Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.10.2021, Az. VI ZR 148/20

6. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 1780

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Gegenstand

Haftung des Fahrzeugherstellers in einem sog. Dieselfall: Sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage der Kenntnis des Vorstands von der Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung; Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung als Schaden; in ausländischer Währung ermittelter Schadensbetrag


Leitsatz

1. Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.

2. Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB kann auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen. Nach deren Erfüllung setzt sich der Schaden in dem Verlust der aufgewendeten Geldmittel fort.

3. Der in ausländischer Währung ermittelte Schadensbetrag bildet bei einer auf Zahlung in inländischer Währung gerichteten Klage lediglich einen Rechnungsfaktor für die Schadenshöhe.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 4. Dezember 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Anträge,

- die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges [X.] mit der Fahrgestellnummer TMBLD75L2C6037517 an die Klägerin 27.768,12 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ihres Rechtsanwalts [X.]     in Höhe von 1.872,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen,

zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Motorenherstellerin auf Schadensersatz wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung in Anspruch.

2

Die - seit den 1980er Jahren in [X.] lebende - Klägerin erwarb im Oktober 2011 bei einem Autohändler in [X.] einen PKW [X.] zu einem Preis von 643.020 [X.] (umgerechnet 27.768,12 €). Der Kaufpreis wurde von der Klägerin über deren [X.] Konto finanziert. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des [X.] ausgestattet. Die die Abgasrückführung des [X.] steuernde Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem [X.] (NEFZ) unterzogen wird, und schaltet in diesem Fall in einen Abgasrückführungsmodus mit niedrigem Stickoxidausstoß. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des [X.] schaltet der Motor dagegen in einen Abgasrückführungsmodus mit höherem Stickoxidausstoß. Das Fahrzeug wurde in die Schadstoffklasse [X.] 5 eingeordnet, weil die nach dieser Abgasnorm geltenden [X.] auf dem Prüfstand eingehalten wurden.

3

Das [X.] erkannte in der genannten Software eine unzulässige Abschalteinrichtung und verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 im Wege nachträglicher Nebenbestimmung zu den jeweils erteilten Typgenehmigungen, die Abschalteinrichtung zu entfernen und "geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der [X.]" zu ergreifen. Nachdem die für Fahrzeuge der Marke [X.] zuständige Typgenehmigungsbehörde das Software-Update für das streitgegenständliche Fahrzeug freigegeben hatte, ließ die Klägerin das Update durchführen.

4

Die Klägerin hat zuletzt die Erstattung des Kaufpreises (beziffert mit Klageerhebung in [X.]) Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs, zudem die Zahlung von [X.], den Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie die Feststellung des Annahmeverzugs beantragt.

5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter mit Ausnahme des Antrags auf Feststellung des Annahmeverzugs und mit der Maßgabe, dass sie Zinsen nunmehr erst ab Rechtshängigkeit verlangt.

Entscheidungsgründe

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in juris ([X.]. 3 U 3129/19) und unter BeckRS 2019, 34965 veröffentlichten Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

7

Die Beklagte hafte nicht aus § 823 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 263 StGB. Die Klägerin habe den Vorsatz der [X.] bzw. eines verfassungsmäßigen Vertreters, für welchen sie grundsätzlich beweisbelastet sei, nicht nachweisen können. Zwar habe die Klägerin hinreichend konkret, schlüssig und substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt, dass der damalige Vorstandsvorsitzende der [X.] vorsätzlich gehandelt habe. Doch habe der zunächst als Zeuge geladene Genannte unter Bezugnahme auf die gegen ihn laufenden Straf- und Ermittlungsverfahren zu Recht umfassend von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO Gebrauch gemacht. Erleichterungen im Rahmen der sekundären Darlegungs- und Beweislast kämen der Klägerin unter den Umständen des Streitfalls nicht zugute. Die sekundäre Darlegungs- und Beweislast diene dazu, der darlegungs- und beweisbelasteten [X.] darüber hinwegzuhelfen, dass sie den erforderlichen Vortrag aufgrund mangelnder Kenntnis nicht erbringen könne, während dies der anderen [X.] möglich und zumutbar sei. Damit bedürfe es deren Anwendung nicht, wenn die darlegungspflichtige [X.] wie im Streitfall in der Lage sei, die anspruchsbegründenden Tatsachen vorzutragen. Zweck der Annahme einer sekundären Darlegungslast sei es nicht, der [X.], die ihren ausreichenden Vortrag nicht beweisen könne, weitere Tatsachen in die Hand zu geben, welche einen erneuten und weiteren Vortrag zur Anspruchsbegründung ermöglichten. Abgesehen davon habe die Beklagte geltend gemacht, alles Zumutbare und Mögliche getan zu haben, um die tatsächlichen Geschehnisse aufzuklären. Ein Berufungsangriff hiergegen sei nicht erfolgt.

8

Ein Anspruch aus §§ 826, 31 [X.] scheide aus, weil der geltend gemachte Schaden schon nicht vom Schutzzweck des § 826 [X.] gedeckt werde. Es möge sein, dass verantwortliche Personen der [X.] in Bezug auf Belange des Umweltschutzes sittenwidrig gehandelt hätten. Der hier geltend gemachte Schaden (Abschluss eines Kaufvertrags) liege aber außerhalb des Schutzbereichs des Gebots, das Fahrzeug nicht ohne gültige [X.] in den Verkehr zu bringen.

9

Nach der vorzunehmenden Gesamtwürdigung könne das Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit der Umschaltlogik nicht als (konkludente) Täuschung durch [X.] qualifiziert werden, zumal der Einsatz des Fahrzeugs mit der [X.] ohne Weiteres möglich gewesen sei und weiterhin sei. Eine Pflicht zur Aufklärung über den Einsatz der "Schummelsoftware" habe jedenfalls keine solche Schwere, als dass eine Aufklärung einem sittlichen Gebot entsprochen hätte. Erhebliche wertbildende Faktoren seien nicht verletzt. Die Klägerin nutze das Fahrzeug seit dem Kauf legal und uneingeschränkt. [X.] Verhalten sei der [X.] erst dann vorzuwerfen, wenn sie trotz positiver Kenntnis von der Chancenlosigkeit der Erhaltung der Betriebserlaubnis geschwiegen hätte, also in Kenntnis des Umstandes, dass eine Untersagung der Betriebserlaubnis unmittelbar [X.] hätte. Dies sei weder geltend gemacht noch ersichtlich.

Unabhängig davon habe die Klägerin den Beweis vorsätzlichen Handelns von Personen i.S.d. § 31 [X.] nicht geführt und könne sich aus den zuvor genannten Gründen auch im Rahmen der §§ 826, 31 [X.] nicht auf eine sekundäre Darlegungslast der [X.] berufen.

Im Übrigen müsse sich der Vorsatz der Personen, deren Verhalten der [X.] nach § 31 [X.] zuzurechnen sei, darauf beziehen, dass das Kraftfahrzeug für die Klägerin aufgrund der "Schummelsoftware" wertlos geworden sei. Eine etwa zu erwartende Belastung der Klägerin wegen sich bei einem späteren Weiterverkauf ergebender Einbußen aufgrund eines geringeren [X.] reiche dazu nicht aus.

II.

Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 826 [X.] wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nicht verneint werden (vgl. bereits Senatsurteile vom 4. Mai 2021 - [X.]/20, NJW-RR 2021, 1029 Rn. 11 ff.; vom 11. Mai 2021 - [X.]/20, [X.], 1055 Rn. 11 ff. und [X.], [X.], 1302 Rn. 10 ff.; vom 20. Juli 2021 - [X.]/20, juris Rn. 11 ff.; vom 27. Juli 2021 - [X.], [X.], 1661 Rn. 11 ff.).

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Verhalten der [X.] im Verhältnis zur Klägerin auf der Grundlage des mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrags der Klägerin als sittenwidrig zu qualifizieren (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 316 Rn. 16 ff., 21, 23). Dabei macht es keinen Unterschied, dass es vorliegend um ein Fahrzeugmodell einer Tochtergesellschaft der [X.] ([X.]) geht, die Beklagte also nicht das Fahrzeug in den Verkehr gebracht, sondern den Motor hierfür hergestellt hat. Entscheidend ist, dass die Beklagte mit der Herstellung des [X.] und der Programmierung der [X.]teuerungssoftware auch für die Fahrzeugmodelle ihrer Tochtergesellschaften die Typgenehmigungsbehörde - je nach Kenntnisstand der Verantwortlichen der Tochtergesellschaften als mittelbare Täterin oder als Mittäterin/Teilnehmerin (§ 830 [X.]) - arglistig getäuscht und sich die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer in die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zunutze gemacht hat (Senatsurteil vom 11. Mai 2021 - [X.]/20, [X.], 1055 Rn. 12; vgl. auch Senatsurteil vom 27. Juli 2021 - [X.] [X.], 1661 Rn. 12; jeweils [X.]).

Die Untersagung der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs musste hierfür nicht unmittelbar bevorstehen. Es genügt, dass nicht feststand, welche der rechtlich möglichen und grundsätzlich auch die Vornahme einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 [X.] umfassenden Maßnahmen die Behörden bei Aufdeckung der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung ergreifen würden. Auf das Bestehen einer Pflicht zur Aufklärung über die verwendete Software kommt es, anders als das Berufungsgericht meint, danach nicht mehr an (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 316 Rn. 26).

2. Die Revision wendet sich weiter mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein Anspruch aus § 826 [X.] scheide bereits deshalb aus, weil die Klägerin nicht habe beweisen können, dass der von ihr als Zeuge benannte damalige Vorstandsvorsitzende der [X.], dessen Handeln sich die Beklagte gemäß § 31 [X.] zurechnen lassen müsste, den deliktischen Tatbestand verwirklicht habe.

a) Zwar trägt im Grundsatz derjenige, der einen Anspruch aus § 826 [X.] geltend macht, die volle Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Bei der Inanspruchnahme einer juristischen Person hat der Anspruchsteller dementsprechend auch darzulegen und zu beweisen, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter (§ 31 [X.]) die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 [X.] verwirklicht hat (vgl. Senatsurteile vom 26. Januar 2021 - [X.], [X.], 368 Rn. 15; vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1763 Rn. 15; vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 316 Rn. 35).

Dieser Grundsatz erfährt aber eine Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete [X.] keine nähere Kenntnis von den maßgeblichen Umständen und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. In diesem Fall trifft den Prozessgegner eine sekundäre Darlegungslast, im Rahmen derer es ihm auch obliegt, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. [X.] er seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. Senatsurteile vom 26. Januar 2021 - [X.], [X.], 368 Rn. 16; vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1763 Rn. 16; vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 316 Rn. 37 ff. [X.]).

b) Nach diesen Grundsätzen traf die Beklagte die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung bei ihr getroffen und ob ihr Vorstand hiervon Kenntnis hatte.

aa) Die Fragen, wer die Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung bei der [X.] getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte, betreffen unternehmensinterne Abläufe und Entscheidungsprozesse, die sich der Kenntnis und dem Einblick der Klägerin entziehen. Demgegenüber war der [X.] Vortrag hierzu möglich und zumutbar (vgl. Senatsurteile vom 26. Januar 2021 - [X.], [X.], 368 Rn. 19; vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1763 Rn. 19; vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 316 Rn. 39 ff.).

bb) Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Vortrag hinsichtlich der Person des damaligen Vorstandsvorsitzenden der [X.] soweit substantiieren konnte, dass sich das Berufungsgericht zunächst veranlasst sah, diesen als Zeugen zu laden.

Zum einen rügt die Revision mit Erfolg (§ 286 ZPO), dass sich der Vortrag der Klägerin, der Vorstand der [X.] habe über umfassende Kenntnis von dem Einsatz der unzulässigen Abschaltsoftware verfügt, erkennbar auf den gesamten Vorstand der [X.] und nicht nur auf die Person ihres damaligen Vorstandsvorsitzenden bezog. Allein der Umstand, dass der damalige Vorstandsvorsitzende zunächst als Zeuge geladen wurde, bevor er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 384 Nr. 2 ZPO berief und wieder abgeladen wurde, entbindet die Beklagte daher nicht von ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Kenntnis des Vorstands im Übrigen.

Zum anderen wäre der außerhalb des maßgeblichen Geschehens stehende Geschädigte - folgte man der Ansicht des Berufungsgerichts - schutzlos gestellt, wenn er in Bezug auf eine der handelnden Personen ausreichende Anhaltspunkte für ein (möglicherweise) strafbares Verhalten vortragen kann, diese Person jedoch naturgemäß wegen der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung als Zeuge nicht zur Verfügung steht (§ 384 Nr. 2 ZPO). Das ist mit der aus den verfassungsrechtlich geschützten Rechten auf ein faires Verfahren und auf effektiven Rechtsschutz folgenden Verpflichtung zu einer fairen Verteilung der Darlegungs- und Beweislasten (vgl. [X.], NJW 2019, 1510 Rn. 12 ff.; [X.], [X.], 1483, 1484, juris Rn. 42) nicht zu vereinbaren und hat der [X.] auch in der Vergangenheit im Zusammenhang mit Sachverhalten, in denen von einer sekundären Darlegungslast ausgegangen wurde, nicht angenommen (vgl. etwa [X.], Urteil vom 18. Januar 2018 - [X.], NJW 2018, 2412 Rn. 28; zum Ganzen Senatsurteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 316 Rn. 42).

c) Mit der pauschalen Behauptung, alles Zumutbare und Mögliche getan zu haben, um die tatsächlichen Geschehnisse aufzuklären, hat die Beklagte dieser ihr obliegenden sekundären Darlegungslast erkennbar nicht genügt. Wie die Revision zu Recht rügt, bedurfte es insoweit - jenseits der Berufung auf eben die Grundsätze der sekundären Darlegungslast, die einen zentralen Berufungsangriff der Klägerin darstellte - keiner näheren Ausführungen durch die Klägerin, welche Aufklärungsschritte der [X.] darüber hinaus noch zumutbar und möglich gewesen wären.

3. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann zudem der für einen Ersatzanspruch aus § 826 [X.] erforderliche Schaden nicht verneint werden.

Ein Schaden im Sinne des § 826 [X.] kann auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen (Senatsurteile vom 26. Januar 2021 - [X.], [X.], 368 Rn. 21; vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1763 Rn. 21; vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 316 Rn. 46 ff. [X.]). Nach deren Erfüllung setzt sich der Schaden in dem Verlust der aufgewendeten Geldmittel fort (Senatsurteile vom 20. Juli 2021 - [X.]/20, juris Rn. 24; vom 27. Juli 2021 - [X.], [X.], 1661 Rn. 24; jeweils [X.]).

Der von der Klägerin geltend gemachte Schaden liegt damit nicht außerhalb des Schutzzwecks des § 826 [X.]. Auf den Schutzzweck des Gebots, das Fahrzeug nicht ohne gültige [X.] in den Verkehr zu bringen, kommt es im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus § 826 [X.] entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht an (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 2021 - [X.], [X.], 368 Rn. 24; vom 30. Juli 2020 - [X.], [X.], 1763 Rn. 23 f.).

4. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, dass sich der Schädigungsvorsatz der für die Beklagte handelnden Personen darauf beziehen müsse, dass das Kraftfahrzeug für die Klägerin aufgrund der "Schummelsoftware" wertlos geworden sei. Da der Schaden des Käufers in der Belastung mit der ungewollten Verpflichtung aus dem Kaufvertrag liegt, reichte es für die Annahme des hierauf bezogenen Vorsatzes aus, wenn den genannten Personen bewusst war, dass in Kenntnis des Risikos einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung der betroffenen Fahrzeuge niemand - ohne einen erheblichen, dies berücksichtigenden Abschlag vom Kaufpreis - ein damit belastetes Fahrzeug erwerben würde (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, [X.], 316 Rn. 63).

III.

Die angegriffene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar, § 561 ZPO. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Klage nicht schon deshalb unbegründet, weil sie von vornherein nur auf Zahlung in [X.] hätte gerichtet werden können, da der Schadensersatzanspruch die Klägerin - die das in [X.] gekaufte Fahrzeug mit [X.] über ihr [X.] Bankkonto finanziert habe - so stellen solle, als hätte sie das Fahrzeug nicht erworben. Da die Klägerin einen solchen Anspruch nicht geltend mache, könne er ihr nach § 308 ZPO auch nicht zugesprochen werden, da es sich hierbei um ein aliud gegenüber dem auf Zahlung in [X.] lautenden Klageantrag handele.

Bei dem geltend gemachten Schadensersatz handelt es sich um eine Geldwertschuld und nicht um eine (unechte) [X.]. § 244 [X.], bei der zwar der Schuldner die Forderung in inländischer Währung begleichen, nicht aber der klagende Gläubiger eine solche Leistung beanspruchen kann (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 7. April 1992 - [X.], [X.], 2011, 212, juris Rn. 10). Schadensersatzansprüche gehören nicht zu den Ansprüchen, die von vornherein auf eine ausländische Währung lauten. Sie entstehen, soweit sie sich - wie hier - aus [X.] Recht ergeben, in inländischer Währung (vgl. [X.]/[X.], [X.], 80. Aufl., § 245 Rn. 16 f.). Der in ausländischer Währung ermittelte [X.] bildet bei einer auf Zahlung in inländischer Währung gerichteten Klage lediglich einen Rechnungsfaktor für die Schadenshöhe (Senatsurteile vom 10. Juli 1954 - [X.], [X.]Z 14, 212, 217, juris Rn. 9; vom 18. Oktober 1988 - [X.], NJW-RR 1989, 670, 672 f., juris Rn. 20; vom 20. November 1990 - [X.], NJW 1991, 634, 637, juris Rn. 29; [X.], Urteile vom 9. Februar 1977 - [X.], [X.], 478, 479, juris Rn. 29 f.; vom 19. Februar 1998 - [X.], NJW-RR 1998, 1426, 1429, juris Rn. 29; [X.]/[X.], aaO, Rn. 17; aA etwa [X.]/[X.], [X.], Stand 1.2.2020, § 244 Rn. 27 [X.]).

IV.

Die Sache ist schon deshalb nicht zur Entscheidung reif, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - keine Feststellungen zum durchzuführenden Vorteilsausgleich getroffen hat. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

[X.]     

      

von [X.]     

      

[X.]

      

Klein     

      

Linder     

      

Meta

VI ZR 148/20

19.10.2021

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 4. Dezember 2019, Az: 3 U 3129/19, Urteil

§ 31 BGB, § 244 BGB, § 249 BGB, §§ 249ff BGB, § 826 BGB, § 138 ZPO, § 6 EG-FGV, § 27 Abs 1 EG-FGV, Art 3 Nr 10 EGV 715/2007, Art 5 Abs 2 EGV 715/2007

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.10.2021, Az. VI ZR 148/20 (REWIS RS 2021, 1780)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1780


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 77/21

Bundesgerichtshof, I ZR 77/21, 27.01.2022.


Az. VI ZR 148/20

Bundesgerichtshof, VI ZR 148/20, 19.10.2021.


Az. 3 U 3129/19

OLG München, 3 U 3129/19, 04.12.2019.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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