Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16.12.2014, Az. 2 BvE 2/12

2. Senat | REWIS RS 2014, 324

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Zur Rechtsstellung der Mitglieder der Bundesversammlung - keine Rügebefugnis eines Delegierten bzgl der Wahl der von einem anderen Bundesland entsandten Versammlungsmitglieder - kein generelles Rede- oder Antragsrecht der Mitglieder der Bundesversammlung - sowie zu den Befugnissen des Leiters der Bundesversammlung - teils unzulässige, teils unbegründete Anträge im Organstreitverfahren bzgl der 15. Bundesversammlung


Gründe

1

Das mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Organstreitverfahren betrifft die Rechte eines Mitglieds der 15. [X.] anlässlich der Wahl [X.] zum [X.]präsidenten.

2

Der Antragsteller wurde durch die Volksvertretung des [X.] als Mitglied der 15. [X.] gewählt. Im Vorfeld der [X.] legte er in den Ländern [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] gegen die Wahl der dortigen Delegierten Einspruch ein. Er machte dabei geltend, die jeweilige Wahl nach [X.] verstoße gegen § 4 Abs. 5 des Gesetzes über die Wahl des [X.]präsidenten durch die [X.] ([X.]präsidentenwahlgesetz - im Folgenden: [X.]) vom 25. April 1959 ([X.]) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 12. Juli 2007 ([X.]), weil auf der Liste für die Ersatzkandidaten [X.]n vorgesehen seien, so dass entgegen dieser Vorschrift für den Fall der Nichtannahme der Wahl oder des Ausscheidens eines Mitglieds nicht der nächste Bewerber derselben Vorschlagsliste eintrete, sondern je nach Parteizugehörigkeit des entfallenden Mitglieds ein Bewerber der jeweiligen [X.]. Es handele sich daher um eine vom Gesetz nicht vorgesehene Abstimmung "en bloc" über verschiedene Listen. Die Wahl sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Freiheit der Wahl verstoße, denn der einzelne [X.]sabgeordnete habe keine freie Wahl zwischen einzelnen Listen.

3

Die Einsprüche wurden von den jeweiligen [X.]spräsidenten wegen mangelnder [X.] als offensichtlich unzulässig angesehen.

4

Vor dem Zusammentritt der 15. [X.] stellte der Antragsteller gemeinsam mit den Mitgliedern der [X.] Apfel und [X.] schriftlich Anträge auf Ausschluss der Delegierten aus den Ländern [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] von der [X.] und auf Befassung der [X.] mit den Einsprüchen gegen die Delegiertenwahlen in den vorgenannten Ländern nach § 5 Satz 3 [X.]. Ferner reichte er gemeinsam mit den genannten weiteren Mitgliedern den Antrag ein, eine Geschäftsordnung zu beschließen, welche bei Geltung der Geschäftsordnung des [X.] im Übrigen für jeden Kandidaten für das Amt des [X.]präsidenten die Gelegenheit zur Vorstellung in bis zu 30-minütiger freier Rede und für jeden [X.] das Recht auf Bestimmung eines Mitglieds der [X.] zum "Wahlbeobachter" bei der Stimmauszählung vorsah.

5

Für die Mehrheit der Mitglieder der [X.] wurde vor der [X.] schriftlich ein Antrag eingereicht, wonach auf die 15. [X.] die Geschäftsordnung des [X.] mit der Maßgabe Anwendung finden sollte, dass Anträge nur schriftlich gestellt werden könnten und eine Aussprache nicht stattfinde.

6

Am 18. März 2012 trat die 15. [X.] zusammen. Sie hatte insgesamt 1240 Mitglieder, die 620 Mitglieder des [X.] und 620 Mitglieder, die von den [X.] gewählt worden waren. Der Antragsgegner zu 1) stellte die Anträge auf Ausschluss der Delegierten aus zehn Ländern und auf Befassung der [X.] mit den Einsprüchen - ohne vorherige Aussprache - nicht zur Abstimmung. Nachdem er die Beschlussfähigkeit der [X.] festgestellt hatte, wurde der von der Mehrheit getragene Geschäftsordnungsantrag zur Abstimmung gestellt und von der [X.] mehrheitlich angenommen. Danach erklärte der Antragsgegner zu 1), über den aus dem [X.] des Antragstellers entnommenen Antrag, eine mündliche Vorstellung der Kandidaten zu ermöglichen, wegen offenkundiger Unzulässigkeit ebenfalls nicht abstimmen zu lassen; eine Aussprache über diesen Antrag fand nicht statt. Anschließend wurde der wiederum dem [X.] entnommene Antrag betreffend die Benennung von "Wahlbeobachtern" zur Abstimmung gestellt, fand aber in der hierüber - ohne vorherige Aussprache - durchgeführten Abstimmung keine Mehrheit.

7

Nachdem die Wahl durchgeführt worden war und der Gewählte erklärt hatte, er nehme die Wahl an, und eine Ansprache gehalten hatte, erklärte der Antragsgegner zu 1), die [X.] sei geschlossen.

8

Mit seinen am 10. April 2012 eingegangenen Anträgen macht der Antragsteller im Organstreitverfahren geltend, als Mitglied der 15. [X.] durch die Antragsgegner in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

9

Ihm stehe ein Rederecht aus einer entsprechenden Anwendung des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG, jedenfalls aus [X.]gewohnheitsrecht, zu. Dieses Rederecht habe der Antragsgegner zu 1) verletzt, indem er ihm das Wort zur mündlichen Begründung seiner Anträge nicht erteilt und seine Anträge nicht zur Abstimmung gestellt habe. Die Antragsgegnerin zu 2) habe sein Rederecht durch Beschluss einer Geschäftsordnung, welche die mündliche Begründung von [X.] und anderen Anträgen sowie eine Aussprache hierüber nicht zugelassen habe, verletzt.

Ihm stehe außerdem ein aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG analog in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 GG (Rechtsstaatsprinzip) folgendes Recht zu, bei der Auszählung der Stimmen anwesend zu sein oder jedenfalls ein Mitglied der [X.] benennen zu können, das bei der Stimmenauszählung als Beobachter anwesend sein dürfe. Dieses Anwesenheitsrecht folge auch aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl, der in den Regelungen der Wahlgesetze des [X.] und der Länder konkretisiert worden sei.

Der Antragsteller sieht sich ferner wegen einer Verfälschung des [X.] seiner Stimme in seinem organschaftlichen Wahl- und Abstimmungsrecht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG analog verletzt, weil an der Wahl des [X.]präsidenten Personen mitgewirkt hätten, die nicht ordnungsgemäß gewählt worden seien und daher nicht an der Wahl hätten teilnehmen dürfen. Sein Wahlrecht beinhalte ein gegen beide Antragsgegner gerichtetes Abwehrrecht des Inhalts, versammlungsfremde Personen nicht an der Wahlhandlung teilnehmen zu lassen.

Dieser Fehler in der Zusammensetzung habe die Unwirksamkeit der Wahl des [X.]präsidenten zur Folge, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass eine Wahl nur durch die fehlerfrei bestimmten Mitglieder der [X.] zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte.

Die [X.] hätte, selbst wenn seine Einsprüche gegen die Delegiertenwahlen in zehn Ländern unzulässig gewesen sein sollten, nach § 5 Satz 3 [X.] über seine Einsprüche entscheiden müssen.

Darüber hinaus beantragt der Antragsteller im Wege einer einstweiligen Anordnung, den mecklenburg-vorpommerschen Strafverfolgungsbehörden im Hinblick auf ein gegen ihn geführtes Strafverfahren bis zur Hauptsacheentscheidung in dem Organstreitverfahren jegliche Strafverfolgungsmaßnahmen gegen ihn zu untersagen. Zur Begründung trägt er vor, seine Immunität gemäß § 7 Satz 2 [X.] in Verbindung mit Art. 46 Abs. 2 GG bestehe fort, weil die Wahl des [X.]präsidenten unwirksam gewesen sei, so dass die [X.] nicht wirksam habe geschlossen werden können.

Die Anträge zu 5., 8. und 9. sind bereits unzulässig, die übrigen Anträge sind jedenfalls offensichtlich unbegründet (§ 24 Satz 1 [X.]G).

Das mit dem Antrag zu 9. verfolgte [X.] ist kein tauglicher Gegenstand eines Organstreitverfahrens (1.), hinsichtlich der Anträge zu 5. und 8. ist der Antragsteller nicht antragsbefugt (2.).

1. Das mit dem Antrag zu 9. verfolgte Begehren kann nicht Gegenstand eines Organstreitverfahrens sein, da es auf einen rechtsgestaltenden Ausspruch abzielt (vgl. [X.] 1, 351 <371>; 20, 119 <129>; 124, 161 <188>; [X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 64 ff.).

a) Nach dem Hauptantrag zu 9. soll die Wahl von [X.] zum [X.]präsidenten durch die 15. [X.] für ungültig erklärt und eine Wiederholungswahl angeordnet werden. Der Antrag ist damit unmittelbar auf eine unzulässige Rechtsgestaltung und den Ausspruch einer Verpflichtung gerichtet. Er kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Antragsteller mit dem Hauptantrag zu 9. die Feststellung einer Verletzung seiner organschaftlichen Rechte und damit ein zulässiges [X.] verfolgt. Denn er begehrt mit dem weiteren Antrag zu 8., den er auf denselben Sachverhalt stützt, ausdrücklich die Feststellung einer Verletzung seiner Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG.

b) Der Hilfsantrag zu 9. ist ebenfalls nicht auf ein zulässiges [X.] gerichtet. Er zielt auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl und damit auf eine Feststellung mit gestaltender Wirkung (vgl. [X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 67). Für eine Auslegung dahin, dass der Antragsteller die Feststellung einer Verletzung in seinen organschaftlichen Rechten begehrt, ist angesichts des Wortlautes des Antrages zu 8. wiederum kein Raum.

2. Hinsichtlich der Anträge zu 5. und 8. ist der Antragsteller nicht antragsbefugt. Nach § 64 Abs. 1 [X.]G muss ein Antragsteller im Organstreitverfahren geltend machen, durch eine Maßnahme des Antragsgegners in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten verletzt zu sein.

Dem Antragsteller steht von [X.] wegen ein organschaftliches Recht nicht zu, die Wahl der von anderen Ländern in die [X.] entsandten Delegierten zu rügen und mit dieser Begründung die ordnungsgemäße Zusammensetzung der [X.] auf den Prüfstand zu stellen. Wie der [X.] bereits entschieden hat, bestehen keine über § 5 [X.] hinausgehenden organschaftlichen Rechte auf Überprüfung der Wahl der Delegierten in den Volksvertretungen der Länder ([X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 73 ff.).

Die Voraussetzungen des § 5 [X.] sind hier nicht erfüllt. Nach § 5 Satz 1 [X.] ist jedes Mitglied des jeweiligen [X.] und jeder in eine Vorschlagsliste aufgenommene Bewerber zu einem Einspruch berechtigt. Damit ist sichergestellt, dass zugunsten derjenigen, die durch die Wahl in dem jeweiligen Landesparlament unmittelbar betroffen sein können, Rechtsschutz besteht. Zu diesem Personenkreis zählt der Antragsteller nicht, der sich nicht gegen die Wahl im [X.], sondern gegen den Wahlmodus in anderen [X.]en wendet. Demnach liegen auch die Voraussetzungen für eine Entscheidung der [X.] nach § 5 Satz 3 [X.] nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist die [X.] zu einer Entscheidung über einen Einspruch nur befugt, falls der [X.] über einen nach § 5 Satz 1 [X.] zulässigen Einspruch nicht mehr rechtzeitig entscheiden konnte. Hier aber liegt kein nach § 5 Satz 1 [X.] zulässiger Einspruch vor. Ein Recht oder gar eine Pflicht der [X.] zur Entscheidung über Einsprüche außerhalb von § 5 Satz 1 [X.] gewährt § 5 Satz 3 [X.] nicht (vgl. [X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 79, 123).

Ob die Anträge zu 1. bis 4. und 6. bis 7. zulässig sind, kann offen bleiben. Denn sie sind jedenfalls offensichtlich unbegründet (vgl. [X.] 6, 7 <11>; 60, 243 <246>; 96, 1 <5>; 97, 350 <368>; 128, 278 <280>).

1. Die Antragsgegner haben Rede- und Antragsrechte des Antragstellers nicht verletzt (Anträge zu 1. bis 4. und 6.).

a) Den Mitgliedern der [X.] sind durch Art. 54 GG außer dem Recht zur Teilnahme an der Wahl nur begrenzt Mitwirkungsrechte zugewiesen, soweit sie zur Wahrnehmung des Wahlrechts erforderlich sind. Die für Abgeordnete des [X.] geltende Regelung des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ist wegen der andersartigen Aufgabe der [X.] auf deren Mitglieder nicht übertragbar (vgl. [X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 90, 99 ff.). Das Grundgesetz gewährleistet ihnen kein generelles Rede- und Antragsrecht. Insbesondere findet die Wahl des [X.]präsidenten nach Art. 54 Abs. 1 GG "ohne Aussprache" statt; zu einer Personal- und [X.] über oder mit den Kandidaten sind die Mitglieder der [X.] danach nicht berechtigt (vgl. [X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 108 ff.).

Der Präsident des [X.] als Leiter der [X.] ist befugt, Sach- und Geschäftsordnungsanträge, die offensichtlich nicht im Einklang mit der Verfassung stehen, nicht zur Abstimmung zu stellen, ohne dem jeweiligen Antragsteller zuvor das Wort zu erteilen (vgl. [X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 117 f.).

b) Nach diesen Maßstäben sind im Rahmen der 15. [X.] organschaftliche Rechte des Antragstellers offensichtlich nicht verletzt worden.

aa) Die Antragsgegnerin zu 2) hat durch den Beschluss einer Geschäftsordnung, wonach Anträge nur schriftlich eingereicht werden können und eine Aussprache nicht stattfindet, keine dem Antragsteller durch die Verfassung eingeräumten Rechte verletzt (Antrag zu 6.). Die Abgabe der Stimmen und ihre Auszählung bedürfen eines Rede- und Antragsrechts grundsätzlich nicht. Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl in der [X.], welche möglicherweise ein verfassungsrechtliches Rederecht begründen könnten, macht der Antragsteller nicht geltend ([X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 113).

bb) Der Antragsgegner zu 1) hat keine organschaftlichen Rechte des Antragstellers verletzt, indem er den von diesem eingebrachten [X.] - bis auf den hieraus entnommenen Antrag auf Benennung von Wahlbeobachtern (vgl. unten Rn. 34) - nicht zur Abstimmung gestellt hat (Antrag zu 4.). Die vom Antragsteller beantragte Ausgestaltung der Geschäftsordnung, nach der den Kandidaten für das Amt des [X.]präsidenten Gelegenheit gegeben werden sollte, sich bis zu 30 Minuten in freier Rede vorzustellen, hätte eine Verletzung des Ausspracheverbots des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 GG bedeutet ([X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 120 f.).

cc) Der Antragsgegner zu 1) war schon deshalb nicht verpflichtet, dem Antragsteller das Wort zur Begründung seines [X.]es zu erteilen (Antrag zu 3.). Er war auch aus anderen Gründen nicht gehalten, vor der Beschlussfassung über eine Geschäftsordnung Redebeiträge zuzulassen. Der auf Grundlage von Art. 54 Abs. 7 GG erlassene § 8 Satz 2 [X.] sieht die Geltung der Geschäftsordnung des [X.] - mit darin gemäß § 29 enthaltenen Rederechten - nur vor, "sofern" sich nicht die [X.] eine eigene Geschäftsordnung gibt. Ist - wie hier - bereits erkennbar, dass die [X.] von ihrem Recht, die Ordnung ihrer Geschäfte selbst zu regeln, Gebrauch machen möchte, kommt die Geschäftsordnung des [X.] nicht zum Tragen ([X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 130). Dabei ist das Vorgehen des Antragsgegners zu 1) nicht zu beanstanden, über den von der Mehrheit der [X.] getragenen Antrag zur Geschäftsordnung vorrangig, jedenfalls vor Erteilung des Worts an ein Mitglied der [X.], abstimmen zu lassen. Denn der von der Mehrheit getragene Antrag hatte erkennbar zum Ziel, in der [X.] generell keine Redebeiträge zuzulassen. Diese Zielrichtung wäre unterlaufen worden, hätte der Antragsgegner zu 1) dem Antragsteller zuvor das Wort erteilt ([X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 131).

dd) Der Antragsgegner zu 1) hat ferner keine organschaftlichen Rechte des Antragstellers dadurch verletzt, dass er dessen Antrag auf Ausschließung von Mitgliedern der [X.] wegen einer Fehlerhaftigkeit ihrer Wahl in den Volksvertretungen der Länder nicht zur Abstimmung gestellt hat (Antrag zu 2.). Die Voraussetzungen für die (subsidiäre) Befassung der [X.] mit der Wahlprüfung gemäß § 5 Satz 3 [X.] waren ersichtlich nicht erfüllt (vgl. oben Rn. 22). Die [X.] war nicht befugt, sich mit diesem offensichtlich gegen Art. 54 Abs. 3 GG verstoßenden Antrag zu befassen; ein dem Antrag entsprechendes Verfahren hätte zur [X.]widrigkeit der Wahl des [X.]präsidenten geführt.

ee) Da sich die [X.] mit dem Antrag auf Ausschließung von Mitgliedern der [X.] wegen einer Fehlerhaftigkeit ihrer Wahl in den Volksvertretungen der Länder von [X.] wegen nicht befassen durfte, war der Antragsgegner zu 1) auch nicht verpflichtet, dem Antragsteller zur Begründung dieses Antrags das Wort zu erteilen (Antrag zu 1.; [X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 128).

2. Der Antrag zu 7., mit dem der Antragsteller die Ablehnung seines Antrags, jedem [X.] die Benennung eines bei der Stimmenauszählung anwesenden "Wahlbeobachters" zu gestatten, durch die Antragsgegnerin zu 2) beanstandet, ist ebenfalls offensichtlich unbegründet.

Das [X.]verfassungsgericht hat wiederholt entschieden, dass das Grundgesetz einem Mitglied der [X.] kein Recht übertragen hat, als "Wahlbeobachter" nach jedem Wahlgang zur Wahl des [X.]präsidenten an der Auszählung der Stimmen und der Ermittlung des Wahlergebnisses teilzunehmen, und der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl die Zulassung von "Wahlbeobachtern", die durch [X.] benannt werden, bei der Auszählung der Stimmen und der Ermittlung des Wahlergebnisses der einzelnen Wahlgänge in der [X.] nicht gebietet ([X.] 130, 367 <369 f.>; [X.], Urteil des [X.] vom 10. Juni 2014 - 2 [X.] und 2 [X.] -, juris, Rn. 134).

Mit der Entscheidung in der Hauptsache erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Besondere [X.], die die Anordnung einer Auslagenerstattung nach § 34a Abs. 3 [X.]G ausnahmsweise angezeigt erscheinen lassen (vgl. [X.] 96, 66 <67>), liegen nicht vor.

Meta

2 BvE 2/12

16.12.2014

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvE

Art 38 Abs 1 S 2 GG, Art 54 Abs 3 GG, § 24 S 1 BVerfGG, § 64 Abs 1 BVerfGG, § 5 S 1 BPräsWahlG, § 5 S 3 BPräsWahlG, § 29 BTGO 1980

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16.12.2014, Az. 2 BvE 2/12 (REWIS RS 2014, 324)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 324 BVerfGE 138, 125-136 REWIS RS 2014, 324

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2 BvE 2/12

Au 3 K 15.1188

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