Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 21.09.2018, Az. 2 BvR 1649/17

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2018, 3549

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Resozialisierungsanspruchs (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 1 Abs 1 GG) sowie des Schutzes von Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) durch Versagung von Vollzugslockerungen (Ausführungen) sowie von Langzeitbesuchen gegenüber einem verheirateten Strafgefangenen


Tenor

Der Beschluss des [X.] vom 19. Juni 2017 - 5 [X.]-108/17 Vollz - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes und Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des [X.] vom 10. Februar 2017 - 596 [X.] - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des [X.] vom 10. Februar 2017 - 596 [X.] - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Die Beschlüsse werden aufgehoben und die Sachen an das [X.] zurückverwiesen.

Der Beschluss des [X.] vom 7. Juli 2017 - 5 [X.]-108/17 Vollz - wird damit gegenstandslos.

Das [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft zwei im weiteren [X.] verbundene Antragsverfahren gemäß § 109 des [X.] ([X.]), mit denen der Beschwerdeführer, der eine zeitige Freiheitsstrafe in der [X.] verbüßt, sich gegen die Versagung von [X.], insbesondere Ausführungen, sowie eines [X.]s wendete.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer verbüßt aufgrund von Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten in der [X.]. Den Zweidrittelzeitpunkt hat er am 12. September 2017 erreicht. Das [X.] ist für den 12. Februar 2020 notiert. Er ist verheiratet, und seine Ehefrau hat einen [X.] in die Beziehung eingebracht.

3

2. Am 3. März 2016 beantragte er bei der Justizvollzugsanstalt die "unverzügliche Einleitung von [X.], namentlich Ausgang, alternativ Ausführung". Er sei seit mehr als drei Jahren und drei Monaten inhaftiert, und [X.], die dazu dienten, den schädlichen Folgen des [X.] entgegenzuwirken, seien nunmehr angezeigt. Die Bedingungen in der Justizvollzugsanstalt seien für ihn schwer zu ertragen. Er sei zunächst in [X.] inhaftiert gewesen und habe seine Frau und seinen [X.] in einem Jahr [X.] innerhalb einer Woche im Rahmen einer Besuchsüberstellung sehen können. Seine Ehe sei dadurch erheblich belastet worden. Nach der Verlegung nach [X.] seien Besuche zwar häufiger, sie fänden aber innerhalb der beklemmenden Umgebung der Justizvollzugsanstalt statt. Dies sei für seine Frau und seinen [X.] schwer erträglich.

4

3. Unter dem 6. März 2016 beantragte der Beschwerdeführer zudem die Erlaubnis für einen "Langzeitsprecher" ([X.]).

5

4. Die Anträge wurden im Rahmen der Vollzugsplanfortschreibung, die dem Beschwerdeführer am 20. April 2016 ausgehändigt wurde, abschlägig beschieden. Allgemein wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei einschlägig wegen Gewaltstraftaten vorbelastet. Sein [X.] weise 14 Eintragungen auf. Schwerpunktmäßig seien dies gewalttätige Auseinandersetzungen, Widerstandshandlungen und Betrug. Diese Straftaten gäben alle Hinweise auf ein mangelndes Selbstwertgefühl. Der Beschwerdeführer habe in zwei Fällen gegen vorherige Bezahlung sexuelle Handlungen mit Prostituierten vorgenommen, und als er Erektionsprobleme gehabt habe, sein Geld zurückverlangt. Als ihm dies jedenfalls teilweise verweigert worden sei, habe er die Prostituierten gewürgt und das Geld an sich genommen. Auch habe der Beschwerdeführer während der Untersuchungshaft einen Mitgefangenen verletzt, indem er ihn in den Schwitzkasten genommen, ihn mindestens zweimal mit der Faust ins Gesicht und auf den Kopf geschlagen und ihn zu Boden geworfen habe. Dabei habe er ihm den [X.] mindestens eine halbe Minute fest zugedrückt, so dass der Mitgefangene zu röcheln begonnen habe. Aufgrund der hohen und wiederholten Gewalttätigkeiten seien die [X.] Anlassdelikt und [X.] als ungünstig einzuschätzen. Da sich der Beschwerdeführer mit seinen Straftaten nicht auseinandersetze, weil er eigenen Angaben zufolge ein Wiederaufnahmeverfahren anstrebe und die Taten jedenfalls zum Teil bestreite, sei auch dies als ungünstig zu bewerten. Zwar verfüge der Beschwerdeführer über [X.] Kompetenzen, die sich günstig auf die Prognose auswirkten, seine Persönlichkeitsstruktur sei aber angesichts seiner aggressiven Angespanntheit ungünstig. Der [X.] Empfangsraum sei nicht einschätzbar. Der Beschwerdeführer gebe zwar an, verheiratet zu sein und, wie auch seine Ehefrau, ein Kind aus früherer Beziehung zu haben. Allerdings ergäben sich aus der familiären Einbindung keine Hinweise, dass diese "protektiv" wirke. Es sei ungeklärt, ob die Ehefrau vollumfänglich über das Ausmaß der Straftaten des Beschwerdeführers Bescheid wisse oder ob dessen Tatleugnung womöglich darin begründet liege, dass er die Beziehung zu seiner Ehefrau erhalten wolle. Darüber hinaus zeige er im Vollzug querulatorische Verhaltensweisen, sei uneinsichtig und rechthaberisch, was sich mit zunehmendem Aufenthalt aber etwas gebessert habe. [X.] sei sein Verhalten bislang nicht gewesen. Dennoch sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine Strafe werde voll verbüßen müssen. Er verfüge über gute Ressourcen im Leistungsbereich und wolle ein Studium aufnehmen, was im Vollzug jedoch nicht möglich sei. Er sei nicht in Haft, um seine Berufschancen, sondern um sein Sozialverhalten zu verbessern. Die Prognose insgesamt sei negativ, denn der Beschwerdeführer habe insoweit nicht an sich gearbeitet. An Behandlungsmaßnahmen zur Verbesserung seiner Legalprognose, wie etwa einer Sozialtherapie, habe er nicht teilgenommen. Ein Interesse zur Persönlichkeitsveränderung sei nicht ersichtlich. Die Begründung seiner Weigerungshaltung (angestrebtes Wiederaufnahmeverfahren) wirke konstruiert.

6

Für die Überstellung in den offenen Vollzug erfülle der Beschwerdeführer die charakterlichen Anforderungen nicht, zumal es erheblich an der Vereinbarungsfähigkeit mangele. Die konkrete Gefahr von Gewaltstraftaten dauere angesichts der nicht aufgearbeiteten Gewaltproblematik, die auch aus seinen Vorstrafen erkennbar sei, an. Für [X.] seien die Missbrauchsbefürchtungen deckungsgleich. Unbegleitete Lockerungen kämen angesichts des defizitären [X.] nicht in Betracht. Dies gelte auch für Ausführungen. Das Auftreten des Gefangenen biete jederzeit Konfliktpotenzial, und er lasse im geschlossenen Vollzug keine Möglichkeit der Provokation oder Konfrontation aus. Das führe dazu, dass kein Bediensteter freiwillig die Begleitung einer Ausführung des Beschwerdeführers übernehmen wolle. Im Falle des Beschwerdeführers komme hinzu, dass Ausführungen Vorkehrungen erforderten, die "jedem [X.]n Erleben entgegenstünden".Wolle er zu einer [X.] ausgeführt werden, um seinem Wunsch nach einem externen Studium nachzugehen, so scheide dies ganz offensichtlich aus, denn seine Ausführung bedürfte der Begleitung durch (bewaffnete) Bedienstete. Die [X.]n Kontakte seien daher durch Besuche in der Justizvollzugsanstalt sicherzustellen.

7

Auch der Antrag auf einen [X.] seiner Ehefrau sei abzulehnen. Zwar sei die Beziehung förderungswürdig und der Beschwerdeführer zeige keine disziplinarischen Auffälligkeiten, sondern verhalte sich hausordnungsgemäß, zwei der [X.] seien jedoch in Zusammenhang mit sexuellem Versagen impulsiv geschehen. Es sei angesichts der Tatleugnung des Beschwerdeführers unbekannt, inwieweit die Ehefrau die Risiken eines gänzlich unbewachten Besuchs objektiv einschätzen könne. Bei einem solchen Besuch könne sich die Besucherin in einer Situation wiederfinden, die mit der Ausgangssituation der [X.] vergleichbar sei. Ein Gespräch mit der Ehefrau zur Sachverhaltsaufklärung scheide aus. Überdies fehle es dem Beschwerdeführer an dem für einen [X.] hinreichenden Maß an Verlässlichkeit und Vereinbarungsfähigkeit.

8

5. Am 25. April 2016 beantragte der Beschwerdeführer die gerichtliche Entscheidung hinsichtlich der versagten [X.] mit dem Antrag, die Ablehnung aufzuheben und die [X.] zu verpflichten, ihn "zu lockern, namentlich [...] auszuführen" beziehungsweise ihm "Ausgang zu gewähren". Die [X.] stelle ihn völlig falsch dar und habe entscheidungsrelevante Informationen nicht ermittelt. Die in der Vollzugsplanfortschreibung enthaltenen Darstellungen seiner Person seien nicht korrekt. Legte man die Schilderung der Justizvollzugsanstalt zugrunde, erscheine es unerklärlich, dass sein Verhalten trotz seiner angeblichen Aggressivität nie [X.] gewesen sei. Zutreffend sei, dass er eine Sozialtherapie ablehne. Dies sei darauf zurückzuführen, dass er ein Wiederaufnahmeverfahren anstrebe und dessen Erfolgschancen nicht beeinträchtigen wolle. Dass sein [X.]r Empfangsraum nicht einschätzbar sei, entbehre jeder Grundlage. Er sei verheiratet, was auch aktenkundig sei, so dass die insoweit anklingenden Zweifel der Justizvollzugsanstalt unverständlich seien. Die [X.] wisse zudem, dass seine Ehefrau ihn in der Untersuchungshaft alle 14 Tage besucht habe. Meist sei auch der [X.] mitgekommen. Auch nach der ersten Verurteilung habe seine Frau ihn alle 14 Tage besucht. Weil sie aus beruflichen Gründen nach [X.] gezogen sei, sei ein Besuch in [X.], wo er zunächst inhaftiert gewesen sei, nicht mehr möglich gewesen. Trotz allem halte seine Ehe und seine Frau stehe weiter zu ihm. Es sei eine "Frechheit", diese Beziehung als schwer einschätzbar anzusehen. Zutreffend sei, dass er ein externes Studium aufnehmen wolle. Zwar gäbe es Möglichkeiten, Fernlehrgänge zu besuchen; da er aber angesichts seiner beruflichen Vorbildung Kurse im Bereich Informationstechnik brauche und die Justizvollzugsanstalt die Teilnahme an diesen aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht zulasse, sei er auf ein externes Studium zur Erhaltung seines Bildungsstandes angewiesen. Lockerungen dienten dem Erhalt von [X.]n Bindungen, dem Erhalt der Lebenstüchtigkeit und dem Schutz vor haftbedingten Schäden. Sein Auftreten sei für die Entscheidung solange nicht berücksichtigungsfähig, wie es disziplinarisch nicht relevant sei. Überdies habe das [X.] festgestellt, dass selbst "extrem gefährliche" Gefangene ein Recht auf Ausführungen hätten (unter Verweis auf [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 4. Mai 2015 - 2 BvR 1753/14 -, juris). Schließlich sei Art. 6 [X.] zu berücksichtigen, denn Resozialisierung beginne mit der Familie.

9

6. Mit separatem Antrag vom selben Tag beantragte der Beschwerdeführer zudem, die Ablehnung des Antrags auf [X.] aufzuheben und die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, ihm [X.] zu gewähren. Er wiederholte in seinen Ausführungen die bereits im Antrag auf die gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung von [X.] enthaltene Kritik an der inhaltlichen Richtigkeit der allgemeinen Einschätzungen der Justizvollzugsanstalt zu seiner Person und seinem [X.]n Empfangsraum. Darüber hinaus führte er aus, das Recht auf [X.] sei zentraler Bestandteil der Integration eines Gefangenen, die nur bei tragfähigen [X.]n Bindungen gelingen könne. Wenn es sich bei den [X.]n noch um Frau und Kind handele, sei eine Förderung angesichts Art. 6 Abs. 1 [X.] zu intensivieren. Dies habe die Justizvollzugsanstalt verkannt. Soweit sie seine Verlässlichkeit und Vereinbarungsfähigkeit in Abrede stelle, sei hervorzuheben, dass keine Disziplinarmaßnahmen gegen den Beschwerdeführer verhängt worden seien, er regelmäßig Besuch empfange, ohne dass es zu Vorkommnissen gekommen sei, und dass er steten Telefonkontakt mit Frau und Kind habe. Die Annahme, dass seine Ehefrau in der Zukunft Opfer von durch den Beschwerdeführer begangenen Straftaten werden könne, sei eine bloße Unterstellung, die sich sachlich nicht stützen lasse. Die Justizvollzugsanstalt habe es hier schlicht unterlassen, seine Ehefrau zu befragen.

7. Mit Schreiben vom 17. Juni 2016 nahm die Justizvollzugsanstalt Stellung zu dem Verfahren bezüglich der [X.]. Der Antrag sei bereits unzulässig, da der Beschwerdeführer sich nach sachgerechter Auslegung gegen die Vollzugsplanfortschreibung richte, er sich aber nur gegen einzelne Darstellungen und subjektive Einschätzungen der Konferenzteilnehmer wende, ohne konkrete Einzelmaßnahmen zu beanstanden. Darüber hinaus sei der Antrag auch unbegründet. Der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch auf [X.] gemäß § 11 [X.]. Insoweit wiederholte die Justizvollzugsanstalt im Wesentlichen ihr Vorbringen, mit dem sie den Antrag auf die Gewährung von [X.] abgelehnt hatte (siehe oben Rn. 5).

Mit Schreiben vom 5. August 2016 erwiderte der Beschwerdeführer darauf und gab ergänzend an, er habe die Feststellungen in der Vollzugsplanfortschreibung angreifen müssen, da diese die Grundlage für die Ablehnung seines Antrags auf Lockerungen seien.

8. Am 11. August 2016 nahm die Justizvollzugsanstalt Stellung zu dem Verfahren hinsichtlich des [X.]s. Die Vollzugsplanfortschreibung sei bereits Streitgegenstand des anhängigen [X.], sodass ein Fall doppelter Rechtshängigkeit vorliege. Der Antrag sei aus den in der Stellungnahme vom 17. Juni 2016 im Rahmen des Verfahrens über [X.] genannten Gründen als unzulässig zu verwerfen.

9. Nachdem der Beschwerdeführer unter dem 30. Januar 2017 "Untätigkeitsklage" erhoben hatte, weil das Verfahren bereits neun Monate dauere und seit fünf Monaten "ausgeschrieben" sei, verwarf das [X.] den Antrag hinsichtlich der [X.] mit angegriffenem Beschluss vom 10. Februar 2017 als unzulässig. Der Beschwerdeführer wende sich gegen die ihm mündlich erteilte Ablehnung seines Antrags. Dieser beruhe jedoch auf dem Ergebnis der Vollzugsplanung. Eine gesonderte Anfechtung von Ablehnungsentscheidungen, die auf dem Vollzugsplan basierten, sei nicht zulässig. Gegen den Vollzugsplan habe sich der Beschwerdeführer nicht wenden wollen. Hätte der Antrag sich unmittelbar gegen die entsprechende Regelung des [X.] gerichtet, wäre er ebenfalls ohne Erfolg geblieben. Ausweislich der ausführlich getroffenen Einschätzungen der Justizvollzugsanstalt hinsichtlich der Persönlichkeit des Beschwerdeführers und seines [X.] sei nicht zu beanstanden, dass ihm die Eignung für den offenen Vollzug und für Lockerungsmaßnahmen im konkreten [X.]punkt abgesprochen worden sei. Der Justizvollzugsanstalt stehe dabei ein Beurteilungsspielraum zu. Die Kritik des Beschwerdeführers betreffe nicht die der Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen, sondern allein die Beurteilung selbst. Die Einschätzung seiner Person und seiner vollzuglichen Bemühungen obliege jedoch der Justizvollzugsanstalt.

10. Das [X.] verwarf auch den Antrag hinsichtlich der [X.]e mit einem weiteren angegriffenen Beschluss vom 10. Februar 2017 als unzulässig. Der Ablehnung liege die Vollzugsplanfortschreibung zugrunde, gegen die sich der Beschwerdeführer nicht habe wenden wollen. Ein solcher Antrag wäre auch unbegründet gewesen, da die [X.] ihren Beurteilungsspielraum in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt habe. Die notwendige Absprachefähigkeit könne noch nicht sicher festgestellt werden. Dass auch die Straftaten des Beschwerdeführers berücksichtigt worden seien, sei zulässig.

11. Mit Rechtsbeschwerden vom 10. März 2017 ging der Beschwerdeführer gegen die beiden Beschlüsse vor.

Der Beschluss hinsichtlich der [X.] verletze ihn in seinen Rechten aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3, Art. 6, Art. 103 Abs. 1 [X.] sowie § 244 Abs. 2 und 3 StPO in Verbindung mit § 120 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Er verstoße auch gegen § 23 [X.]. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei zulässig gewesen. Er habe sich nicht gegen den Vollzugsplan wenden wollen, weil dieser wesentlich mehr enthalte als die bloße Ablehnung seiner Anträge. Art. 2 Abs. 1 [X.] verpflichte den Staat, den Strafvollzug auf das Ziel auszurichten, dem Inhaftierten ein straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen. Besonders bei langjährig in Haft befindlichen Personen sei es erforderlich, aktiv schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken, um ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und zu festigen. Hierzu dienten auch Ausführungen. Der Beschluss vom 10. Februar 2017 verletze ihn darüber hinaus in seinen Rechten aus Art. 103 Abs. 1 [X.], denn die Hinweise auf die guten Sozialkontakte zu seiner Ehefrau und dem [X.] hätten keinerlei Würdigung erfahren. Das Gericht berücksichtige nicht, dass der Beschwerdeführer sich seit nunmehr vier Jahren in Haft befinde und sein Verhalten in dieser [X.] beanstandungsfrei gewesen sei. Eine umfassendere Sachaufklärung hätte zu einer günstigeren Entscheidung führen können. Auch verletze der angegriffene Beschluss ihn in seinen Rechten aus Art. 6 [X.]. Die Lockerungen seien zum Erhalt seiner Ehe und der Eltern-Kind-Beziehung erforderlich.

Auch der Beschluss, der die Versagung des [X.]s zum Gegenstand hatte, verletze ihn in seinen Rechten. Zur Begründung nahm der Beschwerdeführer Bezug auf seinen vorherigen Vortrag und führte ergänzend aus, das [X.] habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt. Eine Beiziehung der Akten des Beschwerdeführers hätte gezeigt, dass sich seine Familie sehr genau über seine Situation im Klaren sei. Auch hierdurch sei das rechtliche Gehör verletzt worden. Eine Anhörung seiner Frau hätte erheblich zur Entscheidungsfindung beitragen und zu einer für ihn günstigeren Entscheidung führen können. Für Ehepaare würden schon nach Art. 6 [X.] besondere Maßstäbe bei [X.]en gelten. Dies sei außer [X.] gelassen worden.

12. Mit angegriffenem Beschluss vom 19. Juni 2017, welcher dem Beschwerdeführer am 22. Juni 2017 zuging, verband das [X.] die beiden Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung und verwarf die Rechtsbeschwerden als unzulässig. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs sei jedenfalls unbegründet, denn das Gericht müsse nicht jedes Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich erwähnen. Zur Aufklärungsrüge habe der Beschwerdeführer nicht hinreichend ausgeführt. Mit der Sachrüge habe die Rechtsbeschwerde ebenfalls keinen Erfolg, weil sie die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 [X.] nicht erfülle. Es sei nicht geboten, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Zwar hätten die Anträge auf gerichtliche Entscheidung nicht als unzulässig verworfen werden dürfen, weil der Beschwerdeführer nach der erforderlichen sachdienlichen Auslegung die Zulassung von Lockerungen und die Gewährung eines [X.]s verlangt und zudem die hierfür erforderliche Aufhebung und Neubescheidung der entsprechenden Anteile der Vollzugsplanfortschreibung vom 14. April 2016 begehrt habe. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung sei hierdurch jedoch nicht gefährdet, weil das [X.] hilfsweise auch die entsprechenden Regelungen überprüft habe. Dabei sei es zutreffend davon ausgegangen, dass der Vollzugsplan den Anforderungen genüge. Die Justizvollzugsanstalt habe nach Gesamtwürdigung der prognostisch maßgeblichen und im Einzelnen dargelegten Umstände die Versagung von selbständigen, aber auch unselbständigen Lockerungen wegen Missbrauchsgefahr gemäß § 11 Abs. 2 [X.] beurteilungsfehlerfrei auf die bisher nicht ausreichend bearbeitete Gewaltproblematik gestützt. Aus diesem Grunde habe die Justizvollzugsanstalt in der Vollzugsplanfortschreibung auch die Möglichkeit von Langzeitsprechstunden nach Abwägung der maßgeblichen Gesichtspunkte ermessensfehlerfrei verneint.

13. Die am 23. Juni 2017 vom Beschwerdeführer erhobene Anhörungsrüge wies das [X.] mit angegriffenem Beschluss vom 7. Juli 2017 zurück. Der [X.] erschöpfe sich lediglich in einer Wiederholung des Rechtsbeschwerdevorbringens.

II.

1. Mit der fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus "Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 sowie Art. 3, 6, 19, 103 und 104 [X.]". Er vertieft den Vortrag aus dem fachgerichtlichen Verfahren und trägt ergänzend vor, in [X.] gebe es die Regel, Gefangenen im [X.] nach einem Drittel der Vollzugszeit Lockerungen zu gewähren und sie nach einem weiteren Drittel selbstständig (also unbegleitet) zu lockern. Sein Zweidrittelzeitpunkt sei in zwei Monaten erreicht. Lockerungen sollten frühestmöglich erfolgen. Die nächste Vollzugsplankonferenz sei erst im Mai 2018. Wenn erst dann mit Ausführungen begonnen werden sollte, wann solle dann eine selbstständige Lockerung erfolgen? Für die Versagung von Lockerungen müssten triftige Gründe vorliegen. Dies sei bei ihm nicht der Fall. Bei Ausführungen solle durch die Anwesenheit von Beamten Missbrauch oder Flucht verhindert werden. Die Gründe für die Versagung seien auch diesbezüglich nicht verständlich. Die Beziehung zu seiner Familie werde von der Justizvollzugsanstalt nicht hinreichend gefördert.

2. Die [X.], Verbraucherschutz und Antidiskriminierung des Landes [X.] hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten der Ausgangsverfahren haben dem [X.] vorgelegen.

III.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]G liegen insoweit vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind durch die Rechtsprechung des [X.]s geklärt. Danach ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und in einem die Kammerzuständigkeit begründenden Sinne (§ 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]G) offensichtlich begründet.

1. Der Zulässigkeit steht nicht der Grundsatz der Rechtswegerschöpfung (§ 90 Abs. 2 Satz 1 [X.]G) entgegen. Zum einen hat das [X.] die [X.] aus den vom [X.] dargelegten Gründen überspannt, indem es den Antrag des Beschwerdeführers nicht hinreichend am Rechtsschutzziel orientiert ausgelegt hat, so dass die vom Fachgericht angenommene Unzulässigkeit dem Beschwerdeführer schon deswegen nicht entgegengehalten werden kann (vgl. [X.]K 13, 181 <185>; 16, 409 <409>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 25. Januar 2014 - 1 BvR 1126/11 -, juris, Rn. 11, 18; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 2015, § 90 Rn. 168). Zum anderen hat das [X.] die gerichtlichen Anträge des Beschwerdeführers zwar als unzulässig angesehen, hilfsweise aber Ausführungen zur Begründetheit gemacht. Auch in diesen Fällen kann die Unzulässigkeit des fachgerichtlichen Rechtsbehelfs dem Beschwerdeführer nicht als Grund für die Unzulässigkeit seiner Verfassungsbeschwerde entgegengehalten werden, weil insoweit das mit dem Gebot der Rechtswegerschöpfung verfolgte Ziel - dem [X.] durch die umfassende fachgerichtliche Vorprüfung der Beschwerdepunkte ein in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial zu verschaffen und ihm die Fall- und Rechtsanschauung der Gerichte zu vermitteln - in der Regel erreicht ist (vgl. [X.]K 13, 181 <185>; 13, 409 <415>; 19, 157 <162>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 28. November 2013 - 2 BvR 2784/12 -, juris, Rn. 19; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 2015, § 90 Rn. 168).

2. Der Beschluss des [X.]s [X.] vom 10. Februar 2017 - 596 [X.] - bezüglich der [X.] verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 [X.].

a) aa) [X.] ein Gefangener nach mehrjährigem Freiheitsentzug [X.], so wird er durch deren Versagung in seinem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 [X.] grundrechtlich geschützten [X.] berührt. Dieses Interesse richtet sich nicht nur darauf, vor schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges im Rahmen des Möglichen bewahrt zu werden, sondern auch auf die Rahmenbedingungen, die einer Bewährung und Wiedereingliederung förderlich sind (vgl. [X.]E 35, 202 <235 f.>; 36, 174 <188>; 45, 187 <238 f.>; 64, 261 <272 f.>; stRspr). Solchen Zielen dient ein gemäß § 11 Abs. 1 [X.] mit Zustimmung des Gefangenen als Lockerung des Vollzugs angeordneter Ausgang oder eine Ausführung unter Aufsicht (vgl. dazu [X.]E 64, 261 <273>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32). [X.] machen es dem Gefangenen möglich, nach langem Freiheitsentzug wenigstens ansatzweise Orientierung für ein normales Leben zu suchen und zu finden. Je nach dem Erfolg dieser Orientierungssuche stellen sich die Lebensverhältnisse des Gefangenen günstiger oder ungünstiger dar. Für eine vom Gericht zu treffende Entscheidung über die Aussetzung des [X.] zur Bewährung (§ 57 Abs. 1 StGB) spielt die Bewährung in [X.] ebenfalls eine entscheidende Rolle (vgl. [X.]E 117, 71 <108>); die Chancen, zu einer günstigen Sozialprognose zu gelangen (vgl. § 57 Abs. 1 StGB), werden durch eine vorherige Gewährung von [X.] verbessert, durch deren Versagung aber verschlechtert (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32 m.w.N.).

Der Gewährung vollzugslockernder Maßnahmen sind einfachgesetzlich dort Schranken gesetzt, wo die Befürchtung besteht, der Gefangene werde sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder eine Lockerung des Vollzugs zu Straftaten missbrauchen (vgl. § 11 Abs. 2 [X.]). Die Justizvollzugsanstalt darf es in diesen Fällen aber nicht bei bloßen pauschalen Wertungen oder bei dem abstrakten Hinweis auf eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr im Sinne von § 11 Abs. 2 [X.] bewenden lassen. Sie hat vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung nähere Anhaltspunkte darzulegen, welche geeignet sind, die Prognose einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr in der Person des Gefangenen zu konkretisieren (vgl. [X.]E 64, 261 <277>; 70, 297 <312 ff.>). Das mit jeder Vollzugslockerung verbundene Risiko eines Entweichens aus der Haft oder eines Missbrauchs der Maßnahme zu Straftaten muss aus diesen Gründen heraus unvertretbar erscheinen (vgl. [X.]E 70, 297 <313>).

Bei Gefangenen, die die Voraussetzungen für weitergehende Lockerungen noch nicht erfüllen, dienen vor allem Ausführungen dem Erhalt der Lebensfähigkeit (vgl. [X.]K 17, 459 <462>; 19, 306 <315 f.>; 20, 307 <312>). Bei langjährig Inhaftierten kann es daher, selbst wenn noch keine konkrete [X.] besteht, jedenfalls geboten sein, zumindest Lockerungen in Gestalt von Ausführungen dadurch zu ermöglichen, dass die Justizvollzugsanstalt einer von ihr angenommenen Flucht- oder Missbrauchsgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen entgegenwirkt (vgl. [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 10. September 2008 - 2 BvR 719/08 -, juris, Rn. 3, und vom 5. August 2010 - 2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32).

bb) Versagt die Justizvollzugsanstalt eine Vollzugslockerung unter Berufung auf § 11 Abs. 2 [X.], prüfen die Fachgerichte im Verfahren nach §§ 109 ff. [X.], ob die Vollzugsbehörde die unbestimmten Rechtsbegriffe der Befürchtung von Flucht oder Missbrauch richtig ausgelegt und angewandt hat. Zwar eröffnet der Versagungsgrund der Flucht- und Missbrauchsgefahr als Prognoseentscheidung der Vollzugsbehörde einen - verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden - Beurteilungsspielraum, in dessen Rahmen sie bei [X.]ung der Grundrechte des Gefangenen mehrere Entscheidungen treffen kann, die gleichermaßen rechtlich vertretbar sind (vgl. BGHSt 30, 320 <324 f.>). Der Beurteilungsspielraum entbindet die Vollstreckungsgerichte indes nicht von ihrer rechtsstaatlich fundierten Prüfungspflicht (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 1. April 1998 - 2 BvR 1951/96 -, juris, Rn. 20). Das Gericht hat dementsprechend den Sachverhalt umfassend aufzuklären und dabei festzustellen, ob die Vollzugsbehörde den zugrunde gelegten Sachverhalt insgesamt vollständig ermittelt und damit eine hinreichende tatsächliche Grundlage für ihre Entscheidung geschaffen hat (vgl. [X.]E 70, 297 <308>).

Legt das Strafvollstreckungsgericht diesen Maßstab seiner Entscheidung zugrunde, prüft das [X.] lediglich, ob das Strafvollstreckungsgericht der Vollzugsbehörde einen zu weiten Beurteilungsspielraum zugebilligt und damit Bedeutung und Tragweite des verfassungsrechtlich geschützten Resozialisierungsanspruchs verkannt hat und ob die angegriffene Entscheidung unter Zugrundelegung des dargelegten fachgerichtlichen Maßstabs schlechthin nicht mehr nachvollziehbar ist und damit den aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abzuleitenden Anspruch auf willkürfreie Entscheidung (Art. 3 Abs. 1 [X.]) verletzt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 1. April 1998 - 2 BvR 1951/96 -, juris, Rn. 21).

b) Den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt der Beschluss des [X.]s [X.] vom 10. Februar 2017 - 596 [X.] - nicht.

Die hilfsweise durchgeführte Sachprüfung des [X.]s beschränkte sich auf den Ausspruch, wegen der Feststellungen im Vollzugsplan sei es nicht zu beanstanden, dass die Eignung des Beschwerdeführers für den offenen Vollzug und Lockerungsmaßnahmen verneint worden sei. Der Beschwerdeführer wende sich gegen die Beurteilung der Justizvollzugsanstalt. Diese habe aber einen Beurteilungsspielraum, weshalb ihr allein die Einschätzung des Beschwerdeführers obliege.

Damit räumt das [X.] der Justizvollzugsanstalt einen (deutlich) zu weiten Beurteilungsspielraum ein, der im Hinblick auf die Funktion von [X.] die Bedeutung und Tragweite des Resozialisierungsanspruchs des Beschwerdeführers verkennt. Bereits die gerichtlich vollumfänglich zu prüfende Frage der richtigen Auslegung und Anwendung der Versagungsgründe durch die Justizvollzugsanstalt hat es übergangen. Überdies hätte es, wenn es zu dem Schluss gekommen wäre, dass die Justizvollzugsanstalt in nicht zu beanstandender Weise eine Missbrauchsgefahr bejaht hatte, nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben zumindest prüfen müssen, ob diese den Antrag auch hinsichtlich der Ausführungen gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 [X.] zulässigerweise abgelehnt hat. Bei dieser Art der Vollzugslockerung genügt die einfache Feststellung einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr grundsätzlich nicht zur Ablehnung, denn die hier vorgesehene Begleitung des Gefangenen durch Vollzugsbedienstete dient gerade dem Zweck, einer solchen Gefahr entgegenzuwirken (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 15. Mai 2018 - 2 BvR 287/17 -, juris, Rn. 39; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 20. Juni 2012 - 2 BvR 865/11 -, juris, Rn. 17).

Die Erwägungen der Justizvollzugsanstalt tragen die pauschale Versagung jeglicher Ausführungen nicht. Soweit die Anstalt darauf abstellt, dass das Auftreten des Gefangenen Konfliktpotenzial biete, teils konfrontativ sei und daher niemand freiwillig die Begleitung im Rahmen einer Ausführung übernehmen wolle, bleibt bereits unklar, ob sie davon ausgeht, dass dies einen Versagungsgrund im Sinne einer Missbrauchs- oder Fluchtgefahr darstellen könne. Auch dass Ausführungen des Beschwerdeführers nach der Ansicht der [X.] erforderten, steht ihrer Bewilligung nicht entgegen. Überdies begegnet die Auffassung der Justizvollzugsanstalt, die Missbrauchsbefürchtungen, die dem offenen Vollzug des Beschwerdeführers entgegenstünden, würden für andere [X.] "deckungsgleich" gelten, erheblichen Zweifeln. Sie lässt darauf schließen, dass die Anstalt die Anforderungen an die Genehmigung einer Ausführung, die deutlich unter denen der Überstellung in den offenen Vollzug liegen, zu hoch angelegt hat. Dafür spricht auch, dass die Justizvollzugsanstalt die von ihr postulierte Missbrauchsgefahr nicht konkret belegt, sondern lediglich die Vortaten des Beschwerdeführers und dessen defizitären Behandlungsstand angeführt hat. Sie hat sich auch nicht dazu geäußert, warum der ihrer Ansicht nach bestehenden konkreten Gefahr der Begehung von Straftaten während der Ausführung durch die ständige Begleitung des Beschwerdeführers durch Vollzugsbedienstete nicht hätte entgegengewirkt werden können.

3. Der Beschluss des [X.]s [X.] vom 10. Februar 2017 - 596 [X.] - bezüglich des [X.]s verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 [X.].

a) Grundrechte dürfen nur durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes und nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden. Dies gilt allgemein und daher auch für Gefangene (vgl. [X.]E 33, 1 <11>; 89, 315 <322 f.>; 116, 69 <80>; [X.]K 2, 102 <105>). Das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage betrifft auch Beschränkungen des Rechts, mit Personen außerhalb der Anstalt zu verkehren (vgl. [X.]E 89, 315 <322>). Beschränkungen der [X.] im Freiheitsentzug greifen in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 [X.] ein; geht es um den [X.] zu Familienangehörigen, so ist das insoweit speziellere Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 [X.] berührt (vgl. [X.]E 89, 315 <322 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 12. März 2008 - 2 BvR 2219/06 -, juris, Rn. 14 f.).

Art. 6 Abs. 1 [X.] stellt Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Dieser verfassungsrechtliche Schutzauftrag gilt auch für den Strafvollzug (vgl. [X.]E 42, 95 <101>; 89, 315 <322>; [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 31. August 1993 - 2 BvR 1479/93 -, juris, Rn. 15, und vom 19. April 2006 - 2 BvR 818/05 -, juris, Rn. 13) und erstreckt sich auf das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern (vgl. [X.]E 57, 170 <178>). Der Anspruch Gefangener darauf, dass Kontakt zu ihren Angehörigen in angemessenem Umfang ermöglicht wird, findet eine weitere Grundlage in der Verpflichtung des Staates auf einen am Ziel der [X.]n Integration orientierten Strafvollzug (vgl. [X.]E 116, 69 <85>; stRspr); denn Bestand und Stärkung der Familienbeziehungen sind diesem Ziel regelmäßig förderlich (vgl. [X.]E 89, 315 <322 f.>; [X.]K 8, 36 <41>). Unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 [X.] stehen die Familienbeziehungen des Gefangenen jedoch auch unabhängig davon, ob sie zu dessen Resozialisierung beitragen können (vgl. [X.]E 89, 315 <322>).

Haft von längerer Dauer stellt für die Beziehungen des Gefangenen zu sei- ner Familie regelmäßig eine erhebliche Belastung dar und kann zu dauerhafter Entfremdung beitragen. Wenn es auch in der Natur des [X.] liegt, dass [X.] zwischen Gefangenen und außerhalb der Anstalt leben- den Personen nur mit Einschränkungen möglich sind (vgl. [X.]E 42, 95 <100>), ist es doch Aufgabe des Staates, unter angemessener Beachtung der Belange der Allgemeinheit solche nachteiligen Auswirkungen des [X.] im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen (vgl. [X.]E 42, 95 <101>; [X.]K 8, 36 <41>; 13, 487 <491 f.>). Daher bleibt die Erhaltung des Kontakts zu den Familienangehörigen im Strafvollzug ein bei [X.] zu berücksichtigender, grundrechtlich geschützter Belang. Hier ist besonders die Bedeutung der Familienbeziehungen und der Möglichkeit, diese Beziehungen auch in der Haft zu pflegen, für die Vermeidung schädlicher Folgen des [X.] und für die Wiedereingliederungschancen des Inhaftierten zu berücksichtigen (vgl. [X.]E 89, 315 <322>; 116, 69 <87>; [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 19. April 2006 - 2 BvR 818/05 -, juris, Rn. 12, und vom 12. März 2008 - 2 BvR 2219/06 -, juris, Rn. 16).

b) Nach diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben kann die angegriffene Entscheidung des [X.]s keinen Bestand haben.

Das [X.], dessen Entscheidung es bereits an jeglichen rechtlichen Maßstäben für die Gewährung des begehrten Besuchs fehlt, hat verkannt, dass die Begründung der Justizvollzugsanstalt der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 [X.] nicht gerecht wird. Zwar sieht das auf den vorliegenden Fall noch anwendbare Strafvollzugsgesetz (das [X.]er Strafvollzugsgesetz, welches [X.]e in § 29 Abs. 4 regelt, trat erst am 1. Oktober 2016 und somit nach der zu prüfenden Entscheidung der JVA in [X.]) keine explizite Regelung für [X.]e vor. Jedoch "sollen" Besuche gemäß § 24 Abs. 2 [X.] über das Minimum von einer Stunde im Monat hinaus zugelassen werden, wenn sie die Behandlung oder Eingliederung des Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht vom Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung des Gefangenen aufgeschoben werden können. Es wäre vorliegend jedenfalls zu begründen gewesen, warum das [X.] diese Norm, die eine Soll-Vorschrift zu Gunsten von Besuchen enthält, im verfahrensgegenständlichen Fall für nicht anwendbar hielt, und dies vor dem Hintergrund, dass § 24 Abs. 2 [X.] zur [X.] seiner Geltung nach der Rechtsprechung der meisten [X.]e auf [X.]e angewendet wurde ([X.]. [X.], Beschluss vom 2. Juni 2014 - 1 Ws 12/14 -, juris, Rn. 10 ff.; [X.]. [X.], Beschluss vom 9. September 2004 - 3 Vollz (Ws) 47/04 -, juris; [X.], Beschluss vom 17. Januar 2008 - 3 Ws 1203/07 StVollz -, juris, Rn. 5, 8; [X.], Beschluss vom 12. November 2003 - 4 [X.]/03 -, juris, Rn. 17; [X.], Beschluss vom 29. Juli 1994 - 3 Ws 68/94 -, NStZ 1994, 560, welches § 24 Abs. 2 [X.] sogar einen Rechtsanspruch auf weitere Besuche entnahm; a.A. KG [X.], Beschluss vom 27. März 2006 - 5 Ws 118/06 Vollz -, juris, Rn. 8). Der Entscheidung des [X.]s lässt sich schon nicht entnehmen, welchen rechtlichen Maßstab es überhaupt an die Bewilligung und Versagung des begehrten Besuchs anlegte.

Ob ein Rechtsanspruch auf unüberwachten [X.] im Strafvollzug aus der Verfassung folgt, etwa bei verheirateten Gefangenen, die langzeitige Freiheitsstrafen in Justizvollzugsanstalten mit entsprechender Ausstattung verbüßen und denen keine [X.] gewährt werden (vgl. [X.]/[X.], in: [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl. 2017, § 26, Rn. 23; [X.], [X.] und Strafvollzug, 2015, [X.]; [X.]/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 27, Rn. 8: "Wesensgehalt des Grundrechts auf Schutz der Ehe [Art. 6 Abs. 1 [X.]] durch einen völligen Ausschluss von Intimkontakten verletzt"), oder auch diese lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung haben ([X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., E., Rn. 23; [X.]/Krä, [X.], 4. Aufl. 2017, § 24, Rn. 4; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Strafvollzugsgesetz, 6. Aufl. 2013, § 24, Rn. 16), wobei das Ermessen in diesen Fällen erheblich reduziert sein dürfte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

Denn das [X.] hat jedenfalls verkannt, dass die Begründung, mit der die Justizvollzugsanstalt den [X.] ablehnte, der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 [X.] nicht gerecht wird. Die von ihr herangezogene fehlende Verlässlichkeit des Beschwerdeführers wurde lediglich pauschal behauptet und weder durch konkrete Tatsachen, zum Beispiel durch Beanstandungen bei bisherigen Besuchen, belegt, noch ging die Justizvollzugsanstalt darauf ein, inwiefern die fehlende Verlässlichkeit die Versagung des zwar unüberwachten, aber in den geschlossenen Räumen der Justizvollzugsanstalt stattfindenden [X.]s seiner Ehefrau rechtfertigen könne.

Die Erwägung, der Beschwerdeführer sei in Momenten sexuellen Versagens gegenüber Prostituierten straffällig geworden, so dass nicht einschätzbar sei, ob dessen Ehefrau im Rahmen eines nicht überwachten [X.]s gefährdet wäre und ob sie - angesichts der Tatleugnung des Beschwerdeführers - dieses Risiko selbst richtig einschätzen könne, trägt die Versagung ersichtlich schon deshalb nicht, weil die Justizvollzugsanstalt ihre Entscheidung insoweit offenbar auf einer nicht vollständig ermittelten Sachverhaltsgrundlage getroffen hat. Insofern hat die Justizvollzugsanstalt bloße Zweifel, ob die Ehefrau des Beschwerdeführers die Vortaten kenne und richtig einschätzen könne, zur Versagung genügen lassen, obwohl sie diese selbst hätte ausräumen oder erhärten können.

Darüber hinaus ist zweifelhaft, inwiefern diese Erwägung eine Versagung im vorliegenden Fall überhaupt zu tragen vermocht hätte. Wenn der Schutz des Besuchers als ausschlaggebender Versagungsgrund herangezogen wird, obwohl, wie hier, der Besuch des Ehepartners in Rede steht, zu dem bereits regelmäßiger [X.] besteht, und davon auszugehen ist, dass beide Ehepartner diesen Besuch wollen, erscheint die Begründung kaum nachvollziehbar. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Justizvollzugsanstalt, deren Entscheidung nicht auf Belange, die für den [X.] sprächen, eingeht, das [X.], für welches die Aufrechterhaltung der Familienbeziehungen eine erhebliche Rolle spielt, und das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 [X.] bei ihrer Entscheidung hinreichend berücksichtigt hat.

4. Der Beschluss des [X.]s vom 19. Juni 2017 - 5 [X.]-108/17 Vollz - verletzt den Beschwerdeführer ebenfalls in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 [X.] und Art. 6 Abs. 1 [X.].

Zwar hat das [X.] gemäß § 119 Abs. 3 [X.] weitgehend von einer Begründung der Rechtsbeschwerdeentscheidung abgesehen. Dennoch hat es die landgerichtlichen Entscheidungen in den zu beanstandenden Erwägungen umfassend gestützt. Darin liegt eine eigene Verkennung der Bedeutung und Tragweite des Resozialisierungsgrundrechts und des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 [X.].

IV.

Nach § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 [X.]G sind die angegriffenen Beschlüsse des [X.]s und der Beschluss des [X.]s vom 19. Juni 2017 - 5 [X.]-108/17 Vollz - aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das [X.] [X.] zurückzuverweisen. Der Beschluss des [X.]s vom 7. Juli 2017 - 5 [X.]-108/17 Vollz -, mit dem es die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers zurückgewiesen hat, wird damit gegenstandslos.

V.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 [X.]G.

Meta

2 BvR 1649/17

21.09.2018

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend KG Berlin, 7. Juli 2017, Az: 5 Ws 107/17 Vollz, Beschluss

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 11 Abs 1 Nr 2 StVollzG, § 11 Abs 2 StVollzG, § 24 Abs 2 StVollzG, § 109 StVollzG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 21.09.2018, Az. 2 BvR 1649/17 (REWIS RS 2018, 3549)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3549

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