Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 08.12.2020, Az. 1 BvR 149/16

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2020, 3167

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) HAFT MENSCHENWÜRDE GRUNDRECHTE STRAFVOLLZUG BAYERN

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Gegenstand

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Versagung von Prozesskostenhilfe für Amtshaftungsklage wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen trotz insoweit ungeklärter Rechtsfragen verletzt Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit - Gegenstandswertfestsetzung


Tenor

1. Der Beschluss des [X.] vom 7. September 2015 - 023 O 2481/15 - und der Beschluss des [X.] vom 16. Dezember 2015 - 1 W 2215/15 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und werden aufgehoben.

2. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Der [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

5. [X.] wird auf 25.000 Euro (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zurückweisung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Amtshaftungsklage gegen den [X.] wegen menschenunwürdiger Unterbringung in Untersuchungshaft.

2

1. Der Beschwerdeführer befand sich in der [X.] vom 1. Januar 2012 bis zum 22. November 2012 in der [X.] in Untersuchungshaft. Mit Ausnahme der [X.]räume vom 6. bis 11. Januar 2012 und vom 11. bis 24. Juli 2012 war er in zwei identisch beschaffenen jeweils doppelt belegten Hafträumen der Station [X.] untergebracht. Mit der Gemeinschaftsunterbringung hatte er sich bei Haftantritt schriftlich einverstanden erklärt. Beide Hafträume wiesen eine Gesamtgrundfläche von knapp 7,8 m

3

Mit Schriftsatz an das [X.] vom 17. Juli 2015 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und übersandte einen Klageentwurf für eine Amtshaftungsklage gegen den [X.]. [X.]r machte geltend, in der Untersuchungshaft unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht gewesen zu sein, und monierte unter anderem den Verlust jeglicher Privatsphäre und unzumutbare Belastungen durch den langen [X.]inschluss in einem unzumutbar kleinen Haftraum.

4

2. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. September 2015 verweigerte das [X.] dem Beschwerdeführer die Prozesskostenhilfe. Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf [X.]rfolg. [X.]in Amtshaftungsanspruch des Beschwerdeführers scheide aus, da der Beschwerdeführer einer gemeinsamen Unterbringung mit einem weiteren Gefangenen zugestimmt und während der Haftzeit keinen schriftlichen, unbedingten Antrag auf Verlegung in einen [X.]inzelhaftraum gestellt habe. [X.]ine solche Verlegung in einen der Hafträume der Station [X.] der Justizvollzugsanstalt sei kurzfristig möglich gewesen. Aus Parallelverfahren wisse das Gericht, dass die Justizvollzugsanstalt für die Problematik der menschenunwürdigen Unterbringung sensibilisiert sei. [X.]ine Unterbringung in einem [X.]inzelhaftraum der Station [X.] wäre auch nicht menschenunwürdig gewesen. Dass in den [X.]inzelhafträumen der Station [X.] die Toilette räumlich nicht vom Rest des [X.] getrennt ist, berühre die Intimsphäre des Beschwerdeführers wegen der [X.]inzelbelegung nicht, insbesondere weil es ihm freistehe, den Haftraum seinen Bedürfnissen entsprechend zu belüften. In die Gefahren des Passivrauchens habe der Beschwerdeführer eingewilligt, weil er mit einer gemeinsamen Unterbringung einverstanden gewesen sei.

5

3. Mit Schriftsatz vom 28. September 2015 legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein. [X.]s könne nicht von einem Haftungsausschluss ausgegangen werden, da die [X.] in einem Haftraum der Station [X.] ebenfalls menschenunwürdig gewesen wäre. Unter [X.] führte er aus, in den Hafträumen der Station [X.], die baulich im Wesentlichen jenen der Station [X.] mit Ausnahme der Belegenheit im [X.] glichen, betrage die Temperatur maximal zwischen 16 und 18 Grad Celsius; die Temperatur sei nicht über 18 Grad Celsius hinaus regelbar. Zudem sei der Lichteinfall so gering, dass auch tagsüber das Lesen eine künstliche Beleuchtung erfordere. Auf der Station [X.] könne nicht mehr als ein täglich einstündiger Aufschluss und kein Umschluss gewährt werden. Diese Haftbedingungen seien mit der Menschenwürde nicht zu vereinbaren, weshalb ein [X.] unzumutbar gewesen wäre und der geltend gemachten Rechtsverletzung nicht abgeholfen hätte. Die vom Beschwerdeführer unterzeichneten [X.]inverständniserklärungen mit einer gemeinschaftlichen Unterbringung könnten die Verletzung der Menschenwürde nicht rechtfertigen, da der Beschwerdeführer aufgrund der [X.] in der Justizvollzugsanstalt keine andere Möglichkeit gesehen habe, als diese zu unterschreiben.

6

4. Mit angegriffenem Beschluss vom 16. Dezember 2015 wies das [X.] die sofortige Beschwerde zurück.

7

Die sofortige Beschwerde sei unbegründet. [X.]in Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 3 BGB scheide aus, da der Beschwerdeführer keinen [X.] gestellt habe. [X.]in solcher wäre ihm zumutbar gewesen, da die Hafträume der Station [X.] den Anforderungen an eine menschenwürdige Unterbringung genügten. Bei einer [X.]inzelunterbringung werde auch bei einer lediglich mit einem [X.] abgetrennten Toilette nicht in die Intimsphäre des Gefangenen eingegriffen.

8

Im Rahmen einer Beweisantizipation zog das Gericht die Akten eines [X.] hinzu und war aufgrund der darin enthaltenen Lichtbilder der Hafträume der Station [X.] davon überzeugt, dass die 1,45 m

9

5. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem eine Verletzung seines Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

6. Dem [X.] sowie der Präsidentin des [X.] wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem [X.] vorgelegen.

Die Verfassungsbeschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.] zur [X.]ntscheidung anzunehmen, da dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist. Soweit sie nicht zur [X.]ntscheidung angenommen wird, wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] von einer Begründung abgesehen.

1. Das [X.] hat die hier maßgeblichen [X.]ragen zu Inhalt und Reichweite des aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit bereits geklärt (vgl. [X.][X.] 81, 347 <356 ff.>; 92, 122 <124>). Die Verfassungsbeschwerde ist danach hinsichtlich der Rüge einer Verletzung der Rechtsschutzgleichheit im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.] zulässig und begründet. Die angegriffenen [X.]ntscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit.

a) Die Gewährleistung der Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von [X.] und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. [X.][X.] 9, 124 <130 f.>; stRspr). Zwar ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf [X.]rfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der [X.]rfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der [X.] erfordert, nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (vgl. [X.][X.] 81, 347 <357>).

Danach dürfen bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können. Dabei muss Prozesskostenhilfe nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Auch ist nicht schon allein aufgrund dessen, dass bestimmte Tatsachen streitig sind und deswegen im Hauptsacheverfahren der Beweisaufnahme bedürften, Prozesskostenhilfe zu gewähren. Gerichte dürfen sich im Prozesskostenhilfeverfahren einer Beweisantizipation bedienen, sofern konkrete und nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 20. [X.]ebruar 2002 - 1 BvR 1450/00 -, Rn. 12). Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe kann weiter ungeachtet des [X.]ehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf [X.], die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies jedoch nicht der [X.]all, steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus oder kann die [X.]rfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens gar mit Verweis auf bereits vorliegende Rechtsprechung begründet werden, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der [X.] wegen fehlender [X.]rfolgsaussicht ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. [X.][X.] 81, 347 <359>). Ansonsten würde der [X.] im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 u.a. -, Rn. 12; Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 19. [X.]ebruar 2008 - 1 BvR 1807/07 -, Rn. 23; Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 20. Mai 2016 - 1 BvR 3359/14 -, Rn. 14).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen halten die Prozesskostenhilfe versagenden Beschlüsse des [X.]s und [X.]s einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sowohl [X.] als auch [X.] haben, indem sie ihre [X.]inschätzung fehlender [X.]rfolgsaussichten der Rechtsverfolgung auf eine Zustimmung des Beschwerdeführers zur Gemeinschaftsunterbringung und auf den Anspruchsausschluss des § 839 Abs. 3 BGB gestützt haben, ein Verständnis der [X.] in der Haftunterbringung zugrundegelegt, das in der bisherigen Rechtsprechung der [X.]achgerichte noch keine hinreichende Klärung gefunden hat. Die damit verbundenen [X.]ragestellungen durften demnach nicht in das Prozesskostenhilfeverfahren vorverlagert werden.

aa) Zu beanstanden ist indes nicht schon, dass die Zivilgerichte den Tatsachenvortrag des Beschwerdeführers zu Temperatur- und Lichtverhältnissen der Hafträume auf Station [X.] mithilfe einer Beweisantizipation gewürdigt, teilweise als unsubstantiiert bewertet und - im [X.]alle des [X.]s - die Akten eines [X.] beigezogen haben.

bb) Weiterhin im [X.]inklang mit der bereits existierenden Rechtsprechung sind [X.] wie [X.] im Ansatz davon ausgegangen, dass die [X.]rage nach der Menschenwürdigkeit der Unterbringung von Strafgefangenen von einer Gesamtschau der tatsächlichen, die [X.] bestimmenden Umstände abhängt. Als [X.]aktoren sind dabei in räumlicher Hinsicht in erster Linie die Bodenfläche pro Gefangenen und die Situation der sanitären Anlagen, namentlich die Abtrennung und Belüftung der Toilette, zu beachten; als die [X.] mildernde oder verschärfende Merkmale müssen der Umfang der täglichen [X.]inschlusszeiten und die Belegdichte des [X.] Berücksichtigung finden (vgl. nur [X.], Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 22. [X.]ebruar 2011 - 1 BvR 409/09 -, Rn. 30; Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 14. Juli 2015 - 1 BvR 1127/14 -, Rn. 12, 18; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 22. März 2016 - 2 BvR 566/15 -, Rn. 27; Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 13. Juli 2016 - 1 BvR 826/13 -, Rn. 14). Die [X.]rage, wie diese [X.]aktoren je für sich und im Zusammenspiel zu bewerten sind, insbesondere, ob oder unter welchen Bedingungen auch eine anteilige Grundfläche unterhalb von 6 m

Allerdings lassen sich die [X.]ragen, wann die räumlichen Verhältnisse in einer Strafanstalt derart beengt sind, dass die Unterbringung eines Gefangenen dessen Menschenwürde verletzt, und welche Anforderungen an [X.]inschlusszeiten zu stellen sind, nach der Rechtsprechung des [X.] nicht abstrakt-generell klären, sondern müssen der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben (beispielhaft [X.], 1 <3 f. Rn. 6>). Danach kann es die Klärung eines verfassungsmäßigen Mindestsolls im Sinne schematisch festgelegter allgemeiner Maßzahlen nicht geben (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2010 - [X.]/09 -, juris, Rn. 7). Dies stellt jedoch nicht in [X.]rage, dass es für die Anforderungen an menschenwürdige Haftbedingungen der Herausbildung auch übergreifender Grund-sätze und Unterscheidungsmerkmale bedarf, die sowohl den Betroffenen als auch den Behörden Kriterien an die Hand geben, die die Beurteilung der Menschenwürdigkeit der Unterbringung hinreichend vorhersehbar machen. An klärenden Leitentscheidungen des [X.] hierzu fehlt es nach wie vor (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 17. [X.]ebruar 2020 - 1 BvR 3182/15 -, Rn. 19).

cc) Die [X.]achgerichte hätten, um den Anspruch des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit zu wahren, berücksichtigen müssen, dass diese Anforderungen zur [X.] insbesondere durch Leitentscheidungen des [X.] nach wie vor nicht geklärt sind (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 17. [X.]ebruar 2020 - 1 BvR 3182/15 -, Rn. 19).

(1) Was die Mindestgröße unter Berücksichtigung der baulichen Ausstattung und Beschaffenheit einer mehrfach belegten Zelle angeht, setzen verschiedene Obergerichte zwar unterschiedliche Richtwerte an (vgl. nur für eine menschenunwürdige Unterbringung bei 6-7 m

Die [X.]achgerichte haben indes keine rechtliche Würdigung der tatsächlichen [X.] des Beschwerdeführers auf Station [X.] vorgenommen, sondern direkt auf dessen Zustimmung zur Gemeinschaftsunterbringung und auf den Anspruchsausschluss nach § 839 Abs. 3 BGB abgestellt. Daher kommt es entscheidend darauf an, ob die Maßstäbe zur Beurteilung der [X.]rage, ob eine hypothetische [X.] auf Station [X.] in einer [X.]inzelzelle bei täglich 23-stündigem [X.]inschluss mit der [X.] des Grundgesetzes vereinbar ist, als hinreichend geklärt gelten dürfen.

(2) Dies ist nicht der [X.]all. Die Auswirkungen von [X.]in- und Aufschlusszeiten unabhängig von der Mehrfachbelegung einer Zelle auf die Beurteilung der Haftbedingungen insgesamt werden von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.

Das [X.] hat die Aufschlusszeiten bislang lediglich als möglichen kompensierenden [X.]aktor zu räumlich beengten [X.] in den Blick genommen und als nicht hinreichend geklärt angesehen, ab welcher Stundenzahl die Verkürzung der täglichen [X.]inschlusszeit in der Zelle die räumlichen Haftbedingungen derart abmildert, dass nicht mehr von einer Menschenwürdeverletzung auszugehen ist (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 22. [X.]ebruar 2011 - 1 BvR 409/09 -, Rn. 34 a.[X.].). [X.]s hat in diesem Kontext einen täglich 23-stündigen [X.]inschluss an fünf Wochentagen in einer 7,6 m

In zwei [X.]ntscheidungen hat das [X.] einen täglich 23-stündigen [X.]inschluss in einem [X.]inzelhaftraum unabhängig von den baulich-räumlichen [X.] für mit den Anforderungen der [X.] nicht vereinbar gehalten und dies mit der hierdurch bewirkten [X.] Isolierung des Gefangenen begründet (vgl. für den Strafvollzug KG, Urteil vom 17. [X.]ebruar 2015 - 9 U 129/13 -, juris, Rn. 27; für einen [X.]all der Untersuchungshaft KG, Urteil vom 2. Dezember 2014 - 9 U 182/13 -, juris, Rn. 26). [X.]ür [X.]älle kleinerer [X.]inzelhafträume mit einer Größe von weniger als 5,5 m² haben das [X.] und der Verfassungsgerichtshof des [X.] auch tägliche [X.]inschlusszeiten zwischen circa zehn und 21 Stunden als menschenunwürdig erachtet (vgl. [X.], Beschluss vom 3. November 2009 - 184/07 -, juris, Rn. 31; KG, Urteil vom 21. September 2012 - 9 U 123/11 -, BeckRS 2013, S. 12443).

dd) Indem [X.] und [X.] der beabsichtigten Amtshaftungsklage ungeachtet dieser ungeklärten Rechtsfrage die [X.]rfolgsaussichten von vornherein abgesprochen und Prozesskostenhilfe verweigert haben, haben sie den Anspruch des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit verletzt. Die [X.]rfolgsaussichten einer Amtshaftungsklage wegen menschenunwürdiger Haftunterbringung können nicht im Rahmen eines Prozesskostenhilfeverfahrens unter Verweis auf § 839 Abs. 3 BGB verneint werden, soweit die Unterbringung in einem Haftraum, für den ein [X.] hätte gestellt werden können, ungeklärte [X.]ragen im Hinblick auf die [X.] aufwirft. Ob ein täglich 23-stündiger [X.]inschluss in einen [X.]inzelhaftraum mit einer Größe von knapp 7,8 m

2. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen im tenorierten Umfang auf den aufgezeigten verfassungsrechtlichen [X.]ehlern. [X.] und [X.] haben auf den Anspruchsausschluss gemäß § 839 Abs. 3 BGB und damit die hypothetische Situation in Hafträumen der Station [X.] sowie auf die Zustimmung des Beschwerdeführers zur Gemeinschaftsunterbringung auf Station [X.] abgestellt. Dass der Beschwerdeführer unterschrieben hat, dass er mit einer Mehrfachbelegung seines [X.] auf Station [X.] einverstanden ist, führt zu keiner anderen Bewertung, da die [X.]rage, ob eine [X.]inwilligung in eine menschenunwürdige Unterbringung wirksam sein kann, ebenfalls ungeklärt ist (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.]rsten Senats vom 7. November 2011 - 1 BvR 1403/09 -, Rn. 42).

3. Die [X.]ntscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 [X.]. Die [X.]estsetzung des [X.] beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. [X.][X.] 79, 365 <366 ff.>).

Diese [X.]ntscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 149/16

08.12.2020

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG München, 16. Dezember 2015, Az: 1 W 2215/15, Beschluss

Art 1 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 839 Abs 3 BGB, § 14 Abs 1 S 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 18 StVollzG, § 109 StVollzG, § 109ff StVollzG, § 114 Abs 1 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 08.12.2020, Az. 1 BvR 149/16 (REWIS RS 2020, 3167)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3167

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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