Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 06.10.2016, Az. 1 BvR 292/16

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2016, 4427

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ÖFFENTLICHES RECHT BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) SOZIALRECHT BERUFSFREIHEIT GESETZGEBUNGSKOMPETENZ KRANKENKASSEN KRANKENHÄUSER PARLAMENTSVORBEHALT

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Darlegung der Beschwerdebefugnis (hier: gegenwärtige Betroffenheit) kann ggf auch bei Urteilsverfassungsbeschwerden geboten sein - sowie zu den Darlegungsanforderungen bei der Rüge einer Verletzung von Art 101 Abs 1 S 2 GG durch "systematische" Tatsachenfeststellungen seitens des Revisionsgerichts - hier: Mindestmengenfestlegungen des G-BA für "Level-1-Geburten" - teils unzureichende Darlegung der Beschwerdebefugnis kommunaler Krankenhäuser - iÜ gegenwärtige Verletzung der Berufsfreiheit sowie des Art 101 Abs 1 S 2 GG nicht hinreichend dargelegt


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die [X.]beschwerde betrifft die Einführung einer Mindestmenge von [X.] als Mittel der Qualitätssicherung bei der Krankenhausbehandlung von Früh- und Neugeborenen mit höchstem Risiko auf der Grundlage des [X.] ([X.]) - Gesetzliche Krankenversicherung - und einer Richtlinie des Gemeinsamen [X.]es.

2

1. a) Zur Qualitätssicherung bei der Krankenhausbehandlung kann der gemäß § 91 [X.] konstituierte Gemeinsame [X.] grundsätzlich einheitlich für alle Patienten im [X.] Regelungen erlassen. Unter anderem fasste er nach der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Gesetzesfassung Beschlüsse über einen Katalog planbarer Leistungen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses in besonderem Maße von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist, sowie über Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Krankenhaus und Ausnahmetatbestände hierzu (so § 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.] in der seit 25. März 2009 geltenden und auf das Gesetz zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem [X.] vom 17. März 2009 zurückgehenden Fassung ; ähnlich heute § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]).

3

Auf Grund einer durch das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung ([X.] - KHSG) vom 10. Dezember 2015 ([X.]) zum 1. Januar 2016 bewirkten Neuregelung soll der Gemeinsame [X.] dabei Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen vorsehen, um unbillige Härten insbesondere bei nachgewiesener, hoher Qualität unterhalb der festgelegten Mindestmenge zu vermeiden (§ 136b Abs. 3 Satz 1 [X.]). Noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] im Ausgangsverfahren war eine entsprechende Vorgabe gesetzlich nicht festgeschrieben.

4

Die Beschlüsse des Gemeinsamen [X.]es zur Qualitätssicherung sind für die zugelassenen Krankenhäuser unmittelbar verbindlich (§ 136b Abs. 2 Satz 1 [X.], bis 31. Dezember 2015: § 137 Abs. 3 Satz 6 [X.] a.F.). Wird die festgelegte Mindestmenge voraussichtlich nicht erreicht, dürfen die Krankenhäuser entsprechende Leistungen nicht bewirken (§ 136b Abs. 4 Satz 1 [X.]; früher: § 137 Abs. 3 Satz 2 [X.] a.F.). Tun sie es dennoch, steht ihnen kein Vergütungsanspruch zu (§ 136b Abs. 4 Satz 2 [X.]; in dieser Form bis zur Neuregelung durch das [X.] im Gesetz nicht ausdrücklich festgeschrieben).

5

Die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde kann allerdings auf Antrag eines Krankenhauses Leistungen bestimmen, bei denen die Mindestmengenfestlegung die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung gefährden könnte (§ 136b Abs. 5 Satz 1 [X.]; früher: § 137 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 [X.] a.F.). Das Erbringungsverbot und der Wegfall des Vergütungsanspruchs greifen dann nach einer entsprechenden Entscheidung der Landesbehörde nicht ein (§ 136b Abs. 5 Satz 2 [X.]; früher: § 137 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 [X.] a.F.).

6

b) Hinsichtlich der Qualitätssicherung bei Risikogeburten beschloss der Gemeinsame [X.] zunächst mit Wirkung zum 1. Januar 2006 nur qualitative Anforderungen durch die "Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen" (BAnz 2005 S. 15684; seit 1. Januar 2014 trägt diese die Bezeichnung "Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene"). Nach dem darin vorgesehenen Konzept neonatologischer Versorgung sind nur Perinatalzentren des Level 1 für die Krankenhausbehandlung von Früh- und Neugeborenen mit höchstem Risiko (insbesondere für Frühgeborene mit einem geschätzten Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm oder einem Gestationsalter von weniger als der 29. Schwangerschaftswoche) zuständig.

7

Erst mit Wirkung ab 1. Januar 2010 legte der Gemeinsame [X.] auf der Grundlage eines vom [X.] im Gesundheitswesen erstellten Berichts für Level-1-Zentren eine Mindestmenge von 14 [X.] pro Jahr fest (Beschluss vom 20. August 2009, BAnz 2009 S. 4450; die streitige Festlegung findet sich in Anlage 1 Nr. 8 der damals noch als "Vereinbarung des Gemeinsamen [X.]es gemäß § 137 Absatz 1 Satz 3 Nr. 3 des [X.] für nach § 108 [X.] zugelassene Krankenhäuser [Mindestmengenvereinbarung]", vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2015 als "Regelungen des Gemeinsamen [X.]es gemäß § 137 Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 [X.] für nach § 108 [X.] zugelassene Krankenhäuser [Mindestmengenregelungen, Mm-R]" und heute als "Regelungen des Gemeinsamen [X.]es gemäß § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 [X.] für nach § 108 [X.] zugelassene Krankenhäuser [Mindestmengenregelungen, Mm-R]" bezeichneten untergesetzlichen Norm).

8

2. Die Beschwerdeführer sind Betreiber von Krankenhäusern mit Level-1-Perinatalzentren, die teils in kirchlicher, teils in kommunaler Trägerschaft stehen. Sie erhoben im Jahr 2010 Klage zum [X.] mit dem Begehren, das Gericht möge die Nichtigkeit der Mindestmengenfestsetzung feststellen. Das [X.] wies die Klagen mit Urteil vom 16. Januar 2015 ab. Die Revision der Beschwerdeführer blieb erfolglos. Zur Begründung führte das [X.] im Urteil vom 17. November 2015 aus, die Normenfeststellungsklage sei zwar zulässig, da die Beschwerdeführer durch die Festsetzung der Mindestmenge beschwert sein könnten. Die Prognose, dass sie auch unter Berücksichtigung möglicher größerer Schwankungen im Behandlungsaufkommen voraussichtlich die Mindestmenge von 14 [X.] auch in Zukunft verlässlich erreichten, sei aufgrund ihrer bislang erbrachten Leistungen nicht hinreichend sicher. Das [X.] habe jedoch zu Recht festgestellt, dass der für den Erlass einer entsprechenden untergesetzlichen Norm hinreichend demokratisch legitimierte Gemeinsame [X.] die Mindestmenge 14 rechtmäßig festgesetzt habe. (Grund-)Rechte der Beschwerdeführer würden dadurch nicht verletzt. Die Abwägung der Interessen der Krankenhäuser, uneingeschränkt [X.] zu versorgen, mit dem Interesse an einer besseren Versorgungsqualität für Patienten ergebe einen eindeutigen Vorrang der Qualitätssicherung.

9

3. Mit ihrer [X.]beschwerde rügen die Beschwerdeführer insbesondere die Verletzung von Art. 12 Abs. 1 [X.] sowie von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.].

a) Hinsichtlich ihrer Grundrechtsfähigkeit berufen sich die Beschwerdeführer zu 1., 2. und 8. darauf, dass ihre Träger oder Gesellschafter Einrichtungen von Religionsgemeinschaften seien, sie also nicht im staatlichen Bereich wurzelten. Die übrigen Beschwerdeführer machen geltend, ihre Träger oder Gesellschafter seien zwar Kreise oder Gemeinden; in der vorliegenden Konstellation spreche dies jedoch nicht gegen ihre Berechtigung, sich auf die Grundrechte und namentlich auf Art. 12 Abs. 1 [X.] zu berufen, insbesondere da sie im Wettbewerb mit privaten Kliniken ständen. Sämtliche Beschwerdeführer könnten sich jedenfalls auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] berufen.

b) Die Mindestmengenfestlegung stelle eine objektive Berufszulassungsregelung, letztlich sogar eine Kontingentierung dar. Selbst wenn man sie aber lediglich als Regelung der Berufsausübung betrachten müsste, wäre sie verfassungswidrig, da eine Verbesserung der Versorgungsqualität durch die Regelung nicht hinreichend belegt, jedenfalls aber durch andere, weniger belastende Maßnahmen der Qualitätssteuerung erreichbar sei. Zumindest für Krankenhausbetreiber, die bereits bisher neonatologische Abteilungen geführt hätten, sei die Regelung angesichts der von ihnen getätigten personellen und finanziellen Aufwendungen unzumutbar, wobei in diesem Zusammenhang die strikte Ablehnung des [X.] gegenüber sachlich begründeten Ausnahmebestimmungen nicht verständlich sei. Auch fehle dem Gemeinsamen [X.] die [X.] Legitimation für die Beschlussfassung über die Mindestmenge. Dessen Normsetzungskompetenz verstoße gegen Art. 20 Abs. 2 [X.] und Art. 80 Abs. 1 [X.].

Weiter sei das Recht auf [X.] (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.]) verletzt, weil das [X.] systematisch und damit willkürlich unter Verstoß gegen § 163 Sozialgerichtsgesetz ([X.]) zwischen den Beteiligten streitige Tatsachen selbst festgestellt, insbesondere im Revisionsverfahren von den Beteiligten vorgelegte Gutachten gewürdigt habe. Eine Rechtfertigung dafür, insbesondere im Hinblick auf die Befugnis zur Feststellung sogenannter genereller Tatsachen, bestehe nicht. Zudem habe der entscheidende 1. Senat des [X.] das Verfahren nach § 41 [X.] dem [X.] vorlegen müssen, da er von einem Urteil eines anderen Senats abgewichen sei, ohne dass nachvollziehbar wäre, dass er für die sich stellenden Fragen nunmehr allein zuständig sei. Auch das [X.] habe gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.] verstoßen, weil es keine eigenen Tatsachenfeststellungen getroffen, sondern nur Ausführung des [X.] in einer vorangegangenen Entscheidung übernommen habe, wobei dieses auch dort zur Tatsachenfeststellung nicht befugt gewesen sei.

Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 [X.] für die [X.]beschwerde liegen nicht vor. Sie ist vielmehr unzulässig, weil ihre Begründung nicht entsprechend den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] substantiiert und schlüssig die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten aufzeigt.

1. Die Auslegung des von den Beschwerdeführern gestellten Antrags ergibt, dass auch der Beschluss vom 20. August 2009, soweit der Gemeinsame [X.] hierdurch für Level-1-Perinatalzentren eine Mindestmenge von 14 entsprechenden Geburten jährlich festgesetzt hat, als mit der [X.]beschwerde angegriffen anzusehen ist. Die Beschwerdeführer wenden sich nämlich keineswegs nur gegen die Auslegung und Anwendung der vom Gemeinsamen [X.] erlassenen Mindestmengenregelung für Level-1-Perinatalzentren durch das [X.] und das [X.], sondern halten, wie aus ihrem gesamten Vorbringen ersichtlich wird, auch und vor allem die Festsetzung einer Mindestmenge selbst für verfassungswidrig.

2. Die Beschwerdeführer haben, soweit es nicht um den behaupteten Verstoß gegen das Recht auf [X.] geht, nicht hinreichend konkret dargetan, dass sie beschwerdebefugt im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.] und § 90 Abs. 1 [X.] sind.

a) Für die Beschwerdeführer zu 3. bis 7. und 9. ergibt sich die fehlende Beschwerdebefugnis - jedenfalls soweit nicht Prozessgrundrechte betroffen sind - bereits daraus, dass sie in kommunaler Trägerschaft stehen (vgl. zur fehlenden Grundrechtsfähigkeit von Unternehmen, die sich überwiegend in öffentlicher Hand befinden, [X.] 45, 63 <79 f.>; stRspr). Dabei besteht kein Unterschied zwischen Unternehmen unmittelbar in staatlicher Hand und solchen in kommunaler Trägerschaft (vgl. [X.] 45, 63 <78 ff.>; 61, 82 <100 f.>). Die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Argumente, insbesondere der Hinweis auf den gesetzlich vorgesehenen Wettbewerb mit privaten Krankenhäusern, bieten keinen Anlass, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen.

b) Vor allem aber ist nicht hinreichend dargetan, dass die Beschwerdeführer durch die Festsetzung der Mindestmenge von jährlich 14 [X.] und die gerichtliche Ablehnung, die Nichtigkeit dieser Regelung festzustellen, gegenwärtig in ihren materiellen Grundrechten verletzt sein könnten.

aa) Zur Zulässigkeit der [X.]beschwerde gehört auch, dass die Beschwerdeführer ihre gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit in eigenen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten ausreichend darlegen (vgl. [X.] 79, 1 <14 f.>; 123, 267 <329>). Gegenwärtig ist die Betroffenheit, wenn die angegriffene Vorschrift auf die Rechtsstellung der Beschwerdeführer aktuell und nicht nur virtuell einwirkt, wenn die Norm ihre Adressaten mit Blick auf ihre künftig eintretenden Wirkungen zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder wenn klar abzusehen ist, dass und wie die Beschwerdeführer in der Zukunft von der Regelung betroffen sein werden (vgl. [X.] 102, 197 <206 f.>; 114, 258 <277>). Allein die vage Aussicht, dass einer der Beschwerdeführer irgendwann einmal in Zukunft von der Norm und ihren Auswirkungen betroffen sein könnte, genügt hingegen nicht (vgl. [X.] 1, 97 <102 ff.>; 114, 258 <277>).

Dabei ist diese vom [X.] insbesondere für die sogenannte Rechtssatzverfassungsbeschwerde formulierte Anforderung jedenfalls dann auch für gegen gerichtliche Entscheidungen gerichtete [X.]beschwerden von maßgeblicher Bedeutung, wenn die angegriffenen Entscheidungen unmittelbar die Prüfung einer abstrakten Regelung zum Gegenstand haben, wie das hier bei der vom [X.] zutreffend als Normenfeststellungsklage bezeichneten Klage der Fall ist (vgl. [X.] 79, 174 <187 f.> zu einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle nach § 47 VwGO).

Da das [X.] über die Zulässigkeit der [X.]beschwerde zwingend selbst zu entscheiden hat, ist dieses Erfordernis auch nicht deswegen als erfüllt anzusehen, weil in den angegriffenen Entscheidungen die Klagebefugnis bejaht worden und eine Sachentscheidung ergangen ist.

bb) Nachdem die Beschwerdeführer nicht geltend gemacht haben, dass sie durch die Mindestmengenfestsetzung bislang einen konkreten Nachteil erlitten hätten, hätten sie daher substantiiert darlegen müssen, dass auf Grund der Zahl der von ihnen betreuten [X.] und deren Entwicklung klar absehbar ist, dass sie von der angegriffenen Regelung nachteilig betroffen sein werden. Sie haben diesbezüglich jedoch nur ohne nähere Darlegung in der Darstellung des fachgerichtlichen Prozessverlaufs auf die in einem Urteil des [X.]s zu einem abgetrennten [X.] wiedergegebenen Fallzahlen ab 2006 verwiesen, aus denen sich deren Schwankungsbreite ergebe. Allerdings reichen diese nur bis ins Jahr 2010 (hochgerechnet bis 2011) und sind deswegen für die aktuelle Situation nicht aussagekräftig. Weiter haben die Beschwerdeführer auf eine im Revisionsverfahren eingereichte Anlage verwiesen. Dort sind jedoch nur Durchschnittsfallzahlen für den Zeitraum von 2010 bis 2014 und bei einigen Krankenhäusern einzelne Jahreszahlen aus diesem Zeitraum oder früher angegeben; das reicht zur hinreichenden Substantiierung nicht aus. Alle beschwerdeführenden Kliniken in kirchlicher Trägerschaft weisen sogar Fallzahlen von im Schnitt über 20 [X.] jährlich aus, so dass jedenfalls für diese Beschwerdeführer in Ermangelung näherer Darlegungen nicht nachvollziehbar ist, ob und welcher Beschwerdeführer ein Absinken der [X.] auf unter 14 pro Jahr konkret zu befürchten hätte.

cc) Zudem fehlt es im Rahmen der Begründung der [X.]beschwerde an einer Auseinandersetzung mit dem Gesichtspunkt, dass nach § 137 Abs. 3 Satz 3 [X.] a.F. (heute: § 136b Abs. 5 Satz 1 und 2 [X.]) die für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden Leistungen bestimmen können, bei denen die Anwendung der Mindestmengenregelung die Sicherstellung der Versorgung gefährden könnte, und dass sie auf dieser Grundlage das Erbringungsverbot für nicht anwendbar erklären können. Ob dies bei einem oder mehreren Beschwerdeführern, insbesondere bei denen, die in kirchlicher Trägerschaft stehen, inzwischen geschehen oder geplant ist oder ob umgekehrt die jeweils zuständige Landesbehörde entsprechenden Überlegungen oder förmlichen Anträgen eine Absage erteilt hat, ist der [X.]beschwerde nicht zu entnehmen; auch unter diesem Gesichtspunkt ist nicht erkennbar, ob und bei welchem Beschwerdeführer eine gegenwärtige Beschwer vorliegt.

dd) Schließlich geht die [X.]beschwerde nicht darauf ein, dass zwischenzeitlich in § 136b Abs. 3 Satz 1 [X.] ausdrücklich vorgesehen ist, dass der Gemeinsame [X.] bei den Mindestmengenfestlegungen Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen vorsehen soll, um unbillige Härten insbesondere bei nachgewiesener, hoher Qualität unterhalb der festgelegten Mindestmenge zu vermeiden. Diese Regelung dient nach der Gesetzesbegründung (vgl. [X.] 277/15, [X.] f.) gerade dazu, grundrechtsrelevante Erwerbsinteressen der Krankenhäuser angemessen zu schützen. Es ist zwar nicht ersichtlich, dass die Mindestmengenregelungen bereits entsprechend geändert worden wären. Dennoch wäre eine Auseinandersetzung mit dieser Neuregelung und ihren möglichen Auswirkungen (auch auf den Umfang der Bindungswirkung der angegriffenen Entscheidungen) notwendig gewesen; dies gilt umso mehr, als die bisherige, nunmehr aber in nicht unerheblichem Maße zu Gunsten der Krankenhäuser geänderte Rechtslage offenbar nicht zu konkret nachteiligen Folgen für die Beschwerdeführer geführt hat.

Nach allem ist eine Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Argumenten der Beschwerdeführer, vor allem mit den durchaus gewichtigen Zweifeln an der [X.]n Legitimation des Gemeinsamen [X.]es als Institution nicht veranlasst (vgl. dazu [X.], Beschluss des [X.] vom 10. November 2015 - 1 BvR 2056/12 -, NJW 2016, S. 1505 <1507>).

c) Eine Verletzung im grundrechtsgleichen Recht auf [X.] (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.]) durch die angegriffenen Entscheidungen ist nicht hinreichend substantiiert dargetan, obwohl insoweit die gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführer nicht in Zweifel steht.

aa) Die Beschwerdeführer machen nicht unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des [X.]s deutlich, warum in der Feststellung von Tatsachen, konkret der Auswertung der von den Beteiligten im Revisionsverfahren vorgelegten Gutachten, durch das [X.] nicht nur möglicherweise ein Verfahrensverstoß, sondern zugleich ein Verstoß gegen das Recht auf [X.] liegen soll.

Sie verweisen hierzu darauf, die fehlende "Zurückhaltung" des [X.] bei der Tatsachenfeststellung erfolge systematisch; um generelle Tatsachen, die das Revisionsgericht zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung anerkanntermaßen selbst feststellen kann, sei es nicht gegangen. Dabei setzen sie sich aber weder näher mit dem Begriff der generellen Tatsache noch unter Auswertung der Rechtsprechung des [X.]s damit auseinander, warum - eine unzulässige Tatsachenfeststellung des [X.] in dieser Frage unterstellt - im konkreten Fall die [X.] überschritten sein könnte (vgl. zur Abgrenzung eines bloßen error in procedendo zu einem Verstoß gegen [X.] z.B. [X.] 3, 359 <364 f.>; 82, 159 <194>; 87, 282 <284 f.>; 138, 64 <87 f.>). Die nicht näher belegte Behauptung, das [X.] handele dabei systematisch, ist hierfür nicht ausreichend. Auch zwingt der Umstand, dass im Rahmen eines Feststellungsverfahrens wie dem hiesigen auf Grund der Zuständigkeitskonzentration aus § 29 Abs. 4 Nr. 3 [X.] als Vorinstanz nur das [X.] in Betracht kommt, von [X.] wegen nicht dazu, den Begriff der generellen Tatsache anders auszulegen als üblich.

bb) Ebenso ist die Rüge, ein Verstoß gegen das Recht auf [X.] ergebe sich aus der fehlenden Vorlage an den [X.] des [X.], nicht hinreichend substantiiert.

cc) Schließlich ist der Vorwurf, das [X.] habe gegen das Recht auf [X.] verstoßen, nicht hinreichend substantiiert dargetan. Die Beschwerdeführer kritisieren diesbezüglich, das [X.] habe keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern "allenfalls Passagen" aus einem früheren Urteil des [X.] "wörtlich oder in indirekter Rede zitiert", wobei es sich wiederum um unzulässige Tatsachenfeststellungen des [X.] gehandelt habe. Ein Verfahrensfehler von verfassungsrechtlicher Relevanz ist damit nicht dargetan, denn die Beschwerdeführer haben nicht ausgeführt, welche Feststellungen das [X.] noch hätte treffen müssen und warum die erkennbar billigende Übernahme von Ausführungen des [X.] hierzu nicht ausreichen konnte. Warum ein möglicher Verfahrensfehler des [X.] im früheren Verfahren dazu führen müsste, dass mit der Übernahme dort aufgeführter Argumente zwingend auch ein verfassungsrechtlich relevanter Verfahrensverstoß des [X.]s vorläge, haben die Beschwerdeführer nicht aufgezeigt.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 292/16

06.10.2016

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BSG, 17. November 2015, Az: B 1 KR 15/15 R, Urteil

Art 12 Abs 1 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 90 Abs 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Anl 1 Nr 8 MmR vom 20.08.2009, § 91 Abs 1 SGB 5, § 91 Abs 6 SGB 5, § 136b Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 5 vom 10.12.2015, § 136b Abs 2 S 1 SGB 5 vom 10.12.2015, § 136b Abs 3 S 1 SGB 5 vom 10.12.2015, § 136b Abs 5 S 1 SGB 5 vom 10.12.2015, § 137 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 5 vom 17.03.2009, § 137 Abs 3 S 2 SGB 5 vom 26.03.2007, § 137c Abs 3 SGB 5 vom 16.07.2015

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 06.10.2016, Az. 1 BvR 292/16 (REWIS RS 2016, 4427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4427

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 1 KR 15/15 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankenhaus - Planbarkeit von Krankenhausleistungen - Rechtmäßigkeit der Mindestmenge von jährlich 14 zu …


B 1 KR 34/12 R (Bundessozialgericht)

Krankenversicherung - Krankenhaus - Planbarkeit von Krankenhausleistungen iS der gesetzlichen Mindestmengenregelung - Festsetzung der Erhöhung …


B 3 KR 17/12 R (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Streitwertfestsetzung - Klage eines Krankenhausträgers gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss wegen Mindestmengenfestsetzung - …


B 1 KR 15/22 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Prozessurteil statt Sachurteil - Darlegung - Feststellungsklage gegen …


M 9 K 16.3579 (VG München)

Sicherstellungszuschlag für medizinische Versorgung (hier: Gynäkologie und Geburtshilfe)


Referenzen
Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.