BT-Drucksache 17/3886

Angemessene Altersversorgung für Angehörige von Bundeswehr, Zoll und Polizei, die mit DDR-Beschäftigungszeiten nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt haben

Vom 23. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3886
17. Wahlperiode 23. 11. 2010

Antrag
der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
Diana Golze, Dr. Barbara Höll, Jan Korte, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers,
Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Roland Claus,
Dr. Dagmar Enkelmann, Klaus Ernst, Dr. Rosemarie Hein, Dr. Lukrezia Jochimsen,
Katja Kipping, Harald Koch, Katrin Kunert, Ralph Lenkert, Michael Leutert,
Dr. Gesine Lötzsch, Kornelia Möller, Petra Pau, Jens Petermann, Dr. Ilja Seifert,
Kathrin Senger-Schäfer, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Dr. Kirsten Tackmann,
Frank Tempel, Dr. Axel Troost, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak, Harald Weinberg,
Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Angemessene Altersversorgung für Angehörige von Bundeswehr, Zoll und
Polizei, die mit DDR-Beschäftigungszeiten nach 1990 ihre Tätigkeit fortgesetzt
haben

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die mit der deutschen Einheit geschaffenen Regelungen zur Übernahme von
Angehörigen von NVA, Zoll und Polizei der DDR bei Bundeswehr, Zoll und
Polizei der Bundesrepublik Deutschland in das Beamtenrecht behandeln glei-
che Berufsgruppen in Ost und West ungleich und manifestieren ungerechtfer-
tigter Weise soziale Einschnitte wegen der Herkunft auf lange Zeit.

So folgt aus den Übergangsregelungen, zu denen die Bundesregierung nach
§ 107a des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) ermächtigt war, zwar eine
schrittweise Erhöhung der Dienstbezüge, aber die Art und Weise der Ermitt-
lung des Ruhestandsgehalts führt zu ungerechtfertigten Schlechterstellungen
von Beschäftigten vergleichbarer Dienstposten derselben Laufbahn bei gleicher
Tätigkeit in Ost und West.

Ursache dafür ist, dass sich die Altersversorgung für die Weiterbeschäftigten
aus einer Rentenzahlung für DDR-Zeiten (nach dem Anspruchs- und Anwart-
schaftsüberführungsgesetz – AAÜG) und einer Pensionszahlung für Zeiten ab
dem 3. Oktober 1990 zusammensetzt. Da für die Pensionsermittlung nur die
Zeiten der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland als ruhestands-
fähig bewertet werden, ergibt sich meist nur ein Mindestruhestandsgehalt. Die
Altersversorgung darf darüber hinaus eine Höchstgrenze nicht übersteigen, die

für beide oben genannten Bezüge festgelegt ist. Die Höhe der Grenze dieser
Mischversorgung ist außerdem abhängig von der Art der „Vorverwendung“ der
Betroffenen, was als „Sonderrentenstrafrecht“ wirkt.

Die Benachteiligung der im aktiven Dienst von Bundeswehr, Zoll und Polizei
aus der DDR Verbliebenen gegenüber ihren Altersgefährtinnen und -gefährten

Drucksache 17/3886 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

West wirkt demoralisierend zumal damit erhebliche finanzielle Einbußen ver-
bunden sind.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

bis spätestens 30. Juni 2011 eine gesetzliche Regelung vorzulegen, die folgende
Vorgaben umsetzt:

1. Die Rentenansprüche aus DDR-Zeiten sind von der Liquidierung der Son-
derversorgungsansprüche zu befreien, indem der Mix von unterschiedlichen
Versorgungsansprüchen beseitigt wird und die in der DDR absolvierten Zei-
ten bei Armee, Zoll und Polizei als Vordienstzeiten für die Altersversorgung
nach dem Beamtenversorgungsgesetz anerkannt werden.

Eine Höchstgrenze für die Ansprüche aus der Altersversorgung ist insoweit
anzuwenden, als ansonsten vergleichbare Ansprüche West überschritten
werden.

2. Für die Fälle einer unmittelbaren Fortsetzung der Tätigkeit nach dem
2. Oktober 1990, aber einer erst späteren Verbeamtung ist die volle Dienst-
zeit für die Altersversorgung anzurechnen. In den Fällen, in denen eine Ver-
beamtung nur wegen fehlender Wartezeiten vor absehbarem Ausscheiden
aus dem aktiven Dienst in Bundeswehr, Zoll und Polizei unterblieb, müssen
ebenfalls solche Versorgungsansprüche zugestanden werden, als seien diese
Personen bereits seit 1990 verbeamtet gewesen.

3. Bei Versorgungssystemen, die unter die Zuständigkeit der Länder fallen,
informiert die Bundesregierung diese und fordert sie auf, ähnliche Regelun-
gen für Landesbedienstete zu treffen.

4. Erforderliche Finanzmittel werden dem jeweiligen Versorgungsträger aus
dem zu schaffenden Versorgungssystem „sui generis“, das aus Bundes- und
Landeshaushaltsmitteln gespeist wird, erstattet. Gegebenenfalls ist eine
Nachversicherung über den für das jeweilige Versorgungssystem zuständi-
gen Dienstherren einzufordern.

Berlin, den 23. November 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Immer mehr Beamtinnen und Beamte aus den neuen Bundesländern gehen mit
unzureichenden Altersbezügen, die nicht vergleichbar sind mit denen ihrer
Altersgefährtinnen und -gefährten aus den alten Bundesländern, in den Ruhe-
stand. Betroffen davon sind auch die Angehörigen von Bundeswehr, Zoll und
Polizei mit DDR-Berufsbiografie. In vielen Fällen werden 60 oder gar nur
50 Prozent der letzten – noch nach Übergangsbestimmungen abgesenkten –
Aktivbezüge, gegenüber 71,75 Prozent für die in den Ruhestand gehenden Be-
schäftigten aus den alten Bundesländern, erreicht.

Besonders grotesk wirken Regelungen für bestimmte Fallkonstellationen, wie
beispielsweise bei lebensälteren Beamten, die vorher Angehörige der Grenz-
truppen der DDR waren und keine 20 Dienstjahre nach 1990 bei Eintritt in
den Ruhestand aufweisen können. Bei ihnen wird der Rentenanspruch aus
DDR-Dienstzeiten genutzt, um nach 1990 erworbene Versorgungsansprüche,

beispielsweise bei der Bundespolizei, zu kürzen. Dadurch wird der Versorgungs-
anspruch auf 35 Prozent, die Mindestpension nach § 12a BeamtVG, begrenzt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3886

Die Ungleichbehandlung gleicher Berufsgruppen für eine gleiche Tätigkeit in
Ost und West für die Altersbezüge ist unübersehbar. Diese unsoziale, unge-
rechte und demotivierende Situation ist schnellstens zu beheben.

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