Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 06.02.2019, Az. 1 BvQ 4/19

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2019, 10617

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

BEHÖRDEN BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) VERWALTUNGSRECHT DATENSCHUTZ STATISTIKEN VOLKSZÄHLUNG

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Gegenstand

Antrag auf einstweilige Aussetzung der Pilotlieferung gem § 9a ZensVorbG 2021 erfolglos - Folgenabwägung - Datenspeicherung allein lässt Aussetzungsinteresse gegenüber einem Gesetz idR nicht durchschlagen - gesetzliche Zweckbeschränkung sowie Regelung der Geheimhaltung und der Sicherheitsanforderungen zu berücksichtigen - Gefährdung der Durchführung des Zensus 2021 bei Aussetzung der Pilotdatenlieferung zumindest plausibel vorgetragen


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

[X.]er Antrag ist darauf gerichtet, den Vollzug des durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des [X.] 2021 und [X.] sowie [X.]esbesoldungsgesetzes vom 27. November 2018 ([X.]) in das [X.] ([X.] 2021) eingefügten § 9a [X.] 2021 im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung durch das [X.] (§ 32 [X.]) außer [X.] zu setzen.

2

Nach der Verordnung ([X.]) Nr. 763/2008 in Verbindung mit der Verordnung ([X.]) Nr. 2017/712 ist die [X.] verpflichtet, der [X.] statistische [X.]aten und Metadaten für die Volks- und Wohnungszählung zu übermitteln. Zu diesem Zweck sieht § 9a [X.] 2021, der mit Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des [X.] 2021 und [X.] sowie [X.]esbesoldungsgesetzes vom 27. November 2018 ([X.]) in das [X.] eingefügt wurde, eine ab dem 14. Januar 2019 durchzuführende [X.] durch die nach Landesrecht für das Meldewesen zuständigen Behörden und die statistischen Landesämter an das [X.] vor, die eine Prüfung der Übermittlungswege und der Qualität der zum Zensus 2021 zu übermittelnden [X.]aten aus den [X.] sowie den Test und die Weiterentwicklung der Programme für die [X.]urchführung des Zensus 2021 ermöglichen soll (§ 9a Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 2 [X.] 2021). [X.]iese umfasst die nicht anonymisierten oder pseudonymisierten Meldedaten der in § 9a Abs. 1 Satz 2 [X.] 2021 genannten Personen mit den in § 9a Abs. 2 bis 4 [X.] 2021 genannten Merkmalen, die neben Namen und Wohnanschriften unter anderem auch Geschlecht, Staatsangehörigkeiten, Familienstand und die Zugehörigkeit zu öffentlich-rechtlichen [X.]en einschließen. Eine Verarbeitung der [X.]aten zu anderen als den in § 9a Abs. 1 Satz 1 [X.] 2021 genannten Zwecken ist ausgeschlossen (§ 9a Abs. 5 Satz 3 [X.] 2021). [X.]ie [X.]aten sind nach § 9a Abs. 6 [X.] 2021 unverzüglich zu löschen, soweit sie nicht mehr erforderlich sind, spätestens jedoch zwei Jahre nach dem Stichtag des 13. Januar 2019. Nach der Gesetzesbegründung geht der Gesetzgeber davon aus, dass die [X.] von zwei Jahren im Hinblick auf alle übermittelten [X.]aten ausgeschöpft werden muss, um ausreichend Zeit für den Test und die Weiterentwicklung der Programme zur Verfügung zu stellen ([X.] 206/18, S. 15).

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1. [X.]ie Antragsteller werden an ihren Wohnorten im Melderegister geführt. Sie sind der Ansicht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung schon deswegen begründet sei, weil eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde gegen § 9a [X.] 2021 offensichtlich begründet sei. Jedenfalls aber überwiege das Interesse an der vorläufigen Aussetzung beziehungsweise Einschränkung der [X.]atenübermittlung gegenüber dem staatlichen [X.].

4

§ 9a [X.] 2021 verletze die Antragsteller in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, da er einen flächendeckenden und intensiven Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung begründe, der nicht durch die [X.] gerechtfertigt sei. So sei schon der Erforderlichkeitsgrundsatz in Verbindung mit dem Gebot der möglichst frühzeitigen Anonymisierung verletzt, da für die Überprüfung der Übermittlungswege eine Übermittlung anonymisierter, pseudonymisierter oder unechter [X.]aten ausreiche und für die Zwecke der Prüfung der [X.]atenqualität und der Programmentwicklung eine nicht anonymisierte Stichprobe genüge. Soweit die Gesetzesbegründung die Verwendung nicht anonymisierter [X.]aten für notwendig erachte, enthalte sie keine Begründung, wieso eine hinreichend große Stichprobe hierfür nicht ausreiche. Jedenfalls sei eine nicht anonymisierte Vollerhebung unverhältnismäßig, weil die Summe der übermittelten und gespeicherten Merkmale Rückschlüsse über Lebenslauf, Wohnsituation, Migrationshintergrund, Partnerschaft, familiäre Verhältnisse und [X.] Status erlaube und gegebenenfalls Einblicke in den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung im Hinblick auf sexuelle Orientierung, eheliche Gemeinschaft, Familienleben und religiöse Bekenntnisse ermögliche. [X.]ie hiermit verbundene Eingriffstiefe stehe außer Verhältnis zum Nutzen einer Erprobung und Optimierung der bereits weitgehend erprobten Übermittlungswege und Programme. Mit einer Speicherung der nicht anonymisierten [X.]aten über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren würden diese nicht nur dem Zugriff einer Vielzahl von Behördenmitarbeitern und externen [X.]ienstleistern zugänglich, sondern auch einem Risiko eines illegalen Zugriffs durch [X.]ritte ausgesetzt.

5

Jedenfalls aber überwiege das Interesse an der vorläufigen Aussetzung oder Einschränkung der [X.]atenübermittlung gegenüber dem staatlichen [X.], da bei einer nicht anonymisierten [X.]atenübermittlung irreparable Nachteile für alle melderechtlich erfassten Personen entstünden, wohingegen ein Probedurchlauf gegebenenfalls auch zu einem späteren Zeitpunkt oder in einem reduzierten Umfang möglich beziehungsweise für eine ordnungsgemäße [X.]urchführung des Zensus 2021 nicht unverzichtbar sei.

6

2. Zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben das [X.], für Bau und Heimat und der [X.]esbeauftragte für den [X.]atenschutz und die Informationsfreiheit Stellung genommen.

7

[X.]er Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen.

8

Nach § 32 Abs. 1 [X.] kann das [X.] im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. [X.]abei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. [X.] 112, 284 <291>; 121, 1 <14 f.>; stRspr). Bei offenem Ausgang des [X.] muss das [X.] auf Grundlage einer Folgenabwägung entscheiden (vgl. [X.] 117, 126 <135>; 121, 1 <17>; stRspr).

9

1. Eine gegebenenfalls noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde wäre nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet. So ist schon im Gesetzgebungsverfahren zum Teil umstritten geblieben, ob und in welchem Umfang eine zentrale Analyse und Speicherung der nicht anonymisierten oder pseudonymisierten Meldedaten zum Zweck der Erreichung der mit der Pilotdatenlieferung verfolgten Zwecke erforderlich ist (vgl. BT[X.]rucks 206/18, [X.] ff., 14 f. sowie [X.] 19/58, [X.] mit [X.] 19/52, [X.], [X.], [X.] - 5613A und [X.] 19/58, [X.], S. 6566B - 6567A, [X.], S. 6568A - [X.]). Auch der [X.]esbeauftragte für den [X.]atenschutz und die Informationsfreiheit hat bis zuletzt Bedenken gegenüber der durchgehenden Verwendung von Klardaten in dem durch § 9a [X.] 2021 legitimierten Testdurchlauf angemeldet, während das [X.], für Bau und Heimat diese als zur Erreichung der [X.] unerlässlich ansieht. Insoweit wird sich in einem gegebenenfalls durchzuführenden Hauptsacheverfahren insbesondere die Frage stellen, ob die vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke auch durch eine in Umfang, Form oder begrenzte [X.]atenübermittlung und -speicherung gleichermaßen erreicht werden könnten. Auch wird zu fragen sein, welcher Mehrwert einer Verwendung der vollständigen Echtdaten im Vergleich zu einer begrenzteren [X.]atenübermittlung - etwa in Form einer Beschränkung auf einzelne Merkmale oder einer Verwendung anonymisierter [X.]atensätze, die gegebenenfalls durch nicht anonymisierte Stichproben ergänzt werden könnten - zukommt und ob dieser in einem angemessenen Verhältnis zum Eingriffsgewicht steht. [X.]iese Fragen bedürfen näherer Aufklärung und können vorliegend nicht in der für das Eilverfahren gebotenen Kürze der Zeit geklärt werden.

2. Im Rahmen der demnach gebotenen Folgenabwägung muss das [X.] die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. [X.] 117, 126 <135>; 121, 1 <17>; stRspr).

Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, ist bei der Folgenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen (vgl. [X.] 3, 41 <44>; 104, 51 <55>; 112, 284 <292>; 121, 1 <17>; stRspr). [X.]as [X.] darf von seiner Befugnis, den Vollzug eines in [X.] getretenen Gesetzes auszusetzen, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, da der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung stets ein erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist (vgl. [X.] 64, 67 <69>; 117, 126 <135>; 121, 1 <17>; 140, 211 <219>). Müssen die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe schon im Regelfall so schwer wiegen, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabdingbar machen, so müssen sie im Fall der begehrten Außervollzugsetzung eines Gesetzes darüber hinaus besonderes Gewicht haben (vgl. [X.] 104, 23 <27 f.>; 117, 126 <135>; 122, 342 <361 f.>; stRspr). Insoweit ist von entscheidender Bedeutung, ob die Nachteile irreversibel oder nur sehr erschwert revidierbar sind (vgl. [X.] 91, 70 <76 f.>; 118, 111 <123>; 140, 211 <219 f.>), um das [X.] durchschlagen zu lassen.

Bei Anwendung dieser Maßstäbe scheidet eine Aussetzung der Pilotlieferung nach § 9a [X.] 2021 im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung durch das [X.] aus.

a) Ergeht eine einstweilige Anordnung nicht, hätte die noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde aber Erfolg, so würden die [X.]aten der Antragsteller sowie aller melderechtlich erfassten Personen zu Unrecht in nicht anonymisierter Form zusammengeführt und für die gesetzlich vorgesehenen Zwecke genutzt, obwohl dies für deren Erfüllung nicht erforderlich oder sonst unverhältnismäßig wäre.

In einer solchen zweckändernden Übermittlung der in § 9a Abs. 2 bis 4 [X.] 2021 genannten personenbezogenen Merkmale aller zum maßgeblichen Stichtag melderechtlich erfassten Personen liegt allerdings nicht nur aufgrund der Streubreite und Anlasslosigkeit der Maßnahme ein erheblicher Grundrechtseingriff. So trägt die nicht anonymisierte oder pseudonymisierte Weitergabe und Sammlung von Merkmalen wie Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Familienstand oder die Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen [X.] in Verbindung mit personenbezogenen Angaben über Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder oder gesetzliche Vertreter das Potential in sich, einzelne Lebensbereiche des Betroffen abzubilden und in vielgestaltiger Weise für eine weitere Verknüpfung und Verwendung zu erschließen (vgl. [X.] 65, 1 <44 f., 53>). [X.]ies gilt umso mehr, als sich der Gesetzgeber zur Erreichung der in § 9a Abs. 1 Satz 1 [X.] 2021 genannten Zwecke bewusst gegen eine im Kontext statistischer Erhebung sonst übliche und grundsätzlich auch verfassungsrechtlich gebotene frühzeitige Anonymisierung beziehungsweise Trennung von Erhebungs- und Hilfsmerkmalen (vgl. [X.] 65, 1 <48 ff., 53 f., 61>) entschieden hat (BT[X.]rucks 19/3828, S. 15).

Jedoch verdichtet und konkretisiert sich der in der Speicherung für Einzelne liegende Nachteil für ihre Freiheit und Privatheit auch bei der Sammlung von [X.]aten zu statistischen Zwecken erst durch einen Abruf der [X.]aten zu einer möglicherweise irreparablen Beeinträchtigung. [X.]ie [X.]atenbevorratung ermöglicht zwar den Abruf, doch führt erst dieser zu konkreten Belastungen. [X.]as Gewicht eines denkbaren Einschüchterungseffekts hängt dann davon ab, unter welchen Voraussetzungen die bevorrateten [X.]aten abgerufen und verwendet werden können. Je weiter die Befugnisse staatlicher Stellen insoweit reichen, desto eher müssen die Bürgerinnen und Bürger befürchten, dass diese Stellen ihr [X.] überwachen oder - wie im Fall der Erhebung für statistische Zwecke relevanter [X.]aten - diese für Zwecke des [X.] auswerten oder mit [X.]aten aus anderen Quellen verknüpfen. Mit der Speicherung allein ist in der Regel jedoch noch kein derart schwerwiegender Nachteil verbunden, dass er die Außerkraftsetzung eines Gesetzes erforderte (vgl. [X.] 121, 1 <20> sowie [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 8. Juni 2016 - 1 BvQ 42/15 -, juris, Rn. 18 jeweils zur Vorratsdatenspeicherung).

Vorliegend dient die Übermittlung und Speicherung der in § 9a Abs. 2 bis 4 [X.] 2021 genannten Merkmale jedoch ausschließlich der Verfolgung der in § 9a Abs. 1 Satz 2 [X.] 2021 genannten Zwecke, das heißt der Vorbereitung und Ermöglichung der statistischen Erhebungen zum Zensus 2021. Eine Nutzung zu anderen als den hier genannten Zwecken - insbesondere eine Verknüpfung mit anderen [X.]atenbeständen oder eine Verwendung zu Zwecken des [X.] - hat der Gesetzgeber hingegen ausdrücklich ausgeschlossen (§ 9a Abs. 5 Satz 5 [X.] 2021). An den Inhalt der [X.]aten selbst dürfen die Behörden hierfür nicht anknüpfen und an ihm haben sie auch keinerlei Interesse. [X.]a die [X.] als Teil des Zensus zudem den Vorgaben des [X.] zur Geheimhaltung und zu Sicherheitsanforderungen an die elektronische [X.]atenübermittlung unterliegen (§§ 11a, 16 BStatG), bleiben auch insoweit die Nachteile begrenzt.

b) Angesichts dieser eng begrenzten Verwendungszwecke und der Vorgaben des [X.] zur Geheimhaltung und zu Sicherheitsanforderungen an die elektronische [X.]atenübermittlung (§§ 11a, 16 BStatG), deren Einhaltung vom [X.]esbeauftragten für den [X.]atenschutz und die Informationsfreiheit in Ausfüllung seiner Beratungs- und Kontrolltätigkeit auch weiter überwacht wird, überwiegen diese Nachteile nicht mit der erforderlichen [X.]eutlichkeit gegenüber den Nachteilen, die bei Erlass der hilfsweise begehrten einstweiligen Anordnung trotz späterer Erfolglosigkeit einer noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerde einzutreten drohen.

[X.]enn bei der Erforderlichkeit (vgl. [X.] 65, 1 <44, 54>) der Übermittlung sämtlicher nicht anonymisierter Meldedaten für die in § 9a Abs. 1 Satz 1 [X.] 2021 genannten Zwecke, deren Erreichung der Gesetzgeber als notwendige Voraussetzung für eine ungefährdete und erfolgreiche [X.]urchführung des Zensus 2021 ansieht, drohte eine Aussetzung der Vollziehung des Gesetzes die Prüfung der Übermittlungswege und der Qualität der zu übermittelnden [X.]aten beziehungsweise die Prüfung und Weiterentwicklung der Programme zu vereiteln. Es würden damit die [X.]urchführung des auch unionsrechtlich vorgeschriebenen Zensus 2021 erschwert und dem [X.] (sowie mittelbar auch den [X.] und den [X.]) notwendige Entscheidungsgrundlagen und Strukturdaten für politische Entscheidungen möglicherweise entzogen (vgl. [X.], Urteil des [X.] vom 19. September 2018 - 2 [X.] -, juris, Rn. 147 f.). Angesicht des unionsrechtlich vorgegebenen Termins des Zensus könnte dies auch nicht rechtzeitig nachgeholt werden. Nach dem bei vorläufiger Betrachtung nicht unplausibel erscheinenden Vortrag des [X.]esministeriums des Innern, für Bau und Heimat ist der Probedurchlauf mit [X.]aten aller Meldebehörden erforderlich, weil sonst die Qualität der Merkmale und der Programme nicht überprüft werden könnten. [X.]ies gelte insbesondere für die Verarbeitung der Originalschreibweisen für Namen und die Prüfung von Mehrfachfällen.

c) Auch eine Beschränkung der [X.] auf eine stichprobenhafte Übermittlung nicht anonymisierter [X.]aten im Wege der einstweiligen Anordnung erscheint angesichts der vorgenannten Umstände nicht geboten. Zwar wird aus den Gesetzesmaterialien und den hier vorliegenden Stellungnahmen nicht mit abschließender Gewissheit deutlich, ob eine nicht anonymisierte [X.]atenübermittlung sämtlicher [X.]atensätze und insbesondere eine dauerhafte Speicherung sämtlicher [X.]atensätze über eine [X.]auer von bis zu zwei Jahren für die Erreichung der in § 9a Abs. 1 Satz 1 [X.] 2021 genannten Zwecke erforderlich ist oder eine grundrechtsfreundlichere Ausgestaltung des [X.] auch durch Anpassung der vorgesehenen Verfahren erreicht werden könnte. [X.]ie vom [X.], für Bau und Heimat vorgelegte Stellungnahme lässt es jedoch zumindest plausibel erscheinen, dass eine Beschränkung auf eine nicht anonymisierte Teildatenlieferung die Gefahr in sich trüge, zumindest einzelne der vom Gesetzgeber zum Zweck der [X.]urchführung des Zensus 2021 und zur Steigerung der Validität seiner Ergebnisse als erforderlich erachteten Prüf- und Optimierungsmaßnahmen zu vereiteln und so die [X.]urchführung des Zensus 2021 in seiner vorgesehenen Form zu gefährden. Unter diesen Umständen ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass eine Beschränkung der [X.]atenübermittlung auf eine stichprobenhafte Übermittlung nicht anonymisierter [X.]aten in ihrer Wirkung einer vollständigen Aussetzung des [X.] gleichkäme, die aus den oben genannten Gründen nicht geboten ist.

[X.]iese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvQ 4/19

06.02.2019

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvQ

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 11a BStatG 1987, § 16 BStatG 1987, EGV 763/2008, EUV 2017/712, § 9a Abs 1 S 1 ZensVorbG 2021, § 9a Abs 2 ZensVorbG 2021, § 9a Abs 3 ZensVorbG 2021, § 9a Abs 4 ZensVorbG 2021, § 9a Abs 5 S 5 ZensVorbG 2021, Art 1 ZensVorbG2021uaÄndG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 06.02.2019, Az. 1 BvQ 4/19 (REWIS RS 2019, 10617)

Papier­fundstellen: NJW 2019, 1366 REWIS RS 2019, 10617

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