Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 25.06.2020, Az. I ZR 176/19

1. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 928

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) EUROPA- UND VÖLKERRECHT EUGH VERBRAUCHERSCHUTZ GESUNDHEIT RAUCHEN RAUCHVERBOT

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Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen: Verdeckung der Warnhinweise auf Zigarettenverpackungen durch Darbietung der Zigaretten in Warenausgabeautomaten; Warenausgabeautomat als "sonstiger Gegenstand" zur Verdeckung i.S.d. Richtlinie; verkleinerte Abbildung der Originalverpackung auf Warenausgabeautomat; genügende Kenntnisnahme der Warnhinweise vor Abschluss des Kaufvertrags - Zigarettenausgabeautomat


Leitsatz

Zigarettenausgabeautomat

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 und Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Erfasst der Begriff des Inverkehrbringens im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU das Darbieten von Tabakerzeugnissen über Warenausgabeautomaten in der Weise, dass die darin befindlichen Zigarettenpackungen zwar die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise aufweisen, die Zigarettenpackungen aber zunächst für den Verbraucher nicht sichtbar im Automaten vorrätig gehalten werden und die darauf befindlichen Warnhinweise erst sichtbar werden, sobald der zuvor vom Kassenpersonal freigegebene Automat vom Kunden betätigt und die Zigarettenpackung dadurch noch vor dem Bezahlvorgang auf das Kassenband ausgegeben wird?

2. Erfasst das in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU enthaltene Verbot, die Warnhinweise "durch sonstige Gegenstände zu verdecken", den Fall, dass im Rahmen der Warenpräsentation durch einen Automaten die ganze Tabakverpackung verdeckt wird?

3. Ist das Tatbestandsmerkmal "Bilder von Packungen" in Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU auch dann erfüllt, wenn es sich bei einer Abbildung zwar nicht um ein naturgetreues Abbild der Originalverpackung handelt, der Verbraucher das Bild aber aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer Tabakverpackung assoziiert?

4. Ist den Anforderungen des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/EU unabhängig von der verwendeten Abbildung bereits dann genügt, wenn der Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags die Gelegenheit hat, die Zigarettenverpackungen mit den vorgeschriebenen Warnhinweisen wahrzunehmen?

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem [X.] werden zur Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 und Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] des [X.] und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/[X.] folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Erfasst der Begriff des Inverkehrbringens im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] das Darbieten von Tabakerzeugnissen über Warenausgabeautomaten in der Weise, dass die darin befindlichen Zigarettenpackungen zwar die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise aufweisen, die Zigarettenpackungen aber zunächst für den Verbraucher nicht sichtbar im Automaten vorrätig gehalten werden und die darauf befindlichen Warnhinweise erst sichtbar werden, sobald der zuvor vom Kassenpersonal freigegebene Automat vom Kunden betätigt und die Zigarettenpackung dadurch noch vor dem Bezahlvorgang auf das Kassenband ausgegeben wird?

2. Erfasst das in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] enthaltene Verbot, die Warnhinweise "durch sonstige Gegenstände zu verdecken", den Fall, dass im Rahmen der Warenpräsentation durch einen Automaten die ganze Tabakverpackung verdeckt wird?

3. Ist das Tatbestandsmerkmal "Bilder von Packungen" in Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] auch dann erfüllt, wenn es sich bei einer Abbildung zwar nicht um ein naturgetreues Abbild der Originalverpackung handelt, der Verbraucher das Bild aber aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer Tabakverpackung assoziiert?

4. Ist den Anforderungen des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] unabhängig von der verwendeten Abbildung bereits dann genügt, wenn der Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags die Gelegenheit hat, die [X.] mit den vorgeschriebenen Warnhinweisen wahrzunehmen?

Gründe

1

A. Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG. Der Beklagte betreibt zwei Supermärkte in [X.]. An den Kassen dieser Märkte bot er nach dem 20. Mai 2017 Zigaretten in dem nachfolgend abgebildeten Ausgabeautomaten zum Verkauf an:

Abbildung

2

Die in dem Ausgabeautomaten vorrätig gehaltenen [X.]en waren für den Kunden nicht sichtbar. Die auf dem Ausgabeautomaten angebrachten Warenauswahltasten ließen zwar verschiedene Zigarettenmarken erkennen, wiesen aber nicht die gesetzlich vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf.

3

Der Verkauf erfolgte in der Weise, dass der Kunde zunächst das Kassenpersonal um die Freigabe des Ausgabeautomaten ersuchte und sodann die Auswahltaste der von ihm gewünschten Zigarettenmarke betätigte. Daraufhin wurde die [X.] aus der Ausgabevorrichtung des Automaten auf das Kassenband befördert. Die Bezahlung der [X.] erfolgte sodann an der Kasse, sofern der Kunde an seiner Erwerbsabsicht festhielt. Diese Organisation des [X.] durch den Ausgabeautomaten diente der Verhinderung von Diebstählen und dem Jugendschutz.

4

Der Kläger beanstandet das Anbieten von Zigaretten über den von der Beklagten betriebenen Ausgabeautomaten als unlauter unter anderem unter dem Gesichtspunkt des [X.] wegen Verstoßes gegen das Verbot der Verdeckung der auf den [X.]en aufgebrachten gesundheitsbezogenen Warnhinweise und der irreführenden Unterlassung durch Vorenthaltung von für den Verbraucher wesentlichen Informationen.

5

Der Kläger hat beantragt, dem Beklagten unter Androhung von [X.] zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr

Tabakprodukte, nämlich Zigaretten so zum Verkauf anzubieten, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den Packungen und den Außenverpackungen im Zeitpunkt des Anbietens verdeckt sind, wenn dies geschieht, wie in Anlage A [entspricht der oben eingeblendeten Abbildung] wiedergegeben;

hilfsweise:

Tabakprodukte, nämlich Zigaretten, so zum Verkauf anzubieten, dass statt der Produktverpackung Abbildungen der Verpackung ohne gesundheitsbezogene Warnhinweise präsentiert werden, wenn dies geschieht wie in Anlage A [entspricht der oben eingeblendeten Abbildung] wiedergegeben.

6

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (LG [X.] I, [X.] 2018, 215). Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben (OLG [X.], [X.], 1380). Der Kläger verfolgt mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, seine Klageanträge weiter.

7

B. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 und Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen ab. Vor einer Entscheidung über die Revision des [X.] ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 A[X.]V eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.

8

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klageanträge seien unbegründet, weil beim Inverkehrbringen von Zigaretten unter Einsatz des streitgegenständlichen Ausgabeautomaten weder die für die Packungsgestaltung vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise verdeckt noch Abbildungen/Bilder von [X.]en ohne solche Warnhinweise gezeigt würden. Hierzu hat es ausgeführt:

9

Der auf das Verbot des Verdeckens der auf den [X.]en aufgebrachten gesundheitsbezogenen Warnhinweise gerichtete Unterlassungshauptantrag sei nicht begründet. Eine unlautere geschäftliche Handlung unter dem Gesichtspunkt des [X.] liege nicht vor. Das gesetzliche Verbot des Verdeckens von Warnhinweisen erfasse keine [X.] wie das Vorrätighalten der [X.]en "unter Verschluss" in dem streitgegenständlichen Ausgabeautomaten. Ein Verdecken der Warnhinweise könne jedenfalls dann nicht angenommen werden, wenn der Verbraucher - wie im Streitfall - vor Abschluss des Kaufvertrags die konkret zu erwerbende [X.] mit dem nicht verdeckten gesundheitsbezogenen Warnhinweis wahrnehmen und seine Kaufentscheidung im Bewusstsein der auf der Verpackung angebrachten, nicht verdeckten Warnhinweise treffen oder von ihr Abstand nehmen könne.

Eine Irreführung durch Unterlassen liege ebenfalls nicht vor. Die Beklagte habe durch die Verwendung des beanstandeten Ausgabeautomaten dem Verbraucher keine für seine geschäftliche Entscheidung wesentliche Information vorenthalten. Dieser habe die Warnhinweise jeweils vor dem Kaufvertragsabschluss auf der zum Kauf ausgewählten und vom Automaten auf das Kassenband ausgegebenen [X.] zur Kenntnis nehmen können.

Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Das gesetzliche Gebot, nach dem Bilder von Packungen die gesundheitsbezogenen Warnhinweise ebenfalls enthalten müssten, diene der Verhinderung der Umgehung der Kennzeichnungsvorschriften. Es gelte nur, wenn das Bild der Packung gegenüber dem Verbraucher anstelle der Präsentation der Packung selbst verwendet werde. Daran fehle es im Streitfall, weil der Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags die Packung selbst mit den dort aufgebrachten Warnhinweisen zur Kenntnis nehmen könne.

II. Der Erfolg der Revision hängt im Hinblick auf den Hauptantrag des [X.] davon ab, ob die Präsentation von Zigaretten mittels des streitgegenständlichen Ausgabeautomaten dem Verbot der Verdeckung der auf der Packung eines [X.] anzubringenden gesundheitsbezogenen Warnhinweise gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] wi[X.]pricht (dazu unter [X.]). Für den Erfolg des [X.] kommt es darauf an, ob auf dem Ausgabeautomaten Bilder von [X.]en präsentiert werden, die abweichend vom Gebot des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] keine gesundheitsbezogenen Warnhinweise zeigen (dazu unter B IV).

III. [X.] kann sich aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1 UWG in Verbindung mit dem Rechtsbruchtatbestand des [X.] gemäß § 3a UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] ergeben. Bei Anwendung dieser Bestimmung stellen sich klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung des [X.]srechts (dazu unter [X.] 3 bis 4). Diese Fragen sind entscheidungserheblich, weil der Unterlassungshauptantrag nicht wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Irreführung durch Unterlassen gemäß § 5a UWG begründet ist (dazu unter [X.] 5).

1. Die für die Begründetheit des [X.] unabhängig von den Auslegungsfragen erforderlichen allgemeinen Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des [X.] (§ 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG) liegen vor.

Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und daher befugt, einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG geltend zu machen. Bei der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG, deren Missachtung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Das dort geregelte Verbot des Verdeckens von gesundheitsbezogenen Warnhinweisen auf Packungen von Tabakerzeugnissen dient dem Gesundheitsschutz der Verbraucher. Ein Verstoß gegen solche Bestimmungen ist im Sinne von § 3a UWG geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen (vgl. [X.], Beschluss vom 31. Oktober 2018 - [X.], [X.], 97 Rn. 11 = [X.], 58 - Apothekenmuster, mwN.). Der Verfolgung eines Verstoßes gegen § 11 [X.] als unlautere geschäftliche Handlung steht nicht entgegen, dass die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken die Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern grundsätzlich vollständig harmonisiert (Art. 3 Abs. 1, Art. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.]). Die Richtlinie lässt nach ihrem Art. 3 Abs. 3 die Rechtsvorschriften der [X.] oder der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt (vgl. [X.], [X.], 97 Rn. 11 - Apothekenmuster). Bei § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] handelt es sich um eine solche Rechtsvorschrift.

2. Die für die Begründetheit des [X.] maßgebliche Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] ist unionsrechtskonform auszulegen.

a) Nach § 6 Abs. 1 [X.] dürfen Tabakerzeugnisse nur in den Verkehr gebracht werden, wenn die Packungen und Außenverpackungen mit den gesundheitsbezogenen Warnhinweisen versehen sind, die die [X.] für das jeweilige Erzeugnis vorschreibt. Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ermächtigt das [X.], zur Durchführung von Rechtsakten der [X.] Inhalt, Art und Weise, Umfang und das Verfahren der Kennzeichnung mit gesundheitsbezogenen Warnhinweisen zu regeln. Auf dieser Grundlage ist in § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] bestimmt, dass gesundheitsbezogene Warnhinweise im Sinne der §§ 12 bis 17 [X.] auf Packungen und Außenverpackungen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens, einschließlich des Anbietens zum Verkauf, nicht teilweise oder vollständig verdeckt oder getrennt werden dürfen. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] um ([X.] in Zipfel/[X.], Lebensmittelrecht, [Stand: Juli 2019], § 11 [X.] Rn. 21). Gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf einer Packung und der Außenverpackung unablösbar aufgedruckt, unverwischbar und vollständig sichtbar sind und dass sie, wenn die Tabakerzeugnisse in Verkehr gebracht werden, nicht teilweise oder vollständig durch Steuerzeichen, Preisaufkleber, Sicherheitsmerkmale, Hüllen, Taschen, Schachteln oder sonstige Gegenstände verdeckt oder getrennt werden.

b) Im Rahmen der vorzunehmenden unionsrechtskonformen Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] stellen sich klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.]. Diese betreffen zum einen das Merkmal des Inverkehrbringens (dazu unter [X.] 3, Vorlagefrage 1). Zum anderen ist fraglich, ob bei Umständen, wie sie hier in Rede stehen, das Merkmal des Verdeckens durch sonstige Gegenstände im Sinne von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] vorliegt (dazu unter [X.] 4, Vorlagefrage 2).

3. Es stellt sich zunächst die Frage, ob es sich bei der mit dem Hauptantrag angegriffene Präsentation von [X.]en durch den Ausgabeautomaten um ein "Inverkehrbringen" im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] handelt.

a) Kennzeichnend für das beanstandete Angebot über den im Streitfall in Rede stehenden Ausgabeautomaten ist, dass die darin befindlichen [X.]en zwar die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise aufweisen, die [X.]en aber zunächst für den Verbraucher nicht sichtbar im Automaten vorrätig gehalten werden. Die [X.]en und die darauf befindlichen Warnhinweise werden erst sichtbar, sobald der zuvor vom Kassenpersonal freigegebene Automat vom Kunden betätigt und die [X.] dadurch noch vor dem Bezahlvorgang auf das Kassenband ausgegeben wird. Ob bei diesem zeitlich gestreckten Erwerbsvorgang, der vom Vorrätighalten im Automaten über die Auswahlentscheidung des Verbrauchers bis zum Bezahlvorgang reicht und bei dem die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den [X.]en nur zeitweise sichtbar sind, das Merkmal des Inverkehrbringens im Sinne von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] erfüllt ist, kann nicht eindeutig beantwortet werden.

b) Der Wortlaut des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] spricht gegen eine enge Auslegung dahingehend, dass vom Begriff des Inverkehrbringens lediglich der Wechsel der tatsächlichen Sachherrschaft vom Verkäufer zum Kunden nach dem Bezahlvorgang und damit der Teil des [X.] umfasst ist, in dem der Kunde im Streitfall die zuvor durch den Ausgabeautomaten ausgeworfene [X.] und die darauf aufgebrachten gesundheitsbezogenen Warnhinweise wahrnehmen kann.

Gemäß Art. 2 Nr. 40 der Richtlinie 2014/40/[X.] bezeichnet der Ausdruck "in Verkehr bringen" die entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung von Produkten. Der Begriff der "Bereitstellung" dürfte auch das hier in Rede stehende Anbieten von Zigaretten in Ausgabeautomaten umfassen, bei denen der Ausgabevorgang vom Kunden selbst ausgelöst werden kann.

c) Der [X.] lässt keine eindeutige Auslegung des Begriffs des Inverkehrbringens zu.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, ein Vorrätighalten der [X.]en im streitgegenständlichen Warenausgabeautomat sei lediglich eine Verkaufsmodalität. Aus Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2014/40/[X.] ergebe sich, dass sich das [X.] dieser Richtlinie nicht auf die [X.] und die Werbung richte. Deshalb sei das im Streitfall in Rede stehende Anbieten von Zigaretten in Ausgabeautomaten nicht Gegenstand der in der Richtlinie getroffenen Bestimmungen.

bb) Ob dieser Auslegung zugestimmt werden kann, ist zweifelhaft.

(1) Allerdings bestimmt Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2014/40/[X.], dass mit dieser Richtlinie weder die Vorschriften über rauchfreie Zonen oder heimische [X.] oder heimische Werbung oder "brand-stretching" (Verwendung von [X.] bei anderen tabakfremden Produkten oder Dienstleistungen) harmonisiert werden noch wird mit ihr eine Altersgrenze für elektronische Zigaretten oder [X.] eingeführt. Daraus hat das Berufungsgericht gefolgert, dass die Richtlinie 2014/40/[X.] nur die - im Streitfall nicht angegriffene - Gestaltung des Produkts selbst, nicht aber die Modalitäten des Verkaufs für Tabakerzeugnisse wie etwa die auch im Streitfall in Rede stehende Präsentation in Ausgabeautomaten regelt (ebenso [X.], [X.], 91 [juris Rn. 34, 38 und 42]; [X.] in Zipfel/[X.] aaO § 11 [X.] Rn. 29; Boden, [X.] 2018, 222, 223; Zechmeister, [X.] 2019, 817, 818 f.; [X.]. [X.] 2017, 451, 468 f.).

(2) Die Revision vertritt demgegenüber die Ansicht, dass der Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2014/40/[X.] allenfalls eine Aussage zu ihrem Regelungsgehalt bezogen auf "elektronische Zigaretten" oder deren "[X.]" treffe. Dies folge auch aus der systematischen Stellung des [X.] 48. So befassten sich bereits die vorausgehenden Erwägungsgründe 36 bis 47 der Richtlinie 2014/40/[X.] ausdrücklich mit Vorgaben für elektronische Zigaretten und gerade nicht mit Tabakerzeugnissen. Die Richtlinie 2014/40/[X.] unterscheide aber in Art. 1 Buchst. a, b und f deutlich zwischen "Tabakerzeugnissen" auf der einen und "elektronischen Zigaretten" oder deren "[X.]n" auf der anderen Seite.

(3) Dem könnte jedoch entgegengehalten werden, dass die im ersten Satz des [X.] 48 genannten [X.] (rauchfreie Zonen, "brand-stretching") nicht nur auf elektronische Zigaretten, sondern ebenso auf Tabakerzeugnisse bezogen sein können. Zudem befindet sich Erwägungsgrund 48 zwischen den sich mit elektronischen Zigaretten befassenden Erwägungsgründen 36 bis 47 und dem Erwägungsgrund 49 über pflanzliche Raucherzeugnisse, also Erzeugnissen auf der Grundlage von Pflanzen, Kräutern oder Früchten, die keinen Tabak enthalten und mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden können (Art. 2 Nr. 15 der Richtlinie 2014/40/[X.]). Es ist deshalb nicht zwingend, den Erwägungsgrund 48 allein dem Regelungsbereich für elektronische Zigaretten zuzuordnen. Zu berücksichtigen ist auch, dass Erwägungsgrund 48 neben den "[X.]" auch die "Werbung" vom [X.] der Richtlinie ausnimmt, die Richtlinie 2014/40/[X.] in Bezug auf Werbung für elektronische Zigaretten aber ausdrückliche Bestimmungen in Art. 20 Abs. 5 der Richtlinie und in Erwägungsgrund 43 trifft.

Ferner ergibt sich aus Erwägungsgrund 60, dass zu den Zielen der Richtlinie die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten unter anderem für die "Aufmachung" von Tabakerzeugnissen gehört. Aus dem in der [X.] Sprachfassung verwendeten Begriff "presentation" könnte sich ergeben, dass nicht nur die Aufmachung der Packung des [X.] selbst, sondern auch die Umstände ihrer Präsentation im Rahmen der Verkaufssituation zum Regelungsgegenstand der Richtlinie 2014/40/[X.] gehören.

d) Das Regelungsziel des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] lässt ebenfalls nicht eindeutig erkennen, ob der Begriff des Inverkehrbringens die streitgegenständliche Präsentation von [X.]en in Ausgabeautomaten erfasst.

aa) Das [X.] gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] dient ausweislich des [X.] 28 der Richtlinie der Gewährleistung von Integrität und Sichtbarkeit der gesundheitsbezogenen Warnhinweise und der Maximierung ihrer Wirkung (vgl. [X.], Urteil vom 4. Mai 2016 - [X.]/14, [X.] 2016, 643 [juris Rn. 197] - [X.]). Das [X.] zielt mithin ebenso wie das Gebot der gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den Gesundheitsschutz durch Warnungen in Bezug auf die schädlichen Auswirkungen eines Produkts auf die menschliche Gesundheit oder auf andere unerwünschte Auswirkungen des Konsums dieses Produkts (vgl. Art. 1 und Art. 2 Nr. 32 der Richtlinie 2014/40/[X.]). Daraus ergibt sich, dass mit dem Verdeckungsgebot gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] sichergestellt werden soll, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise vom Verbraucher wahrgenommen und von ihm im Rahmen seiner Kaufentscheidung berücksichtigt werden können.

bb) Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen wird der Kaufvertrag nicht bereits durch Betätigung des Auswahlknopfs des Automaten, sondern erst - kurz danach - mit der nachfolgenden Bezahlung der Zigaretten geschlossen. Der Verbraucher kann dadurch, dass die Zigarettenschachtel durch Betätigung des [X.] am Automaten auf das Kassenband ausgeworfen wird, die [X.] vor Vertragsschluss vollständig und von allen Seiten uneingeschränkt einsehen und damit seine Kaufentscheidung im Bewusstsein der auf der Verpackung angebrachten, nicht verdeckten Warnhinweise treffen oder von ihr Abstand nehmen. Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass entgegen der Ansicht des [X.] eine Stresssituation, aufgrund derer der Verbraucher die Warnhinweise nicht wahrnehmen könne, nicht erkennbar sei. Bei der Bezahlung der auf dem Kassenband befindlichen Waren handele es sich um einen alltäglichen Vorgang und die Warnhinweise seien derart auffällig gestaltet, dass nicht ersichtlich sei, warum er diese in der hier maßgeblichen Situation nicht wahrnehmen können sollte. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und ist der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legen.

cc) Vor diesem Hintergrund könnte davon auszugehen sein, dass das Regelungsziel des [X.]s bei einem Verkauf von Zigaretten mittels des streitgegenständlichen Ausgabeautomaten nicht in ausreichender Weise betroffen ist, weil während des [X.] noch rechtzeitig vor der endgültigen Kaufentscheidung die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den Packungen uneingeschränkt wahrnehmbar werden.

Angesichts der Bedeutung der gesundheitsbezogenen Warnhinweise für den Schutz des gewichtigen Rechtsguts der Gesundheit und des in Art. 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] außerdem festgeschriebenen Ziels der Eindämmung des [X.] liegt es andererseits nicht fern, eine hinreichend effektive Wirkung der gesundheitsbezogenen Warnhinweise nur dann anzunehmen, wenn diese dem Verbraucher bereits bei der Präsentation der Zigaretten im Ausgabeautomaten und damit zu einem Zeitpunkt erreichen können, in dem bereits ein erster wesentlicher Schritt bei der Entscheidung für oder gegen den Erwerb von Zigaretten getan wird. Dies könnte dafür sprechen, bereits diese am Anfang des [X.] stehende Präsentation durch den Ausgabeautomaten in den Begriff des Inverkehrbringens und damit in den Bereich des Verbots einer Verdeckung der gesundheitsbezogenen Warnhinweise einzubeziehen.

4. Es stellt sich ferner die Frage, ob unter Umständen, wie sie hier in Rede stehen, das Merkmal des Verdeckens durch sonstige Gegenstände im Sinne von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] vorliegt. Der Klärung dieses Auslegungsproblems dient die Vorlagefrage 2.

a) Es ist umstritten, ob die durch ein Bereithalten von [X.]en in einem Ausgabeautomaten bewirkte Verhinderung der Sichtbarkeit der auf den Packungen aufgebrachten gesundheitsbezogenen Warnhinweise ein Verdecken im Sinne von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] darstellt.

Nach einer Auffassung umfasst das [X.] auch ein Verdecken der gesamten Packung durch einen Automaten, weil Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] die Sichtbarkeit der Warnhinweise bereits bei der Präsentation der Waren sicherstellen wolle (vgl. [X.] in: [X.]/[X.], Strafrechtliche Nebengesetze, 227. EL November 2019, [X.] § 11 Rn. 2).

Nach der Gegenauffassung bezieht sich Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] ausweislich ihres [X.] nur auf die Ware selbst oder die Verpackungsgestaltung und nicht ihre Präsentation oder sonstige [X.] und somit nicht auf Faktoren, die außerhalb der Packung liegen. Das Vorrätighalten der Tabakerzeugnisse in Warenautomaten oder Regalen sei eine reine Verkaufsmodalität und betreffe nicht die von der Richtlinie geregelte Verpackungsgestaltung. Somit könne darin auch kein Verdecken im Sinne von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie liegen ([X.] in Zipfel/[X.] aaO § 11 [X.] Rn. 28 f.; vgl. auch [X.], [X.], [X.], § 6 Rn. 5).

b) Die Streitfrage kann nicht eindeutig beantwortet werden.

aa) Der Wortlaut des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] steht der Annahme nicht entgegen, dass auch die durch ein Bereithalten der [X.]en im Ausgabeautomaten bewirkte Verhinderung der Sichtbarkeit der gesundheitsbezogenen Warnhinweise ein nach dieser Bestimmung zu verhinderndes Verdecken durch einen sonstigen Gegenstand sein kann. Wird nicht nur ein gesundheitsbezogener Warnhinweis, sondern die gesamte Verpackung durch einen Gegenstand verdeckt, geht dies [X.] mit einer Verdeckung des auf der Packung angebrachten Warnhinweises einher (vgl. Zechmeister, [X.] 2019, 817, 819).

bb) Der [X.] lässt keine eindeutige Auslegung des Begriffs des Verdeckens zu.

(1) Wie dargelegt wurde, ist nicht klar zu beantworten, ob dem Erwägungsgrund 48 der Richtlinie zu entnehmen ist, dass [X.] wie das Anbieten von Zigaretten in einem auch im Streitfall in Rede stehenden Ausgabeautomaten aus systematischen Gründen vom Anwendungsgebiet des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie ausgenommen sind. Dieser Gesichtspunkt könnte nicht nur für den Begriff des Inverkehrbringens, sondern auch für das Merkmal "verdeckt" maßgeblich sein.

(2) Dagegen lassen die in der Bestimmung des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] genannten Beispiele von Gegenständen keine Absicht des [X.] erkennen, ein Verdecken durch das Vorrätighalten der [X.]en in einem Ausgabeautomaten aus dem Anwendungsbereich des [X.]s auszuschließen, weil es an einem erforderlichen Bezug zur Gestaltung der Packung selbst fehlt.

Zwar handelt es sich bei den in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] aufgeführten Steuerzeichen, Preisaufklebern und Sicherheitsmerkmalen um Gegenstände, die regelmäßig auf der [X.] aufgebracht sind und damit die Gestaltung der Packung betreffen. Dagegen sind die ebenfalls in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] erwähnten Hüllen, Taschen und Schachteln Gegenstände, die die Packung auch vollständig umhüllen können und auf diese Weise - wie auch der streitgegenständliche Ausgabeautomat - die aufgebrachten gesundheitsbezogenen Warnhinweise unabhängig von der sonstigen Gestaltung der Packung der Wahrnehmung durch den Verbraucher entziehen können.

cc) Das Regelungsziel des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] lässt ebenfalls nicht eindeutig erkennen, ob der Begriff des Verdeckens durch sonstige Gegenstände die streitgegenständliche Präsentation von [X.]en in Ausgabeautomaten erfasst. Insoweit sind dieselben Gesichtspunkte wie bei der Auslegung des Merkmals "in Verkehr gebracht" zu berücksichtigen. Auf die dazu gemachten Ausführungen wird Bezug genommen (vgl. oben [X.] 3 d).

5. Die Fragen zur Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] sind entscheidungserheblich, weil der Unterlassungshauptantrag nicht unabhängig von dieser Auslegung wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Irreführung durch Unterlassen durch Vorenthalten von für den Verbraucher wesentlichen Informationen gemäß § 5a Abs. 2 UWG begründet ist.

Die Bestimmung des § 5a Abs. 2 UWG dient der Umsetzung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/[X.]. Bei der Bestimmung des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] handelt es sich um eine Vorschrift der [X.], die die Verdeckung gesundheitsbezogener Warnhinweise beim Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen verbietet und damit besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regelt. Kollidieren die Bestimmungen der Richtlinie 2005/29/[X.] mit anderen Rechtsvorschriften der [X.], die besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken regeln, so gehen nach Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] die Letzteren vor und sind für diese besonderen Aspekte maßgebend. Daraus ergibt sich, dass ein Verhalten, das in den Anwendungsbereich einer vorrangig anzuwendenden Regelung fällt, aber nach dieser Regelung zulässig ist, auch nicht nach § 5a Abs. 2 UWG untersagt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 7. Juli 2016 - [X.]/14, [X.], 945 Rn. 44 f. = [X.], 1096 - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 10. November 2016 - [X.], [X.], 286 Rn. 15 = [X.], 296 - Hörgeräteausstellung; Büscher, UWG, § 5a Rn. 15; [X.] in [X.]/[X.]/Fed[X.]en, 38. Aufl., UWG § 5a Rn. 5.2; vgl. auch [X.].UWG/[X.], 3. Aufl., § 5a Rn. 86, der - allerdings ausgehend von einer vorrangigen Anwendung des § 5a Abs. 2 und 5 UWG - ebenfalls einen Gleichlauf der Wertungen des § 5a Abs. 2 und 5 UWG und des § 3a UWG für erforderlich hält).

IV. Falls die Beantwortung der Fragen 1 oder 2 zu dem Ergebnis führt, dass der Hauptantrag unbegründet ist, kommt es auf die Begründetheit des [X.] an. Diese kann sich aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 2 [X.] ergeben. Bei Anwendung dieser Bestimmung stellen sich ebenfalls klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung des [X.]srechts.

1. Die allgemeinen Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt des [X.] (§ 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG) liegen auch im Hinblick auf den [X.] vor. Die Bestimmung des § 11 Abs. 2 [X.] dient ebenso wie § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [X.] dem Gesundheitsschutz und ist ebenfalls eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG. Die Revision macht außerdem mit Recht geltend, dass der Erlass von § 11 Abs. 2 [X.] den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügt.

2. Die für die Begründetheit des [X.] maßgebliche Bestimmung des § 11 Abs. 2 [X.] ist unionsrechtskonform auszulegen.

a) Gemäß § 11 Abs. 2 [X.] müssen Abbildungen von Packungen und Außenverpackungen, die für an Verbraucher gerichtete Werbemaßnahmen in der [X.] bestimmt sind, den Anforderungen des Unterabschnitts 3 der [X.] genügen, in den Bestimmungen zur Verpackung und zu Warnhinweisen getroffen sind. Diese Vorschrift setzt Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] um ([X.] in [X.]/[X.] aaO § 11 [X.] Rn. 3). Gemäß Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] müssen Bilder von Packungen und Außenverpackungen, die für Verbraucher in der [X.] bestimmt sind, den Bestimmungen des die Kennzeichnung und Verpackung regelnden Kapitels II des Titels II (Tabakerzeugnisse) der Richtlinie entsprechen.

b) Im Rahmen der vorzunehmenden unionsrechtskonformen Auslegung des § 11 Abs. 2 [X.] stellen sich klärungsbedürftige Fragen zur Auslegung von Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.]. Diese betreffen zum einen das Merkmal "Bilder von Packungen" (dazu unter [X.], Vorlagefrage 3). Zum anderen ist fraglich, ob unter Umständen, wie sie hier in Rede stehen, den Anforderungen des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] bereits deshalb genüge getan ist, weil der Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags Gelegenheit hat, die [X.]en mit den vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweisen wahrzunehmen (dazu unter [X.], Vorlagefrage 4).

3. Es stellt sich zunächst die Frage, ob ein Bild einer Packung im Sinne von Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] vorliegt, wenn es sich bei dem Bild zwar nicht um ein naturgetreues Abbild der Originalverpackung handelt, der Verbraucher das Bild aber aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer Tabakverpackung assoziiert. Der Klärung dieses Auslegungsproblems dient die Vorlagefrage 3.

a) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die vom Verbraucher auf dem Ausgabeautomaten zu betätigenden Auswahltasten naturgetreue Bilder von [X.]en darstellten. Nach dem Vortrag des [X.] seien allerdings die Auswahltasten hinsichtlich Markenlogo, Proportion, Farbgebung und Dimensionierung wie [X.]en ohne Warnhinweise gestaltet und könnten beim Kunden die Erinnerung an eine [X.] hervorrufen. Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - keine abweichenden Feststellungen getroffen hat, ist dieser Sachvortrag des [X.] der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legen (Ball in Musielak/[X.], ZPO, 17. Aufl., § 546 Rn. 2).

b) Die Frage, ob das Bild einer Packung im Sinne von Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] vorliegt, wenn es sich bei dem Bild zwar nicht um ein naturgetreues Abbild der Originalverpackung handelt, der Verbraucher die Abbildung aber aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrisse, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer Tabakverpackung assoziiert, kann nicht eindeutig beantwortet werden.

aa) Der Begriff "Bild einer Packung" im Sinne von Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] könnte nahelegen, dass nur eine - abgesehen von den gesundheitsbezogenen Warnhinweisen - naturgetreue Abbildung einer [X.] vom Tatbestand des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] umfasst ist. Allerdings dürfte der Wortsinn des Begriffs ebenso die Auslegung im Sinne einer Abbildung im Sinne einer stilisierten Wiedergabe der wesentlichen Erscheinungsmerkmale einer Packung umfassen, mit denen diese für den Durchschnittsverbraucher als solche erkennbar wird.

bb) Aus dem [X.] mit Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2014/40/[X.] und den dortigen Vorschriften zur Sicherstellung der Sichtbarkeit von gesundheitsbezogenen Warnhinweisen auf den Packungen von Tabakerzeugnissen ergibt sich lediglich, dass es in Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie um Bildnisse dieser Packungen geht. Dies können wiederum naturgetreue oder aber stilisierte Abbildungen sein.

cc) Das Regelungsziel des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] dürfte eher dafür sprechen, auch solche Abbildungen dem Tatbestand dieser Bestimmung zu unterwerfen, die beim Verbraucher aufgrund ihrer Gestaltung die Assoziation einer [X.] auslösen.

(1) Das in Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] geregelte Gebot, dass auch Bilder von Packungen den für die Packung selbst geltenden Anforderungen an die Sichtbarmachung von gesundheitsbezogenen Warnhinweisen entsprechen müssen, dient ersichtlich ebenso wie das Ziel der gesundheitsbezogenen Warnhinweise selbst dem Gesundheitsschutz durch Warnungen in Bezug auf die schädlichen Auswirkungen eines Produkts auf die menschliche Gesundheit oder auf andere unerwünschte Auswirkungen des Konsums dieses Produkts. Daraus ergibt sich, dass auch mit der Bestimmung des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] sichergestellt werden soll, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise vom Verbraucher wahrgenommen und von ihm im Rahmen seiner Kaufentscheidung berücksichtigt werden können. Wird aber beim Verbraucher durch eine zwar nicht naturgetreue, aufgrund der stilisierten Wiedergabe der wesentlichen Erscheinungsmerkmale einer Packung aber auf diese hinweisende Gestaltung ein Wiedererkennungseffekt ausgelöst, dürfte es im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes und dem Ziel der Eindämmung des [X.] naheliegen, eine solche stilisierte Abbildung für den Begriff des Bilds im Sinne von Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] ausreichen zu lassen. Bereits durch eine solche Abbildung kann ebenso wie durch ein naturgetreues Abbild ein durch gesundheitsbezogene Warnhinweise gemäß Art. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] zu bekämpfender [X.] ausgelöst werden.

(2) Dem steht nicht entgegen, dass es für die Funktionsfähigkeit eines Ausgabeautomaten [X.] ist, dem Verbraucher durch die Gestaltung der Auswahltasten die für die Auswahl der von ihm gewünschten [X.] notwendigen Informationen mitzuteilen. Es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt worden noch sonst ersichtlich, dass dies nur dadurch möglich ist, dass die Auswahltasten in einer Weise gestaltet werden, dass sie hinsichtlich Markenlogo, Proportion, Farbgebung und Dimensionierung wie [X.]en ohne Warnhinweise aussehen und deshalb beim Kunden die Erinnerung an eine [X.] hervorrufen.

4. Die Begründetheit des [X.] hängt schließlich davon ab, ob bei Umständen, wie sie im Streitfall in Rede stehen, den Anforderungen des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] bereits deshalb Genüge getan ist, weil der Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags Gelegenheit hat, die [X.]en mit den vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweisen wahrzunehmen (Vorlagefrage 4).

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] sei dahingehend auszulegen, dass das Verwenden von Bildern von [X.]en gegenüber dem Verbraucher nur dann untersagt sei, wenn diese anstelle der Präsentation der Packung vor Abschluss des Kaufvertrags geschehe.

b) Es ist zweifelhaft, ob dem Berufungsgericht zugestimmt werden kann.

aa) Dem uneingeschränkt auf Bilder von Packungen abstellenden Wortlaut von Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] lässt sich die vom Berufungsgericht erkannte Einschränkung des Anwendungsbereichs der Bestimmung nicht entnehmen.

bb) Eine Auslegung unter Berücksichtigung des [X.]s kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis. Das Berufungsgericht hat seine Ansicht wiederum auf die Annahme gestützt, aus dem Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2014/40/[X.] ergebe sich, dass reine Werbemaßnahmen und [X.] nicht Gegenstand der Richtlinie seien. Diese Annahme ist nicht zweifelsfrei (vgl. unter [X.] 3 c).

cc) Das Regelungsziel des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] lässt ebenfalls nicht eindeutig erkennen, ob diese Bestimmung auch die Verwendung von Bildern von [X.]en ohne gesundheitsbezogene Warnhinweise verbieten will, wenn der Verbraucher - wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - vor Abschluss des Kaufvertrags Gelegenheit hat, die [X.]en selbst mit den vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweisen wahrzunehmen. Insoweit sind wiederum dieselben Gesichtspunkte wie bei der Auslegung des Merkmals "in Verkehr gebracht" zu berücksichtigen. Auf die dazu gemachten Ausführungen wird Bezug genommen (vgl. oben [X.] 3 d).

Koch     

      

Löffler     

      

Schwonke

      

Fed[X.]en     

      

Odörfer     

      

Meta

I ZR 176/19

25.06.2020

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 25. Juli 2019, Az: 29 U 2440/18, Urteil

Art 8 Abs 3 S 1 EURL 40/2014, Art 8 Abs 8 EURL 40/2014, Art 2 Nr 40 EUV 40/2014, § 11 Abs 1 S 1 Nr 4 TabakerzV, § 11 Abs 1 S 1 Nr 4 TabakerzV, § 11 Abs 2 TabakerzV, § 21 Abs 1 TabakerzV, § 21 Abs 2 Nr 1 TabakerzV, § 3 Abs 1 UWG, § 3a UWG, § 5a Abs 2 UWG, § 8 Abs 1 UWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 25.06.2020, Az. I ZR 176/19 (REWIS RS 2020, 928)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 1134-1136 REWIS RS 2020, 928 MDR 2022, 1107 REWIS RS 2020, 928 MDR 2024, 52-54 REWIS RS 2020, 928


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 176/19

Bundesgerichtshof, I ZR 176/19, 26.10.2023.

Bundesgerichtshof, I ZR 176/19, 24.02.2022.

Bundesgerichtshof, I ZR 176/19, 25.06.2020.


Az. 29 U 2440/18

OLG München, 29 U 2440/18, 25.07.2019.


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