Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.04.2019, Az. III ZR 67/18

3. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 7948

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) VERWALTUNGSRECHT STAATSRECHT UND STAATSORGANISATIONSRECHT SCHADENSERSATZ ASYL- UND AUSLÄNDERRECHT ASYL ABSCHIEBUNG AMTSHAFTUNG

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Gegenstand

Schadensersatzanspruch wegen rechtswidriger Beeinträchtigung des Freiheitsrechts der Menschenrechtskonvention: Passivlegitimierter Hoheitsträger; Konventionswidrigkeit der Freiheitsentziehung; Verstoß gegen das sogenannte Trennungsgebot im Rahmen des Vollzugs der Abschiebehaft


Leitsatz

1. Passivlegitimiert bei einem Schadensersatzanspruch nach Art. 5 Abs. 5 MRK ist der Hoheitsträger, dessen Hoheitsgewalt bei der rechtswidrigen Freiheitsentziehung ausgeübt wurde; dies ist bei einer auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung regelmäßig nur der Hoheitsträger, in dessen Dienst der Richter steht.

2. Für die Frage, ob eine Freiheitsentziehung konventionswidrig ist, kommt es auf den objektiven Verstoß gegen die Konvention an, nicht dagegen - wie im Amtshaftungsrecht für bestimmte richterliche Maßnahmen außerhalb des Spruchrichterprivilegs - auf die Vertretbarkeit der richterlichen Haftanordnung.

3. Art. 5 Abs. 5 MRK betrifft nur die Freiheitsentziehung als solche, nicht den Haftvollzug beziehungsweise die Modalitäten der Haft; daher ergeben sich aus Art. 5 Abs. 5 MRK keine Rechte von inhaftierten Personen in Bezug auf ihre Behandlung in der Haft. Ein Verstoß gegen das sogenannte Trennungsgebot im Rahmen des Vollzugs der Abschiebehaft nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (ABl. EU Nr. L 348/98) betrifft in diesem Sinn nur den Vollzug.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 15. März 2018 wird zurückgewiesen.

Auf die Revision des Beklagten zu 1 wird die vorbenannte Entscheidung insoweit abgeändert, als auf die Berufung des Beklagten zu 1 das Urteil der 15. Zivilkammer des [X.] vom 20. September 2017 mit der Maßgabe abgeändert wird, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger macht gegen die Beklagten einen Anspruch auf immaterielle Entschädigung nach Art. 5 Abs. 5 EMRK geltend.

2

Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste zusammen mit seiner Frau und seiner damals 1½ jährigen Tochter mit dem Zug aus [X.] kommend am 2. Oktober 2013 in das [X.] ein. Bei der [X.] [X.] konnte er keine aufenthaltslegitimierenden Ausweispapiere vorlegen. Er gab an, bereits in der [X.] einen Asylantrag gestellt zu haben. Er wolle aber in [X.] bleiben. Eine Abfrage im [X.] ergab, dass der Kläger und seine Ehefrau in der [X.] am 25. August 2013 einen Asylantrag gestellt hatten. Die [X.] verfügte daher die Zurückschiebung des [X.] nach der [X.] ([X.] Nr. 343/2003, [X.]. EG Nr. L 50/01). Ferner beantragte die [X.] Haft zur Sicherung der Zurückschiebung. Mit Beschluss vom 3. Oktober 2013 ordnete das Amtsgericht [X.] die vorläufige Freiheitsentziehung an. Der Kläger wurde daraufhin in die gesonderte Abteilung für Abschiebegefangene der [X.] gebracht. Die Ehefrau des [X.] sowie seine Tochter wurden in einer Gemeinschaftsunterkunft in [X.] untergebracht.

3

In der Folgezeit wurde über das [X.] die Wiederaufnahme des [X.] durch die [X.] betrieben. Am 8. Oktober 2013 beantragte die [X.] Zurückschiebungshaft bis längstens zum 15. November 2013. Mit Beschluss vom 16. Oktober 2013 ordnete das [X.] unter Aufhebung der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts [X.] Abschiebehaft von 44 Tagen an (beginnend rückwirkend am 3. Oktober 2013, längstens bis zum 15. November 2013). Auf die Beschwerde des [X.] setzte das [X.] am 30. Oktober 2013 die Vollziehung unter Auflagen - Aufenthaltnahme bei Ehefrau und Tochter in der Gemeinschaftsunterkunft in [X.]; tägliche Erreichbarkeit dort um 10.00 Uhr und um 20.00 Uhr - aus und hob mit weiterem Beschluss vom 7. November 2013 die Haftentscheidung des [X.] vom 16. Oktober 2013 auf. Gleichzeitig stellte das [X.] fest, dass die Freiheitsentziehung von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Eine Entziehungsabsicht sei nicht erkennbar, jedenfalls reichten die gemachten Auflagen aus. Zwischenzeitlich hatte die [X.] der Rücknahme des [X.] und seiner Familie zugestimmt. Das [X.] verfügte daraufhin die Abschiebung. Nachdem der Kläger erfolglos versucht hatte, dagegen verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, entzog er sich der Zurückschiebung, indem er mit seiner Familie die [X.] bis zum Ablauf der Zurückschiebefrist nach der [X.] im sogenannten Kirchenasyl verbrachte. Im Rahmen des deshalb in [X.] durchgeführten nationalen Asylverfahrens wurde dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

4

Der Kläger hat die Beklagten auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung für die [X.] seiner Abschiebehaft ab 3. Oktober 2013 in Höhe von 100 € je Hafttag - insgesamt 2.700 € - in Anspruch genommen. Das [X.] hat das beklagte Land - unter Abweisung der weitergehenden Klage - zur Zahlung von 810 € (27 Tage à 30 €) verurteilt und die Klage gegen die beklagte [X.] insgesamt abgewiesen. Die Berufungen des [X.] und des beklagten [X.] haben keinen Erfolg gehabt. Hiergegen richten sich die vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen des [X.] und des beklagten [X.].

Entscheidungsgründe

5

Die zulässige Revision des [X.] hat keinen Erfolg. Die zulässige Revision des beklagten [X.] führt unter Abänderung der instanzgerichtlichen Entscheidungen zur vollständigen Abweisung der Klage.

I.

6

Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem [X.] davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen das beklagte Land ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus Art. 5 Abs. 5 [X.] zustehe. Der Beschluss des [X.]s [X.] I vom 7. November 2013, in dem die Feststellung getroffen worden sei, dass die gegen den Kläger verhängte Haft von Anfang an rechtswidrig gewesen sei, entfalte Bindungswirkung für den nachfolgenden Schadensersatzprozess. Entgegen der Auffassung des beklagten [X.] komme es deshalb nicht darauf an, ob die Haftentscheidungen der Amtsgerichte [X.] und [X.], was das [X.] [X.] I nicht geprüft habe, zumindest vertretbar gewesen seien. Dem Kläger stehe jedoch nicht mehr als der vom [X.] zugesprochene Betrag von 30 € pro Tag erlittener Freiheitsentziehung zu.

7

Die Klage gegen die beklagte [X.] sei unbegründet. Bezüglich eines Anspruchs aus Art. 5 Abs. 5 [X.] sei die Beklagte zu 2 nicht passivlegitimiert. Denn die Haft beruhe auf Entscheidungen der Gerichte des beklagten [X.]. Diese könnten der Beklagten zu 2 nicht allein deshalb zugerechnet werden, weil die [X.] entsprechende Anträge gestellt habe. Soweit der Kläger nicht in einer speziellen Haftanstalt nur für Abschiebehäftlinge untergebracht worden sei, betreffe dies den Haftvollzug, der grundsätzlich nicht unter Art. 5 Abs. 5 [X.] falle. Etwaige [X.] scheiterten insoweit auch am Verschulden, da bis zur Entscheidung des [X.] vom 17. Juli 2014 (NVwZ 2014, 1217) die Unterbringung in normalen Justizvollzugsanstalten getrennt von Strafgefangenen im Rahmen des § 62a Abs. 1 Satz 2 [X.] a.[X.] durchaus üblich gewesen sei.

[X.]

Revision des Klägers

8

1. Die Instanzgerichte sind zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte zu 2 kein Schadensersatzanspruch zusteht.

9

a) Für einen Anspruch aus Art. 5 Abs. 5 [X.] fehlt es an der Passivlegitimation. Art. 5 [X.] bestimmt, soweit hier einschlägig, Folgendes:

"(1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

...

f) Rechtmäßige Festnahme oder Freiheitsentziehung zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.

...

(5) Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, hat Anspruch auf Schadensersatz."

Art. 5 Abs. 5 [X.] gewährt insoweit einen unmittelbaren Schadensersatzanspruch wegen rechtswidriger Freiheitsbeeinträchtigung durch staatliche Organe, der vom Verschulden der handelnden Amtsträger unabhängig ist und auch den Ersatz immateriellen Schadens umfasst (z.B. [X.], Urteile vom 4. Juli 2013 - [X.], [X.], 1 Rn. 28 und vom 19. September 2013 - [X.], NJW 2014, 67 Rn. 13, jeweils mwN).

Entgegen der Auffassung des [X.] ist die beklagte [X.] [X.] nicht passivlegitimiert. Zwar ist im Verfahren der Individualbeschwerde nach Art. 34 [X.] die [X.] als Vertragspartei Beschwerdegegnerin; dementsprechend trifft sie eine etwaige vom [X.] nach Art. 41 [X.] zugesprochene Entschädigung. Im Rahmen der innerstaatlichen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 5 Abs. 5 [X.] ist jedoch die Frage nach der Person des Verpflichteten durch Anwendung des Art. 34 [X.] zu klären. Danach ist der Hoheitsträger (Bund, Land oder sonstige Gebietskörperschaft) verantwortlich, dessen Hoheitsgewalt bei der rechtswidrigen Freiheitsentziehung ausgeübt wurde (z.B. [X.], Urteil vom 19. September 2013, aaO Rn. 24 mwN). Der Eingriff in das Freiheitsrecht des [X.] in der [X.] vom 3. bis zum 30. Oktober 2013 beruhte auf den Haftentscheidungen der Amtsgerichte [X.] und [X.]. Über die Zulässigkeit und Fortdauer eines Freiheitsentzugs hat in [X.] grundsätzlich nur der [X.] zu entscheiden (Art. 104 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Bei einer auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung wird mithin die Hoheitsgewalt des [X.]s beziehungsweise des Hoheitsträgers ausgeübt, in deren Dienst dieser steht. Letzteres war hier das beklagte Land und nicht die [X.].

Hieran ändert - entgegen der Auffassung des [X.] - der Umstand nichts, dass die [X.] unter dem 2. Oktober 2013 einen "Antrag auf einstweilige Anordnung und Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung" und unter dem 8. Oktober 2013 einen "Antrag auf Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung" gestellt hat, und dass es ohne die Anträge nicht zur Haft gekommen wäre. Diese Kausalitätsbetrachtung ist im Rahmen des Art. 5 Abs. 5 [X.] nicht maßgeblich. Denn die Antragstellung ändert nichts daran, dass bei den anschließend nach jeweiliger Anhörung des [X.] und eigenverantwortlich von den Amtsgerichten getroffenen Haftentscheidungen nur Hoheitsgewalt des beklagten [X.] und nicht der [X.] [X.] ausgeübt worden ist.

Soweit die Revision darauf verweist, dass nach § 422 Abs. 3 FamFG der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, von der zuständigen Verwaltungsbehörde vollzogen wird und dies hier die [X.] gewesen sei, ändert auch dies nichts. Der - im Übrigen in einer Anstalt des [X.] vollzogene - Freiheitsentzug findet seine Grundlage allein in der richterlichen Haftanordnung. Die Zuständigkeit nach § 422 Abs. 3 FamFG ist insoweit kein eigenständiger Anknüpfungspunkt für eine Passivlegitimation der [X.] [X.]. Art. 5 Abs. 5 [X.] bezieht sich grundsätzlich auch nur auf die Haft als solche, nicht dagegen den Vollzug beziehungsweise die Haftbedingungen (vgl. [X.], Urteile vom 29. April 1993 - [X.], [X.], 268, 270 und vom 4. Juli 2013, aaO Rn. 30; siehe dazu näher [X.] bb zur Revision des Beklagten zu 1). Dass - worauf der Kläger verweist - die zuständige Verwaltungsbehörde verpflichtet ist, von sich aus eine Beendigung der Haft zu veranlassen, wenn Umstände auftreten, die einer ursprünglich rechtmäßig angeordneten Haft nachträglich ihre Grundlage entziehen, spielt in diesem Zusammenhang schon deshalb keine Rolle, weil ein solcher Fall hier unstreitig nicht vorliegt.

b) Soweit das Berufungsgericht Ansprüche aus Amtshaftung verneint hat, wendet sich hiergegen der Kläger mit seiner Revision zu Recht nicht.

2. Die [X.] der Revision zur Höhe der dem Kläger gegenüber dem Beklagten zu 1 zuerkannten Entschädigung bleiben bereits deshalb ohne Erfolg, weil dem Kläger schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Schadensersatz zusteht (siehe nachfolgend zur Revision des Beklagten zu 1).

Revision des Beklagten zu 1

1. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass es bei der Prüfung einer Haftung des Beklagten zu 1 an die Entscheidung des [X.]s [X.] I vom 7. November 2013 gebunden sei.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s sind die Zivilgerichte im Amtshaftungsprozess an rechtskräftige Entscheidungen der Verwaltungsgerichte im Rahmen ihrer [X.] (§ 121 VwGO) gebunden. Die Bindungswirkung erfasst in persönlicher Hinsicht die Beteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (§ 63 VwGO) - bei Behörden deren Rechtsträger - und ihre Rechtsnachfolger und ist sachlich auf den Streitgegenstand beschränkt (z.B. [X.], Urteile vom 7. Februar 2008 - [X.], [X.], 221 Rn. 10 und vom 12. Juni 2008 - [X.], [X.], 529 Rn. 15, jeweils mwN). Eine solche Bindungswirkung für den Amtshaftungsprozess hat der [X.] auch für rechtskräftige Entscheidungen eines Zivil- oder Strafsenats in Verfahren nach den §§ 23 ff E[X.]VG (Urteil vom 17. März 1994 - [X.], [X.] 1994, 773, 774), für Beschwerdeentscheidungen nach §§ 23, 31 BadWürttPolG (Urteil vom 23. Oktober 2003 - [X.], NJW 2003, 3693, 3696) und für rechtskräftige Entscheidungen der [X.] im Verfahren nach Art. 109 [X.] angenommen (Urteil vom 4. November 2004 - [X.], [X.], 33, 34). Diese für den Amtshaftungsprozess entwickelten Grundsätze gelten gleichermaßen für einen Schadensersatzanspruch nach Art. 5 Abs. 5 [X.] und insoweit auch für entsprechende Feststellungen der Rechtswidrigkeit einer Haftanordnung im Abschiebehaftbeschwerdeverfahren ([X.], Urteil vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.], 830 Rn. 7).

b) Im vorliegenden Fall greift die Bindungswirkung der Entscheidung des [X.]s [X.] I allerdings nicht zum Nachteil des beklagten [X.]. Das beklagte Land gehörte nicht zu den Verfahrensbeteiligten (§ 418 Abs. 1 FamFG). Vielmehr war die [X.] und damit eine Behörde der beklagten [X.] neben dem Kläger an dem zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abschiebehaft führenden Beschwerdeverfahren vor dem [X.] [X.] I beteiligt. Dessen Entscheidung kann deshalb nicht zu Lasten des beklagten [X.], das insoweit in diesem Verfahren kein rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 [X.]) hatte, Bindungswirkung in einem späteren Schadensersatzprozess entfalten. Da rechtliches Gehör vom Gericht den [X.]en zu gewähren ist, spielt es in diesem Zusammenhang keine Rolle, dass - worauf der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - die [X.] am [X.] [X.] I [X.] des beklagten [X.] sind. Es kann auch keine Rede davon sein, dass ohne eine solche Bindungswirkung § 62 FamFG "seinen wesentlichen Zweck, die Grundlage für Entschädigungsansprüche des Betroffenen zu schaffen" verliert, wie es der Kläger in seiner Revisionsbegründung geltend gemacht hat. Nach § 62 Abs. 1 FamFG spricht das Beschwerdegericht, wenn sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt hat, auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn dieser ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Ein solches ist gegeben, wenn schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder eine Wiederholung konkret zu erwarten ist (§ 62 Abs. 2 FamFG). Insoweit geht es aber nicht um das Interesse des Beschwerdeführers, durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Maßnahme die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs vorzubereiten (vgl. nur [X.]/[X.], FamFG, 19. Aufl., § 62 Rn. 19; [X.] 2010, 79; OLG [X.] [X.] 2014, 51, 52; siehe zum Feststellungsinteresse bei Abschiebehaft auch [X.] 104, 220, 232 ff). Jedenfalls kann einem solchen Interesse in den Fällen, in denen ein Entschädigungsanspruch gegen eine am Vorprozess nicht beteiligte [X.] geltend gemacht wird, kein Vorrang vor Art. 103 Abs. 1 [X.] eingeräumt werden.

2. Mangels Bindungswirkung der Entscheidung des [X.]s [X.] I kommt es damit darauf an, ob die durch die Amtsgerichte [X.] und [X.] angeordnete Freiheitsentziehung konventionswidrig im Sinne des Art. 5 Abs. 5 [X.] war. Dies ist nicht der Fall.

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist eine Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 5 Abs. 5 [X.] allerdings nicht erst dann als rechtswidrig anzusehen, wenn sie nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB) als unvertretbar zu bewerten wäre.

aa) Der [X.] geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass im Amtshaftungsprozess bestimmte richterliche Maßnahmen außerhalb des [X.]spruchprivilegs (§ 839 Abs. 2 Satz 1 BGB) nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen sind (vgl. zur Untersuchungshaft Urteil vom 29. April 1993 - [X.], [X.], 268, 271; zur einstweiligen Anordnung in [X.] Urteil vom 3. Juli 2003 - [X.], [X.], 306, 310; zur Streitwertfestsetzung Urteil vom 21. Juli 2005 - [X.], [X.] 2005, 3987, 3988 f; zur Prozessführung in Zivilsachen Urteil vom 4. November 2010 - [X.], [X.], 286 Rn. 14 und zur richterlichen Beschlagnahmeanordnung Urteil vom 15. Dezember 2016 - [X.], [X.], 200 Rn. 14). Die Vertretbarkeit darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Rechtspflege die Entscheidung nicht mehr verständlich ist (vgl. nur Urteile vom 4. November 2010 und vom 15. Dezember 2016, jeweils aaO). Erweist sich eine Entscheidung des [X.]s insoweit als vertretbar, wirkt sich dies bereits auf der Tatbestands- und nicht erst auf der Verschuldensebene des Amtshaftungsanspruchs aus. Denn die Haftungseinschränkung begrenzt den objektiven Umfang der wahrzunehmenden Pflichten. Dementsprechend ist bereits eine Amtspflichtverletzung zu verneinen und ist die richterliche Maßnahme oder Entscheidung im amtshaftungsrechtlichen Sinn als rechtmäßig anzusehen (vgl. [X.], Urteil vom 15. Dezember 2016, aaO Rn. 17). Ebenso scheidet im Rahmen eines enteignungsgleichen Eingriffs die Annahme eines entschädigungspflichtigen Sonderopfers aus, wenn die richterliche Maßnahme vertretbar war (vgl. [X.], Urteile vom 15. Mai 1997 - [X.], [X.], 1755, 1756 und vom 15. Dezember 2016, aaO Rn. 21; jeweils zu einer Beschlagnahmeanordnung).

bb) Ob diese Grundsätze auch für Ansprüche aus Art. 5 Abs. 5 [X.] gelten, hat der [X.] bisher nicht eindeutig geklärt. Zwar hat der [X.] in seinem Urteil vom 29. April 1993 (aaO), in dem er einen Anspruch aus Art. 5 Abs. 5 [X.] im Ergebnis bejaht hat, auch die Rechtsprechung zur Vertretbarkeit im Amtshaftungsprozess angesprochen (aaO [X.]), entscheidend dann aber darauf abgestellt, dass die Inhaftierung wegen objektiver Erkennbarkeit ihrer Unverhältnismäßigkeit rechtswidrig gewesen sei, und im Folgenden angemerkt (aaO S. 280), dass bereits die objektiv konventionswidrige Freiheitsentziehung Schadensersatzansprüche begründe. In späteren Entscheidungen hat der [X.] nur die Frage der Rechtmäßigkeit thematisiert, ohne dabei den Vertretbarkeitsmaßstab anzusprechen (vgl. etwa Urteil vom 19. September 2013 - [X.], NJW 2014, 67 Rn. 14 ff).

cc) Die Frage, ob bei richterlichen Handlungen ein Konventionsverstoß erst dann vorliegt, wenn das Verhalten des [X.]s nicht mehr verständlich und deshalb unvertretbar war, ist zu verneinen. Die zum Amtshaftungsrecht entwickelte Rechtsprechung kann auf eine Haftung des Staates nach Art. 5 Abs. 5 [X.] wegen der unterschiedlichen Struktur der Tatbestände nicht einfach übertragen werden.

§ 839 BGB knüpft an die persönliche Verantwortung des Staatsdieners an. Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem [X.] gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem [X.] den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Über Art. 34 [X.] wird die Haftung auf den Staat übergeleitet. Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten Amtes die ihm einem [X.] gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht (Art. 34 Satz 1 [X.]). Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten (Art. 34 Satz 2 [X.]). Auch bei richterlichen Maßnahmen knüpft § 839 BGB grundsätzlich an die persönliche Verantwortlichkeit des [X.]s an. Diese ist gesetzlich nach § 839 Abs. 2 BGB lediglich insoweit eingeschränkt, als bei einem Urteil in einer Rechtssache der [X.] für den aus einer Amtspflichtverletzung resultierenden Schaden nur verantwortlich ist, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Soweit der [X.] für richterliche Maßnahmen außerhalb dieses [X.]spruchprivilegs die Haftung begrenzt hat, knüpfte auch diese Rechtsprechung im Ausgangspunkt an die persönliche Verantwortlichkeit des [X.]s an. Ein Schuldvorwurf könne dem [X.] in diesem Bereich nur bei besonders groben Verstößen gemacht werden (z.B. [X.], Beschlüsse vom 26. April 1990 - [X.], [X.] 1990 Nr. 15083 Rn. 3 und vom 19. Dezember 1991 - [X.], [X.] Nr. 10710), was auf eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit hinauslaufe ([X.], Urteil vom 3. Juli 2003 - [X.], [X.], 306, 310). In neueren Entscheidungen hat der [X.] dann in diesem Zusammenhang nur noch auf den Begriff der Vertretbarkeit abgestellt, die nur verneint werden dürfe, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Rechtspflege die Entscheidung nicht mehr verständlich sei (vgl. Urteile vom 4. November 2010, aaO Rn. 14 und vom 15. Dezember 2016, aaO Rn. 14).

Anders als bei der Amtshaftung (§ 839 BGB) geht es bei Art. 5 Abs. 5 [X.] aber nicht um die Frage einer persönlichen Pflichtwidrigkeit, die über Art. 34 [X.] haftungsrechtlich auf den Staat übergeleitet wird. Vielmehr handelt es sich bei Art. 5 Abs. 5 [X.] um eine verschuldensunabhängige Haftung für einen konventionswidrigen Freiheitsentzug (z.B. [X.], Urteile vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.] 2006, 1284, 1285 und vom 12. November 2015 - [X.]/15, [X.], 365 Rn. 15). Die Vorschrift spricht weder von einem bestimmten Hoheitsträger noch einem sonst Verantwortlichen und erwähnt nicht deren Vorgehen, Verhalten oder Entscheidung, sondern knüpft die Rechtsfolge allein an die Tatsache des "[X.]" durch eine "entgegen den Bestimmungen dieses Artikels" erfolgte Freiheitsentziehung ([X.], Urteil vom 31. Januar 1966 - [X.], [X.], 58, 65). Die richterliche Maßnahme ist insoweit auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen. Bereits der objektive Verstoß gegen die Konvention reicht aus. Ob den [X.] persönlich ein Vorwurf trifft, seine Entscheidung im amtshaftungsrechtlichen Sinn als Pflichtverletzung anzusehen ist, spielt hierfür keine Rolle. Dementsprechend haben weder der [X.] (z.B. Urteil vom 17. Dezember 2009, NJW 2010, 2495) noch der [X.] (z.B. Urteil vom 19. September 2013 - [X.], NJW 2014, 67) bei ihren Entscheidungen zur nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung die Beschlüsse der Vollstreckungsgerichte im Rahmen des Art. 5 [X.] unter Vertretbarkeitsgesichtspunkten gewürdigt, obwohl die richterlichen Entscheidungen unzweifelhaft vertretbar waren, da sie der damaligen, vom [X.] ursprünglich ([X.] 109, 133; anders später [X.] 128, 326) ausdrücklich bestätigten Gesetzeslage entsprachen. Es ist deshalb auch im vorliegenden Fall ausschließlich darauf abzustellen, ob die Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 5 Abs. 5 [X.] konventionswidrig war oder nicht.

b) Bezüglich dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Begriffe "rechtmäßig" und "auf gesetzlich vorgeschriebene Weise" in Art. 5 Abs. 1 [X.] auf das innerstaatliche Recht verweisen und die Verpflichtung begründen, dessen materielle und prozessuale Regeln einzuhalten (vgl. nur [X.], Urteil vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.], 830 Rn. 9 mwN; dort auch zu Besonderheiten bei Freiheitsentziehungen aufgrund rechtskräftiger Strafurteile). Rechtswidrig in diesem Sinne kann eine Freiheitsentziehung zum Beispiel dann sein, wenn der [X.] in entscheidungserheblicher Weise von einer fehlerhaften Tatsachengrundlage ausgegangen ist oder die Bedeutung von Rechtsbegriffen verkannt hat. Hängt die Anordnung einer Freiheitsentziehung von einer prognostischen Beurteilung tatsächlicher Umstände ab - wie etwa der Frage, ob Fluchtgefahr besteht beziehungsweise ob dieser auch durch ein milderes Mittel als der Haft ausreichend entgegengewirkt werden kann -, ist allerdings zu beachten, dass sich in solchen Fällen aus der Natur der Sache nicht nur eine einzige richtige Entscheidung ergibt und alle anderen Bewertungen rechtswidrig sind. Insbesondere geht es nicht an, dass der [X.] im [X.] seine eigene Prognose einfach an die Stelle der des [X.] setzt. Vielmehr kann im Rahmen der Prognosen eigenen [X.] auch eine andere Würdigung nachvollziehbar, tragfähig und insoweit im Rahmen des Art. 5 [X.] rechtmäßig sein.

c) Ausgehend von diesem Maßstab kann die von den Amtsgerichten [X.] und [X.] angeordnete Haft nicht als konventionswidrig im Sinne des Art. 5 Abs. 5 [X.] beanstandet werden.

aa) Die Amtsgerichte sind - nach jeweiliger Anhörung des [X.] - davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 62 Abs. 3 Nr. 1, 5 [X.] vorliegen und der Zweck der Abschiebehaft nicht durch ein milderes, ebenfalls ausreichendes anderes Mittel erreicht werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Die den Haftentscheidungen insoweit zugrundeliegende Prognose ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat bei seinen Anhörungen angegeben, mit seiner Familie in [X.] bleiben und nicht in die [X.] zurück zu wollen. Gegenüber der [X.] hatte er dies zuvor unter anderem damit begründet, dass die Situation in der [X.] "schlimm" beziehungsweise "wie ein Gefängnis" sei und man "dort nicht leben kann". Wenn die Amtsgerichte unter anderem vor diesem Hintergrund davon ausgegangen sind, es bestehe die Gefahr, dass der Kläger sich nicht freiwillig der Zurückschiebung in die [X.] stellen werde, sodass zur Sicherung Abschiebehaft nötig sei, ist diese seinerzeit angestellte Prognose nicht als rechtswidrig zu bewerten. Unabhängig hiervon ist das [X.] [X.] I fehlerhaft davon ausgegangen, das Ziel des [X.], sich mit seiner Familie in [X.] aufhalten zu können, sei nur durch ein dauerhaftes Untertauchen zu erreichen gewesen.

bb) Eine Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 5 Abs. 5 [X.] folgt auch nicht aufgrund eines Verstoßes gegen das sogenannte Trennungsgebot im Rahmen des Vollzugs der Abschiebehaft.

aaa) Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. [X.] Nr. L 348/98, im [X.]/[X.]) bestimmt:

"Die Inhaftierung erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Sind in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden und muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so werden in Haft genommene Drittstaatsangehörige gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht."

§ 62a Abs. 1 [X.] in der zur [X.] der Haft des [X.] geltenden Fassung vom 22. November 2011 ([X.], 2262) regelte insoweit:

"Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Land nicht vorhanden, kann sie in diesem Land in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die [X.] sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. ..."

Mit Urteil vom 17. Juli 2014 ([X.]/13, [X.]/13, NVwZ 2014, 1217) hat der [X.] entschieden, dass Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/[X.] dahin auszulegen ist, dass ein Mitgliedstaat auch dann verpflichtet ist, illegal aufhältige Drittstaatsangehörige grundsätzlich in einer speziellen Hafteinrichtung dieses Staates in Abschiebehaft zu nehmen, wenn er föderal strukturiert ist und die nach nationalem Recht für die Anordnung und Vollziehung einer solchen Haft zuständige föderale Untergliederung über keine solche Hafteinrichtung verfügt. Dies bedeutet nicht, dass in jeder föderalen Untergliederung spezielle Hafteinrichtungen zu errichten sind. Es muss jedoch insbesondere durch Vereinbarungen über die [X.] sichergestellt werden, dass die zuständigen Behörden einer föderativen Untergliederung, die nicht über solche Hafteinrichtungen verfügen, die abzuschiebenden Drittstaatsangehörigen in speziellen Hafteinrichtungen in anderen föderativen Untergliederungen unterbringen können ([X.] aaO Rn. 31). Anderenfalls steht die Unterbringung nicht im Einklang mit der Richtlinie (vgl. auch [X.], Urteil vom 17. Juli 2014, [X.]/13, NVwZ 2014, 1218 Rn. 21). Daraufhin ist § 62a Abs. 1 [X.] durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 ([X.] I S. 1386, 1395) geändert worden.

bbb) Hierauf lässt sich ein Schadensersatzanspruch nach Art. 5 Abs. 5 [X.] für die vom 3. bis 30. Oktober 2013 in einer gesonderten Abteilung der Justizvollzugsanstalt [X.]-Stadelheim vollzogene Abschiebehaft aber nicht stützen.

Nach der [X.]srechtsprechung betrifft Art. 5 Abs. 5 [X.] die Freiheitsentziehung als solche, nicht den Haftvollzug beziehungsweise die Modalitäten der Haft; daher ergeben sich aus Art. 5 Abs. 5 [X.] keine Rechte von inhaftierten Personen in Bezug auf ihre Behandlung in der Haft (z.B. Urteile vom 29. April 1993 - [X.], [X.], 268, 270 und vom 4. Juli 2013 - [X.], [X.], 1, Rn. 30 ff). Die Behandlung in der Haft darf zwar nicht "unmenschlich" oder "erniedrigend" sein. Entsprechende Verstöße gegen Art. 3 [X.] fallen aber nicht unter Art. 5 [X.], sondern können nur, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen, nicht anders als andere Verstöße gegen Regelungen zur Ausgestaltung der Haft einen Amtshaftungsanspruch begründen. Ausnahmsweise können die Umstände der Haft im Rahmen des Art. 5 [X.] dann von Bedeutung sein, wenn sie im Hinblick auf den gesundheitlichen Zustand des Betroffenen zu dessen Vollzugsuntauglichkeit führen (vgl. [X.], Urteil vom 29. April 1993, aaO [X.]f). Reichen die im Vollzug - einschließlich der etwaigen Unterbringung in einem Anstalts- oder in einem externen Krankenhaus - zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht aus, um von der Haft ausgehende schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahren abzuwenden, kann die [X.] zur Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Haft werden und können insoweit die Umstände der Haft ausnahmsweise auf die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 5 Abs. 5 [X.] durchschlagen. Denn in einem solchen Fall ist die Haft generell nicht vollziehbar. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen lediglich die konkreten Haftbedingungen unzulässig sind. So wird etwa der Anwendungsbereich des Art. 5 [X.] im Fall menschenunwürdiger Haftbedingungen nicht berührt, selbst wenn die Haft unzulässig und der Betroffene in letzter Konsequenz zu entlassen wäre, weil und solange die Vollzugsanstalt auch unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten menschenwürdige Haftbedingungen nicht schaffen kann (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juli 2013, aaO Rn. 32).

Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/[X.] beziehungsweise § 62a [X.] betreffen im Sinne dieser Differenzierung lediglich den Vollzug der Haft. Zwar muss nach der Rechtsprechung des [X.] (z.B. Beschluss vom 25. Juli 2014 - [X.], [X.] 2014, 441) im Hinblick auf das Gebot einer möglichst wirksamen Anwendung des Unionsrechts (effet utile) der Haftrichter bereits die Anordnung von [X.] ablehnen, wenn absehbar ist, dass der Betroffene unionsrechtswidrig untergebracht wird. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich, soweit die nach § 62 [X.] angeordnete Abschiebehaft - wie hier im [X.]raum vom 3. bis 30. Oktober 2013 - in einer allgemeinen Justizvollzugsanstalt in einem von Untersuchungs- und Strafgefangenen getrennten Bereich vollzogen wird, im Sinne der Systematik der autonom auszulegenden Europäischen Menschenrechtskonvention und der [X.]srechtsprechung um keinen Fall des Art. 5 Abs. 5 [X.] handelt. Anders als bei fehlender [X.] war die Haft nicht grundsätzlich unzulässig, sondern hätte in einer speziellen Einrichtung, die es damals an diversen Stellen im [X.] gab, vollzogen werden können. Jedenfalls im Sinne des Art. 5 Abs. 5 [X.] begründen unzulässige Vollzugsbedingungen aber nur im ersteren Fall einen schadensersatzpflichtigen Konventionsverstoß ([X.] aaO).

3. [X.] gegen das beklagte Land macht der Kläger zu Recht nicht geltend.

Herrmann     

        

Seiters     

        

Liebert

        

Arend      

        

Böttcher      

        

Meta

III ZR 67/18

18.04.2019

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 15. März 2018, Az: 1 U 3473/17

Art 5 Abs 5 MRK, Art 16 Abs 1 EGRL 115/2008, Art 34 GG, Art 104 Abs 2 S 1 GG, § 839 Abs 2 S 1 BGB, § 62a AufenthG, § 422 Abs 3 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.04.2019, Az. III ZR 67/18 (REWIS RS 2019, 7948)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 1252-1253 NJW 2019, 2400 REWIS RS 2019, 7948


Verfahrensgang

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Az. III ZR 67/18

Bundesgerichtshof, III ZR 67/18, 18.04.2019.


Az. 1 U 3473/17

OLG München, 1 U 3473/17, 15.03.2018.


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