Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2021, Az. VI ZR 1154/20

6. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 3976

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Gegenstand

Vertragliche und deliktische Haftung eines Automobilherstellers und -verkäufers in einem sog. Dieselfall: Sittenwidrigkeit der Verwendung eines Thermofensters; Verjährung kaufrechtlicher Gewährleistungsansprüche; Schutzgesetzverletzung


Leitsatz

Zur vertraglichen und deliktischen Haftung eines Automobilherstellers und -verkäufers in einem sogenannten Dieselfall (hier: Thermofenster).

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 2. Juli 2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den beklagten Fahrzeughersteller auf Schadensersatz wegen Verwendung einer angeblich unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung in Anspruch.

2

Der Kläger erwarb im Oktober 2010 von der Beklagten ein von dieser hergestelltes Neufahrzeug [X.] [X.] zu einem Preis von 42.018,02 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs [X.] ausgestattet. Das Fahrzeug verfügt über eine temperaturabhängige Steuerung des [X.], die die Stickoxidreinigung bei bestimmten Temperaturen ausschaltet ("[X.]").

3

Der Kläger ist der Meinung, bei dem im von ihm erworbenen Fahrzeug verbauten [X.] handle es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung ([X.]) 715/2007. Er behauptet, der Beklagten sei die Unzulässigkeit des [X.]s auch bekannt gewesen, sodass sie beim Inverkehrbringen des [X.] sittenwidrig und mit Schädigungsabsicht gehandelt habe. Soweit noch Gegenstand des Revisionsverfahrens begehrt der Kläger mit seiner Klage in der Hauptsache Rückzahlung des von ihm gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 15.084,47 €, insgesamt also 26.933,55 €, nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs. Darüber hinaus verlangt er die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die unter BeckRS 2020, 22779 veröffentlicht ist, im Wesentlichen ausgeführt, das landgerichtliche Urteil beruhe auf keiner Rechtsverletzung. Ob Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung ([X.]) 715/2007 eng auszulegen sei und das [X.] deshalb eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle, brauche der (Berufungs-)Senat letztlich nicht zu entscheiden. Denn mögliche kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche seien jedenfalls verjährt. Für einen Anspruch aus § 826 BGB fehle es am notwendigen Schädigungsvorsatz der [X.].

6

Kaufrechtliche Ansprüche seien - so das Berufungsgericht - bei Übergabe des [X.] bereits im [X.] verjährt gewesen, wobei die Beklagte die Einrede der Verjährung ausdrücklich erhebe. Ein späterer Verjährungseintritt käme nur dann in Betracht, wenn die Beklagte arglistig im Sinne des § 438 Abs. 3 Satz 1 BGB gehandelt hätte. [X.] handle ein Verkäufer dann, wenn er in Kenntnis des Mangels die Unkenntnis des Käufers ausnutze und einen Umstand nicht mitteile, der den Käufer vernünftigerweise vom Kauf (mit diesem Inhalt) abgehalten hätte. Dafür sei Vorsatz erforderlich. Grobe Fahrlässigkeit reiche nicht aus. [X.] Vorsatz im Sinne eines bloßen "Fürmöglichhaltens" und "Inkaufnehmens" genüge. Ein Rechtsirrtum schließe den Vorsatz wiederum aus. Im Streitfall gehe es nur um die Frage, ob sich die Beklagte in Bezug auf den Vorsatz (Arglist) des § 438 Abs. 3 Satz 1 BGB in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden habe. Von einem solchen Rechtsirrtum sei (jedenfalls) auszugehen. [X.] sich ein arglistiges Verhalten aber nicht feststellen, bleibe es bei der Grundverjährungsregel des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

7

Ein Anspruch aus § 826 BGB bestehe nicht. Zwar könne die Beklagte einem solchen Anspruch den Verjährungseinwand nicht entgegenhalten, weil insoweit § 199 BGB unmittelbar gelte und die Verjährungsfrist (wohl) nicht vor dem [X.] zu laufen begonnen habe. Auch komme ein Anspruch aus § 826 BGB grundsätzlich in Betracht, wenn ein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht werde. Vorliegend scheide eine Haftung der [X.] nach dieser Vorschrift aber aus, weil bei einem [X.] nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Beklagte bewusst eine - unterstellt - objektiv unzulässige Abschalteinrichtung verwendet habe. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte sei allenfalls von einer fahrlässigen Verkennung der Rechtslage auszugehen. Dann aber fehle es am notwendigen Schädigungsvorsatz, da dieser das Bewusstsein eines möglichen Gesetzesverstoßes verbunden mit einer billigenden Inkaufnahme desselben erfordere. Davon könne im Streitfall nicht ausgegangen werden. Die Frage nach Größe und Zulässigkeit eines [X.]s stelle eher einen Expertenstreit dar als eine vorsätzlich unerlaubte Handlung.

II.

8

Die Revision ist insgesamt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision - anders als die Revisionserwiderung meint - unbeschränkt zugelassen. Es hat im Tenor des Urteils die Revisionszulassung ohne Einschränkungen ausgesprochen. Zwar kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Dies muss sich allerdings klar und eindeutig aus den Gründen des Urteils ableiten lassen (vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 2021 - [X.] Rn. 8, [X.]; vom 29. September 2020 - [X.], [X.], 106 Rn. 12; [X.], Urteile vom 8. Januar 2019 - [X.]/17, [X.], 513 Rn. 17; vom 15. Mai 2014 - [X.], NJW 2014, 2857 Rn. 11; vom 31. Mai 2012 - [X.], [X.], 949 Rn. 16). Hieran fehlt es vorliegend. Das Berufungsgericht hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Revision sei zuzulassen, weil die Rechtsfragen um die Verwendung eines [X.]s der höchstrichterlichen Klärung bedürften. Dieser Begründung lässt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ein Wille des Berufungsgerichts, die Zulassung der Revision zu beschränken, schon deshalb nicht entnehmen, weil es aus seiner Sicht in der Berufungsinstanz allein um Ansprüche wegen des [X.]s ging.

III.

9

Die Revision ist unbegründet. Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Rechtsfehler zum Nachteil des [X.] sind dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.

1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen stünden dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht (durchsetzbar) zu.

a) Ein Anspruch des [X.] gegen die Beklagte aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung scheitert dabei auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts bereits an der fehlenden Sittenwidrigkeit des Verhaltens der für die Beklagte handelnden Personen.

aa) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das [X.] aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 13. Juli 2021 - [X.] Rn. 11, [X.]; vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1715 Rn. 29; vom 25. Mai 2020 - [X.] 252/19, [X.]Z 225, 316 Rn. 15; jeweils mwN). Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (Senatsurteile vom 13. Juli 2021 - [X.] Rn. 11, [X.]; vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1715 Rn. 29; vom 25. Mai 2020 - [X.] 252/19, [X.]Z 225, 316 Rn. 15). Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das [X.], sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (Senatsurteile vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1715 Rn. 29; vom 25. Mai 2020 - [X.] 252/19, [X.]Z 225, 316 Rn. 15; Senatsbeschlüsse vom 9. März 2021 - [X.] 889/20, [X.], 661 Rn. 12; vom 19. Januar 2021 - [X.] 433/19, [X.], 297 Rn. 14). Ob das Verhalten des Anspruchsgegners sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB ist, ist dabei eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Kontrolle des [X.] unterliegt (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 13. Juli 2021 - [X.] Rn. 12, [X.]; vom 25. Mai 2020 - [X.] 252/19, [X.]Z 225, 316 Rn. 14 mwN; Senatsbeschlüsse vom 9. März 2021 - [X.] 889/20, [X.], 661 Rn. 14; vom 19. Januar 2021 - [X.] 433/19, [X.], 297 Rn. 15).

bb) Nach diesen Grundsätzen reicht der Umstand, dass im Fahrzeug des [X.] ein [X.] verbaut ist, das - so jedenfalls die für das Revisionsverfahren zugrunde zu legende Behauptung des [X.] - die Abgasrückführung im Fahrzeug bei "weniger als 10 oder 17 Grad" ausschaltet, für sich genommen nicht aus, um dem Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen ein [X.] Gepräge zu geben. Dabei kann zugunsten des [X.] in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass eine derartige temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung ([X.]) 715/2007 zu qualifizieren ist. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, wäre der darin liegende Gesetzesverstoß für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz dieser Steuerungssoftware durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2021 - [X.] Rn. 13, [X.]; Senatsbeschlüsse vom 9. März 2021 - [X.] 889/20, [X.], 661 Rn. 26; vom 19. Januar 2021 - [X.] 433/19, [X.], 297 Rn. 16), für die der Kläger nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast trägt (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.] 433/19, [X.], 297 Rn. 19). So setzt die Annahme von Sittenwidrigkeit in diesen Fällen jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des [X.] in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2021 - [X.] Rn. 13, [X.]; Senatsbeschlüsse vom 9. März 2021 - [X.] 889/20, [X.], 661 Rn. 28; vom 19. Januar 2021 - [X.] 433/19, [X.], 297 Rn. 19).

cc) Den danach bereits für den Vorwurf der Sittenwidrigkeit erforderlichen Vorsatz in Bezug auf die - vom erkennenden Senat wie vom Berufungsgericht unterstellte - Unzulässigkeit des von der [X.] verbauten [X.]s hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht. Im Gegenteil ist es zum Ergebnis gelangt, es sei auf Seiten der [X.] in Bezug auf die Zulässigkeit des [X.]s allenfalls von einer fahrlässigen Verkennung der Rechtslage auszugehen. Hingegen könne nicht angenommen werden, dass sie im Bewusstsein eines möglichen Gesetzesverstoßes verbunden mit der billigenden Inkaufnahme desselben gehandelt habe.

b) Auch die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, auf der Grundlage seiner Feststellungen sei davon auszugehen, dass kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche jedenfalls verjährt seien, ist frei von [X.] zum Nachteil des [X.]. Der - von der Revision nicht angegriffene - Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wenn die Beklagte dem Kläger eine objektiv unzulässige Abschalteinrichtung nicht arglistig verschwiegen habe, gelte insoweit die zweijährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB, die angesichts der Übergabe des [X.] bereits im [X.] abgelaufen sei, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ein arglistiges Verschweigen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vermochte das Berufungsgericht vor dem Hintergrund des nach seinen Feststellungen fehlenden Vorsatzes der [X.] in Bezug auf die Unzulässigkeit des eingebauten [X.]s nicht festzustellen.

2. Erfolglos wendet sich die Revision gegen die der rechtlichen Beurteilung unter 1. zugrundeliegende Feststellung des Berufungsgerichts, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte bewusst eine - unterstellt - objektiv unzulässige Abschalteinrichtung verwendet habe, vielmehr habe sie die Rechtslage allenfalls fahrlässig verkannt. Die von ihr insoweit erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.

a) Die Revision macht geltend, das Berufungsgericht habe übergangen, dass der Kläger über das [X.] hinaus weitere unzulässige Abschalteinrichtungen behauptet habe. Das trifft nicht zu.

Schon den tatbestandlichen Feststellungen im Berufungsurteil (Seite 3 oben), gegen die sich der Kläger nicht mit einem Antrag auf [X.] gewandt hat und die durch das Sitzungsprotokoll nicht entkräftet werden, ist zu entnehmen, dass sich der Kläger allein auf ein [X.] als unzulässige Abschalteinrichtung berufen hat; hieran ist der erkennende Senat gemäß § 314 ZPO gebunden.

Unabhängig davon zeigt die Revision insoweit aber auch keinen relevanten Vortrag des [X.] in den Vorinstanzen auf. Soweit sie sich auf das Vorhandensein einer Steuerungssoftware beruft, die das Durchfahren des [X.] ([X.]) auf dem Prüfstand erkenne und den Ausstoß von Stickoxiden (nur) auf dem Prüfstand optimiere, legt sie bereits nicht dar, wann der Kläger in den Vorinstanzen eine entsprechende Behauptung aufgestellt haben soll. Entsprechendes gilt für die weiteren Behauptungen der Revision, die Abgasreinigung werde nach 26 Kilometern abgeschaltet, ihr Wirkungsgrad verschlechtere sich ohne erkennbaren Grund, sobald der Motor nach dem Start 17,6 Gramm Stickoxide ausgestoßen habe, die Motorsteuerung wechsle nach 1200 Sekunden in den "schmutzigen" Modus, während des Durchfahrens des [X.] werde eine erhöhte Menge an benötigtem Harnstoff (AdBlue) im [X.] beigemischt, schließlich beinhalte die konkrete Softwareprogrammierung, dass die Regeneration von [X.], die für die Effizienz der Abgasreinigung erforderlich sei, beinahe ausschließlich in den ersten 20 bis 25 Minuten des [X.] erfolge. Soweit sich die Revision schließlich auf die Seiten 6 f. der [X.] und den dort enthaltenen Hinweis des [X.] auf "unzulässige Strategien" in Bezug "auf den Einsatz des [X.]" in Fahrzeugen, in die der streitgegenständliche Motortyp eingebaut worden sei und bei denen das Kraftfahrtbundesamt unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt habe, beruft, lässt sich ihrer Rüge nicht entnehmen, dass es sich um prozessual berücksichtigungsfähiges Vorbringen, insbesondere um Tatsachenbehauptungen von ausreichender Substanz, handelte (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2021 - [X.] Rn. 16, [X.]; [X.] NJW 2008, 542; [X.] ZPO/Kessal-Wulf, ZPO § 551 Rn. 13.1 [Stand: 1.7.2021]; [X.], 23. Aufl. 2018, ZPO § 551 Rn. 28). Weder beschreibt der Begriff der "unzulässigen Strategien" schlüssig eine unzulässige Abschalteinrichtung, noch zeigt die Revision auf, wie der Kläger auf die nachfolgende, von der Revisionserwiderung in Bezug genommene Behauptung der [X.], das im Jahr 2010 auf der Grundlage der [X.] 5-Norm erstmals zugelassene Fahrzeug des [X.] verfüge über gar kein [X.], reagiert, ob er diese Behauptung also bestritten hat.

b) Auch die übrigen Verfahrensrügen hat der erkennende Senat geprüft, sie aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

3. Soweit die Revision in der mündlichen Revisionsverhandlung die Auffassung vertreten hat, der [X.] ergebe sich aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 Satz 1 [X.]-FGV oder § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) 715/2007, trifft auch dies nicht zu. Bei den genannten Vorschriften der [X.]-FGV und der Verordnung ([X.]) 715/2007 handelt es sich nicht um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die den Schutz des hier maßgeblichen wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts eines Fahrzeugerwerbers - also des Interesses, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden - bezwecken (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 2021 - [X.] 566/20, [X.]; Senatsurteile vom 25. Mai 2020 - [X.] 252/19, [X.]Z 225, 316 Rn. 72 ff.; vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1715 Rn. 10 ff.). Einer Vorlage an den [X.] zur Durchführung eines [X.] gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es insoweit nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 2021 - [X.] 566/20, [X.]; Senatsurteil vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1715 Rn. 16).

[X.]     

      

von [X.]     

      

Offenloch

      

Allgayer     

      

Linder     

      

Meta

VI ZR 1154/20

20.07.2021

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 2. Juli 2020, Az: 1 U 223/19

§ 438 Abs 1 Nr 3 BGB, § 438 Abs 3 S 1 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 826 BGB, § 6 Abs 1 EG-FGV, § 27 Abs 1 S 1 EG-FGV, Art 5 Abs 1 EGV 715/2007, Art 5 Abs 2 EGV 715/2007, § 551 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2021, Az. VI ZR 1154/20 (REWIS RS 2021, 3976)

Papier­fundstellen: WM 2021, 2105 REWIS RS 2021, 3976

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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