Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2004, Az. V ZB 59/03

V. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3177

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.]/03
vom 13. Mai 2004 in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

ZPO §§ 269 Abs. 3, 344 Der [X.]eklagte, gegen den ein Versäumnisurteil (in gesetzlicher Weise) ergangen ist, trägt die durch die Versäumnis veranlaßten Kosten auch dann, wenn der Kläger die Klage zurücknimmt.

[X.], [X.]. v. 13. Mai 2004 - [X.]/03 - LG Augsburg
AG Augsburg

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Mai 2004 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.] und [X.], [X.], [X.], [X.] beschlossen: Auf die Rechtsmittel des [X.]eklagten werden der [X.]uß der 10. Zivilkammer des [X.] vom 10. November 2003 aufgehoben und der [X.]uß des Amtsgerichts Augsburg
vom 21. November 2002 abgeändert.

Nach Rücknahme der Klage trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Versäumnis des [X.] veranlaßten Kosten.

Die Klägerin trägt zudem die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 300 • festgesetzt.

Gründe:
[X.]

Die Klägerin erwarb ein von dem [X.]eklagten bewohntes Anwesen und forderte ihn erfolglos zur Räumung bis 31. Mai 2002 auf. Die Räumungsklage - 3 - ist dem [X.]eklagten, zusammen mit der Anordnung des schriftlichen Vorverfah-rens, der Aufforderung, die Absicht der Rechtsverteidigung binnen zwei [X.] anzuzeigen, und der [X.]elehrung über die Folgen der [X.] am 16. August 2002 durch Einlegen in den [X.]riefkasten zugestellt worden. Am 5. September 2002 ist ohne mündliche Verhandlung ein Versäumnisurteil ge-gen ihn erlassen worden. Der [X.]eklagte hat mit der [X.]ehauptung, daß er sich vom 15. August bis 15. September 2002 in [X.] in der [X.] befunden habe, Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt. Im Einspruchstermin hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Das Amtsgericht hat die durch die Säumnis entstandenen Kosten dem [X.]eklagten, die übrigen Kosten der Klägerin auferlegt. Das [X.] hat die sofortige [X.]eschwerde des [X.]eklagten zu-rückgewiesen.

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der [X.]eklagte seinen Antrag, der Klägerin auch die durch die Säumnis entstandenen Kosten aufzuer-legen, weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

I[X.]
Die sofortige [X.]eschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Das [X.]eschwerdegericht meint, der [X.]eklagte habe so, als ob das gegen ihn ergangene Versäumnisurteil auf Einspruch abgeändert worden wäre, die durch die Versäumnis veranlaßten Kosten zu tragen. Die Voraussetzung hier-für, der Erlaß des Versäumnisurteils in gesetzlicher Weise, sei erfüllt. Ersteres hält der rechtlichen Überprüfung stand, letzteres nicht. - 4 - 1. Die Frage, ob bei einer Klagerücknahme nach einem Versäumnisurteil gegen den [X.]eklagten der Kläger die gesamten Kosten des Rechtsstreits trägt (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO) oder ob dem [X.]eklagten die durch seine Versäumnis veranlaßten Kosten (§ 344 ZPO) aufzuerlegen sind, ist seit langem in Recht-sprechung und Literatur umstritten.
a) Die in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bisher überwie-gende Auffassung spricht sich für einen Vorrang des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO (§ 271 Abs. 3 Satz 2 ZPO a.F., § 234 Abs. 3 Satz 1 [X.]) aus, der eine Kosten-trennung in direkter oder analoger Anwendung des § 344 ZPO (§ 309 [X.]) verbiete ([X.], [X.] 3 (1893), 636, 640; [X.], [X.] 52 (1897), 217, 219 f.; [X.] 35, 66 f.; [X.], HRR 1931, 1966; [X.] 1979, 1029 f.; [X.], [X.]. [X.] 1955, 209; [X.] 89, 250 f.; KG, NJW 1970, 1799; [X.], [X.] 1976, 51; [X.], NJW 1976, 632; [X.], [X.] 1977, 233; GRUR 1990, 642; [X.], [X.] 1977, 276; [X.], [X.] 1981, 940; [X.], [X.] 1984, 1586; [X.] NJW-RR 1995, 955; [X.], NJW-RR 1996, 832; [X.], NJW-RR 1998, 1151 f.; [X.], [X.], 62 ff.; [X.], NJW-RR 1999, 871; aus der Literatur: [X.], ZPO, 2. Aufl., § 271 [X.]. [X.]; AltKomm-ZPO/[X.], 1987, § 269 [X.] 8; [X.], ZPO, 21. Aufl., § 269 [X.] 63; [X.]/Prütting, 2. Aufl., § 344 [X.] 13; [X.]/[X.][X.], [X.], 15. Aufl., § 130 III 2 a; Anders/[X.], Antrag und Entscheidung im Zivilprozeß, 3. Aufl., Teil [X.], [X.] 514; [X.], [X.] 1961, 545, 549 f.). Diese Ansicht wurde zum Teil auf die bis zum Inkraft-treten des Kindesunterhaltsgesetzes vom 6. April 1998 ([X.]G[X.]l. I S. 666) gelten-- 5 - de Gesetzesfassung gestützt, wonach eine Abweichung von der vollen Kosten-tragungspflicht nach Klagerücknahme nur zugelassen wurde, soweit über die Kosten bereits rechtskräftig erkannt war. [X.]ei einer Klagerücknahme fehle es jedoch an einer Entscheidung über die Säumniskosten. Im übrigen liege keine abändernde Entscheidung in der Sache vor, die § 344 ZPO voraussetze. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO stelle einen selbständigen und von den anderen Kostenre-gelungen unabhängigen Tatbestand der Kostenpflicht des [X.] dar, die als zwingende Folge der Klagerücknahme von Gesetzes wegen eintrete. Die auf Antrag des [X.]eklagten ergehende Kostenentscheidung habe daher lediglich feststellenden Charakter, während § 344 rechtsgestaltende Wirkung entfalte. Für eine analoge Anwendung des § 344 ZPO fehle es an einer [X.], weil es kein zwingendes Gebot materieller Kostengerechtigkeit sei, daß der [X.]eklagte die von ihm verursachten Säumniskosten auch im Falle der Klage-rücknahme tragen müsse. Diese Kosten habe der Kläger durch seine Klageer-hebung mittelbar verursacht.
b) Die Gegenmeinung (RG, JW 1887, 311 f.; KG, [X.] 17, 320 f.; KG[X.]l. 1920, 40, 41; KGR 2001, 371; [X.], [X.] 30 (1909), 494, 495; [X.], [X.] 1972, 1043; NJW 1975, 1569, 1570; [X.], [X.] 89, 464 f.; [X.], Anw[X.]l. 1992, 332 f.; [X.], 722 f.; [X.] 1990, 256; [X.], [X.], 15; [X.] 1997, 95; [X.], NJW-RR 1996, 383; Hans-OLG [X.]remen, [X.], 34; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 269 [X.] 41 u. 42; [X.], ZPO, 6. Aufl., § 269 [X.] 13a; [X.], [X.] im Zivilurteil, 2. Aufl., S. 181 f.; Coester-Waltjen, [X.] 1976, 240 ff.; [X.]rammsen/[X.], [X.] 1997, 54, 58; [X.], NJW 1997, 2357, 2359 f.; [X.], abl. [X.]. zu [X.], [X.] 1977, 233 ff.) sieht weder im Wortlaut noch in der Systematik des Gesetzes - 6 - einen Hinderungsgrund für eine entsprechende Anwendung des § 344 ZPO. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO a.F. habe die Aussonderung anderer Kosten nicht ausgeschlossen. § 91 ZPO ordne ausnahmslos die Kostentragungspflicht des Unterliegenden an, gleichwohl werde die Anordnung durch andere [X.], wie z.[X.]. auch § 344 ZPO, durchbrochen. Sowohl § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO als auch § 344 ZPO seien Ausprägungen des Veranlassungsprinzips, die nebeneinander anwendbar seien. Seit der Neufassung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO durch das am 1. Juli 1998 in [X.] getretene Kindesunterhaltsgesetz habe die entsprechende Anwendung des § 344 ZPO im Rahmen einer Kostenent-scheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage ([X.] NJW-RR 2001, 1150; 1151; NJW-RR 2002, 142 f.; Musielak/[X.], ZPO, 3. Aufl., § 344 [X.] 1; [X.], aaO, 2360). Eine endgül-tige Klarstellung habe die seit dem 1. Januar 2002 geltende Ergänzung durch das [X.] vom 27. Juli 2001 ([X.]G[X.]l. I S. 1887) bewirkt, wo-nach die Kostentragungspflicht des [X.] ausscheidet, wenn die Kosten dem [X.]eklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind ([X.], [X.] 2002, 1274, 1275; [X.]aumbach/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 61. Aufl, § 269 [X.] 34; [X.]/[X.]/[X.], [X.] 2002, § 269 [X.] 8; Musielak/[X.], ZPO, 3. Aufl., § 269 [X.] 12; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 24. Aufl., § 269 [X.] 15; [X.]/[X.], ZPO, 23. Aufl., § 269 [X.] 18a; [X.]/[X.], § 91 [X.] 13 "Klagerücknahme" u. § 344 [X.] 2; [X.]onifacio, [X.] 2002, 499; [X.], [X.] 2002, 509).
2. Der Senat schließt sich der unter [X.]) dargestellten Ansicht an. [X.] sind der beklagten [X.] im Rahmen der Kostenentscheidung nach [X.] (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO) die durch ihre Säumnis veranlaßten Kosten in entsprechender Anwendung des § 344 ZPO aufzuerlegen. - 7 -
a) Diese Auslegung, die bereits während der bis zum 30. Juni 1998 gel-tenden Fassung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO gerechtfertigt war (nachstehend [X.]), hat nunmehr in dem seit 1. Januar 2002 geltenden Gesetzestext, wonach von der Kostentragungspflicht des [X.] auch Kosten ausgenommen wer-den, die dem [X.]eklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind, eine ge-sicherte Grundlage. Durch das Kindesunterhaltsgesetz war bereits dokumen-tiert worden, daß über den Fall der rechtskräftigen (Teil-)Kostenentscheidung hinaus eine Kostenbelastung des [X.]eklagten möglich ist. Wenn auch die [X.] als einzigen Anwendungsfall den neu eingeführten § 93 d ZPO nannte ([X.]T-Drucks. 7338, [X.]), der eine Kostentragungspflicht des [X.] wegen Verletzung der unterhaltsrechtlichen Auskunftspflicht vorsieht, schloß die gewählte Formulierung auch andere gesetzlich vorgesehene [X.] nicht aus. Durch den Zusatz "aus einem anderen Grund", der durch das [X.] eingefügt worden ist, wird die generelle Öffnung für gesetzlich geregelte Ausnahmen von der Kostentragungspflicht des [X.] zum Ausdruck gebracht. Hierzu zählt auch die [X.]erücksichtigung des § 344 ZPO im Rahmen des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ([X.]onifacio, aaO; Schnei-der, [X.] 2002, 509). Die Gesetzesbegründung ([X.]T-Drucks. 14/4772, [X.]) nimmt auf die durch das Kindesunterhaltsgesetz geschaffene Öffnung für eine Kostenentscheidung zu Lasten des [X.]eklagten [X.]ezug. Die mit dem Zivilprozeß-reformgesetz vorgenommene Ergänzung "aus einem anderen Grund" stelle klar, daß den Kläger die Kostenlast nicht treffe, wenn einer der schon bisher von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle vorliege. Zwar nennt die Gesetzesbegründung bei der Aufzählung der [X.]eispiele den Fall der Klagerück-nahme nach Versäumnisurteil nicht eigens, sie verweist aber auf die Literatur, die ihrerseits als Ausnahme von der generellen Kostentragungspflicht des Klä-- 8 - [X.] ein vorausgegangenes Versäumnisurteil gegen den [X.]eklagten mit ent-sprechender [X.]elastung des Säumigen gemäß § 344 ZPO anführt (Hinweis auf [X.]/[X.], ZPO, 21. Aufl., § 269 [X.] 18a). Dies zeigt, daß dem [X.] die Fallkonstellation bekannt war und er sie in seinen Willen aufgenommen hat (zutr. [X.], [X.] 2002, 1275).
b) Die gesonderte [X.]elastung des [X.]eklagten nach Klagerücknahme mit den von ihm zuvor verursachten Säumniskosten ordnet sich in die Systematik des Gesetzes ein.
Es trifft zwar zu, daß § 344 ZPO als Ausnahme zu den allgemeinen Ko-stenregelungen nach §§ 91 ff. ZPO einen Prozeßabschluß durch gerichtliche Entscheidung voraussetzt, während die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO an eine Prozeßbeendigung durch [X.]erklärung anknüpft. [X.] kann aber nicht die Schlußfolgerung gezogen werden, der in § 344 ZPO zum Ausdruck kommende Grundsatz der Kostentrennung sei nicht analogiefä-hig. Denn abgesehen davon, daß auch die allgemeinen kostenrechtlichen Re-gelungen der §§ 91a und 98 ZPO Fälle der Prozeßbeendigung durch [X.]er-klärung behandeln, setzt § 344 ZPO nur deshalb eine gerichtliche Entschei-dung als Abschluß des Verfahrens voraus, weil sich die Frage der gesonderten Auferlegung der Säumniskosten dann stellen kann, wenn das Versäumnisurteil abgeändert wird. § 344 kann jedenfalls nicht entnommen werden, daß nur in diesem Fall eine Kostenentscheidung zu Lasten eines säumigen [X.]eklagten zulässig ist (zutr. [X.], NJW-RR 2001, 1150 f.; [X.], aaO). - 9 - Durch die Fiktion des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO, wonach der Rechtsstreit bei Klagerücknahme als nicht anhängig geworden anzusehen ist, und demzu-folge ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wirkungslos wird, entfallen zwar rückwirkend die Rechtshängigkeit und grundsätzlich auch die materiell-rechtliche Wirkung der Verjährungshemmung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 [X.]G[X.]). Aber, wie die Einräumung der sofortigen [X.]eschwerde in § 269 Abs 5 Satz 1 ZPO zeigt, bleibt der Rechtsstreit wegen der Kosten anhängig, so daß die kostenverursachenden Kriterien so zu berücksichtigen sind, wie sie im [X.] des Rechtsstreits auch tatsächlich eingetreten sind ([X.], aaO.) In bezug auf die Kostenentscheidung entfaltet die gesetzliche Fiktion daher keine Wirkung. Andernfalls gäbe es weder eine prozeßrechtliche Kostenpflicht noch Kostenentstehungstatbestände bei der Klagerücknahme (Coester-Waltjen, [X.] 1976, 240).
c) Dem [X.]eklagten die Säumniskosten auch bei Klagerücknahme aufzu-erlegen, entspricht dem Leitgedanken des prozessualen Kostenrechts, dem Veranlassungsprinzip. Danach soll derjenige, dessen Verhalten zur Entstehung von Kosten Anlaß gegeben hat, diese auch tragen. Dies gilt ohne weiteres in den gesetzlich geregelten Grundfällen, daß jemand einen nicht bestehenden Anspruch behauptet oder sich unberechtigt gegen seine Inanspruchnahme wehrt (§ 91 ZPO), daß er das Verfahren unnötig verzögert (§§ 95, 96, 344, 380, 409 ZPO) oder die Durchführung eines von ihm eingeleiteten Verfahrens [X.] (§§ 269, 494a, 516, 565 ZPO). Die vorliegende Konstellation ist dadurch gekennzeichnet, daß zwei Folgen des Veranlassungsprinzips aufeinander tref-fen. Für die Klagerücknahme gilt, daß derjenige, der zurücknimmt, zahlen soll und wegen des vorangegangenen Versäumnisurteils gilt der Grundsatz, daß der Säumige die Kosten der Säumnis trägt. [X.]eide Postulate schließen sich - 10 - aber nicht gegenseitig aus, haben vielmehr nebeneinander Geltung und sind in ein und derselben Kostenentscheidung sachgerecht zu verwirklichen. Denn die Säumnis ist nicht durch die Klageerhebung veranlaßt.
d) Schließlich sprechen angesichts des geltenden Kostenrechts auch prozeßökonomische Gesichtspunkte für eine im Sinne des § 344 ZPO differen-zierte Kostenverteilung bei der Klagerücknahme. Seit Inkrafttreten des [X.] vom 24. Juni 1994 ([X.]G[X.]l. I, 1325) wäre die Klagerücknahme ohne Aussonderung der Säumniskosten teurer als ein klage-abweisendes Urteil, so daß der gebührenrechtliche Anreiz zur freiwilligen Pro-zeßbeendigung mit Entlastungswirkung für das Gericht ausbliebe. [X.]is zum Inkrafttreten des [X.] 1994 am 1. Juli 1994 fiel bei Klagerücknahme nach mündlicher Verhandlung lediglich eine Gerichtsgebühr an, und für das echte Versäumnisurteil entstand keine zusätzliche Gebühr. Daher war die Klagerücknahme auch dann der kostengün-stigere Weg der Erledigung gegenüber dem streitigen Endurteil, wenn dem Kläger gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO - unter Außerachtlassung der Säumnis des [X.]eklagten - sämtliche Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden, weil er zwei Urteilsgebühren sparte.
Seit der Geltung des [X.] 1994 gibt es für den Fall eines vorangegangenen Versäumnisurteils keine gebührenrechtliche Privilegierung der Klagerücknahme gegenüber der streitigen Entscheidung mehr, weil die zu [X.]eginn nach Nr. 1210 [X.] (Nr. 1201 [X.] a.F.) an-gefallene dreifache Verfahrensgebühr wegen des vorausgegangenen ([X.])Urteils trotz Klagerücknahme nicht gemäß Nr. 1211 a) [X.] (Nr. - 11 - 1202 a) [X.] a.F.) reduziert wird (LG [X.]erlin, [X.] 1995, 430 f.; Han-s[X.], [X.] 1996, 488; [X.], [X.], 72; [X.], NJW-RR 1997, 638 f.; [X.], [X.] 1996, 968; [X.] 1997, 95 f.; Hans-OLG [X.]remen, [X.], 34). Würden den Kläger auch noch die Säumniskosten treffen, wie etwa die halbe Verhandlungsgebühr seines Rechtsanwalts für die [X.]eantragung des Versäumnisurteils (§§ 11, 33 Abs. 1 Satz 1 [X.]RAGO), die gemäß § 38 Abs. 2 [X.]RAGO nicht auf die im [X.] oder Erörterungsgebühr angerechnet wird, zuzüglich Mehrwertsteuer (§ 25 Abs. 2 [X.]RAGO), evtl. Reisekosten zur [X.] des Einspruchstermins, Kosten für eine zusätzliche oder nochmalige Ladung von Zeugen sowie deren Verdienstausfall, würde die kostenmäßige [X.]egünstigung der Klagerücknahme vollständig entfallen und der [X.] eine Grundlage entzogen ([X.], [X.], 34).
3. Eine Aussonderung der durch den [X.]eklagten verursachten Säumnis-kosten scheidet indessen im [X.] aus, weil die Voraussetzungen des § 344 ZPO entgegen der Ansicht des [X.]eschwerdegerichts nicht erfüllt sind.
a) § 344 ZPO greift nur ein, wenn das Versäumnisurteil nach §§ 330 ff. ZPO in gesetzlicher Weise ergangen ist. Der [X.]eklagte ist vom Gericht zwar mit der vorgesehenen [X.]elehrung aufgefordert worden, seine Verteidigungsabsicht anzuzeigen (§ 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO). Die Klägerin hat auch einen Antrag auf Erlaß eines Versäumnisurteils im schriftlichen Vorverfahren nach § 331 Abs. 3 ZPO gestellt. Aber der Erlaß des Versäumnisurteils verstößt ge-gen die Vorschrift des § 337 S. 1 ZPO, die auf die beklagte [X.], die im schriftlichen Vorverfahren keine Verteidigungsanzeige macht, entsprechend - 12 - anzuwenden ist ([X.]aumbach/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 61. Aufl. 2003, § 337 [X.] 4). Denn die Säumnis des [X.]eklagten ist unverschuldet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das fehlende Verschulden des [X.]eklagten am Er-scheinen für das Gericht, woran es hier fehlte, erkennbar war. Maßgeblich ist allein die objektive Rechtslage ([X.] NJW 1961, 2207; statt aller: Musielak/ [X.] aaO, § 344 [X.] 2).
b) Für den [X.]egriff des Verschuldens im Sinne des § 337 Satz 1 ZPO ist die Rechtsprechung zum [X.] nach § 233 ZPO heranzu-ziehen ([X.], ZPO, 21. Aufl., § 337 [X.] 3; Musielak/[X.] aaO, § 337 [X.] 3; [X.]aumbach/[X.]/[X.]/[X.] aaO, § 344 [X.] 4). Danach muß eine [X.], die nicht bereits in einen Prozeß verwickelt ist und auch nicht mit dem [X.]eginn eines Verfahrens rechnen muß, keine allge-meinen Vorkehrungen für eine mögliche Fristwahrung treffen ([X.], 121, 125; [X.], [X.]. v. 7. Mai 1986, VIII Z[X.] 16/86, NJW 1986, 2958; [X.]/[X.]/[X.] aaO, § 233 [X.] 64 "Abwesenheit" a); Musielak/[X.] aaO, § 233 [X.] 6). Das [X.]undesverfassungsgericht hat in ständiger Recht-sprechung ([X.]VerfGE 34, 154, 156 f.; NJW 1976, 1537; NJW 1993, 847 [X.]) bei einer [X.]sabwesenheit von "längstens etwa sechs Wochen" die [X.] besonderer Vorkehrungen wegen der möglichen, aber zeitlich un-gewissen Zustellung - in jenen Fällen eines [X.]ußgeldbescheids oder Strafbe-fehls - sogar dann verneint, wenn der [X.]etroffene vorher zu der [X.]eschuldigung polizeilich vernommen worden war ([X.]VerfGE 34, 156). Hier handelt es sich um eine [X.]sabwesenheit von einem Monat. Der [X.]eklagte hatte auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, daß ihm während seiner Abwesenheit eine Räumungsklage zugestellt würde. Es war im Gegenteil ungewiß, ob die [X.] ihren Anspruch weiterverfolgen und wenn ja, ob und wann sie ein gerichtli-- 13 - ches Verfahren gegen den [X.]eklagten einleiten würde. Denn die von der [X.] bis zum 31. Mai 2002 gesetzte [X.] lag zum Zeitpunkt des [X.] des [X.]eklagten bereits zweieinhalb Monate zurück und die Klägerin hatte weder bei der Fristsetzung noch nach deren fruchtlosem Ablauf gerichtliche Schritte angekündigt. - 14 - [X.][X.] beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des [X.] für das Rechtsbeschwerdever-fahren folgt aus §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 14 Abs. 1 Satz 1 GKG.
[X.] Tropf Lemke
Gaier Schmidt-Räntsch

Meta

V ZB 59/03

13.05.2004

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2004, Az. V ZB 59/03 (REWIS RS 2004, 3177)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3177

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

22 W 31/96 (Oberlandesgericht Köln)


17 W 210/17 (Oberlandesgericht Köln)


II ZB 38/02 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 17/13 (Bundesgerichtshof)

Kostentragungspflicht des Klägers bei Klagerücknahme wegen Erledigung der Hauptsache nach Rechtshängigkeit


XII ZB 176/03 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.