Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2012, Az. I ZR 70/10

1. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4428

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Gegenstand

Beendigung des Hauptlizenzvertrages: Rückfall des urheberrechtlichen Nutzungsrechts an den Lizenzgeber; Erlöschen der Unterlizenz als Folge des Erlöschens der Hauptlizenz; Bereicherungsanspruch des Hauptlizenzgebers gegen den Hauptlizenznehmer - M2Trade


Leitsatz

M2Trade

1. Ein urheberrechtliches Nutzungsrecht, das der Lizenzgeber einem Lizenznehmer eingeräumt hat, fällt im Regelfall, in dem die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, mit der Beendigung des Lizenzvertrages ipso iure an den Lizenzgeber zurück (Aufgabe BGH, 15. April 1958, I ZR 31/57, BGHZ 27, 90, 95 f. - Die Privatsekretärin).

2. Das Erlöschen der Hauptlizenz führt in aller Regel auch dann nicht zum Erlöschen der Unterlizenz, wenn der Hauptlizenznehmer dem Unterlizenznehmer ein einfaches Nutzungsrecht gegen fortlaufende Zahlung von Lizenzgebühren eingeräumt hat und die Hauptlizenz nicht aufgrund eines Rückrufs wegen Nichtausübung, sondern aus anderen Gründen (hier: Kündigung des Hauptlizenzvertrages wegen Zahlungsverzugs) erlischt (Fortführung BGH, 26. März 2009, I ZR 153/06, BGHZ 180, 344 - Reifen Progressiv).

3. Beim Erlöschen der Hauptlizenz hat der Hauptlizenzgeber gegen den Hauptlizenznehmer einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB auf Abtretung des gegen den Unterlizenznehmer bestehenden Anspruchs auf ausstehende Lizenzzahlungen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 30. März 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Software entwickelt und vertreibt. Sie ist aufgrund eines Kooperationsvertrages vom 16. November 1999 Mitglied der [X.]; dabei handelt es sich um einen Unternehmensverbund, der unter anderem das Ziel verfolgt, gemeinsame Software-Entwicklungen zu betreiben und die Vermarktung von Software-Produkten zu verbessern.

2

Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] (Schuldnerin). Die Schuldnerin ist eine Tochtergesellschaft der [X.], die über ihre Tochtergesellschaften bundesweit Bau- und Sanitärprodukte vertrieb.

3

Die Klägerin behauptet, sie habe die Computerprogramme „[X.]“ und „[X.]“ entwickelt und für die Unternehmen der [X.] zu den Programmen „[X.]“ und „[X.]“ weiterentwickelt. Sie habe mit der [X.] (M.  [X.]) einen mündlichen Nutzungsvertrag über diese Software geschlossen. Dieses Unternehmen sei dafür verantwortlich gewesen, Software an die Unternehmen der [X.] weiterzulizenzieren und die erforderlichen Wartungsleistungen zu erbringen. Die M.  [X.] habe die Programme an die [X.] ([X.]) lizenziert. Dieses Unternehmen habe im Rahmen des M. -Konzerns als [X.] für sämtliche EDV-Dienstleistungen des Konzerns und seiner Tochterunternehmen fungiert. Die [X.] habe die Software an die Toch-terunternehmen der [X.] - und so auch an die Schuldnerin - weiterlizenziert.

4

Die Klägerin hat der M.  [X.], nachdem sie von ihr seit Februar 2002 keine Zahlungen mehr erhalten hatte, mit Schreiben vom 5. Juni 2002 die Kündigung sämtlicher Miet-, Lizenz- und Wartungsverträge zum 30. Juni 2002 erklärt.

5

Über das Vermögen der Gesellschaften der [X.] - darunter die M.  [X.], die [X.] und die Schuldnerin - wurde am 1. Juli 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der M.  [X.] wurde am 25. September 2003 wegen Wegfalls des Eröffnungsgrundes eingestellt.

6

Die Klägerin ist der Ansicht, aufgrund der Kündigung des Vertrages mit der M.  [X.] seien nicht nur das ausschließliche Nutzungsrecht der M.  [X.] an den Computerprogrammen „[X.]“ und „[X.]“ an sie zurückgefallen, sondern auch die davon abgeleiteten Nutzungsrechte an diesen Programmen einschließlich des der Schuldnerin im Wege der [X.] eingeräumten Nutzungsrechts. Der Beklagte habe die Programme daher seit dem 1. Juli 2002 unbefugt genutzt und damit das daran bestehende Urheberrecht verletzt.

7

Die Klägerin hat den Beklagten zunächst auf Unterlassung der Nutzung der Computerprogramme (Klageantrag zu 1), Vernichtung von Vervielfältigungsstücken und Löschung von Kopien der Software (Klageantrag zu 2) sowie - im Wege der Stufenklage - auf Auskunft über Umfang und Dauer der Nutzung (Klageantrag zu 3a), eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft (Klageantrag zu 3b) und Zahlung von Schadensersatz in Form von Lizenzgebühren (Klageantrag zu 3c) in Anspruch genommen.

8

Nachdem der Beklagte über Umfang und Dauer der [X.] erteilt und mitgeteilt hatte, er habe keine Vervielfältigungsstücke oder Kopien der Software in Besitz, hat die Klägerin die Klageanträge zu 1, 2 und 3a in der Hauptsache für erledigt erklärt und den Klageantrag zu 3c beziffert. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

9

Die Klägerin hat zuletzt - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - die Feststellung begehrt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich der ursprünglichen Klageanträge zu 1 (Unterlassung) und 2 (Vernichtung und Löschung) in der Hauptsache erledigt hat. Darüber hinaus hat sie beantragt, den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 45.900 € nebst Zinsen zu verurteilen.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne die begehrte Feststellung der Erledigung nicht beanspruchen, weil die ursprünglichen Klageanträge auf Unterlassung der Nutzung der Programme sowie auf Vernichtung von Vervielfältigungsstücken und Löschung von Kopien der Software zu keinem Zeitpunkt gerechtfertigt gewesen seien. Auch der Antrag auf Zahlung von Schadensersatz in Form von Lizenzgebühren sei nicht begründet. Zwar habe der Klägerin ein nach dem [X.]sgesetz geschütztes Recht zugestanden. Der [X.] habe dieses Recht jedoch nicht widerrechtlich verletzt. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:

Der Klägerin stünden durch das [X.]sgesetz geschützte Rechte an den Computerprogrammen zu. Bei der Software „[X.]“ und „[X.]“ handele es sich um urheberrechtlich schutzfähige Werke im Sinne von § 69a Abs. 3 [X.]. Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich, dass diese Programme mit den Programmen „[X.]“ und „[X.]“ identisch seien. Der Klägerin stünden an diesen Programmen ausschließliche Nutzungsrechte zu, die ihr im Falle der unberechtigten Verbreitung der Programme durch Dritte Ansprüche aus §§ 97, 17 [X.] vermittelten.

Der [X.] habe das Verbreitungsrecht, aus dem die Klägerin ihre Ansprüche herleite, nicht widerrechtlich verletzt. Zwar sei die Lizenzkette von der Klägerin über die M.  [X.] und die [X.] zum [X.]n durch die Kündigung der Klägerin gegenüber der M.  [X.] unterbrochen. Die Kündigung sei wirksam, weil die M.  [X.] seit Februar 2002 keine Lizenzgebühren mehr gezahlt habe und daher zum Zeitpunkt der Kündigung am 5. Juni 2002 mit den Zahlungen mehr als zwei Monate im Verzug gewesen sei (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 [X.]). Die Kündigung wirke wie ein Rückruf gemäß § 41 [X.]. [X.] führe jedoch nicht dazu, dass der [X.] das durch Vertrag der [X.] mit der Schuldnerin begründete Nutzungsrecht an der Software verloren habe. Der [X.] habe in der Sache „Reifen Progressiv“ entschieden, dass ein einfaches Nutzungsrecht, das sich von einem ausschließlichen Nutzungsrecht ableite, nicht erlösche, wenn das ausschließliche Nutzungsrecht aufgrund eines wirksamen Rückrufs wegen Nichtausübung erlösche.

II. Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die von der Klägerin zuletzt gestellten, auf Feststellung der Erledigung des Unterlassungsanspruchs (§ 97 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und des Vernichtungsanspruchs (§ 69f Abs. 1 [X.]) sowie auf Zahlung von Schadensersatz (§ 97 Abs. 2 [X.]) gerichteten Anträge jedenfalls deshalb nicht begründet sind, weil der [X.] zur Nutzung der Computerprogramme „[X.]“ und „[X.]“ berechtigt war und das daran bestehende [X.] daher nicht widerrechtlich verletzt hat.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin sei Inhaberin eines Nutzungsrechts an den nach § 69a Abs. 3 [X.] urheberrechtlich geschützten Computerprogrammen „[X.]“ und „[X.]“. Dieses Nutzungsrecht sei von der Klägerin über die M.  [X.] und die [X.] an die Schuldnerin [X.] worden. Die Klägerin habe den Lizenzvertrag mit der M.  [X.] wirksam gekündigt. Die Revision hat gegen diese Beurteilung keine [X.] erhoben. Sie lässt auch im Übrigen keinen Rechtsfehler erkennen und ist daher der rechtlichen Nachprüfung in der Revisionsinstanz zugrunde zu legen.

2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die wirksame Kündigung des zwischen der Klägerin und der M.  [X.] geschlossenen [X.] durch die Klägerin wie ein Rückruf gemäß § 41 [X.] gewirkt hat und das der M.  [X.] eingeräumte Nutzungsrecht mit Wirksamwerden der Kündigung und Beendigung des [X.] bei der M.  [X.] entfallen und an die Klägerin zurückgefallen ist (vgl. § 41 Abs. 5 [X.]).

a) Im [X.] herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass im Verhältnis zwischen Urheber (Lizenzgeber) und Verwerter (Lizenznehmer) mit dem Wegfall des [X.] auch das eingeräumte Nutzungsrecht an den Urheber zurückfällt, ohne dass es einer gesonderten Rückübertragung bedürfte (vgl. [X.], Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., [X.]; Schricker/[X.] in Schricker/[X.], [X.], 4. Aufl., Vor § 28 [X.] Rn. 99 f.; [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz [X.] Medienrecht, 2. Aufl., § 31 [X.] Rn. 3; [X.]., Handbuch des [X.]s, 2. Aufl., Rn. 385; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 31 Rn. 32; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 3. Aufl., § 31 Rn. 18 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., Vor §§ 31 ff. [X.] Rn. 49 f.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 31 [X.] Rn. 18; Spautz in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 31 Rn. 14; [X.], Festschrift für [X.], 1995, [X.], 70 f.; [X.], [X.], § 5 Rn. 16 f.; [X.]/[X.] in [X.], Handbuch des [X.]s, 2. Aufl., § 26 Rn. 3; [X.]/[X.] ebd. § 95 Rn. 96; a.A. etwa [X.], Urheber- und Urhebervertragsrecht, 5. Aufl., Rn. 591). Dies wird teilweise damit begründet, dass im [X.] das Abstraktionsprinzip generell keine Geltung beanspruche, das Verfügungsgeschäft vielmehr kausal vom Verpflichtungsgeschäft abhängig sei (vgl. etwa Schricker/[X.] in Schricker/[X.] aaO Vor § 28 [X.] Rn. 100; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 31 [X.] Rn. 3). Teilweise wird zwar von der grundsätzlichen Geltung des Abstraktionsprinzips ausgegangen, im Hinblick auf den Übertragungszweckgedanken (§ 31 Abs. 5 [X.]) jedoch angenommen, dass die Einräumung des Nutzungsrechts in der Regel unter der auflösenden Bedingung eines wirksamen [X.] stehe (vgl. [X.], Urheber- und Verlagsrecht, 6. Aufl., [X.]; ferner [X.] aaO [X.]; Kraßer, [X.] Int. 1973, 230, 237; Rehbinder, [X.], 16. Aufl., Rn. 602).

In der Rechtsprechung ist die Frage in der Vergangenheit nicht einheitlich behandelt worden. So ist der Senat für den Wahrnehmungsvertrag als selbstverständlich davon ausgegangen, dass mit der Beendigung des Vertrages das eingeräumte Recht automatisch an den Urheber zurückfällt ([X.], Urteil vom 25. Februar 1966 - [X.], [X.] 1966, 567, 569 - [X.]; Urteil vom 21. Januar 1982 - [X.], [X.] 1982, 308, 309 - Kunsthändler; vgl. auch [X.], [X.] 2002, 335, 336 f.). Dagegen hat der Senat in einer älteren Entscheidung, in der die Weiterübertragung eines Wiederverfilmungsrechts in Rede stand, den automatischen Rückfall des Nutzungsrechts nach Beendigung des [X.] verneint ([X.]Z 27, 90, 95 f. - [X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 13. November 1981 - [X.], [X.] 1982, 369, 371 - [X.]; Urteil vom 14. Dezember 1989 - [X.], [X.] 1990, 443, 446 - Musikverleger IV).

b) Der Senat schließt sich nunmehr der heute ganz überwiegend vertretenen Auffassung an, dass das dem Lizenznehmer vom Urheber eingeräumte Nutzungsrecht im Regelfall, in dem die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, mit der Beendigung des [X.] ipso iure an ihn zurückfällt. Dies entspricht nicht nur der Regelung, die das [X.]sgesetz für den Fall des Rückrufs des Nutzungsrechts (§ 41 Abs. 5, § 42 Abs. 5 [X.]) getroffen hat, sondern auch der als exemplarisch anzusehenden Regelung des § 9 Abs. 1 VerlG, die für den Verlagsvertrag ausdrücklich bestimmt, dass das Verlagsrecht mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses erlischt. Damit wird zum einen dem das Urhebervertragsrecht beherrschenden Übertragungszweckgedanken Rechnung getragen, dem zufolge der Urheber im Zweifel Rechte nur in dem Umfang einräumt, der für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist. Zum anderen entspricht die stärkere kausale Verknüpfung von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft der für das Urheber- und generell für das Immaterialgüterrecht geltenden Besonderheit, dass der Inhalt des Rechts, auf das sich die Verfügung bezieht, im Hinblick auf die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten und das Fehlen vorgeformter gesetzlicher Typen erst durch den schuldrechtlichen Vertrag seine nähere Bestimmung und Ausformung erfährt ([X.] aaO [X.]; Kraßer, [X.] Int. 1973, 230, 231 f., 237).

Im Übrigen wird auch im gewerblichen Rechtsschutz - ungeachtet der auch dort geführten Diskussion um die Geltung des Abstraktionsprinzips (vgl. etwa Kraßer, Patentrecht, 6. Aufl., § 41 I 1; [X.], Gewerblicher Rechtsschutz, 9. Aufl., § 27 Rn. 3) - stets davon ausgegangen, dass das dem Lizenznehmer eingeräumte Recht mit der Beendigung des Lizenzvertrags an den Lizenzgeber zurückfällt und dementsprechend die Fortsetzung der Benutzung eine Schutzrechtsverletzung darstellt (vgl. zum Patentrecht [X.], Patentrecht, 4. Aufl., Rn. 404; ferner [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 15 Rn. 203 f.; Busse/Keukenschrijver, [X.], 6. Aufl., § 15 Rn. 102; für das Markenrecht [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 30 Rn. 72; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 30 Rn. 33; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 30 [X.] Rn. 50 f.; [X.] in Büscher/[X.]/[X.] aaO § 30 [X.] Rn. 13; vgl. auch [X.], Urteil vom 21. Juli 2005 - I ZR 312/02, [X.] 2006, 56 Rn. 26 = [X.], 96 - BOSS-Club).

3. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Unterbrechung der Lizenzkette habe nicht dazu geführt, dass der [X.] das durch Vertrag der [X.] mit der Schuldnerin begründete Nutzungsrecht an der Software verloren habe. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, diese Beurteilung sei rechtlich unhaltbar und insbesondere mit der Senatsentscheidung „Reifen Progressiv“ unvereinbar.

a) Der Gesetzgeber hat die Streitfrage, ob Nutzungsrechte späterer Stufe bestehen bleiben, wenn das Nutzungsrecht früherer Stufe erlischt, bewusst nicht selbst beantwortet, sondern der Rechtsprechung zur Klärung überlassen (vgl. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern, BT-Drucks. 14/6433, [X.]). Der Senat hat in der Entscheidung „Reifen Progressiv“ (Urteil vom 26. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 344) für den Fall, dass der [X.] dem [X.] ein einfaches Nutzungsrecht gegen Zahlung einer einmaligen Lizenzgebühr eingeräumt hat, entschieden, dass ein einfaches Nutzungsrecht, das sich von einem ausschließlichen Nutzungsrecht ableitet, nicht erlischt, wenn das ausschließliche Nutzungsrecht aufgrund eines wirksamen Rückrufs des Nutzungsrechts durch den Urheber wegen Nichtausübung (§ 41 [X.]) erlischt.

b) Unter Berücksichtigung des Grundsatzes des [X.] und unter Abwägung der typischerweise betroffenen Interessen des [X.] und des [X.]s erscheint es auch in den Fällen, in denen der [X.] dem [X.] ein einfaches Nutzungsrecht gegen fortlaufende Zahlung von Lizenzgebühren eingeräumt hat und die [X.] nicht aufgrund eines Rückrufs wegen Nichtausübung, sondern aus anderen Gründen erlischt, in aller Regel angemessen und [X.], dass das Erlöschen der [X.] nicht zum Erlöschen der [X.] führt (vgl. Schricker/[X.] in Schricker/[X.] aaO § 41 [X.] Rn. 24; [X.], [X.] 2009, 1107, 1111; [X.], ZUM 2009, 855, 856 f.; Dieselhorst, CR 2010, 69, 71 und 74; [X.], [X.] 2009, 290122; Haedicke, [X.] 2011, 377, 395 f.; [X.], [X.] 2011, 384, 389). Der für das Patentrecht zuständige X. Zivilsenat des [X.]s hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er gegen diese Beurteilung keine Bedenken hat.

aa) Im gewerblichen Rechtsschutz und im [X.] gilt der Grundsatz des [X.] (§ 33 [X.], § 30 Abs. 5 [X.], § 31 Abs. 5 [X.], § 15 Abs. 3 [X.], § 22 Abs. 3 [X.]). Er besagt unter anderem, dass ausschließliche und einfache Nutzungsrechte wirksam bleiben, wenn der Inhaber des Rechts, der das Nutzungsrecht eingeräumt hat, wechselt (§ 33 Satz 2 Fall 1 [X.], § 30 Abs. 5 Fall 1 [X.], § 31 Abs. 5 Fall 1 [X.], § 15 Abs. 3 Fall 1 [X.], § 22 Abs. 3 Fall 1 [X.]; vgl. zur früheren Rechtslage [X.], Urteil vom 23. März 1982 - [X.], [X.]Z 83, 251, 256 ff. - [X.]). Im [X.] ist darüber hinaus bestimmt, dass das abgeleitete Nutzungsrecht bestehen bleibt, wenn der Inhaber des Rechts, der das Nutzungsrecht eingeräumt hat, auf sein Recht verzichtet (§ 33 Satz 2 Fall 2 [X.]). Das lässt darauf schließen, dass auch das Erlöschen eines Nutzungsrechts nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht zum Entfallen der daraus abgeleiteten Nutzungsrechte führen muss ([X.]Z 180, 344 Rn. 19 - Reifen Progressiv). Zweck des [X.] ist es, das Vertrauen des Rechtsinhabers auf den Fortbestand seines Rechts zu schützen und ihm die Amortisation seiner Investitionen zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. IV/270; S. 56; Schricker/[X.] in Schricker/[X.] aaO § 33 [X.] Rn. 1).

bb) Das vom Gesetz als schutzwürdig erachtete Interesse des [X.]s an einem Fortbestand seines Rechts überwiegt auch in den Fällen das Interesse des [X.] an einem Erlöschen dieses Rechts, in denen der [X.] dem [X.] ein einfaches Nutzungsrecht gegen fortlaufende Zahlung von Lizenzgebühren eingeräumt hat und die [X.] nicht aufgrund eines Rückrufs wegen Nichtausübung, sondern aus anderen Gründen - wie hier aufgrund einer wirksamen Kündigung des [X.]vertrages wegen Zahlungsverzugs - erlischt.

(1) Entgegen der Ansicht der Revision führt der Fortbestand der [X.] beim Wegfall der [X.] nicht zu der unbilligen Konsequenz, dass der nicht mehr berechtigte [X.] von Lizenzzahlungen des [X.]s profitiert und der wieder berechtigte [X.]geber leer ausgeht. Denn beim Erlöschen der [X.] hat der [X.]geber gegen den [X.] einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 [X.] auf Abtretung des gegen den [X.] bestehenden Anspruchs auf ausstehende Lizenzzahlungen. Ein solcher Bereicherungsanspruch bestünde auch im Falle einer Insolvenz des [X.]s, wenn der Insolvenzverwalter gemäß § 103 Abs. 1 [X.] zwar die Nichterfüllung des [X.]vertrages, aber die Erfüllung des [X.]vertrages wählt. Eine derartige Verbindlichkeit aus einer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetretenen ungerechtfertigten Bereicherung der Masse wäre nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 [X.] eine Masseverbindlichkeit, die gemäß § 53 [X.] aus der Insolvenzmasse vorweg zu berichtigen ist.

Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm nach § 812 Abs. 1 Satz 1 [X.] zur Herausgabe verpflichtet. Der [X.] gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 [X.] unterliegt jeder vermögensrechtliche Vorteil („etwas“), den der Erwerber nur unter Verletzung einer geschützten Rechtsposition und der alleinigen Verwertungsbefugnis des Rechtsinhabers („auf dessen Kosten“) erlangen konnte und der deshalb dem Zuweisungsgehalt der verletzten Rechtsposition wi[X.]pricht (vgl. [X.], Urteil vom 9. März 1989 - [X.], [X.]Z 107, 117, 120 f. - Forschungskosten, mwN; Urteil vom 18. Januar 2012 - [X.], [X.] 2012, 417 Rn. 40 - gewinn.de, zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt). Nach dem Erlöschen der [X.] des [X.]s und dem Rückfall des Nutzungsrechts an den [X.]geber greift der fortbestehende Erfüllungsanspruch des [X.]s gegen den [X.] in den Zuweisungsgehalt des nunmehr wieder dem [X.]geber zur alleinigen Verwertung zugewiesenen Nutzungsrechts ein. Für diesen Eingriff gibt es im unmittelbaren Verhältnis des [X.] zum [X.] nach dem Erlöschen des [X.]vertrages keinen rechtlichen Grund. Der [X.] ist dem [X.]geber daher zur Herausgabe des [X.], also zur Abtretung des gegen den [X.] bestehenden Anspruchs auf Zahlung ausstehender Lizenzgebühren, verpflichtet. Soweit der [X.] die Lizenzforderung eingezogen hat, hat er die vom [X.] gezahlten Lizenzgebühren als dasjenige, was er im Sinne des § 818 Abs. 1 Fall 2 [X.] auf Grund des erlangten Rechts erworben hat, herauszugeben (vgl. [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., § 818 Rn. 15).

(2) Ein [X.], der fortlaufend Lizenzgebühren zu entrichten hat, wie dies etwa bei einer miet- oder pachtvertragsähnlichen Softwareüberlassung der Fall ist, hat allerdings ein schwächeres Interesse am Fortbestand seiner Lizenz als ein [X.], der die Lizenzgebühren bereits vollständig gezahlt hat, weil er beispielsweise bei einer kaufvertragsähnlichen Softwareüberlassung das Recht zur zeitlich unbeschränkten Nutzung der Software gegen Zahlung einer einmaligen Lizenzgebühr erworben hat. Der [X.], der laufende Lizenzgebühren zu leisten hat, kann sich bei einem vorzeitigen Wegfall seines Nutzungsrechts gegenüber dem Anspruch seines Lizenzgebers auf Zahlung von Lizenzgebühren auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags berufen und seine Zahlungen einstellen. Dagegen trägt der [X.], der die Lizenzgebühren bereits vollständig beglichen hat, das Risiko, gegenüber seinem Lizenzgeber einen Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der Lizenzgebühr wegen vorzeitigen Wegfalls seines Nutzungsrechts nicht durchsetzen zu können.

(3) Es kommt für die Frage des [X.] der [X.] beim Erlöschen der [X.] im Blick auf die betroffenen Interessen des [X.] einerseits und des [X.]s andererseits nicht entscheidend darauf an, ob die [X.] aufgrund eines wirksamen Rückrufs des Nutzungsrechts durch den Urheber wegen Nichtausübung (§ 41 [X.]) oder aus anderen Gründen, die nicht in der Sphäre des [X.]s liegen - wie hier infolge einer wirksamen Kündigung des [X.]vertrages durch den [X.]geber wegen Zahlungsverzugs des [X.]s - erlischt (vgl. [X.], ZUM 2009, 855, 856).

(4) Eine Abwägung der typischerweise betroffenen Interessen ergibt, dass das Interesse des [X.]s am Fortbestand seines Nutzungsrechts das Interesse des [X.] an einem Rückfall dieses Nutzungsrechts in aller Regel überwiegt. Das Interesse des [X.] ist weitgehend gewahrt, da er den [X.] nach dem Erlöschen der [X.] auf Abtretung seines Anspruchs gegen den [X.] auf Zahlung von Lizenzgebühren in Anspruch nehmen kann (s. oben Rn. 27 f.). Das Vertrauen des [X.]s in den Fortbestand seines Rechts verdient demgegenüber größeren Schutz. Der [X.] kann die Ursache für die außerordentliche Auflösung des zwischen dem [X.]geber und dem [X.] geschlossenen Vertrags und die vorzeitige Beendigung des früheren Nutzungsrechts regelmäßig weder beeinflussen noch vorhersehen. Auch wenn er bei einem Fortfall seines Nutzungsrechts die weitere Zahlung von Lizenzgebühren unter Berufung auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags einstellen dürfte, erlitte er durch den vorzeitigen und unerwarteten Fortfall seines Rechts oft erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Das Erlöschen des Nutzungsrechts könnte sogar zur Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz führen, wenn er auf den Bestand der Lizenz angewiesen ist. Es wäre daher auch unter Berücksichtigung der Interessen des [X.] unbillig, wenn der [X.] mit dem Erlöschen der [X.] seine [X.] verlöre (vgl. [X.]Z 180, 344 Rn. 16 - Reifen Progressiv).

c) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass das [X.] in einem anderen Rechtsstreit die Klage der M.  [X.] gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] auf Abtretung von deren [X.] gegen den [X.]n rechtskräftig abgewiesen hat. Das [X.] hat seine - vor dem Senatsurteil „Reifen Progressiv“ ergangene - Entscheidung damit begründet, dass mit der Kündigung durch die Klägerin die abgeleiteten Nutzungsrechte der M.  [X.], der [X.] und des [X.]n an die Klägerin heimgefallen seien und daher allein die Klägerin anspruchsberechtigt sei. Die M.  [X.] hatte dem [X.]n in jenem Rechtstreit den Streit verkündet, der daraufhin der [X.] beigetreten war.

aa) Es kann offenbleiben, ob es wegen dieses Urteils des [X.] - wie das Berufungsgericht angenommen hat - Schwierigkeiten bereitet, den Interessen der Klägerin durch eine Abtretung von [X.] an die Klägerin Rechnung zu tragen. Der Umstand, dass die Durchsetzung der an den [X.]geber abzutretenden Lizenzansprüche des [X.]s gegen den [X.] aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls Schwierigkeiten bereitet, kann für die Beantwortung der Frage des [X.] von [X.]en beim Erlöschen der [X.] nicht von Bedeutung sein.

bb) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der [X.] könne sich gegenüber der Klägerin nicht auf das Fortbestehen seines Nutzungsrechts berufen, weil die Rechtsansicht des [X.], mit der Kündigung durch die Klägerin sei auch das Nutzungsrecht des [X.]n an die Klägerin zurückgefallen, zugunsten der Klägerin bindend sei. Dem [X.]n ist zwar im Verfahren vor dem [X.] der Streit verkündet worden. Die Klägerin war jedoch nicht [X.] dieses Rechtsstreits. Der [X.] ist daher, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, nicht gemäß §§ 74, 68 ZPO daran gehindert, sich gegenüber der Klägerin darauf zu berufen, das [X.] habe den Rechtsstreit unrichtig entschieden. Eine Drittwirkung der [X.] zugunsten der am Rechtsstreit beim [X.] unbeteiligten Klägerin, kommt entgegen der Ansicht der Revision aus Rechtsgründen nicht in Betracht.

4. Die Revision macht vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe den zwischen der Klägerin und der M.  [X.] geschlossenen [X.]vertrag rechtsfehlerhaft nicht ergänzend dahin ausgelegt, dass die [X.] nicht befugt gewesen sei, die [X.] überdauernde [X.]en einzuräumen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Lizenzverträge zwischen der Klägerin und der M.  [X.] sowie der M.  [X.] und der [X.] nur mündlich abgeschlossen worden. Es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von der Klägerin vorgetragen, welchen Inhalt diese Lizenzverträge hatten. Es gibt daher keine hinreichende Grundlage für eine ergänzende Vertragsauslegung. Allein der Umstand, dass einer Konzerngesellschaft eine Konzernlizenz mit dem Recht der [X.]ierung an konzernabhängige Unternehmen eingeräumt worden ist, lässt nicht darauf schließen, dass den konzernabhängigen Unternehmen nur [X.]en eingeräumt werden konnten, die bei einem Wegfall der [X.] gleichfalls erlöschen (aA [X.], [X.] 2009, 1107, 1110).

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die abgeleiteten Nutzungsrechte der Schuldnerin aufgrund der zwischen der [X.] und der Schuldnerin getroffenen Vereinbarungen vom Bestand des Nutzungsrechts der [X.] abhängig waren. Die einzige Vertragsunterlage, die das Verhältnis zwischen der [X.] und der Schuldnerin betrifft, nämlich die Vereinbarung zum „Projekt [X.]“ vom 1./22. November 2001, enthält keinerlei Vorbehalte hinsichtlich der eingeräumten Nutzungsrechte für den Fall, dass die [X.] ihr Nutzungsrecht verliert. Der (nicht unterschriebene) „Rahmenvertrag EDV-Leistungen“ regelt nur, dass die Nichtzahlung der Entgelte durch die Schuldnerin zur Kündigung des Vertrages berechtigt und zum Erlöschen des Nutzungsrechts führt.

III. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Klägerin (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.

[X.]                                               Pokrant                                                Büscher

                                Koch                                                    [X.]

Meta

I ZR 70/10

19.07.2012

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 30. März 2010, Az: 6 U 76/06

§ 31 UrhG, § 33 UrhG, § 35 UrhG, § 812 Abs 1 S 1 Alt 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2012, Az. I ZR 70/10 (REWIS RS 2012, 4428)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4428

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