Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 04.10.2016, Az. 1 BvR 1704/16

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2016, 4541

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Auch bei Verwendung einer im Internet bereitgestellten "Vorlage" für eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde muss individuelle Beschwerdebefugnis (unmittelbare und gegenwärtige Selbstbetroffenheit) dargelegt werden - zudem Subsidiarität gegenüber fachgerichtlichem Rechtsschutz - hier: "formularmäßige" Rechtssatzverfassungsbeschwerde gegen das SGB II-Rechtsvereinfachungsgesetz


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die unmittelbar gegen das [X.] zur Änderung des [X.] - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 ([X.]) gerichtete Verfassungsbeschwerde, die im Wesentlichen auf einer im [X.] verbreiteten "Vorlage" beruht, die das öffentliche Interesse an gesetzgeberischen Entscheidungen und der Kritik an diesen herstellen soll, ist unzulässig.

2

1. Der Zulässigkeit steht zwar nicht entgegen, sich mit Blick auf die Pflicht zur hinreichend substantiierten Begründung der Verfassungsbeschwerde (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.]) an einer im Rahmen politischer Diskussionen um ein Gesetz erstellten "Vorlage" für Rechtssatzverfassungsbeschwerden zu orientieren. Jedoch muss auch dann konkret dargelegt werden, inwiefern die Möglichkeit besteht, dass [X.] durch die angegriffene Maßnahme in einem Grundrecht oder grundrechtsgleichen Recht selbst, unmittelbar und gegenwärtig verletzt sein sollen (vgl. [X.] 108, 370 <386 f.>; 130, 1 <21>; 131, 66 <79 ff.>). Schon daran fehlt es hier.

3

2. Die Verfassungsbeschwerde wird dem Grundsatz der Subsidiarität nicht gerecht (§ 90 Abs. 2 [X.]). Danach müssen vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. [X.] 123, 148 <172>; 134, 242 <285 Rn. 150>; stRspr). Daher ist eine Verfassungsbeschwerde unzulässig, wenn in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden kann. Dies ist sogar dann zu verlangen, wenn das Gesetz keinen Auslegungs-, Ermessens- oder Beurteilungsspielraum offen lässt, der es den Fachgerichten erlauben würde, die geltend gemachte Grundrechtsverletzung kraft eigener Entscheidungskompetenz zu vermeiden (vgl. [X.] 123, 148 <173>). Obwohl dann die fachgerichtliche Prüfung für die [X.]n günstigstenfalls dazu führen kann, dass die ihnen nachteilige gesetzliche Regelung gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem [X.] vorgelegt wird, ist sie regelmäßig geboten, um zu vermeiden, dass das [X.] auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. [X.] 123, 148 <173> m.w.N.; [X.], Beschluss des [X.] vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 -, [X.], Rn. 23). Hier sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es dem Beschwerdeführer ausnahmsweise unzumutbar sein könnte, Rechtsschutz durch die Anrufung der Sozialgerichte zu erlangen. Ein verlorener Rechtsstreit in der Vergangenheit, auf den der Beschwerdeführer auch nur pauschal verweist, ist kein Grund, die Gerichte nicht in anderer Sache zu einem anderen Zeitpunkt erneut in Anspruch zu nehmen.

4

3. Soweit mit der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird, der Gesetzgeber habe mit dem [X.] zur Änderung des [X.] verfassungsrechtlich gebotene Rechtsänderungen unterlassen, greift der Beschwerdeführer Normen des [X.] in unverändert gebliebener Fassung an und wahrt damit nicht die Frist des § 93 Abs. 3 [X.].

5

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1704/16

04.10.2016

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

§ 90 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 93 Abs 3 BVerfGG, InsoAntrAussG/SGB2ÄndG 9

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 04.10.2016, Az. 1 BvR 1704/16 (REWIS RS 2016, 4541)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4541

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