Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.07.2015, Az. VI ZR 372/14

6. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 8615

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Gegenstand

Bankenaufsicht: Schutzzweck der Erlaubnispflicht von Einlagengeschäften


Leitsatz

Die gemäß § 32 Abs. 1 KWG bestehende Erlaubnispflicht von Einlagengeschäften im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG bezweckt nicht zu verhindern, dass von dem Einlagenkonto aus durch den Bankkunden verlustbringende Anlagegeschäfte getätigt oder anderweitig geschlossene Verträge erfüllt werden, die nicht in den Verantwortungsbereich des Kreditinstituts fallen.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats in [X.] des [X.] vom 8. August 2014 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte mit der Behauptung auf Schadensersatz in Anspruch, sie habe ohne die erforderliche Erlaubnis im Inland Bankgeschäfte betrieben.

2

Der Kläger kam im März 2008 in [X.] mit dem selbständigen Finanzberater [X.] in Kontakt, der ihm die Kapitalanlage "Grand Slam" ("[X.]isch-[X.]isches Asset Management") empfahl. Grundlage dieser aus drei Komponenten bestehenden Kapitalanlage war ein bei einer [X.] Depotbank zu [X.], auf das die Anleger Gelder einzuzahlen hatten. Das Konto sollte von der in [X.] ansässigen [X.] verwaltet werden, während die ebenfalls in [X.] ansässige [X.] für die Serviceleistungen rund um die eigentliche Vermögensverwaltung zuständig sein sollte.

3

Bei der Beklagten handelt es sich um ein [X.] Finanzinstitut, das in [X.] keine Niederlassung, Zweigstelle oder Repräsentanz hat und über keine Erlaubnis der [X.] ([X.]) zur Erbringung von Bankgeschäften im Inland (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KWG) verfügt. Im Dezember 2006 vereinbarten sie und die [X.] zusammenzuarbeiten. Nach der getroffenen Vereinbarung sollte die [X.] alle oder einen Teil ihrer Kunden an die Beklagte vermitteln; die Beklagte sollte mit diesen Kunden Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen als konto- und depotführende Bank sowie betreffend Online Brokerage Dienstleistungen abschließen, wobei sie sich vorbehielt, eine Geschäftsbeziehung mit von der [X.] vermittelten Kunden ohne Nennung von Gründen abzulehnen. Die [X.], die nicht ermächtigt war, die Beklagte rechtsgeschäftlich zu vertreten, verpflichtete sich, die Kontoeröffnungsunterlagen vom Kunden beizubringen, vorzuprüfen und an die Beklagte weiterzuleiten.

4

Im Mai 2008 unterzeichnete der Kläger an seinem Wohnsitz in [X.] einen Vermögensverwaltungsvertrag mit der [X.] und einen Serviceauftrag mit der [X.]. Darin verpflichtete er sich zu einer Einmalzahlung von 20.000 € und zu monatlichen Ratenzahlungen von 150 €, jeweils zuzüglich 5% Agio. Zugleich unterzeichnete er einen an die Beklagte gerichteten Antrag auf Eröffnung eines Kontos und eines Wertschriftendepots, in dem eine Rechtswahlklausel für das [X.] Recht enthalten war. Der Vordruck der Beklagten, den sie der [X.] überlassen hatte, beinhaltete eine Verwaltungsvollmacht für Dritte, in die als Vermittlerin die [X.] eingetragen war. Im Juni 2008 erklärte die [X.] gegenüber dem Kläger die Annahme seines Antrags und erhob sogleich eine Vorabverwaltungsgebühr von 6.826,70 €. In der Folgezeit zahlte der Kläger insgesamt 23.657,50 € auf das bei der Beklagten eröffnete Konto.

5

Nachdem mit diesem Geld bis Ende 2009 keine Investitionen getätigt worden waren, zahlte die Beklagte auf Anforderung des [X.] hin das zu diesem Zeitpunkt nach Auszahlung von Verwaltungsgebühren ("Asset Management Fees") an die [X.] und die [X.] auf dem Konto ausgewiesene Restguthaben von 15.724,74 € an ihn zurück. Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die Differenz von 7.952,76 € (richtig: 7.932,76 €). Er ist der Auffassung, die Beklagte hätte für die Bankgeschäfte mit ihm einer Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedurft, weshalb sie ihm aus § 823 Abs. 2 BGB auf Schadensersatz hafte. Da die Initiative zur Kontoeröffnung von der Beklagten ausgegangen sei, sei kein Fall der passiven Dienstleistungsfreiheit gegeben. Die Beklagte habe eine vertragliche Verbindung mit der [X.] besessen, die jener gestattet habe, die Konten der Beklagten im Rahmen des Vertriebs der Kapitalanlage mitzuvertreiben. Deshalb müsse sie sich die Vertriebshandlungen der [X.] als eigene Vertriebshandlungen in [X.] zurechnen lassen.

6

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die Beklagte habe keine erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte im Inland betrieben. Ein Betreiben iSd § 32 Abs. 1 [X.] setze zwar weder einen inländischen Sitz des Instituts noch eine sonstige physische Präsenz im Inland voraus. Vielmehr genüge es, wenn dem ausländischen Institut zurechenbare Teilakte des Betreibens eines Bankgeschäftes im Inland stattfänden. Erforderlich und ausreichend sei dabei, dass wesentliche zum Vertragsschluss hinführende Schritte im Inland vorgenommen würden, was sowohl durch im Inland tätige Dritte als auch mittels Telekommunikationsmedien erfolgen könne. Beides sei jedoch nicht geschehen.

9

Der [X.] sei das Vorlegen der Formulare durch den selbständigen Finanzberater nicht als Teil des Betreibens eines eigenen Bankgeschäfts in [X.] zuzurechnen. Eine vertragliche Beziehung habe zwischen ihr und dem Finanzberater nicht bestanden. Der Finanzberater habe den Kläger auch nicht auf ihre Veranlassung hin im Inland kontaktiert.

Auch durch die Vereinbarung einer Zusammenarbeit mit der [X.] habe die Beklagte noch keine zu einem konkreten Vertragsschluss in [X.] führenden Schritte im Inland ergriffen. Durch das Angebot, bankgeschäftliche Dienstleistungen für die Kunden der [X.], namentlich den Online-Handel mit Wertpapieren und Wertrechten, zu erbringen, sei der Kreis der potentiellen Kunden nicht konkretisiert worden. Die Beklagte habe der [X.] keine Pflicht zur Vermittlung von Kunden auferlegt und keine Vorgaben hinsichtlich des potentiellen Kundenkreises gemacht. Zudem sei sie frei gewesen, eine Geschäftsverbindung mit von der [X.] vermittelten Kunden ohne Angabe von Gründen abzulehnen.

Dass die Beklagte der [X.] Vertragsformulare überlassen habe, um sie an ihre Kunden weiterzugeben, führe ebenfalls nicht zu einer Erlaubnispflicht. Sie habe keinen Einfluss auf die Auswahl der Kunden genommen. Insbesondere habe sie nicht veranlasst, dass die Formulare in die Hand des selbständigen Finanzberaters bzw. eines [X.] Vertriebsnetzes gelangt seien. Aus ihrer Sicht habe sie die konkreten Dienstleistungen als konto- und depotführende Bank aufgrund der eigenen Initiative des [X.] erbracht.

II.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.

1. Das Berufungsgericht hat die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (Senatsurteile vom 17. März 2015 - [X.], [X.], 819 Rn. 14; vom 24. Juni 2014 - [X.], [X.], 1614 Rn. 12; [X.], Urteile vom 1. März 2011 - [X.], [X.]Z 188, 373 Rn. 9; vom 11. Juli 2012 - [X.], [X.], 1237 Rn. 22; jeweils mwN) internationale Zuständigkeit infolge rügeloser Einlassung der [X.] zu Recht bejaht (Art. 24 Satz 1 iVm Art. 63 Abs. 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in [X.] am 30. Oktober 2007, [X.]. [X.] L 339 S. 3 [LuGÜ II]).

2. Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach [X.] Recht zu beurteilen ist.

a) Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] iVm Art. 31 f. [X.] unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Im Streitfall liegt der Handlungsort nach dem insoweit maßgeblichen Vortrag des [X.] in [X.]. Denn die von ihm behauptete unerlaubte Handlung der [X.], die die Schadensersatzpflicht begründen soll und ohne die der Kläger nach seinem Vortrag die Anlagebeträge nicht auf das bei der [X.] eröffnete Konto überwiesen hätte, ist das Erbringen von Bankgeschäften ohne Erlaubnis im Inland (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - [X.], [X.], 1614 Rn. 2 ff., 42; [X.], Urteile vom 8. Juni 2010 - [X.], [X.], 2025 Rn. 2 f., 6, 44 f.; vom 8. Februar 2011 - [X.], [X.], 650 Rn. 2 ff., 31; vom 3. Mai 2011 - [X.], [X.], 1465 Rn. 2 ff., 40).

b) Auf die im [X.] und [X.] enthaltene [X.] kann sich die Beklagte nicht berufen. Nach Art. 42 Satz 1 EG[X.] können die Parteien das Recht, dem ein außervertragliches Schuldverhältnis unterliegen soll, erst nach Eintritt des Ereignisses, durch das es entstanden ist, wählen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung liegt keine nachträgliche Rechtswahl vor. Denn das nach Ansicht des [X.] ihm gegenüber haftungsbegründende Verhalten der [X.] lag im Abschluss des [X.] und [X.], in dem die [X.] enthalten war, so dass diese nicht nach Eintritt des Ereignisses, durch das ein außervertragliches Schuldverhältnis iSd Art. 42 Satz 1 EG[X.] entstanden ist, sondern gleichzeitig vereinbart wurde.

c) Entgegen der Revisionserwiderung besteht auch keine wesentlich engere Verbindung zum Recht der [X.]. Nach Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EG[X.] kann sich zwar eine wesentlich engere Verbindung aus einer besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zwischen den Beteiligten im Zusammenhang mit dem Schuldverhältnis ergeben. Eine akzessorische Anknüpfung an den [X.] und Depotvertrag kommt jedoch nicht in Betracht. Denn die Sonderbeziehung muss bereits zum Zeitpunkt des [X.] bestehen und mit dem haftungsrechtlich relevanten Geschehen in sachlichem Zusammenhang stehen (Senatsurteile vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.]Z 190, 301 Rn. 15 und vom 23. März 2010 - [X.], [X.], 910 Rn. 13, jeweils mwN; [X.]/v. [X.], [X.], 2001, Art. 41 EG[X.] Rn. 11; [X.]OK [X.]/Spickhoff, Art. 41 EG[X.] Rn. 7 [Stand: 1. Februar 2013]; [X.]/[X.], 8. Aufl., Art. 41 EG[X.] Rn. 3; [X.][X.], 6. Aufl., Art. 41 EG[X.] Rn. 15; vgl. auch zu Art. 38 EG[X.] BT-Drucks. 14/343 S. 13). Daran fehlt es hier. Das haftungsbegründende Ereignis bestand - wie dargelegt - im Abschluss des [X.] und Depotvertrags, der nicht in den Vordergrund treten kann, wenn das deliktische Handeln der [X.] und die Begründung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien in einem Geschehen zusammen fallen (vgl. Senatsurteil vom 23. März 2010 - [X.], [X.], 910 Rn. 13).

3. Ob das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, dass die Beklagte kein nach § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.] erlaubnispflichtiges Bankgeschäft im Inland betrieben hat, kann im Streitfall offenbleiben. Denn die angefochtene Entscheidung stellt sich jedenfalls aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Selbst wenn die Bankgeschäfte der [X.] mit dem Kläger erlaubnispflichtig gewesen sein sollten, scheitert die Klage am fehlenden Schutzzweckzusammenhang.

a) Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.] bedarf der schriftlichen Erlaubnis der [X.] ([X.]), wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will.

aa) Die Beklagte hat gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] Bankgeschäfte in Form von Einlagengeschäften für den Kläger erbracht, indem sie dessen Gelder als Einlagen angenommen hat. Durch die Eröffnung eines Wertschriftendepots hat sie ferner [X.] iSd § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 [X.] erbracht, auch wenn noch keine Wertpapiere in das Depot eingeliefert waren (vgl. [X.], Urteil vom 7. Dezember 2004 - [X.], [X.]Z 161, 273, 277 f.; [X.]/[X.], [X.], Rn. 8/9).

bb) Die Frage, wann Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen im Inland betrieben werden, ist umstritten.

Nach dem institutsbezogenen Ansatz ist eine Erlaubnis nur erforderlich, wenn eine wie auch immer geartete physische Präsenz im Inland vorliegt ([X.], [X.], 899 f.; Ergenzinger in [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 32 Rn. 7 a. E.; [X.]/[X.], [X.], § 53 Rn. 1; Bähre/[X.], [X.], 3. Aufl., § 32 [X.]. 2 a. E., § 53 [X.]. 1; [X.], [X.], 1412, 1414; [X.]. in [X.], Aktuelle Entwicklungen des Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrechts, Band 7 [2005], [X.], 172 ff.; [X.], [X.] 1. § 32 [X.] 1.05; [X.]. in [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, [X.], 2. Aufl., § 53 Rn. 158 ff.; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 32 Rn. 14; v. [X.] in [X.]Scharpf/[X.]/[X.], [X.], § 32 Rn. 12; [X.], [X.], 745, 748 ff.; [X.]/[X.], [X.], 354, 364 f.; [X.], Erlaubnispflichten bei grenzüberschreitenden Bankgeschäften, [X.] ff., 182 ff.; [X.], Grenzüberschreitende Sachverhalte im Bankenaufsichtsrecht, [X.] ff., 161 f., 187 ff.; wi[X.]prüchlich [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 32 Rn. 51 [Stand: November 2006] einerseits, Rn. 54e [Stand: August 2009] andererseits), wobei dazu nach Ansicht mancher die Tätigkeit natürlicher Personen im Inland genügen soll ([X.] in [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, [X.], 4. Aufl., § 32 Rn. 16).

Wenn der Erbringer der Dienstleistung seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt - wie im Streitfall - im Ausland hat, werden nach dem markt- oder vertriebsbezogenen Ansatz, den die [X.] vertritt (Merkblatt vom 1. April 2005), Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen auch dann im Inland betrieben, wenn er sich im Inland zielgerichtet an den Markt wendet, um gegenüber Unternehmern oder Personen, die ihren Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wiederholt und geschäftsmäßig Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen anzubieten (der [X.] folgend etwa [X.], [X.] 2007, [X.], 392, 396 ff.; [X.], [X.] 2008, Nr. 139, 467, 469 f.; [X.] 2014, 785, 787; [X.], Urteil vom 16. Januar 2013 - 16 U 29/12, juris Rn. 60; [X.], [X.], 341, 345 ff.; [X.] 2004, 4299, 4305 ff.; [X.], 1917, 1919 ff.; [X.][X.], [X.], § 32 Rn. 6 a. E. [Stand: Oktober 2012], § 53 Rn. 3 [Stand: Juli 2013]; [X.] in [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, [X.], 4. Aufl., § 53 Rn. 174 f.; [X.] in [X.]/[X.], Strafrechtliche Nebengesetze, 195. EL 2013, § 32 [X.] Rn. 3; [X.], [X.] mit [X.] nach dem Gesetz über das Kreditwesen, [X.] ff.; [X.], [X.], 381, 383 ff.; [X.] in Schwintowski, Handbuch Energiehandel, 3. Aufl., Rn. 1396 ff.; dies., [X.], 1537, 1541 ff.; [X.], [X.], 117, 118 ff.; [X.], [X.] 2006, 691, 693; ebenso bereits [X.]., [X.], 162, 166, 168 f.).

Auch nach der Rechtsprechung des [X.] kann im Rahmen des Korrespondenzdienstleistungsverkehrs, bei dem nicht der Anbieter, sondern nur die Dienstleistung selbst die Grenze zum Inland überquert, ein Betreiben im Inland ohne inländischen Sitz oder sonstige physische Präsenz im Inland vorliegen. Dazu genügt, dass einem ausländischen Institut zurechenbare Teilakte des Betreibens eines Bankgeschäftes im Inland stattfinden. Erforderlich und ausreichend ist, dass wesentliche zum Vertragsschluss hinführende Schritte im Inland vorgenommen werden. Das kann sowohl durch im Inland tätige Dritte als auch mittels Telekommunikationsmedien geschehen (BVerwGE 133, 358 Rn. 36, 43; ihm folgend [X.], Urteil vom 30. Oktober 2013 - 20 [X.], juris Rn. 24; [X.], [X.], 553; [X.], [X.], 733 ff.; [X.]/[X.], 6. Aufl., Internationales Finanzmarktrecht Rn. 195; Müller-Grune in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 32 Rn. 46 [Stand: April 2015]).

b) Ob dem instituts- oder dem vertriebsbezogenen Ansatz zu folgen ist und ob sich die Beklagte gegebenenfalls zielgerichtet an den inländischen Markt gewendet hat oder ob wesentliche zum Vertragsschluss hinführende Schritte, die ihr zurechenbar sind, im Inland stattgefunden haben, kann im Streitfall offen bleiben. Selbst wenn man die Bankgeschäfte der [X.] als erlaubnispflichtig ansieht, folgt daraus dem Kläger gegenüber keine Schadensersatzpflicht aus § 823 Abs. 2 [X.] iVm § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Zwar ist § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.] Schutzgesetz iSd § 823 Abs. 2 [X.] zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 19. März 2013 - [X.], [X.]Z 197, 1 Rn. 11 mwN). Der Schaden, den der Kläger ersetzt verlangt, liegt jedoch außerhalb des Schutzzwecks dieser Norm (vgl. [X.]/Wagner, 6. Aufl., § 823 Rn. 371).

aa) In der Rechtsprechung des [X.] ist es anerkannt, dass die Schadensersatzplicht durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird. Eine Haftung besteht nur für diejenigen äquivalenten und adäquaten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen wurde (Senatsurteile vom 15. Mai 2012 - [X.], [X.], 1038 Rn. 33; vom 22. Mai 2012 - [X.], [X.], 905 Rn. 14; vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.], 599 Rn. 12; vgl. ferner Senatsurteil vom 20. Mai 2014 - [X.], [X.]Z 201, 263 Rn. 10; [X.], Urteile vom 11. Juni 2010 - [X.], NJW 2010, 2873 Rn. 24; vom 6. September 2012 - [X.], [X.], 68 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], 74. Aufl., vor § 249 Rn. 29 f. mwN). Der geltend gemachte Schaden muss in einem inneren Zusammenhang mit der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage stehen; ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang genügt nicht. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten (Senatsurteile vom 20. Mai 2014 - [X.], [X.]Z 201, 263 Rn. 10; vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.], 599 Rn. 12; vom 22. Mai 2012 - [X.], [X.], 905 Rn. 14; vom 20. September 1988 - [X.], [X.], 1273, 1274; [X.], Urteil vom 6. September 2012 - [X.], [X.], 68 Rn. 11; jeweils mwN). Hiernach sind Sinn und Tragweite der verletzten Norm zu untersuchen und zu klären, ob der geltend gemachte Schaden durch diese Norm verhütet werden sollte (Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.], 599 Rn. 12).

bb) In seiner zivilrechtlichen Bedeutung bezweckt § 32 Abs. 1 [X.] allgemein, Gläubiger unerlaubt handelnder Betreiber von Bankgeschäften vor [X.] zu bewahren, die durch die mangelnde Einhaltung bankaufsichtsrechtlicher Vorgaben verursacht werden (vgl. BT-Drucks. 3/1114, [X.]; Senatsurteil vom 5. Oktober 2010 - [X.], [X.]Z 187, 156 Rn. 25; [X.], [X.] 2007, [X.], 392, 397; [X.], NJW-RR 1992, 303, 304; [X.]/Liepe, [X.] § 823 [X.] 1.05; [X.] in [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, [X.], 4. Aufl., § 54 Rn. 2a; Rost, Der Verstoß gegen § 32 [X.] an der Schnittstelle von Bankaufsichtsrecht und Zivilrecht, S. 88, 89). Dieser allgemeine Schutzzweck wird durch die spezifischen Gründe, aufgrund derer die einzelnen Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen unter Erlaubnisvorbehalt gestellt wurden, konkretisiert.

cc) Im Streitfall bestünde eine Erlaubnispflicht der [X.] nicht hinsichtlich der von der [X.] mit dem Kläger vereinbarten Geschäfte, sondern ausschließlich hinsichtlich der von der [X.] selbst mit dem Kläger eingegangenen Einlagen- und [X.] iSd § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 5 [X.].

(1)Die Erlaubnispflicht von [X.]n iSd § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 [X.] bezweckt, den Gläubiger vor Vermögensnachteilen im Zusammenhang mit der Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren zu bewahren. Dass er solche Vermögensnachteile erlitten hätte, behauptet der Kläger nicht. Der von ihm geltend gemachte Vermögensverlust steht nicht im Zusammenhang mit der Verwahrung oder Verwaltung von Wertpapieren durch die Beklagte. Er liegt allein im Abfluss von Verwaltungsgebühren vom bei der [X.] geführten [X.] an die [X.] und die [X.] für deren (versprochene) Tätigkeit.

(2)Zweck der Erlaubnispflicht von Einlagengeschäften iSd § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] ist es sicherzustellen, dass die Kreditinstitute entsprechend § 11 Abs. 1 [X.] jederzeit eine ausreichende Zahlungsbereitschaft (Liquidität) gewährleisten (vgl. Senatsurteile vom 19. März 2013 - [X.], [X.]Z 197, 1 Rn. 31; vom 11. Juli 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1713 Rn. 25 und [X.], [X.]/[X.] 2006, 302, 304; [X.], [X.], 96, 98 f.; Rost, aaO, [X.], 89; auch [X.], [X.], 1066, 1068, 1069). Das Publikum soll vor Verlusten gerade durch die Einlage beim erlaubnispflichtigen Kreditinstitut bewahrt werden (Bähre/[X.], [X.], 3. Aufl., § 1 [X.]. 7; [X.], [X.], 903; ferner [X.], Urteil vom 9. März 1995 - [X.], [X.]Z 129, 90, 96; Beschluss vom 9. Februar 2011 - 5 StR 563/10, [X.], 410, 411; [X.], Urteil vom 20. Februar 1980 - [X.] 13.77, juris Rn. 13; [X.], [X.], 368, 369; Horn, [X.] 1976, 435, 441; [X.] in [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, [X.], 4. Aufl. § 1 Rn. 33; [X.], [X.], 1640, 1645; vgl. auch BT-Drucks. 3/1114, [X.]; [X.], [X.], 1066, 1069). Die Erlaubnispflicht von Einlagengeschäften bezweckt hingegen nicht zu verhindern, dass von dem [X.] aus durch den Bankkunden verlustbringende [X.] getätigt oder anderweitig geschlossene Verträge erfüllt werden, die nicht in den Verantwortungsbereich des Kreditinstituts fallen (vgl. Senatsurteil vom 15. Mai 2012 - [X.], [X.], 1038 Rn. 33; [X.], [X.], 325, 331; [X.] in [X.]/[X.]/Schulte-Mattler, [X.], 4. Aufl., § 54 Rn. 2a; vgl. auch [X.], [X.], 1765, 1769).

Danach kommt eine Haftung der [X.] auch im Hinblick auf das von dieser für den Kläger geführte Einlagengeschäft nicht in Betracht. Der Vermögensverlust ist nicht deshalb eingetreten, weil der Kläger seine Einlage mangels Liquidität der [X.] nicht zurückerhalten hätte (zu dieser Konstellation Senatsurteile vom 19. März 2013 - [X.], [X.]Z 197, 1 Rn. 31; vom 11. Juli 2006 - [X.], [X.], 1374 Rn. 27; [X.], NJW-RR 2006, 1713 Rn. 25 und [X.], [X.]/[X.] 2006, 302, 304), sondern deshalb, weil die [X.] bzw. die [X.] aufgrund des - jeweils von der unterstellten Erlaubnispflicht des Einlagengeschäfts der [X.] unabhängigen - Vermögensverwaltungsvertrags und des [X.] von diesem Konto Verwaltungsgebühren einzogen. Diese Zahlungen des [X.] stehen in keinem inneren Zusammenhang mit der Einlage gerade bei der [X.], sondern hätten genauso gut über ein Konto bei einer Bank getätigt werden können, die über eine Erlaubnis der [X.] verfügt (vgl. Wolf, [X.], 154744; Rost, Der Verstoß gegen § 32 [X.] an der Schnittstelle von Bankaufsichtsrecht und Zivilrecht, S. 88, 89 f.). Eine größere Sicherheit im Hinblick auf das mit Dritten getätigte Anlagegeschäft wäre damit nicht verbunden gewesen (dazu Senatsurteil vom 5. Mai 1964 - [X.], [X.], 670; [X.], [X.], 44; [X.]/[X.], [X.], 74. Aufl., § 823 Rn. 59). Dass der Verlust eingetreten ist, beruht damit auf einer eigenwirtschaftlichen bewussten Entscheidung des [X.], die nicht von der [X.] veranlasst und durch die ein dem Kläger zuzurechnender eigenständiger Risikobereich eröffnet wurde (vgl. [X.], [X.], 325, 331; [X.], Urteil vom 20. Juni 2007 - 8 U 328/07, juris Rn. 54 - insoweit nicht abgedruckt in [X.] 2007, [X.], 392, wo der Erwerb veranlasst wurde).

dd) Der erforderliche Schutzzweckzusammenhang fehlt unabhängig vom Vortrag des [X.], er hätte die Verträge mit der [X.] und der [X.] nicht abgeschlossen, wenn er um die unterstellt fehlende Erlaubnis gewusst hätte. In diesem Fall wären die Verluste zwar nicht eingetreten, so dass die unterstellte Pflichtverletzung der [X.] kausal im Sinne der Äquivalenztheorie gewesen wäre. Gleichwohl fehlte der spezifische Zusammenhang, um dessentwegen die Erlaubnispflicht besteht. Dem steht nicht entgegen, dass der [X.] wiederholt, ohne den Schutzzweckzusammenhang zu erwähnen, ausgesprochen hat, der Verstoß gegen § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.] sei schadensursächlich, da das verlustreiche Anlagegeschäft so nicht zustande gekommen wäre, wenn der Erlaubnispflichtige von den mangels Erlaubnis verbotenen Finanzdienstleistungen abgesehen hätte (Senatsurteil vom 23. November 2010 - [X.], [X.], 216 Rn. 21; [X.], Urteil vom 21. April 2005 - [X.], [X.], 1394, 1395 f.; ebenso [X.], Urteil vom 16. Januar 2013 - 16 U 29/12, juris Rn. 93 f.; vgl. auch [X.], Urteil vom 5. Dezember 2013 - [X.], NJW-RR 2014, 307 Rn. 20). Denn in jenen Fällen ging es um schutzgesetzwidrig erbrachte Finanzdienstleistungen in Form der Anlagevermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 [X.]), Anlageberatung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a [X.]) oder Drittstaateneinlagenvermittlung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 [X.]), die Schäden bewirkten, vor denen die Anleger durch die Erlaubnispflicht gerade geschützt werden sollten. Im Streitfall bestand die unterstellte Erlaubnispflicht hingegen nicht, um den Kläger vor verlustbringenden [X.]n mit Dritten zu schützen.

[X.]

                 [X.]                              [X.]

Meta

VI ZR 372/14

07.07.2015

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 8. August 2014, Az: 4 U 3/14

§ 823 Abs 2 BGB, § 1 Abs 1 S 2 Nr 1 KredWG, § 1 Abs 1 S 2 Nr 5 KredWG, § 32 Abs 1 KredWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.07.2015, Az. VI ZR 372/14 (REWIS RS 2015, 8615)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 8615

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 303/09 (Bundesgerichtshof)

Schutzgesetzverletzung: Erlaubnispflichtige gewerbsmäßige Finanzportfolioverwaltung


VI ZR 166/11 (Bundesgerichtshof)


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