BT-Drucksache 17/3876

Rentenrechtliche Lösung für Land- und Forstwirte, Handwerkerinnen und Handwerker, andere Selbständige sowie deren mithelfende Familienangehörige aus der DDR

Vom 23. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3876
17. Wahlperiode 23. 11. 2010

Antrag
der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch,
Diana Golze, Dr. Barbara Höll, Jan Korte, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers,
Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Roland Claus,
Dr. Dagmar Enkelmann, Klaus Ernst, Dr. Rosemarie Hein, Dr. Lukrezia Jochimsen,
Katja Kipping, Harald Koch, Katrin Kunert, Ralph Lenkert, Michael Leutert,
Dr. Gesine Lötzsch, Kornelia Möller, Petra Pau, Jens Petermann, Dr. Ilja Seifert,
Kathrin Senger-Schäfer, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Dr. Kirsten Tackmann,
Frank Tempel, Dr. Axel Troost, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak, Harald
Weinberg, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Rentenrechtliche Lösung für Land- und Forstwirte, Handwerkerinnen und
Handwerker, andere Selbständige sowie deren mithelfende Familienangehörige
aus der DDR

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Für Land- und Forstwirte, Handwerkerinnen und Handwerker, andere Selbstän-
dige sowie vor allem deren mithelfende Familienangehörige entstand mit der nur
übergangsweisen Anerkennung (bei einem Rentenbeginn vom 1. Januar 1992 bis
spätestens zum 31. Dezember 1996) von DDR-typischen und mit bundesdeut-
schen Verhältnissen nicht vergleichbaren Sachverhalten eine Überführungslücke
im Rentenrecht, die sozial ungerecht ist und finanziell schwierige Lebenslagen
im Ruhestand hervorbringt. Hier besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

bis spätestens zum 30. Juni 2011 eine gesetzliche Regelung vorzulegen, die
Zeiten, in denen Versicherte in der DDR

a) vor dem 1. März 1959 Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktions-
genossenschaft waren,

b) in der Zeit vom 1. Januar 1946 bis zum 31. Dezember 1970 als mithelfende
Familienangehörige selbständiger Land- und Forstwirte tätig waren oder

c) in der Zeit vom 1. Januar 1946 bis zum 31. Dezember 1970 als Selbständige
(wozu insbesondere Handwerkerinnen und Handwerker zählten) oder deren
mitarbeitende Ehegattinnen bzw. Ehegatten tätig gewesen sind,
als Zeiten versicherungspflichtiger Tätigkeit anerkennt, beispielsweise in
§ 233a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch.

Berlin, den 23. November 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 17/3876 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Begründung

Zeiten von Land- und Forstwirten, Handwerkern und anderen Selbständigen
sowie deren mithelfenden Familienangehörigen, die nach DDR-Recht renten-
wirksam wurden, fanden im Prozess der Rentenüberleitung Anerkennung als
Zeiten versicherungspflichtiger Tätigkeit durch Artikel 2 § 19 Absatz 2 Num-
mer 2, 14 und 15 des Renten-Überleitungsgesetzes. Damit wurden sie aber nur
für die Vergleichsrentenberechnung nach DDR-Recht angewendet, die für Per-
sonen mit Zusatzversorgungen bis zum 30. Juni 1995 und für sozialversiche-
rungspflichtig und in der freiwilligen Zusatzrentenversicherung Versicherte bis
zum 31. Dezember 1996 galt. Seither fallen diese Zeiten bei Rentenneueintrit-
ten ersatzlos weg.

Es handelt sich vor allem um Zeiten von Berufstätigkeit in Unternehmen außer-
halb der dominierenden Wirtschaftsformen, für die in frühen Jahren der DDR
(1946 bis 1970) keine Versicherungspflicht bestand. Betroffen sind vor allem
Frauen und Kinder der betreffenden Personen, die als mithelfende Familienan-
gehörige tätig waren.

Diese Zeiten wurden 1990 im Einigungsvertrag mit dem Bekenntnis zur Über-
führung der rentenrechtlichen Regelungen der DDR (vgl. Verordnung über die
Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung vom 23. No-
vember 1979 – GBl. I Nr. 43 S. 401, zuletzt geändert durch die Fünfte Renten-
verordnung vom 25. Januar 1990 – GBl. I Nr. 5 S. 24) sowohl von der letzten
Volkskammer der DDR als auch vom Deutschen Bundestag als rentenrechtlich
wirksam bestimmt. Sie fanden explizite Aufnahme in Artikel 2 § 19 des Geset-
zes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfall-
versicherung (Renten-Überleitungsgesetz) vom 25. Juli 1991 – allerdings nur
als Übergangsrecht für die folgenden fünf Jahre. Seither gibt es in Erwerbsbio-
grafien mit derartigen Zeiten eine mehr oder minder große Lücke.

Der praktizierte ersatzlose Wegfall infolge des Renten-Überleitungsgesetzes
wird als Entwertung von Erwerbsbiografien gewertet; er ist sozial ungerecht,
verletzt den Vertrauensschutz und ist deshalb gesetzgeberisch zu korrigieren.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.