Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 24.02.2022, Az. I ZR 176/19

1. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 2329

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

BUNDESGERICHTSHOF (BGH) EUROPA- UND VÖLKERRECHT EUGH VERBRAUCHERSCHUTZ GESUNDHEIT RAUCHEN RAUCHVERBOT

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung der Tabakproduktrichtlinie: Darbieten von Tabakerzeugnissen über Warenausgabeautomaten ohne Sichtbarkeit der Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen; Warenausgabeautomat als sonstiger Gegenstand zur Verdeckung i.S.d. Richtlinie - Zigarettenausgabeautomat II


Leitsatz

Zigarettenausgabeautomat II

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Erfasst der Begriff des Inverkehrbringens im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU das Darbieten von Tabakerzeugnissen über Warenausgabeautomaten in der Weise, dass die darin befindlichen Zigarettenpackungen zwar die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise aufweisen, die Zigarettenpackungen aber zunächst für den Verbraucher nicht sichtbar im Automaten vorrätig gehalten werden und die darauf befindlichen Warnhinweise erst sichtbar werden, sobald der zuvor vom Kassenpersonal freigegebene Automat vom Kunden betätigt und die Zigarettenpackung dadurch noch vor dem Bezahlvorgang auf das Kassenband ausgegeben wird?

b) Erfasst das in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/EU enthaltene Verbot, die Warnhinweise "durch sonstige Gegenstände zu verdecken", den Fall, dass im Rahmen der Warenpräsentation durch einen Automaten die ganze Tabakverpackung verdeckt wird?

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem [X.] werden zur Auslegung von Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] des [X.] und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/[X.] folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Erfasst der Begriff des Inverkehrbringens im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] das Darbieten von Tabakerzeugnissen über Warenausgabeautomaten in der Weise, dass die darin befindlichen Zigarettenpackungen zwar die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise aufweisen, die Zigarettenpackungen aber zunächst für den Verbraucher nicht sichtbar im Automaten vorrätig gehalten werden und die darauf befindlichen Warnhinweise erst sichtbar werden, sobald der zuvor vom Kassenpersonal freigegebene Automat vom Kunden betätigt und die Zigarettenpackung dadurch noch vor dem Bezahlvorgang auf das Kassenband ausgegeben wird?

2. Erfasst das in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] enthaltene Verbot, die Warnhinweise "durch sonstige Gegenstände zu verdecken", den Fall, dass im Rahmen der Warenpräsentation durch einen Automaten die ganze Tabakverpackung verdeckt wird?

Gründe

1

A. Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG. Der Beklagte betreibt zwei Supermärkte in [X.]. An den Kassen dieser Märkte bot er nach dem 20. Mai 2017 Zigaretten in dem nachfolgend abgebildeten Ausgabeautomaten zum Verkauf an:

Abbildung

2

Die in dem Ausgabeautomaten vorrätig gehaltenen [X.]en waren für den Kunden nicht sichtbar. Die auf dem Ausgabeautomaten angebrachten Warenauswahltasten ließen zwar verschiedene Zigarettenmarken erkennen, wiesen aber nicht die gesetzlich vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf.

3

Der Verkauf erfolgte in der Weise, dass der Kunde zunächst das Kassenpersonal um die Freigabe des Ausgabeautomaten ersuchte und sodann die Auswahltaste der von ihm gewünschten Zigarettenmarke betätigte. Daraufhin wurde die [X.] aus der Ausgabevorrichtung des Automaten auf das Kassenband befördert. Die Bezahlung der [X.] erfolgte sodann an der Kasse, sofern der Kunde an seiner Erwerbsabsicht festhielt. Diese Organisation des Verkaufsvorgangs durch den Ausgabeautomaten diente der Verhinderung von Diebstählen und dem Jugendschutz.

4

Der Kläger beanstandet das Anbieten von Zigaretten über den von der Beklagten betriebenen Ausgabeautomaten als unlauter unter anderem unter dem Gesichtspunkt des [X.] wegen Verstoßes gegen das Verbot der Verdeckung der auf den [X.]en aufgebrachten gesundheitsbezogenen Warnhinweise und der irreführenden Unterlassung durch Vorenthaltung von für den Verbraucher wesentlichen Informationen.

5

Der Kläger hat beantragt, dem Beklagten unter Androhung von [X.] zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr

Tabakprodukte, nämlich Zigaretten, so zum Verkauf anzubieten, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise auf den Packungen und den Außenverpackungen im Zeitpunkt des Anbietens verdeckt sind, wenn dies geschieht, wie in Anlage A [entspricht der oben eingeblendeten Abbildung] wiedergegeben;

Hilfsweise:

Tabakprodukte, nämlich Zigaretten, so zum Verkauf anzubieten, dass statt der Produktverpackung Abbildungen der Verpackung ohne gesundheitsbezogene Warnhinweise präsentiert werden, wenn dies geschieht wie in Anlage A [entspricht der oben eingeblendeten Abbildung] wiedergegeben.

6

Das [X.] hat die Klage abgewiesen ([X.], [X.] 2018, 215). Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben ([X.], [X.], 1380). Der Kläger verfolgt mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, seine Klageanträge weiter.

7

Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Juni 2020 ([X.], 1002 = [X.], 1300 - [X.]) dem [X.] folgende Fragen zur Auslegung von Art. 8 Abs. 3 und Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Erfasst der Begriff des Inverkehrbringens im Sinne des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] das Darbieten von Tabakerzeugnissen über Warenausgabeautomaten in der Weise, dass die darin befindlichen [X.]en zwar die gesetzlich vorgeschriebenen Warnhinweise aufweisen, die [X.]en aber zunächst für den Verbraucher nicht sichtbar im Automaten vorrätig gehalten werden und die darauf befindlichen Warnhinweise erst sichtbar werden, sobald der zuvor vom Kassenpersonal freigegebene Automat vom Kunden betätigt und die [X.] dadurch noch vor dem Bezahlvorgang auf das Kassenband ausgegeben wird?

2. Erfasst das in Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] enthaltene Verbot, die Warnhinweise "durch sonstige Gegenstände zu verdecken", den Fall, dass im Rahmen der Warenpräsentation durch einen Automaten die ganze Tabakverpackung verdeckt wird?

3. Ist das Tatbestandsmerkmal "Bilder von Packungen" in Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] auch dann erfüllt, wenn es sich bei einer Abbildung zwar nicht um ein naturgetreues Abbild der Originalverpackung handelt, der Verbraucher das Bild aber aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer Tabakverpackung assoziiert?

4. Ist den Anforderungen des Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] unabhängig von der verwendeten Abbildung bereits dann genügt, wenn der Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags die Gelegenheit hat, die [X.] mit den vorgeschriebenen Warnhinweisen wahrzunehmen?

8

Der [X.] hat hierüber durch Urteil vom 9. Dezember 2021 ([X.]/20, [X.], 93 = [X.], 159 - Pro Rauchfrei) wie folgt entschieden:

1. Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] des [X.] und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/[X.] ist dahin auszulegen, dass ein Bild, bei dem es sich zwar nicht um eine naturgetreue Wiedergabe einer [X.] handelt, der Verbraucher es aber aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer solchen Packung assoziiert, ein "Bild von einer Packung" im Sinne dieser Bestimmung darstellt.

2. Art. 8 Abs. 8 der Richtlinie 2014/40/[X.] ist dahin auszulegen, dass ein Bild einer [X.], das unter diese Bestimmung fällt, auf dem aber nicht die gesundheitsbezogenen Warnhinweise gemäß Titel [X.] der Richtlinie zu sehen sind, selbst dann nicht mit dieser Bestimmung vereinbar ist, wenn der Verbraucher vor dem Erwerb der [X.] die Gelegenheit hat, diese Warnhinweise auf der dem Bild entsprechenden [X.] wahrzunehmen.

9

B. Der Erfolg der Revision hängt vorrangig von der Auslegung von Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2014/40/[X.] zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen ab. Vor einer Entscheidung über die Revision des [X.] ist deshalb erneut das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 A[X.]V eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag seien unbegründet, weil beim Inverkehrbringen von Zigaretten unter Einsatz des streitgegenständlichen Ausgabeautomaten weder die für die Packungsgestaltung vorgeschriebenen gesundheitsbezogenen Warnhinweise verdeckt noch Abbildungen/Bilder von [X.]en ohne solche Warnhinweise gezeigt würden. Hierzu hat es ausgeführt:

Der auf das Verbot des Verdeckens der auf den [X.]en aufgebrachten gesundheitsbezogenen Warnhinweise gerichtete Unterlassungshauptantrag sei nicht begründet. Eine unlautere geschäftliche Handlung unter dem Gesichtspunkt des [X.] liege nicht vor. Das gesetzliche Verbot des Verdeckens von Warnhinweisen erfasse keine Verkaufsmodalitäten wie das Vorrätighalten der [X.]en "unter Verschluss" in dem streitgegenständlichen Ausgabeautomaten. Ein Verdecken der Warnhinweise könne jedenfalls dann nicht angenommen werden, wenn der Verbraucher - wie im Streitfall - vor Abschluss des Kaufvertrags die konkret zu erwerbende [X.] mit dem nicht verdeckten gesundheitsbezogenen Warnhinweis wahrnehmen und seine Kaufentscheidung im Bewusstsein der auf der Verpackung angebrachten, nicht verdeckten Warnhinweise treffen oder von ihr Abstand nehmen könne.

Eine Irreführung durch Unterlassen liege ebenfalls nicht vor. Der Beklagte habe durch die Verwendung des beanstandeten Ausgabeautomaten dem Verbraucher keine für seine geschäftliche Entscheidung wesentliche Information vorenthalten. Dieser habe die Warnhinweise jeweils vor dem Kaufvertragsabschluss auf der zum Kauf ausgewählten und vom Automaten auf das Kassenband ausgegebenen [X.] zur Kenntnis nehmen können.

Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Das gesetzliche Gebot, nach dem Bilder von Packungen die gesundheitsbezogenen Warnhinweise ebenfalls enthalten müssten, diene der Verhinderung der Umgehung der Kennzeichnungsvorschriften. Es gelte nur, wenn das Bild der Packung gegenüber dem Verbraucher anstelle der Präsentation der Packung selbst verwendet werde. Daran fehle es im Streitfall, weil der Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrags die Packung selbst mit den dort aufgebrachten Warnhinweisen zur Kenntnis nehmen könne.

II. Der [X.] hat die vom Senat mit seinem Beschluss vom 25. Juni 2020 zur Auslegung des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2014/40/[X.] gestellten klärungsbedürftigen und für die Entscheidung über den vorrangig zu prüfenden Hauptantrag entscheidungserheblichen Fragen Nr. 1 und [X.] bislang nicht beantwortet. Diese Fragen werden dem Gerichtshof deshalb erneut zur Vorabentscheidung vorgelegt, weil dem Senat eine Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ohne die begehrte Vorabentscheidung aus Rechtsgründen nicht möglich ist.

1. Der Senat ist gemäß Art. 267 Abs. 3 A[X.]V zur Vorlage der sich im Streitfall für die Entscheidung über den Hauptantrag erheblichen und klärungsbedürftigen Fragen Nr. 1 und [X.] verpflichtet.

a) Gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 288 Abs. 1 A[X.]V entscheidet der [X.] im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung von Richtlinien im Sinne von Art. 288 Abs. 3 A[X.]V. Wird eine derartige Auslegungsfrage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet (Art. 267 Abs. 3 A[X.]V). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] kann ein einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, von dieser Pflicht nur dann befreit werden, wenn es festgestellt hat, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die Vorschrift des Unionsrechts bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Auslegung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - [X.] u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - [X.]/14, [X.]. 2015, 1152 Rn. 43 - [X.]; Urteil vom 6. Oktober 2021 - [X.]/19, NJW 2021, 3303 Rn. 33 - [X.] und [X.] Multiservizi).

b) In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat der Senat, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des [X.] Rechts angefochten werden können, in seinem Beschluss vom 25. Juni 2020 dargelegt, dass der Erfolg der Revision von der Beantwortung der den Klagehauptantrag betreffenden, in den Vorlagefragen Nr. 1 und [X.] formulierten klärungsbedürftigen Fragen zur Auslegung des Art. 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2014/40/[X.] in entscheidungserheblicher Weise abhängt ([X.], [X.], 1002 Rn. 13 bis 47 - [X.]). Auf diese Begründung wird Bezug genommen.

2. Die Verpflichtung des Senats zur Anrufung des Gerichtshofs der [X.] zur Vorabentscheidung der Vorlagefragen Nr. 1 und [X.] ist durch das Urteil des Gerichtshofs vom 9. Dezember 2021 ([X.], 93 - Pro Rauchfrei) nicht entfallen. Mit seinem Urteil hat der Gerichtshof lediglich die Vorlagefragen Nr. 3 und [X.] beantwortet. Diese betreffen allerdings den vom Kläger nur hilfsweise gestellten Klageantrag und können nach dem vom Senat anzuwendenden nationalen Recht erst dann entscheidungserheblich werden, wenn der Hauptantrag keinen Erfolg hat. Der Erfolg des [X.] wiederum hängt von der vorherigen Beantwortung der vorrangig zu prüfenden Vorlagefragen Nr. 1 und [X.] durch den [X.] ab.

a) In einem Verfahren nach Art. 267 A[X.]V, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, ist allein das nationale Gericht für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits sowie die Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts zuständig. Ebenso hat nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen ([X.], NJW 2021, 3303 Rn. 35 - [X.] und [X.] Multiservizi, mwN). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Die Zurückweisung des Ersuchens eines nationalen Gerichts ist dem Gerichtshof nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind ([X.], Urteil vom 10. Februar 2022, [X.]/20, BeckRS 2022, 1481 Rn. 20 - Bezirkshauptmannschaft [X.], mwN).

b) Der Senat hat in seinem Beschluss vom 25. Juni 2020 ausgeführt, dass die Begründetheit des [X.] von der Beantwortung der Vorlagefragen Nr. 1 und [X.] abhängt ([X.], 1002 Rn. 13 bis 47 - [X.]). Er hat dem [X.] außerdem dargelegt, dass es auf den Erfolg des [X.] und die dazu gestellten Vorlagefragen Nr. 3 und [X.] nur dann entscheidungserheblich ankommt, falls die Beantwortung der Fragen Nr. 1 und [X.] zu dem Ergebnis führt, dass der Hauptantrag unbegründet ist ([X.], [X.], 1002 Rn. 48 - [X.]).

c) Mit dieser Begründung hat der Senat die nach der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] in seiner Verantwortung liegende Aufgabe erfüllt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Nach der im [X.] Zivilprozessrecht für den hier in Rede stehenden [X.]prozess maßgeblichen Dispositionsmaxime kann die klagende [X.] mehrere Anträge als Haupt- und Hilfsantrag zum Gegenstand ihrer Klage machen (§§ 260, 308 Abs. 1 ZPO). Das von der klagenden [X.] vorgegebene Abhängigkeitsverhältnis dahingehend, dass über den Hilfsantrag nicht entschieden werden darf, bevor über den Hauptantrag entschieden wurde, ist vom Senat zwingend zu beachten (§ 308 Abs. 1 ZPO, vgl. [X.], Urteil vom 20. Januar 1989 - [X.], NJW-RR 1989, 650 [juris Rn. 11]; [X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl., § 260 Rn. 4b; MünchKomm.ZPO/[X.], ZPO, 6. Aufl., § 260 Rn. 49; Musielak in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl., § 308 Rn. 18). Danach ist es aus Rechtsgründen geboten, vorrangig die vom Senat in Bezug auf den Hauptantrag formulierten Vorlagefragen Nr. 1 und [X.] zu beantworten.

Koch     

      

Löffler     

      

Schwonke

      

Feddersen     

      

Odörfer     

      

Meta

I ZR 176/19

24.02.2022

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: ZR

vorgehend EuGH, 9. Dezember 2021, Az: C-370/20, Urteil

Art 8 Abs 3 S 1 EURL 40/2014, § 3 Abs 1 UWG, § 3a UWG, § 5a Abs 2 UWG, § 8 Abs 1 UWG, Art 267 Abs 1 Buchst b AEUV, Art 267 Abs 3 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 24.02.2022, Az. I ZR 176/19 (REWIS RS 2022, 2329)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2329 GRUR 2022, 993 REWIS RS 2022, 2329 MDR 2022, 1107 REWIS RS 2022, 2329


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 176/19

Bundesgerichtshof, I ZR 176/19, 26.10.2023.

Bundesgerichtshof, I ZR 176/19, 24.02.2022.

Bundesgerichtshof, I ZR 176/19, 25.06.2020.


Az. 29 U 2440/18

OLG München, 29 U 2440/18, 25.07.2019.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 176/19 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsverstoß durch Vorenthalten wesentlicher Informationen: Reichweite des Vorenthaltungsverbots; Verdeckung gesundheitsbezogener Warnhinweise bei Vorrätighalten von Zigarettenpackungen …


I ZR 176/19 (Bundesgerichtshof)

Vorabentscheidungsersuchen: Verdeckung der Warnhinweise auf Zigarettenverpackungen durch Darbietung der Zigaretten in Warenausgabeautomaten; Warenausgabeautomat als "sonstiger …


29 U 2440/18 (OLG München)

Vorrätighalten von Zigarettenpackungen in Warenautomat stellt kein Anbieten dar


17 HK O 17753/17 (LG München I)

Verdecken eines Warnhinweises bei Tabakwarenautomat zur Sortenauswahl von Zigaretten im Ladenlokal vor der Kasse


17 HK O 17753/17 (Landgericht München II)


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.