, dass die tatsächlichen Produkte des Anmelders aus dem [X.] ausgeschlossen würden und nur Waren übrig blieben, die der Anmelder nicht geschützt haben wollte. [X.]ie Interpretation des [X.]ses dahingehend, dass nur noch pharmazeutische Produkte enthalten seien, die nicht unter Verwendung von pharmazeutischen chemischen Präparaten hergestellt worden seien, könne nach Auffassung des Gerichts nicht richtig sein. [X.]as [X.] habe auch die Auffassung der Beschwerdeführerin bestätigt, dass „chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ lediglich Ausgangsstoffe für die Herstellung der pharmazeutischen Präparate seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

[X.]ie nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens haben sich die Vorschriften des Markengesetzes mit Wirkung vom 14. Januar 2019 geändert. Eine für die Beurteilung der [X.]echtslage maßgebliche Änderung folgt daraus nicht ([X.], 1316 [X.]n. 11 – [X.]). [X.]a die Anmeldung der angegriffenen Marke zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist für die gegen diese Eintragung erhobenen Widersprüche gemäß § 158 Abs. 3 [X.] in der seit dem 14. Januar 2019 geltenden Fassung ([X.] n. F.) weiterhin die Vorschrift des § 42 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung anzuwenden ([X.] a. F., im Folgenden nur „[X.]“).

A. Zwischen der angegriffenen Marke und der ([X.]s-)Widerspruchsmarke besteht Verwechslungsgefahr im Sinne der §§ 125 b Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

1. [X.]ie Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. [X.]abei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder [X.]ienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder [X.]ienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. [X.]spr.; vgl. [X.]H [X.] 2014, 245 ff. – [X.]/[X.] [[X.] [X.]OUGHNUTS/[X.]OGHNUTS]; [X.]. 2012, 754 [X.]n. 63 – [X.] GmbH./.[X.] [Linea Natura Natur hat immer Stil]; [X.], 1098 [X.]n. 44 – [X.]/ [X.] [[X.] C[X.]EATIONES KENNYA/[X.] CAKVIN [X.]]; [X.], 356 [X.]n. 45 f. – [X.]/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.] 2019, 1058 [X.]n. 17 – [X.]; G[X.]U[X.] 2018, 79 [X.]n. 9 – OXFO[X.][X.]/[X.]; [X.], 1104 ff. – [X.]/[X.]; [X.], 1301 [X.]n. 44 – Kinderstube; [X.], 382 [X.]n. 19 – [X.]). [X.]arüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende [X.]ifferenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind ([X.]H [X.], 933 [X.]n. 33 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] 2013, 833 [X.]n. 30 – Culinaria/[X.]).

2. [X.]ie Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2013 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Nach § 158 Abs. 5 [X.] n. F. sind – weil der Widerspruch vor dem 14. Januar 2019 erhoben wurde – die §§ 26 und 43 Abs. 1 [X.] in ihrer bis dahin geltenden Fassung anzuwenden. In dem undifferenzierten Bestreiten der Benutzung ist die Erhebung beider Einreden nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] zu sehen ([X.] 2008, 719 [X.]n. 20 – idw Informationsdienst Wissenschaft). [X.]a die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 5. April 2013 bereits über fünf Jahre im [X.]egister eingetragen war (Eintragung am 11. August 2006), sind beide Einreden zulässig. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind nach §§ 125 b Nr. 4, 43 Abs. 1 S. 3 [X.] daher nur die Waren und [X.]ienstleistungen zu berücksichtigen, für die eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht worden ist.

Maßgeblich für die Frage der Benutzung in zeitlicher Hinsicht sind vorliegend nach § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] der [X.] vor Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 5. April 2013 und nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] der weitere [X.] vor der Entscheidung durch das [X.] (vgl. [X.]). [X.]amit oblag es der Widersprechenden, die wesentlichen Umstände der Benutzung der Marke, insbesondere Zeit, Art, Ort und Umfang in den Benutzungszeiträumen April 2008 bis April 2013 sowie Oktober 2014 bis Oktober 2019 darzutun und glaubhaft zu machen.

Nach ständiger [X.]echtsprechung wird eine Marke dann ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion verwendet wird, d. h. die Ursprungsidentität der Waren oder [X.]ienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren, um für diese Waren und [X.]ienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und zu sichern ([X.]H G[X.]U[X.] 2003, 425 [X.]n. 38 – [X.]/Ajax; [X.] 2013, 725 [X.]n. 38 – [X.]uff Beer). [X.]er Nachweis der Benutzung ist in Abgrenzung zur bloßen Scheinhandlung zu verstehen, die nur zu dem Zweck vorgenommen wird, die formalen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung von [X.]echten aus einer Marke zu erfüllen ([X.]H, [X.], 182 [X.]n, 29 – [X.] Merken/[X.] [Onel/Omel]; G[X.]U[X.] 2008, 343 [X.]n. 72 – [X.]/[X.] [BAINB[X.]I[X.]GE]; [X.] 2012, 832 [X.]n. 49 – [X.]; [X.], 729 [X.]n. 15 – [X.]; [X.], 60 [X.]n. 37 – LOTTOCA[X.][X.]). Ausgeschlossen sind somit die Fälle, in denen die Marke nur symbolisch benutzt wird, um die durch sie begründeten [X.]echte zu wahren. [X.]ie Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu beurteilen, durch die die wirtschaftliche Verwertung der Marke im Geschäftsverkehr belegt werden kann. [X.]azu rechnen insbesondere der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. [X.]H G[X.]U[X.] 2008, 343 [X.]n. 72 – [X.]/[X.] [BAINB[X.]I[X.]GE]; [X.] 2010, 729 [X.]n. 15 – [X.]). [X.]ie Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer [X.]smarke sind dabei dieselben wie in § 43 Abs. 1 [X.], wobei die Benutzung nicht nach § 26 [X.], sondern Art. 18 [X.] in der [X.] glaubhaft zu machen ist (§ 125 b Nr. 4 [X.]).

[X.]ie Widersprechende und Beschwerdeführerin hat zur Glaubhaftmachung der Benutzung folgende Unterlagen vorgelegt:

- Eidesstattliche Versicherung des [X.]… [X.]… W…, [X.] der Beschwerdeführerin vom 9. [X.]ezember 2013 ([X.]age [X.], [X.]) mit [X.] Übersetzung ([X.]age [X.], [X.]), jeweils in Kopie;

- Eidesstattliche Versicherung des [X.], [X.] F… O… der Beschwerdeführerin vom 26. April 2016, [X.]age [X.], [X.]); Auszug aus dem Jahresbericht 2010 der Muttergesellschaft der Widersprechenden, [X.] (Annex 1 zur eV vom 9. [X.]ezember 2013, [X.]);

- Beipackzettel der im Jahresbericht auf [X.], 14, 18 abgebildeten Präparate;

- Eidesstattliche Versicherung des [X.]… B…, [X.] E… O… der Beschwerdeführerin vom 15. Oktober 2019 ([X.]age [X.], [X.] 115

- 117 d. A.) mit [X.] Übersetzung ([X.]age [X.], [X.], 194 – 197 d. A.);

- Produktabbildungen aus dem Jahresbericht 2018 der Beschwerdeführerin; Vorlagen für Produktverpackungen; Printwerbung für verschiedene Produkte ([X.] 1 bis 8 zur eidesstattlichen Versicherung vom 15. Oktober 2019, [X.]. 246-285 d. A.);

- Auszug aus dem „[X.]“ ([X.]age [X.], [X.]);

- alphabetische Liste der [X.] Klassifikation, Klasse 5 ([X.]age [X.], [X.]. 198 d. A.);

- Wikipedia-Artikel zu verschiedenen chemischen Verbindungen ([X.]age [X.], [X.]. 207 d. A.).

[X.]ie eingereichten Unterlagen enthalten ausreichende Angaben, um die Tatsachen hinsichtlich Art, Form, Ort und Umfang der Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen. Aus diesen ergibt sich eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in Bezug auf die Waren „pharmazeutische Präparate, ausgenommen jedoch Kinder- und Krankenkost und chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ während der beiden relevanten Benutzungszeiträume nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.].

a) [X.]ie Angaben zu [X.]auer und Umfang der Benutzung sind für ihre Glaubhaftmachung ausreichend. [X.]ie eidesstattliche Versicherung vom 26. April 2016 bezieht sich auf den Zeitraum 2010 bis 2015, die eidesstattliche Versicherung vom 15. Oktober 2019 auf die Jahre 2016 bis 2019, mithin auf die relevanten Benutzungszeiträume. [X.]ie in den eidesstattlichen Versicherungen vom 26. April 2016 und vom 15. Oktober 2019 genannten Jahresumsätze für die Jahre 2010 bis 2019 erreichen einen Umfang, der, ergänzt durch die weiter vorgelegten Unterlagen, geeignet ist, eine hinreichende Benutzung dem Umfang nach glaubhaft zu machen.

b) [X.]a der Widerspruch auf eine ältere [X.]smarke gestützt wird, ist eine ernsthafte Benutzung in der [X.] erforderlich, § 26 Abs. 1 [X.] i. V. m. Art. 18 Abs. 1 [X.] n. F. [X.]er [X.]H ([X.], 182 [X.]n. 36 – [X.] Merken [ONEL/[X.]]) hat betont, dass die Größe des Gebiets, in dem die [X.]smarke benutzt wird, kein gesondertes Kriterium, sondern lediglich ein Aspekt ist, der in die Beurteilung der Ernsthaftigkeit ihrer Benutzung einzubeziehen sei. Auch hätten die Grenzen der Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten außer Betracht zu bleiben (a. a. [X.] [X.]n. 57). [X.]ennoch kann selbst die Benutzung in einem einzelnen Mitgliedstaat ausreichend sein (a. a. [X.] [X.]n. 50). Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin kommt es daher nicht darauf an, ob eine Benutzung nur im [X.] glaubhaft gemacht ist. [X.]enn auch bei einer ausschließlichen Benutzung in [X.] kann vorliegend von einer solchen „in der [X.]“ ausgegangen werden. [X.]er Austritt des [X.]s aus der Europäischen [X.] zum 1. Februar 2020 ändert hieran im Übrigen (noch) nichts. Während eines Übergangszeitraums bis zum 31. [X.]ezember 2020 bleiben nämlich die [X.]smarkenverordnung sowie deren [X.]urchführungsrechtsakte weiterhin anwendbar. [X.]ie von der Widersprechenden mit eidesstattlicher Versicherung vom 26. April 2016 vorgetragenen Umsätze beziehen sich zudem dabei bereits auch den ersten Benutzungszeitraum betreffend auf das [X.]sgebiet, zum Teil auf einzelne Länder, darunter auch [X.]. Gleichzeitig wird versichert, dass die Marke „[X.]“ in zahlreichen weiteren Ländern der [X.] benutzt wird.

c) [X.]ie Art der Benutzung genügt den Anforderungen ebenfalls. Auf den abgebildeten Präparaten/Verpackungen und Beipackzetteln wird die Wortmarke „[X.]“ meist mit einem grafischen Symbol in Form eines Vierecks folgendermaßen verwendet: AbbildungAbbildung

d) Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin wurde die Widerspruchsmarke auch für die Waren, für die sie eingetragen ist, benutzt. [X.]ie eidesstattlichen Versicherungen vom 26. April 2016 und vom 15. Oktober 2019 beziehen sich jeweils auf „pharmazeutische Präparate und Präparate für die Gesundheitspflege“ in den Kategorien „Alimentäres System und Stoffwechsel“, „[X.]ermatika“, „Nervensystem“, „Systemische Hormone“ und „Anitiinfektiva für systemische Gabe“. [X.]em Einwand der Beschwerdegegnerin, die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen seien nicht zum Nachweis einer Benutzung für „Pharmazeutische Präparate, ausgenommen … chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ geeignet, da die ältere Marke aufgrund des Ausnahmevermerks nur für pflanzliche Stoffe eingetragen, die Benutzung allerdings nur für pharmazeutische Produkte auf chemischer Basis erfolgt sei, kann nicht gefolgt werden.

Zuzustimmen ist der Beschwerdegegnerin darin, dass sich aus dem Wortlaut der Eintragung im [X.] nicht unmittelbar ergibt, für welche Waren in Klasse 5 der [X.] (vgl. Internationale Klassifikation von Waren und [X.]ienstleistungen für die Eintragung von Marken – [X.], 11. Ausgabe, Version 2019) die Widerspruchsmarke angesichts des Ausnahmevermerks „ausgenommen … chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ tatsächlich eingetragen ist. [X.]as [X.] der Widersprechenden bedarf deshalb der Auslegung (vgl. [X.] 2011, 654 [X.]n. 17 – [X.]; [X.], [X.]uss vom 25.01.2019, 28 W (pat) 558/16 – [X.]; G[X.]U[X.] 1997, 133 – 134 – [X.]; [X.]fPMZ 1991, 249-250 [X.]uss vom 20.10.1970, 26 W (pat) 197/67; vgl. auch [X.], [X.]uss vom 17. Oktober 2019 – [X.]/18; [X.]. 231 ff. d. A.). [X.]abei ist nicht nur das allgemeine Sprachverständnis, sondern auch die Systematik der amtlichen Klasseneinteilung und der Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen ([X.] [X.]fPMZ 1991, 249-250), um zu einer plausiblen und sinnhaften Interpretation zu gelangen.

Unter der Bezeichnung „Pharmazeutische Präparate“ sind Arzneimittel zu verstehen (vgl. [X.]), was auch der Zuordnung in der [X.] (eK[X.]B bzw. [X.], vgl. Homepage des [X.] unter www.dpma.de) entspricht. Wie sich aus der Systematik der Klassifikation ergibt, sind „Chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ ebenfalls in Klasse 5 der [X.] eingetragen und auch diese können Arzneimittel sein. Zur Ermittlung der objektiven Erklärungsbedeutung des Ausnahmevermerks ist daher dessen Umfang/Inhalt zu bestimmen.

Ein „Präparat“ ist eine „für einen bestimmten Zweck hergestellte Substanz; Arzneimittel; chemisches Mittel“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Praeparat). Bei „Chemischen Präparaten“ handelt es sich um „im weiteren Sinn alle durch ein chemisches Verfahren gewonnenen Stoffe“ ([X.] [X.], 21. Auflage 2006, [X.]; http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Chemische+Pr%C3%A4parate), die auch für pharmazeutische Zwecke, also z. B. zur Arzneimittelherstellung verwendet werden können. „Chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ sind aber nicht gleichzusetzen mit den „Inhaltsstoffen für die Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen“. Letztere werden nicht von der Klasse 5 umfasst, sondern fallen in Klasse 1 der [X.] Klassifikation, weshalb sich der Ausnahmevermerk nicht auf diese – in Klasse 1 befindlichen – Inhaltsstoffe beziehen kann (z. B. Konservierungsmittel zur Verwendung in der pharmazeutischen Industrie oder Antioxidantien und Vitamine zur Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen), sondern auf andere Stoffe bezogen sein muss. „Chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ sind Waren, die zur Zubereitung von Arzneimitteln genutzt werden können. [X.]a ein Präparat definitionsgemäß auch eine einzelne Substanz sein kann, kann unterschieden werden zwischen chemischen Einzelverbindungen im Sinne von [X.]einstoffen bzw. -substanzen und chemischen Stoffen, die bereits zu einem „Arzneimittel“ fertig formuliert sind. Solche Einzelverbindungen bzw. [X.]einstoffe sind neben dem von der Beschwerdeführerin u. a. genannten „[X.]“ z. B. auch das in Klasse 5 genannte „Chloroform“, „[X.] für pharmazeutische Zwecke“, „Formaldehyd für pharmazeutische Zwecke“, „Milchzucker [Laktose] für pharmazeutische Zwecke“, „[X.]“ u. a. m. [X.]iese [X.]einstoffe können allein oder in verarbeiteter Form eingesetzt werden. Nur auf solche Einzelverbindungen bezieht sich der Ausnahmevermerk, nicht auf die „fertigen“ Arzneimittel als solche. [X.]iese Interpretation des [X.]ses ergibt sich aus der Zusammenschau der oben genannten [X.]. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin ist nämlich nicht nur vom – auslegungsbedürftigen – Wortlaut des [X.]ses auszugehen. Zwar ist ihr zuzustimmen, dass es nicht auf die subjektiven Vorstellungen eines Anmelders ankommt; doch die objektiven Umstände können und müssen mitberücksichtigt werden, um nicht zu einer völlig sinnwidrigen Auslegung zu gelangen (vgl. [X.], [X.]uss vom 20.10.1970, 26 W (pat) 197/67). Als objektiver Umstand ist vorliegend auch die Tatsache zu berücksichtigen, dass der Produktbereich der Beschwerdeführerin Arzneimittel auf chemischer Basis umfasst, und nicht erkennbar ist, dass sie jemals nur Produkte auf pflanzlicher Basis vertreiben wollte bzw. vertrieben hat.

Bei verständiger Würdigung von Wortlaut, Systematik der amtlichen Klasseneinteilung sowie der Gesamtumstände kann man daher nur zu dem Ergebnis kommen, dass der Ausnahmevermerk nicht alle Präparate mit chemischen Inhaltsstoffen, sondern nur solche Einzelverbindungen im Sinne von [X.]einsubstanzen umfasst und – entgegen der engen Auslegung der Beschwerdegegnerin – nicht nur rein pflanzliche Präparate übrigbleiben.

[X.]as [X.] der Widersprechenden umfasst somit auch Arzneimittel auf chemischer Basis, für welche die Beschwerdeführerin durch die vorgelegten Unterlagen eine Benutzung glaubhaft gemacht hat.

e) In der maßgeblichen Gesamtschau lassen die [X.] somit den Schluss auf eine ernsthafte Benutzung für Arzneimittel aus den Kategorien „Alimentäres System und Stoffwechsel“, „[X.]ermatika“, „Nervensystem“, „Systemische Hormone“ und „Antiinfektiva für systemische Gabe“ zu. [X.]iese Benutzung bezieht sich auf einen breiten Bereich innerhalb der pharmazeutischen Erzeugnisse. Zugunsten der Widersprechenden ist im [X.]ahmen der sog. [X.] aufgrund der „erweiterten Minimallösung“ daher von einer Benutzung für „Pharmazeutische Präparate, ausgenommen jedoch Kinder- und Krankenkost und chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ auszugehen. Bei dieser von der [X.]echtsprechung vorgenommenen Auslegung der Vorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] i. S. d. „erweiterten Minimallösung“ kommt die im Markenrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise zum Tragen, nach der die berechtigten Interessen des Markeninhabers an einer angemessenen wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit in Bezug auf die (auch künftige) Benutzung seiner Marke zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], [X.]uss vom 22.05.2014, 25 W (pat) 97/12 – [X.]/TOBI).

f) [X.]em Waren- und [X.]ienstleistungsvergleich können demnach auf Seiten der Widersprechenden die Waren „Pharmazeutische Präparate, ausgenommen jedoch Kinder- und Krankenkost und chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ zugrunde gelegt werden, § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.].

3. Zwischen den mit dem Widerspruch angegriffenen Waren und [X.]ienstleistungen und den [X.] besteht teilweise Identität, teilweise Ähnlichkeit.

Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder [X.]ienstleistungen ist grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen ([X.]H [X.] 2009, 397 [X.]n. 65 – P Les [X.] Sàrl/[X.] [[X.]/[X.]]; [X.], 157 [X.]n. 21 – [X.]; [X.], 176 [X.]n. 16 – [X.]; [X.], 488 [X.]n. 12 – [X.]ESPE[X.]A[X.]OS/[X.]ESPE[X.]A[X.]O; [X.], 601 – d-c-fix/C[X.]-FIX; G[X.]U[X.] 2001, 507, 508 – [X.]/[X.][X.]). Von einer Unähnlichkeit der Waren oder [X.]ienstleistungen kann dagegen nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren oder [X.]ienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist ([X.] a. a. [X.] – [X.]ESPE[X.]A[X.]OS/[X.]ESPE[X.]A[X.]O; a. a. [X.] – ZOOM).

a) [X.]ie angegriffenen Waren „pharmazeutische Erzeugnisse“ und „veterinärmedizinische Erzeugnisse“ sind identisch zu den hier relevanten Waren der Widerspruchsmarke [X.]/Stoppel, [X.]ie Ähnlichkeit von Waren und [X.]ienstleistungen 17. Auflage, S. 307).

b) Zwischen den Waren „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke“ der angegriffenen Marke und den Widerspruchwaren besteht jedenfalls durchschnittliche Ähnlichkeit, da beide der Krankheitsbehandlung bzw. -prävention dienen bzw. diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke die pharmazeutischen Präparate in einer Behandlung ergänzen ([X.], [X.]uss vom 11.01.2018, 25 W (pat) 12/16 – [X.]/[X.]/[X.]).

c) Gleiches gilt für die Waren der angegriffenen Marke „Hygienepräparate für medizinische Zwecke, [X.]esinfektionsmittel“. [X.]iese dienen vorrangig zum Sterilisieren bzw. [X.]esinfizieren und somit ebenso wie „pharmazeutische Präparate" der Verbesserung des Gesundheitszustandes von Menschen oder Tieren [X.]/Stoppel a. a. [X.] S. 135).

d) Auch die Waren der Klasse 5 „Pflaster; Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und/oder Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Babykost“ der angegriffenen Marke sind ähnlich zu den [X.]. [X.]enn die genannten Waren kommen auch unter medizinischen Gesichtspunkten zum Einsatz und stehen in einem Ergänzungsverhältnis zu „pharmazeutischen Präparaten“. So gibt es, insbesondere im Bereich der Hautpflege immer mehr Überschneidungen bei der Anwendung von Arzneimitteln einerseits und Pflaster/Verbandmaterial andererseits, z. B. bei Präparaten mit dermatologischem Einschlag (vgl. [X.], [X.]uss vom 11.01.2018, 25 W (pat) 12/16 – [X.]/[X.]/[X.]; [X.]uss vom 25.03.2015, 29 W (pat) 532/12 – [X.]/[X.]). [X.]urch den [X.]isclaimer „…ausgenommen Kinder- und Krankenkost“ auf Seiten der Widerspruchsmarke wird in Bezug auf die angegriffenen Waren „Babykost“ nur eine Warenidentität bzw. hochgradige Ähnlichkeit ausgeschlossen. Aus vorgenannten Erwägungen ist jedoch auch insoweit eine geringe Ähnlichkeit zu bejahen.

e) Schließlich ist zwischen den „[X.]ienstleistungen des Einzelhandels und/oder des Großhandels in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit; [X.] in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit; Katalogversandhandelsdienstleistungen in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit; Zusammenstellung von pharmazeutischen, medizinischen, gesundheitsbezogenen Waren für [X.]ritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken" des angegriffenen Zeichens und den Waren der Widerspruchsmarke Ähnlichkeit gegeben. [X.]er [X.] ([X.], 378 [X.]n. 39 – [X.]) hat zur Frage der Ähnlichkeit zwischen Einzelhandelsdienstleistungen und den auf sie bezogenen Waren unter Bezugnahme auf seine [X.]echtsprechung zur Branchenähnlichkeit nach § 15 Abs. 2 [X.] (vgl. [X.], 635 [X.]n. 16 – [X.]/[X.]OLLE[X.]’s Metro) festgestellt, dass es für die Annahme einer Ähnlichkeit ausreicht, wenn sich die [X.]ienstleistungen auf die entsprechenden Waren beziehen und die angesprochenen Verkehrskreise auf Grund dieses Verhältnisses annehmen, die Waren und [X.]ienstleistungen stammten aus denselben Unternehmen. [X.]avon ist für das Verhältnis zwischen Waren und den hierauf bezogenen Einzelhandelsdienstleistungen u. a. dann auszugehen, wenn große Handelshäuser in dem betreffenden Warensektor neben dem Verkauf fremder Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten. [X.]iese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. [X.]er [X.] geht davon aus, dass die [X.]ienstleistungsbegriffe „[X.]ienstleistungen des Einzelhandels und/oder des Großhandels in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit; [X.] in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit; Katalogversandhandelsdienstleistungen in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Gesundheit“ nicht den vom [X.]H formulierten Vorgaben an Klarheit und Eindeutigkeit genügen (vgl. [X.]H [X.], 869 – [X.]; [X.], 822 – IP-Translator; [X.], 764 – Praktiker) und daher das Sortiment nicht ausreichend abgrenzbar ist (vgl. hierzu [X.], [X.]uss vom , 29 W (pat) 573/12 – [X.]). [X.]ie sehr unbestimmten und weiten Angaben gehen insoweit zulasten der Beschwerdegegnerin. [X.]er [X.] geht daher davon aus, dass Gegenstand der Handelsdienstleistungen Waren aus den Bereichen „Pharmazie, Medizin und Gesundheit“ sind und es sich bei diesen gerade um solche handeln kann, für die die Widerspruchsmarke geschützt ist zwischen den gehandelten Waren und den [X.] besteht Identität. Hinzu kommt, dass Apotheken und [X.]rogerien neben dem Verkauf fremder Waren auch Waren mit eigenen Handelsmarken anbieten (vgl. [X.]; https://m.apotheke-adhoc.de/branchennews/alle-branchennews/branchennews-detail/neue-studie-zur-etablierung-pharmazeutischer-eigenmarken-erschienen/?forceMobile=1%3F&noMobile=1; für den Bekleidungssektor [X.] 2014, 378 [X.]n. 39 – [X.]; [X.], 623 [X.]n. 24 – Peek & Cloppenburg II). Zwischen den angegriffenen [X.]ienstleistungen und den [X.] besteht mithin durchschnittliche Ähnlichkeit. Entsprechendes gilt in Bezug auf die angegriffenen [X.]ienstleistungen „Zusammenstellung von pharmazeutischen, medizinischen, gesundheitsbezogenen Waren für [X.]ritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken“.

4. [X.]ie zu berücksichtigenden Vergleichswaren- und dienstleistungen richten sich sowohl an den medizinischen Fachverkehr als auch an die Allgemeinheit der Verbraucher. Erfahrungsgemäß begegnen die allgemeinen Verkehrskreise Waren und [X.]ienstleistungen, die mit Gesundheit zu tun haben, mit einer – zumindest leicht – erhöhten Aufmerksamkeit; beim Fachpublikum jedenfalls ist von einer erhöhten Aufmerksamkeit auszugehen.

5. [X.]ie Widerspruchsmarke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kennzeichnungskraft geschwächt ist. [X.]er Begriff „[X.]" gehört zum jedermann verständlichen Grundwortschatz der [X.]n Sprache, der ins [X.]eutsche üblicherweise mit den Bedeutungen „Allianz“, „Bündnis“, „[X.]“ übersetzt wird (vergl. https://dict.leo.org/englisch-deutsch/alliance). Bezogen auf die für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren „Pharmazeutische Präparate, ausgenommen jedoch Kinder- und Krankenkost und chemische Präparate für pharmazeutische Zwecke“ kann insbesondere in Alleinstellung ohne erklärenden Zusatz, worin das „Bündnis“ bestehen soll, kein beschreibender Bezug festgestellt werden. [X.]en Ausführungen der Beschwerdegegnerin, in Bezug auf pharmazeutische Präparate werde der Begriff „[X.]" dahingehend verstanden, dass die Präparate von verschiedenen Personen oder Unternehmen gemeinsam entwickelt oder produziert würden oder Teil eines Sortiments seien, das von verschiedenen Personen oder Unternehmen erstellt oder vertrieben werde, schließt sich der [X.] nicht an. [X.]ie von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Beispiele (WG 1 bis WG 4, [X.]), in denen der Begriff „Allianz“ im Zusammenhang mit der Pharmabranche verwendet wird, zeigen gerade nicht, dass „Allianz“ in Alleinstellung eine beschreibende Bedeutung in Bezug auf pharmazeutische Waren und [X.]ienstleistungen hat. [X.]iese ergibt sich vielmehr erst in der Kombination mit dem entsprechenden Bezugswort. [X.]ie Tatsache, dass das Wort „Allianz“ auch im Zusammenhang mit der Herstellung von pharmazeutischen Präparaten durch den Zusammenschluss unterschiedlicher Unternehmen verwendet wird, begründet alleine noch keinen beschreibenden Bezug. Selbst wenn man eine Assoziation herstellen würde, liegt darin weder ein beschreibender Bezug zu den Waren noch eine entsprechende [X.]ehnung an eine Sachangabe. Nach ständiger [X.]echtsprechung nimmt der Verkehr eine Marke nämlich so wahr, wie sie ihm entgegentritt, d.h. ohne sie näher gedanklich zu analysieren.

6. [X.]en bei dieser Ausgangslage zur Vermeidung einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr gebotenen Abstand hält die angegriffene Marke nicht ein, denn zwischen der Widerspruchsmarke und dem die angegriffene Marke prägenden Bestandteil besteht klangliche Identität.

a) Maßgeblich für die Beurteilung der [X.] ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.]H [X.], 922 [X.]n. 35 - Specsavers/[X.]; [X.], [X.]uss vom 23.10.2014, [X.] [X.]n. 10 – [X.]; [X.], 833 [X.]n. 30 – Culinaria/[X.]; [X.], 930 [X.]n. 22 – [X.]/[X.]; [X.], 64 [X.]n. 15 – Maalox/[X.]; [X.], 729 [X.]n. 23 – [X.]; [X.], 672 [X.]n. 33 – [X.]; [X.], [X.]uss vom 18.04.2011, 26 W (pat) 30/07 – [X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. [X.]H [X.], 428, [X.]n. 53 – [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). [X.]as schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können ([X.]H [X.], 1042 [X.]n. 28 f. – [X.] LIFE; [X.] 2012, 64 [X.]n. 14 – Maalox/[X.]; [X.], 487 [X.]n. 32 – Metrobus; [X.], 672 [X.]n. 33 – [X.]). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. [X.]er Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einem der [X.] aus ([X.] 2017, 1104 [X.]n. 27 – [X.]/[X.]; [X.], 114 [X.]n. 23 – [X.]; [X.], 1009 [X.]n. 24 – [X.]; [X.], 1055 [X.]n. 26 – airdsl; [X.]Z 139, 340, 347 -Lions; [X.] 2008, 393, [X.]n. 21 – HEITEC).

b) [X.]ie Vergleichsmarken Abbildung[X.] unterscheiden sich in ihrer Gesamtheit klanglich, begrifflich und schriftbildlich ausreichend durch das in der jüngeren Marke enthaltene Wort „Healthcare“ sowie ihre grafische Ausgestaltung.

c) Gleichwohl ist aber eine Verwechslungsgefahr gegeben, weil die angegriffene Marke jedenfalls in klanglicher Hinsicht durch den Bestandteil „Alliance“ geprägt wird, der klanglich identisch mit der Widerspruchsmarke ist. Für die Annahme einer Prägung des Gesamteindrucks eines zusammengesetzten Zeichens durch einen Bestandteil müssen die anderen Bestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. [X.] 2012, 64, [X.] – Maalox/[X.]; [X.], 729, Nr. 31 – [X.]; [X.], 1055, Nr. 23 – airdsl), so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. [X.]H [X.], 80, [X.]n. 37 – [X.]/[X.]; G[X.]U[X.] 2007, 700, [X.]n. 42 –[X.]/Shaker, [X.]. 2010, 129, [X.]n. 62 – [X.]/[X.]; [X.], 1098, [X.]n. 56 – [X.]/[X.]; [X.] 2010, 828 [X.]n. 45 – [X.]iSC; G[X.]U[X.] 2008, 719 [X.]n. 37 – idw Informationsdienst Wissenschaft; [X.], 778, 779 – [X.] [X.]I[X.]EKT). [X.]ies ist vorliegend der Fall.

Bei der Feststellung des klanglichen Gesamteindrucks einer Wort-/Bildmarke ist von dem in ständiger [X.]echtsprechung anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Wortbestandteil – sofern er kennzeichnungskräftig ist – den Gesamteindruck prägt, weil er die einfachste Möglichkeit bietet, die Marke zu benennen (vgl. [X.] 2014, 378 [X.]n. 39 – [X.]). Schließlich kann sich eine Ausnahme von dem Grundsatz „Wort vor Bild“ ergeben, soweit die grafische Ausgestaltung durch ihren Umfang und ihre kennzeichnende Wirkung die Marke derart beherrscht, dass das Wort kaum mehr beachtet wird; in diesem Fall kann es gerechtfertigt sein, dem Bild auch bei der mündlichen Benennung der Marke den Vorrang einzuräumen (vgl. [X.] 1959, 599 – Teekanne; [X.] [X.]uss vom 01.06.2016, 29 W (pat) 64/14 – [X.] [X.] USE[X.]OM/INSELKIN[X.]/[X.]; [X.], 124 – [X.]; [X.], [X.]. v. 10.12.2009, 30 W (pat) 77/09 – [X.]/Mädchen).

Bei dem in der jüngeren Marke enthaltenen Wortbestandteil „Alliance“ handelt es sich – wie schon bei der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke dargestellt – um eine schutzfähige, kennzeichnungskräftige Angabe, so dass dem Wort nicht aus normativen Gründen die Eignung zur Prägung der beiden Marken abgesprochen werden kann.

d) Wenngleich einerseits der Wortbestandteil „Alliance“ wegen der Schriftgröße und der konkreten Anordnung im Verhältnis zu dem Wortbestandteil „Healthcare“ nicht deutlich im Vordergrund steht, so kann andererseits aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass der andere Wortbestandteil oder die Grafik die jüngere Marke beherrschen. Vielmehr stellt das weitere Wort „Healthcare“ eine beschreibende und damit schutzunfähige Angabe dar. Zwar können auch beschreibende oder kennzeichnungsschwache Markenteile zum Gesamteindruck einer Marke beitragen, ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. [X.]as [X.] Wort „healthcare“ bedeutet „Gesundheitsfürsorge, Gesundheitswesen, medizinische Versorgung“ (vgl. https://dict.leo.org/german-english/healthcare) und beschreibt damit im [X.]eutschen unmittelbar alles, was mit der medizinischen Versorgung bzw. der Pflege und Verbesserung der persönlichen Gesundheit zu tun hat (vgl. [X.], [X.]uss vom [X.], 25 W (pat) 232/01 – e-healthcare; [X.], [X.], [X.], [X.] 1097/00-3 "HealthCare"). [X.]er angesprochene Verkehr wird daher in dem Bestandteil „Healthcare“ lediglich einen Hinweis darauf sehen, dass die angebotenen Waren und [X.]ienstleistungen der medizinischen Versorgung bzw. Gesundheitspflege dienen. Eine in der angegriffenen Marke liegende gesamtbegriffliche Aussage, die einer Prägung durch das Wort „Alliance“ entgegenstehen würde, kann nicht festgestellt werden. Insbesondere drängt sich entgegen der Auffassung der Markenstelle und der Beschwerdegegnerin die Bedeutung „Verbindung/[X.]“ wegen der sprachregelwidrigen [X.]eihenfolge der Wörter „[X.]“ statt „[X.]“ nicht ohne weiteres und sofort erfassbar auf. Ebenso wenig beherrscht der Bildbestandteil die angegriffene Marke derart, dass eine Prägung durch “Alliance“ ausgeschlossen wird. [X.]ie hier angesprochenen breiten Verkehrskreise werden den eigentlichen betrieblichen Herkunftshinweis daher allein in dem Wort „Alliance“ sehen. In rechtserheblichem Umfang ist daher mit einer mündlichen Wiedergabe der jüngeren Marke nur durch das Wort „Alliance“ zu rechnen. Im Umfang der Prägung der angegriffenen Marke durch den Bestandteil „Alliance“ stehen sich mit „Alliance“ und „[X.]“ klanglich identische Marken gegenüber, so dass insoweit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen ist.

[X.]ie [X.]üsse der Markenstelle für Klasse für Klasse 35 waren daher aufzuheben. [X.]ie Eintragung der angegriffenen Marke ist im beantragten Umfang zu löschen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

B. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen [X.]egelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

C. [X.]ie nach §§ 66, 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 567 Abs. 3 [X.] zulässige Anschlussbeschwerde ist aus den oben genannten Erwägungen unbegründet. Auch hinsichtlich der Kosten des patentamtlichen Verfahrens kommt eine Kostenauferlegung zu Lasten der Widersprechenden aus [X.]n nicht in Betracht, § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Es widerspricht nicht der prozessualen Sorgfaltspflicht, dass die Widersprechende und Beschwerdeführerin ihren Widerspruch trotz der Einrede der Benutzung aufrechterhalten hat, zumal die Frage der Benutzung von der Markenstelle nicht verneint, sondern nur offengelassen wurde. Schließlich stellt der Verfahrensausgang für sich genommen sowieso keine Vermutung für die Billigkeit dar.

Meta

29 W (pat) 37/17

11.03.2020

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 158 Abs 3 MarkenG, § 125b Nr 1 MarkenG, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG vom 04.04.2016, § 158 Abs 5 MarkenG, § 26 MarkenG vom 25.10.1994, § 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994, § 125b Nr 4 MarkenG, Art 18 Abs 1 EUV 2017/1001

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.03.2020, Az. 29 W (pat) 37/17 (REWIS RS 2020, 17)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 17

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