Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.11.2014, Az. VI ZR 18/14

6. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1476

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ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT UNTERLASSUNG BUNDESGERICHTSHOF (BGH) MEDIEN INTERNET TECHNIK

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Gegenstand

Verletzung des Rechts am eigenen Bild durch Bildnisveröffentlichung im Rahmen eines Informationsportals mit der Online-Ausgabe einer Tageszeitung: Reichweite eines vertraglich vereinbarten Unterlassungsgebotes


Leitsatz

Zur Reichweite eines vertraglich vereinbarten Unterlassungsgebotes - hier: Keine Verpflichtung zur Einwirkung auf RSS-Feed-Abonnenten, die das vor Abschluss des Unterlassungsvertrages bezogene Bild weiter veröffentlichen.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 27. Zivilkammer des [X.] vom 5. Dezember 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Kläger gegen die Abweisung ihres Anspruchs auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.425,98 € zuzüglich Zinsen zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte betreibt den Internetauftritt [X.]. Am 13. Oktober 2009 veröffentlichte sie dort unter dem Titel "[X.] radelt die [X.] in den Freigang" ein Foto von [X.], das heimlich aufgenommen worden war. Bild und Nachricht konnten von den [X.] der [X.] bezogen werden. [X.] beauftragte die nun aus abgetretenem Recht klagenden Rechtsanwälte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen und diese nahmen im Namen von [X.] die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung des Bildes in Anspruch. Die Beklagte gab daraufhin am 13. Oktober 2009 folgende schriftliche Erklärung ab:

"Die Bild Digital GmbH & Co. KG (frühere Firma der [X.]) verpflichtet sich ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich, gegenüber [X.], es bei Meidung einer für den Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung von [X.] festzusetzenden, im Streitfall der Höhe nach vom zuständigen Gericht zu überprüfenden und an [X.] zu zahlenden Vertragsstrafe, es zukünftig zu unterlassen, das nachfolgende Bildnis von [X.] erneut zu verbreiten [Darstellung des Bildes] wie in der Bild vom [X.] unter der Überschrift "Hier radelt die [X.] in den Freigang" geschehen."

2

Am 13. Oktober 2009 löschte die Beklagte das Bild aus ihrem Internetauftritt, versah es mit einem Sperrvermerk und verbreitete diesen Sperrvermerk an die Adressaten eines in ihrem Haus eingerichteten "großen Verteilers". Sie stellte den Antrag auf Löschung im [X.]. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2009 erklärte [X.], vertreten durch die Kläger, die Annahme der Unterlassungserklärung. Die in [X.] ansässige Betreiberin eines [X.] Informationsportals - die [X.] - hatte als Abonnentin des RSS-Feeds vor der Sperrung von der [X.] den Informationsblock mit dem Bild bereits bezogen, so dass das Bild mit der Überschrift "[X.] [X.] radelt in den Freigang" am 16. Oktober 2009 auf ihrer Website noch zu sehen war. Im Auftrag von [X.] nahmen die Kläger auch die [X.] auf Unterlassung in Anspruch. Diese entfernte das Bild, die Überschrift und den Begleittext von ihrer Website, verweigerte aber die Zahlung der durch die Inanspruchnahme der klagenden Rechtsanwälte entstanden Rechtsanwaltskosten, die die Kläger aus abgetretenem Recht von [X.] gegen sie erfolglos geltend machten. Insoweit wird auf das Urteil des erkennenden Senats vom 27. März 2012 ([X.], NJW 2012, 2345) Bezug genommen.

3

Im vorliegenden Rechtsstreit begehren die Kläger aus abgetretenem Recht der [X.] von der [X.] den Ersatz der Kosten ihrer Tätigkeit gegenüber dem Informationsportal [X.], die Kosten für das Aufforderungsschreiben an die Beklagte hinsichtlich dieser Ersatzforderung sowie die Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Verletzung der strafbewehrten Unterlassungserklärung, weil das Bild noch am 16. Oktober 2009 in dem Informationsportal sichtbar war.

4

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe dem Unterlassungsgebot nicht schuldhaft zuwidergehandelt. Zwar habe der [X.] als Unterlassungsschuldnerin grundsätzlich die Pflicht oblegen, jeden aufgrund ihres Verhaltens drohenden Verletzungsfall nach Kräften abzuwenden und dabei in angemessenem und zumutbarem Umfang auch auf außerhalb ihrer Betriebsorganisation stehende Dritte einzuwirken. Die Verbreitung eines [X.] via [X.] an alle, die es angehe, und zwangsläufig auch an diejenigen, die es nicht angehe, sei ihr nicht abzuverlangen gewesen, käme dies doch einer Presseerklärung bzw. öffentlich verbreiteten Unterlassungserklärung gleich, die die Beklagte nicht schulde. Es sei ihr nicht zumutbar gewesen, vorsorglich jeden Abonnenten darüber zu informieren, dass ein [X.] wegen einer geltend gemachten Rechtsverletzung aus dem Netz genommen worden sei. Die Überprüfung aller Bezieher ihres kostenlosen [X.]s dahingehend, ob zwischenzeitlich von dem "[X.]" Gebrauch gemacht und das Bild von dort aus verbreitet worden sei, sei ihr nicht abzuverlangen und kurzfristig wohl auch nicht möglich gewesen. Mangels Verschuldens der [X.] scheitere auch der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch.

II.

6

Die Revision ist teilweise begründet.

7

1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], die Kläger könnten von der [X.] nicht die Zahlung der versprochenen Vertragsstrafe verlangen.

8

a) Allerdings geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass mit der Annahmeerklärung der [X.], vertreten durch die Kläger, vom 14. Oktober 2009 zwischen [X.] und der [X.] ein [X.] zustande gekommen ist (vgl. [X.], Urteil vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.], 878 Rn. 14 ff.).

9

b) Die Parteien sind in der inhaltlichen Ausgestaltung eines [X.]es grundsätzlich frei (vgl. [X.], Urteil vom 17. Juli 1997 - [X.], [X.], 3087). Die Auslegung eines [X.]es richtet sich nach den allgemeinen für die Vertragsauslegung geltenden Regeln ([X.], Urteile vom 17. Juli 1997 - [X.], [X.], 1067, 1069; vom 13. Februar 2003 - I ZR 281/01, [X.], 545; vom 20. Juni 1991 - [X.], NJW-RR 1991, 1318, 1319). Maßgebend ist demnach der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), bei dessen Ermittlung neben dem [X.] die beiderseits bekannten Umstände wie insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, deren Zweck sowie die Interessenlage der Vertragsparteien heranzuziehen sind ([X.], Urteile vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.], 878 Rn. 18; vom 18. September 1997 - [X.], [X.], 471, 472; vom 3. Juli 2003 - [X.], NJW-RR 2003, 1278).

c) Die Auslegung der einzelvertraglichen Regelung durch das Berufungsgericht kann vom Revisionsgericht darauf überprüft werden, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (vgl. nur [X.], Urteile vom 13. Februar 2003 - I ZR 281/01, [X.], 545; vom 5. Juni 1997 - [X.], NJW 1997, 3377, 3378; Senatsurteil vom 10. Februar 2009 - [X.], [X.], 1482 Rn. 17). Die gesetzlichen Auslegungsvorschriften der §§ 133, 157 BGB verlangen nicht nur, dass der Tatrichter alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend würdigt, sondern außerdem, dass er seine Erwägungen in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar darlegt. Zumindest die wichtigsten für und gegen eine bestimmte Auslegung sprechenden Umstände sind in ihrer Bedeutung für das Auslegungsergebnis zu erörtern und gegeneinander abzuwägen. Ist die Begründung in diesem Sinne lückenhaft, so leidet die Entscheidung an einem rechtlichen Mangel und bindet das Revisionsgericht nicht ([X.], Urteil vom 16. Oktober 1991 - [X.], NJW 1992, 170).

d) Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Entscheidung des [X.] nicht erkennen lässt, ob es bei der Bestimmung der [X.] der [X.] davon ausgegangen ist, dass die Grundlage für die Frage nach einem Verstoß gegen [X.] zunächst die vertragliche Unterlassungsvereinbarung ist und deshalb gemäß §§ 133, 157 BGB für die Auslegung vom Wortlaut dieser Vereinbarung auszugehen ist. Das Berufungsgericht geht im Ansatz davon aus, dass grundsätzlich eine Verpflichtung der [X.] zur Benachrichtigung und Einwirkung auf die [X.]-Abonnentin bestanden hat. Es hat, ohne den [X.] auszulegen, die Ablehnung darauf gestützt, dass die Information und Einwirkung der [X.] nicht zumutbar sei.

Der Senat kann die von Seiten des [X.] unterbliebene Auslegung selbst vornehmen, weil keine weiteren tatsächlichen Feststellungen zu erwarten sind (vgl. [X.], Urteile vom 5. Januar 1995 - [X.], NJW 1995, 959, 960; vom 5. Juni 1997 - [X.], NJW 1997, 3377, 3378; vom 3. November 1993 - [X.], NJW 1994, 188, 189). Danach hat sich die Beklagte in dem [X.] nicht verpflichtet, [X.]-Abonnenten, die den [X.] - wie im Streitfall die [X.] - vor der seitens der [X.] am 13. Oktober 2009 erfolgten Sperrung bezogen haben, von der Beanstandung der Klägerin und der eigenen Unterlassungserklärung zu benachrichtigen oder in sonstiger Weise auf diese zur Verhinderung der Weiterverbreitung einzuwirken.

Die Beklagte hat sich verpflichtet, es "zukünftig zu unterlassen, das [beanstandete] Bildnis von [X.] erneut zu verbreiten" wie in der Bild vom 13. Oktober 2009 geschehen. Indem auf die Art des Verbreitens am 13. Oktober 2009 Bezug genommen wird, ist damit die Veröffentlichung auf der Website wie auch die Bereitstellung für Abonnenten des [X.]s gemeint. Die Wahl des Wortes "erneut" bringt für den Empfänger der Erklärung, [X.], zum Ausdruck, dass die Beklagte das Bild nach dessen Löschung aus ihrem [X.]auftritt und nach der Beendigung der Abrufbarkeit als [X.] nicht wieder in dieser Form zugänglich machen wird. Dass die Beklagte auch die Verpflichtung übernommen hat, auf die [X.]-Abonnenten, die das Bild vor dieser Löschungs- und Sperraktion abgerufen haben, einzuwirken, um sie von einer weiteren Veröffentlichung oder Verbreitung abzuhalten, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Da der Abruf der [X.] vor dem Abschluss dieses [X.]es erfolgt ist, ist er keine Folge eines erneuten Zugänglichmachens des Bildes durch die Beklagte. Ansprüche aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung auf Zahlung der Vertragsstrafe kann der Gläubiger aber grundsätzlich allein für ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses begangene Verstöße geltend machen. Dass die Vertragsparteien im Streitfall die rückwirkende Verpflichtung zur Zahlung der Vertragsstrafe für vor diesem Zeitpunkt liegende Verstöße gewollt haben, findet im Wortlaut der Vereinbarung keine Stütze (vgl. [X.], Urteil vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.], 878 Rn. 19).

Auch Sinn und Zweck der durch ein [X.] gesicherten Unterlassungsverpflichtung gebieten keine weitergehende Auslegung. Eine Einwirkung auf die [X.]-Abonnentin war im Streitfall nicht erforderlich, um das hauptsächliche Ziel einer strafbewehrten Unterwerfung, die Beseitigung der Wiederholungsgefahr, sicherzustellen. Der für die Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche ernsthafte Unterlassungswille, der in der Unterwerfungserklärung und deren Strafsicherungsangebot sichtbaren Ausdruck finden muss (vgl. [X.], Urteil vom 10. Dezember 1992 - [X.], [X.]Z 121, 13, 19), wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die strafbewehrte Verpflichtung sich nicht auch auf die Beseitigung der durch die Erstveröffentlichung und Abrufbarkeit [X.] ermöglichten weiteren Verbreitung oder öffentlichen Zurschaustellung erstreckt.

Ebenso wenig bietet die Berücksichtigung des Zwecks der Vereinbarung und der Interessenlage der Vertragsparteien dem Vertragsverständnis der Revision eine Stütze. Bei der Auslegung eines [X.]s in einem [X.] kann, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben, nicht auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die für die Verhängung von [X.] bei der Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO maßgebend sind. Den Parteien kann ohne besondere Anhaltspunkte nicht der Wille unterstellt werden, bei der Regelung eines [X.]es eine Regelung gewollt zu haben, die der Rechtslage nach Erlass eines gleichlautenden Unterlassungstitels entspricht ([X.], Urteile vom 25. Januar 2001 - I ZR 323/98, [X.]Z 146, 318, 323 f.; vom 20. Juni 1991 - [X.], NJW-RR 1991, 1318, 1319).

Aus der Sicht des Schuldners soll eine durch ein [X.] gesicherte Unterlassungsverpflichtung sicherstellen, dass für von ihr erfasste Handlungen weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr besteht. Aus der Sicht des Gläubigers geht es in erster Linie um die Sicherung seines als schutzwürdig angesehenen Interesses am Unterbleiben weiterer Zuwiderhandlungen. Außerdem dient die strafbewehrte Unterlassungserklärung aus der Sicht des Gläubigers dazu, einen gerichtlichen Unterlassungstitel zu ersetzen. Es wird deshalb im Allgemeinen weder dem Interesse des Gläubigers noch dem Interesse des Schuldners entsprechen, durch die Unterlassungsverpflichtung schlechter gestellt zu werden als durch einen entsprechenden Titel (vgl. [X.], Urteile vom 18. Mai 2006 - [X.], [X.], 878 Rn. 21, und vom 25. Januar 2001 - I ZR 323/98, [X.]Z 146, 318, 325 f.). Damit ist zu beachten, dass es anerkannten Rechts ist, dass sich eine titulierte Unterlassungsverpflichtung nicht in bloßem Nichtstun erschöpft. Sie umfasst vielmehr auch die Vornahme von Handlungen zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen Störungszustands, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann ([X.], Urteil vom 22. Oktober 1992 - [X.], [X.]Z 120, 73, 76 f. mwN).

So liegt der Fall hier aber nicht. Für ein solches Verständnis der Unterlassungserklärung ist angesichts des Wortlauts kein Raum. Durch die Verwendung des Wortes "erneut" haben die Vertragsparteien klargestellt, dass die Beklagte sich nur verpflichtet hat, das Bild nicht erneut zu verbreiten.

2. a) Soweit die Revision die Auffassung vertritt, einen Anspruch auf Schadensersatz in Gestalt der Rechtsanwaltskosten für das Abmahnschreiben gegenüber der [X.] sowie für das Aufforderungsschreiben gegenüber der [X.] gemäß § 280 Abs. 1 BGB auf die Verletzung des [X.]s stützen zu können, bleibt ihr mangels einer Verletzung von Pflichten dieses Vertrags der Erfolg versagt.

b) Die Revision hat allerdings insoweit Erfolg, als das [X.] einen Erstattungsanspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.425,98 € abgelehnt hat. In Betracht kommt ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG. Dies hat das Berufungsgericht nicht geprüft.

aa) Nach den Feststellungen des [X.] ist das Bild von [X.] heimlich aufgenommen worden. Wenn das von der [X.] in ihr Informationsportal übernommene Bild wie das ursprünglich von der [X.] veröffentlichte Bild erkennbar das äußere Erscheinungsbild von [X.] wiedergibt (vgl. [X.], Urteil vom 10. November 1961 - [X.], [X.], 211), handelt es sich um ein Bildnis im Sinne von § 22 Satz 1 KUG. Die Zulässigkeit der Veröffentlichung beurteilte sich in diesem Fall nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. grundlegend Senatsurteile vom 6. März 2007 - [X.], [X.]Z 171, 275 Rn. 9 ff.; vom 18. Oktober 2011 - [X.], [X.], 116 Rn. 8 f.; vom 22. November 2011 - [X.], [X.], 192 Rn. 23 f.; vom 18. September 2012 - [X.], [X.], 1403 Rn. 25 f. und vom 28. Mai 2013 - [X.], [X.], 1178 Rn. 10, jeweils mwN), das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. [X.] 120, 180, 201 ff.) als auch mit der Rechtsprechung des [X.] im Einklang steht (vgl. [X.], 2647; 2006, 591 sowie [X.], 1053 und 1058). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für die Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG; vgl. Senatsurteil vom 8. April 2014 - [X.], [X.], 890 Rn. 8 mwN). Dazu hat das Berufungsgericht Feststellungen nicht getroffen.

bb) Die - hier unterstellte - Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Form des Rechts am eigenen Bild von [X.] wäre der [X.] zuzurechnen, auch wenn sie erst durch die Weiterverbreitung des [X.] durch Dritte wie hier durch eine Veröffentlichung seitens des [X.]-Abonnenten im [X.] entstanden wäre. Der Senat hat im Urteil vom 17. September 2013 ([X.], [X.]Z 199, 237, Rn. 55 f.) ausgeführt, dass die durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags verursachten Rechtsverletzungen sowohl äquivalent als auch adäquat-kausal auf die Erstveröffentlichung zurückzuführen sind, da Meldungen im [X.] typischerweise von [X.] verlinkt und kopiert werden. Der Zusammenhang wäre auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Persönlichkeitsrechtsverletzung erst durch das selbständige Dazwischentreten Dritter verursacht worden ist. Wirken in der Rechtsgutsverletzung die besonderen Gefahren fort, die durch die erste Ursache gesetzt wurden, kann der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang nicht verneint werden. So läge es im Streitfall bezogen auf die Erstveröffentlichung des Bildes von [X.] im [X.]portal der [X.]. Auch wenn die [X.] sich das Bild erst durch den von der [X.] angebotenen [X.] verschafft und in ihr Informationsportal eingestellt hat, stellte dies eine Verwirklichung der von der [X.] geschaffenen internettypischen Gefahr dar.

cc) Ausgehend von einem rechtswidrigen schuldhaften Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Form des Rechts am eigenen Bild stünde [X.] dem Grunde nach ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG zu, da die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Wahrnehmung ihrer Rechte grundsätzlich notwendig war (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 856 Rn. 10; [X.], Urteil vom 31. Januar 2012 - [X.], [X.], 607 Rn. 9 mwN). Die im Streitfall bestehende Besonderheit, dass ein Dritter zur Unterlassung aufgefordert wurde, dessen etwaige Haftung erst durch einen Hinweis auf eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch die Veröffentlichung des Bildes ausgelöst werden konnte (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. März 2012 - [X.], [X.], 2345 Rn. 19), führte nicht zu einer anderen Beurteilung, da es sich hierbei um grundsätzlich ersatzfähige Aufwendungen zur [X.] handelt (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1977 - [X.], [X.]Z 70, 39, 43 f.; vgl. [X.] in [X.], Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., [X.]. 14 Rn. 37 ff.).

c) Das Berufungsurteil ist danach insoweit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für eine abschließende Entscheidung sind weitere Feststellungen zu den Voraussetzungen des möglichen Schadensersatzanspruchs erforderlich.

[X.]                        Pauge                      [X.]

            Offenloch                    [X.]

Meta

VI ZR 18/14

11.11.2014

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 5. Dezember 2013, Az: 27 S 16/13

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 22 KunstUrhG, § 23 KunstUrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.11.2014, Az. VI ZR 18/14 (REWIS RS 2014, 1476)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 1246 REWIS RS 2014, 1476

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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