Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.11.2016, Az. 5 AZR 53/16

5. Senat | REWIS RS 2016, 1925

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Gegenstand

Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay") - Vergleichsentgelt


Leitsatz

Maßgeblich für das Vergleichsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist die Tätigkeit, die der Entleiher dem Leiharbeitnehmer ausdrücklich oder konkludent durch Billigung oder Duldung zugewiesen hat.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] - [X.] - vom 21. Oktober 2015 - 19 [X.] - wird zurückgewiesen, soweit das [X.] die Klage iHv. 736,58 Euro brutto nebst Zinsen (Urlaubsabgeltung für die [X.] und 2009) abgewiesen hat.

2. Im Übrigen wird das Urteil des [X.] - [X.] - vom 21. Oktober 2015 - 19 [X.] - aufgehoben und im Umfang der Aufhebung die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1983 geborene Klägerin war vom 3. November 2008 bis zum 30. Juni 2010 bei der [X.], die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Leiharbeitnehmerin beschäftigt und während des gesamten Zeitraums der [X.] (Entleiherin und [X.]treitverkündete) überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer arbeitsvertraglich vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von mindestens 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 14,00 Euro, ab 2. März 2009 einen solchen von 15,00 Euro.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 22. Oktober 2008 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„§ 2 Anwendung eines Tarifvertrages

        

1. Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien ergeben sich aus dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. ([X.]) bestehenden Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils aktuell gültigen Fassung an. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der vorgenannten [X.] ist.

        

§ 3 Art der Tätigkeit

        

Frau K wird als: Administrator/in eingestellt.“

4

Im [X.] an das [X.] stand die Klägerin vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2012 in einem Arbeitsverhältnis zur Entleiherin, in dem sie als „B-to-B-Consultant“ beschäftigt wurde. Bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 [X.]tunden erhielt sie neben einem Bruttomonatsgehalt von 2.700,00 Euro, einer monatlichen freiwilligen Leistungszulage von 200,00 Euro brutto und einem Weihnachtsgeld von 1.350,00 Euro brutto eine leistungsabhängige variable Vergütung ([X.]) nach einer bei der Entleiherin für Consultants geltenden [X.]regelung.

5

Nach vorangegangenem, am 31. Dezember 2012 anhängig gemachten Mahnverfahren hat die Klägerin mit ihrer Klage für den Zeitraum 1. Dezember 2008 bis 30. Juni 2010 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 [X.] [X.] verlangt, die sie erstinstanzlich auf der Grundlage der im Arbeitsverhältnis mit der Entleiherin bezogenen Vergütung berechnet hat. Nach einem mit der Entleiherin geführten Prozess auf Auskunft nach § 13 [X.] hat sie im Laufe des Berufungsverfahrens als Vergleichsentgelt dasjenige herangezogen, das der bei der Entleiherin in der Funktion eines [X.] Consultant“ beschäftigte Arbeitnehmer [X.] im [X.]treitzeitraum erhalten haben soll.

6

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.922,64 Euro brutto nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen;

        

2.    

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den [X.] zwischen der von der [X.] an die Klägerin im Zeitraum 1. Dezember 2008 bis 30. Juni 2010 geleisteten Vergütung iHv. 50.805,76 Euro brutto und der von der [X.] AG gezahlten Vergütung an einen im Zeitraum 1. Dezember 2008 bis 30. Juni 2010 bei ihr beschäftigten „Junior Consultant“ mit der Qualifikation „[X.]/in ([X.])“, dem die Aufgaben bzw. Teile von Aufgaben eines Consultant oblagen, die da wären:

                 

-       

eigenverantwortliche Installation und [X.]chulung der [X.]oftwareprogramme der [X.] AG per Remote oder beim Kunden vor Ort,

                 

-       

Betreuung und Beratung der Kunden bei technischen Problemen sowie bei [X.] Fragestellungen,

                 

-       

Erstellung von [X.] sowohl als [X.] [X.]tandardprodukt als auch kundenspezifisch,

                 

-       

Erstellung von Produktdefinitionen und Produkteinführung,

                 

zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Klägerin sei als Administratorin eingestellt worden und bei der Entleiherin nicht, zumindest nicht von Beginn an, als [X.] Consultant“ eingesetzt gewesen. Ihre Tätigkeit sei mit der des [X.]tammarbeitnehmers [X.] nicht vergleichbar. Zudem dürfe es nicht zu ihren Lasten gehen, sollte die Entleiherin die Klägerin höherwertig eingesetzt haben als im Überlassungsvertrag vorgesehen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

9

Nach der Berufungsverhandlung hat die Beklagte mit [X.]chriftsatz vom 16. Oktober 2015 der Entleiherin den [X.]treit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf [X.]eiten der [X.] beigetreten und beantragt die Zurückweisung der Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Urlaubsabgeltung für die [X.] und 2009 wendet. Im Übrigen ist die Revision der Klägerin begründet und führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Das [X.] hat die Klage auf Abgeltung weiteren Urlaubs für die [X.] und 2009 tragend deshalb abgewiesen, weil Urlaub aus diesen Jahren jedenfalls verfallen sei. Das ist frei von Rechtsfehlern.

1. Urlaub ist eine in Art. 3 Abs. 1 Buch[X.]f, i der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (im Folgenden [X.]) genannter Regelungsgegenstand und damit eine wesentliche, dem Gebot der Gleichbehandlung unterliegende Arbeitsbedingung iSv. § 10 Abs. 4 [X.] ([X.] 28. Januar 2015 - 5 [X.] - Rn. 26; 21. Oktober 2015 - 5 [X.] - Rn. 35, [X.]E 153, 75). Für die Dauer der Überlassung steht dem Leiharbeitnehmer ein Urlaubsanspruch in Höhe des (anteiligen) Jahresurlaubs zu, den der Entleiher vergleichbaren [X.]n gewährt.

2. Dieser (weitere) Urlaub unterliegt aber - wie bei den [X.]n - den gesetzlichen Regeln und etwaigen im Entleiherbetrieb geltenden ergänzenden Bestimmungen (vgl. [X.] 23. März 2011 - 5 [X.] - Rn. 12, [X.]E 137, 249). Mithin ist er nach § 7 Abs. 3 Satz 1 [X.] befristet und verfällt am Jahresende, wenn der Arbeitnehmer nicht aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war (vgl. [X.] 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 32, [X.]E 142, 371) und auch ein Übertragungsgrund nach § 7 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht vorlag (sh. dazu [X.] 15. Dezember 2015 - 9 [X.] - Rn. 19, [X.]E 154, 1).

Dass die Klägerin gehindert gewesen wäre, von der Beklagten unter Berufung auf § 10 Abs. 4 [X.] in den Jahren 2008 und 2009 mehr Urlaub zu verlangen als arbeitsvertraglich vereinbart war, lässt ihr Sachvortrag nicht erkennen. Machte sie den nach § 10 Abs. 4 [X.] entstandenen weiteren Urlaub nicht vor dessen Verfall geltend, steht dem weder § 9 Nr. 2 [X.] noch Unionsrecht entgegen (vgl. [X.] 24. Februar 2016 - 5 [X.] - Rn. 53 ff., [X.]E 154, 178).

II. Im Übrigen hat die Revision der Klägerin Erfolg. Mit der Begründung des [X.]s kann ein Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.] nicht verneint werden.

1. Die Beklagte war nach § 10 Abs. 4 [X.] verpflichtet, der Klägerin für die streitgegenständliche [X.] der Überlassung das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren [X.]n gewährte. Eine nach § 9 Nr. 2 [X.] zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 2 Arbeitsvertrag verweist - unabhängig davon, ob die sprachlich missglückte [X.] überhaupt dem Transparenzerfordernis des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügte - auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der [X.] unwirksame Tarifverträge (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 12 ff., [X.]E 144, 306). Das steht zwischen den Parteien auch außer Streit.

2. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch ([X.]Rspr. seit [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - [X.]E 144, 306), dessen Höhe sich aus einem Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum ermittelt. Dabei richtet sich das maßgebliche Vergleichsentgelt entgegen der Auffassung des [X.]s nicht nach den zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer vereinbarten Vertragsbedingungen, sondern nach den beim Entleiher geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen. Art. 5 Abs. 1 [X.] gebietet, das Vergleichsentgelt stets tätigkeitsbezogen zu bestimmen: Es ist das Arbeitsentgelt zugrunde zu legen, das ein vergleichbarer [X.] erhalten hat oder - gibt es einen solchen nicht - der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre (im Einzelnen [X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] - Rn. 23 ff., [X.]E 153, 75).

Dem steht die Erwägung des [X.]s, es dürfe nicht zu Lasten des Verleihers gehen, wenn der Entleiher den Leiharbeitnehmer anders als im Überlassungsvertrag vereinbart einsetzt, nicht entgegen. Verletzt der Entleiher den Überlassungsvertrag schuldhaft, indem er dem Leiharbeitnehmer eine höherwertige Tätigkeit zuweist, kann der Verleiher Ersatz des ihm dadurch entstehenden Schadens verlangen, § 280 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB (ebenso Bissels [X.] 18/2016 [X.]. 3 unter D).

3. Die Entscheidung des [X.]s erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig.

a) Die Klägerin war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen oder nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen Tarifverträgen einzuhalten (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 34 f., [X.]E 144, 306, seither [X.]Rspr.).

b) Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht - auch nicht teilweise - verjährt. Das hat das [X.] zutreffend erkannt.

aa) Der mit der Überlassung entstehende Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt wird mit dem arbeitsvertraglich für die Vergütung bestimmten [X.]punkt zeitabschnittsweise fällig und unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, § 195 BGB. Für deren Beginn kommt es - neben dem Entstehen des Anspruchs - nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB darauf an, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die danach erforderliche Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn der Leiharbeitnehmer Kenntnis von der Tatsache hat, dass vergleichbare [X.] des Entleihers mehr verdienen als er ([X.]Rspr. seit [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 22 ff., [X.]E 144, 322).

bb) Der älteste Teil des streitgegenständlichen Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt war nach § 6 Buch[X.]d Arbeitsvertrag am 20. Januar 2009 fällig. Für ihn begann die Verjährungsfrist am 31. Dezember 2009 (§ 199 Abs. 1 BGB) und endete am 31. Dezember 2012. Durch den an diesem Tag beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids wurde der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, § 167 ZPO. Dem steht die Verzögerung der Zustellung des Mahnbescheids durch die Angabe einer nicht mehr zustellungsfähigen Anschrift der Beklagten nicht entgegen. Die Klägerin hat den Mangel so rechtzeitig behoben, dass der Mahnbescheid innerhalb der Frist des § 691 Abs. 2 ZPO und damit „demnächst“ zugestellt wurde (vgl. [X.] 21. März 2012 - [X.]/01 - Rn. 16 ff., [X.]Z 150, 221; [X.]/Vollkommer ZPO 31. Aufl. § 691 Rn. 5 mwN).

III. In welchem Umfang die Klage - mit Ausnahme der auf Abgeltung weiteren Urlaubs für die [X.] und 2009 (dazu oben Rn. 11 ff.) - begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des [X.]s nicht entscheiden.

1. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 [X.] ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen ([X.] 23. März 2011 - 5 [X.] - Rn. 35 f., [X.]E 137, 249; 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 26). Dabei sind das im Betrieb der Entleiherin einem [X.] gewährte Vergleichsentgelt und das dem Leiharbeitnehmer vom Verleiher gezahlte Entgelt miteinander zu saldieren. Darlegungs- und beweispflichtig für die Höhe des Anspruchs ist der Arbeitnehmer (vgl. [X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] - Rn. 13 mwN, [X.]E 153, 75). Das maßgebliche Vergleichsentgelt kann der Senat aufgrund des bisherigen Vorbringens der Parteien nicht bestimmen.

a) Die Annahme des [X.]s, die Klägerin sei im [X.] von der Entleiherin als „Junior Consultant“ eingesetzt gewesen, ist unbehelflich. Denn das Vergleichsentgelt ist tätigkeitsbezogen zu bestimmen und richtet sich nicht nach Funktionsbezeichnungen. Soweit die Klägerin sich im Berufungsverfahren zuletzt auf den [X.] berufen hat, räumt sie selbst ein, dass sie „teilweise andere Tätigkeiten durchgeführt hat“.

Andererseits hat die Entleiherin in ihren Auskünften nach § 13 [X.] deutlich gemacht, dass sie die - anscheinend für die vorgesehene Tätigkeit überqualifizierte - Klägerin nicht daran gehindert hat, überobligatorisch auch „die Behebung der Fehler in Angriff zu nehmen“. Dies spricht dafür, dass die Klägerin jedenfalls im Laufe der Überlassung eine höherwertige Tätigkeit als die im Arbeitsvertrag vereinbarte verrichtet hat. Diese ist für die tätigkeitsbezogene Bestimmung des [X.] ab dem [X.]punkt maßgeblich, ab dem die Entleiherin sie veranlasst, also aufgrund des ihr überlassenen Weisungsrechts zugewiesen hat, sei es ausdrücklich, sei es konkludent durch Billigung oder Duldung (vgl. zur ähnlichen Problematik bei der quantitativen Mehrarbeit [X.] 10. April 2013 - 5 [X.] - Rn. 13 ff.).

b) Das [X.] hat auf eine Ergänzung des Sachvortrags nicht hingewirkt (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Es ist deshalb geboten (Art. 103 Abs. 1 GG), der Klägerin in einem erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag und ggf. Beweisantritt zu geben. Sollte es zutreffen, dass - wie die Beklagte behauptet und die Streitverkündete geltend gemacht hat - die Entleiherin im Streitzeitraum bezogen auf die ausgeübte Tätigkeit keine vergleichbaren [X.] beschäftigte, muss die Klägerin darlegen, welches Arbeitsentgelt sie erhalten hätte, wenn sie für die im [X.] ausgeübte Tätigkeit bei der Entleiherin eingestellt worden wäre. Dazu kann sie von der Entleiherin entsprechende Angaben verlangen, denn die Auskunft nach § 13 [X.] ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 [X.] zu berechnen ([X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 22; 24. April 2014 - 8 [X.] - Rn. 18, [X.]E 148, 84). In einem solchen Falle kann sich - wie bislang - die Entleiherin nicht darauf zurückziehen, sie hätte die Klägerin nicht für die im Laufe der Überlassung ausgeübte höherwertige Tätigkeit eingestellt. Vielmehr muss die Entleiherin anhand der von ihr ausdrücklich oder konkludent durch Billigung bzw. Duldung zugewiesenen Tätigkeit fiktiv beurteilen, wie sie diese Tätigkeit im Arbeitsverhältnis vergütet hätte. Unterlässt sie dies, können Schadensersatzansprüche der Leiharbeitnehmerin entstehen (vgl. [X.] 24. April 2014 - 8 [X.] - Rn. 24 mwN, aaO).

2. Zudem wird im erneuten Berufungsverfahren Folgendes zu beachten sein:

a) Zur substantiierten Darlegung des Gesamtvergleichs gehört die schriftsätzliche Erläuterung, in welchem Umfang im Überlassungszeitraum [X.] etwa für geleistete Arbeit, aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, gewährten Urlaubs, Freizeitausgleichs oder Abgeltung von Stunden aus einem Arbeitszeitkonto oder eines sonstigen Tatbestands, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt, begehrt wird ([X.] 20. November 2013 - 5 [X.] - Rn. 19; 19. Februar 2014 - 5 [X.] - Rn. 44). Daran mangelt es bislang.

b) Haben die [X.] ein Monatsgehalt bezogen, richtet sich der Anspruch aus § 10 Abs. 4 [X.] auf ein Monatsgehalt und verbietet sich dessen „Herunterrechnen“ auf einen fiktiven Stundenlohn. Ausgangspunkt für die Berechnung der [X.] ist vielmehr das - gegebenenfalls anteilige - Monatsgehalt, das die Klägerin im Überlassungszeitraum erhalten hätte, wenn sie unmittelbar bei der Entleiherin beschäftigt gewesen wäre (vgl. [X.] 23. Oktober 2013 - 5 [X.] - Rn. 32). Hätte bei einer unmittelbaren Beschäftigung die Entleiherin der Klägerin auch einen Bonus versprochen, ist dieser in die Vergleichsberechnung einzubeziehen, sofern die Klägerin darlegen und im Streitfall beweisen kann, dass sie durch die ausgeübte Tätigkeit die Voraussetzungen für einen Bonus in bestimmter Höhe erfüllte.

c) Ob, wie die Beklagte meint, beim Gesamtvergleich gewährte [X.] zu berücksichtigen sind, bemisst sich danach, ob damit - wenn auch in pauschalierter Form - ein der Klägerin tatsächlich entstandener Aufwand erstattet werden sollte (echter Aufwendungsersatz) oder die Leistung sich als „verschleiertes“ und damit steuerpflichtiges Entgelt darstellt ([X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 34 ff.; 19. Februar 2014 - 5 [X.] - Rn. 57).

d) Soweit die Klägerin die Abgeltung anteiligen Urlaubs für das erste Halbjahr 2010 verlangt, richtet sich dessen Berechnung nach § 7 Abs. 4, § 11 [X.] (vgl. [X.] 28. Mai 2014 - 5 [X.] - Rn. 27). Maßgeblich ist das Entgelt, das die Klägerin in den letzten 13 Wochen vor der Beendigung des [X.]ses erzielte.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Rahmstorf    

        

    Felstehausen    

                 

Meta

5 AZR 53/16

23.11.2016

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Karlsruhe, 13. November 2013, Az: 10 Ca 81/13, Urteil

§ 10 Abs 4 AÜG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.11.2016, Az. 5 AZR 53/16 (REWIS RS 2016, 1925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1925

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