Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2008, Az. VI ZR 243/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3073

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 1. Juli 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja KunstUrhG §§ 22, 23 Zur Frage der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung ohne Einwilligung der ab-gebildeten Prominenten in einer Situation aus ihrem privaten Alltag (hier: "[X.] mit Putzfrau auf [X.]"). [X.], Urteil vom 1. Juli 2008 - [X.]/06 - KG

LG Berlin - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 7. November 2006 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision teilweise aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und unter [X.] der Klage im Übrigen teilweise abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 •, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letzteres zu vollziehen an einem der [X.], zu unterlassen, das in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 veröffentlichte [X.] erneut - wie geschehen - zu veröffentlichen. Die Klägerin hat die Kosten des ersten [X.] zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander auf-gehoben. Von den Gerichtskosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 3/8 und die Beklagte 5/8. Die außergerichtlichen Kos-ten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Die Klägerin ist eine bekannte [X.] Fernsehjournalistin. Die [X.] veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift ein [X.], welches die Kläge-rin mit ihrer Putzfrau beim Einkaufen in [X.] auf [X.] zeigt. [X.] und dazugehöriger Text befanden sich auf einer bebilderten Seite mit der Über-schrift "[X.] ist auf [X.]". Das Bild ist mit dem Begleittext versehen: "[X.] – beim [X.] mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf [X.]. Ihre Finca liegt romantisch zwischen [X.] am Rande von [X.]." Auf entsprechenden Antrag der Klägerin hat das Landgericht die [X.] verurteilt, zu unterlassen, "Bildnisse aus dem privaten Alltag der Klägerin zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf der Seite 49 geschehen." 2 Die gegen diese Verurteilung gerichtete Berufung der Beklagten hat das [X.] teilweise für begründet erachtet und die Beklagte nunmehr un-ter Klageabweisung im Übrigen - entsprechend einem von der Klägerin in der Berufungsinstanz gestellten (ersten) Hilfsantrag - dazu verurteilt, es zu unter-lassen, "[X.]s der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen." Mit ihrer - vom Berufungsgericht zu-gelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat. Die Klägerin hat ihre Revi-sion zurückgenommen. 3 - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] 4 Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der erste Hilfsantrag, mit dem die Klägerin es der Beklagten untersagen lassen wolle, "[X.]s der Klägerin zu veröffentlichen wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf Seite 49 geschehen", sei zulässig und begründet. Der Antrag ziele auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der "[X.]theorie", wonach ein Betroffener nicht nur eine exakte Wiederholung der Verletzungshandlung verbieten lassen könne, sondern auch einen künftigen wesensgleichen Eingriff, der von der konkreten Verletzungsform geringfügig abweiche. Charakteristisch sei im vorliegenden Fall, dass die Klägerin bei Besorgungen bzw. beim Flanieren auf [X.] - sei es mit oder ohne Begleitung - abgebildet worden sei, ohne dass dem Bild ein zusätzlicher Nachrichtenwert hinsichtlich der Klägerin zukomme. Bei einer Ab-wägung im Rahmen der §§ 22, 23 KUG müsse - insbesondere unter Berück-sichtigung der Entscheidungen des [X.] und des [X.] - das Recht der Beklagten auf freie Berichterstattung gegenüber dem Persön-lichkeitsrecht der Klägerin zurücktreten. I[X.] Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten nach dem ersten Hilfsantrag der Klägerin wendet. 5 1. Das Berufungsgericht hat das mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Verbot, "[X.]s der Klägerin zu veröffentlichen, wie in "Bild der Frau" Nr. 33 vom 15. August 2005 auf [X.] geschehen", zutreffend dahin ausgelegt, dass dieser Antrag auf eine Verurteilung der Beklagten entsprechend der vorgenannten 6 - 5 - "[X.]theorie" zielt und damit hinreichend bestimmt ist im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. 7 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Hilfsantrag in dieser Form jedoch unbegründet, weil der Klägerin ein so weitgehender [X.] aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG nicht zusteht. Wie der erkennende Senat zwischenzeitlich entschieden hat, lässt sich die im Wettbewerbsrecht entwickelte "[X.]theorie" auf das Recht der Bildberichterstattung nicht übertragen (vgl. Senatsurteile vom 13. November 2007 - [X.] ZR 265/06 - [X.], 552 und - [X.] ZR 269/06 - NJW 2008, 1593). a) Der Senat hat in seiner neueren Rechtsprechung zur Zulässigkeit von [X.] (vgl. Senatsurteile vom 6. März 2007 - [X.] ZR 13/06 - [X.], 697 und - [X.] ZR 51/06 - [X.], 957; vom 19. Juni 2007 - [X.] ZR 12/06 - [X.], 1135 und vom 3. Juli 2007 - [X.] ZR 164/06 - [X.], 1283) den in der Entscheidung des [X.] vom 24. Juni 2004 (von [X.] gegen [X.] - NJW 2004, 2647 ff.) geäußerten Bedenken Rechnung getragen und zugleich klargestellt, dass es für die Zuläs-sigkeit einer Bildveröffentlichung in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebilde-ten an dem Schutz seiner Privatsphäre bedarf, wobei die begleitende [X.] eine wesentliche Rolle spielen kann. 8 b) Eine solche Interessenabwägung kann jedoch nicht in Bezug auf [X.] vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen ins-besondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden (vgl. Se-natsurteil [X.] 158, 218, 224 ff.). Die entsprechenden Möglichkeiten sind [X.] vielgestaltig, dass sie mit einer "vorbeugenden" Unterlassungsklage selbst 9 - 6 - dann nicht erfasst werden können, wenn man diese auf "kerngleiche" Verlet-zungshandlungen beschränken wollte. Eine vorweggenommene Abwägung, die sich mehr oder weniger nur auf Vermutungen stützen könnte, und die im kon-kreten Verletzungsfall im Vollstreckungsverfahren nachgeholt werden müsste, verbietet sich schon im Hinblick auf die Bedeutung der betroffenen [X.]. 3. Die Klage ist jedoch begründet, soweit sich die Klägerin mit einem [X.] Hilfsantrag in der Berufungsinstanz gegen eine Wiederholung der konkre-ten Bildveröffentlichung gewandt hat. Da die Beklagte in ihrer Berufungsbe-gründung erklärt hat, sich an ihre vorgerichtlich abgegebene [X.] nicht mehr gebunden zu fühlen, kann diesbezüglich eine Wiederholungsgefahr nicht verneint werden. 10 a) Der erkennende Senat hat bereits in mehreren neueren Entscheidun-gen das abgestufte Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei Bildveröffentlichun-gen von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] (insbes. Entscheidung vom 24. Juni 2004 - von [X.] gegen [X.] - [X.]O) erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84 ff.; vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.], 274 ff.; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - [X.], 957 ff. und vom 3. Juli 2007 - [X.] ZR 164/06 - [X.], 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.). 11 [X.]) Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Per-son grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bild-nisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die [X.] - 7 - ter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dul-den müssten, ist eine Verbreitung der A[X.]ildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). [X.]) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Be-deutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von all-gemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der [X.] bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen so-gar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. [X.] JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - [X.]O S. 957, 958; [X.], [X.]E 101, 361, 389 f.; [X.], 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte [X.] der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu zie-hen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des [X.] entscheiden. 13 cc) Zum [X.] der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum [X.] - 8 - sitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im [X.] herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.]O, 275; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - [X.]O, 957 f.; [X.], [X.]E 101, 361, 392; [X.], Urteil vom 16. November 2004, [X.]. 53678/00, Karhuv[X.]ra und [X.] gegen [X.], [X.], 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der [X.] hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 ([X.]. 59320/00, von [X.] gegen [X.], [X.]O, §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 [X.] hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer [X.] Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitge-schichte in Einklang. [X.]) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem [X.] des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebilde-ten nach Art. 8 Abs. 1 [X.] und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 [X.] und Art. 5 Abs. 1 GG anderer-seits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet. 15 Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 [X.]. Die in §§ 22 f. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 16 - 9 - [X.] verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeits-schutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationslei-tenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten [X.] Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der [X.] Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu be-achten, dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 [X.] dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksich-tigen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - [X.], 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 [X.] einen Anspruch auf Schutz durch die st[X.]tlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. [X.], Urteil vom 24. Juni 2004, [X.]. 59320/00, von [X.] ge-gen [X.], §§ 50 ff., [X.]O, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 [X.] gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 [X.] geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juni 2005, [X.]. 14991/02, [X.] gegen [X.]; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwer-de-Nr. 71678/01, [X.] gegen [X.], §§ 38 ff.). Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schranken-regelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den [X.]n wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentli-chung fotografischer A[X.]ildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem [X.] abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der ab-gebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen [X.] - 10 - teressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. [X.], [X.]E 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - [X.]O, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 [X.] verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter [X.] von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 [X.] schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von [X.] zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - [X.]O, 1795; [X.], Ur-teile vom 14. Dezember 2006, [X.]. 10520/02, [X.] gegen [X.] Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, [X.]. 59320/00, von [X.] gegen [X.], § 59, [X.]O, 2649). Über die Zu-lässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der st[X.]tli-chen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des [X.] gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 [X.] verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - [X.]O, 1795; [X.], Urteil vom 17. Oktober 2006, [X.]. 71678/01, Gour-guenidze gegen [X.], § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten [X.] für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. [X.]E 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - [X.]O, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 [X.] verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - [X.]O, 1796; [X.], Urteil vom 16. November 2004, [X.]. 53678/00, Karhuv[X.]ra und [X.] gegen [X.], § 40; Urteil - 11 - vom 1. März 2007, [X.]. 510/04, [X.] u.a. gegen [X.], § 82). 18 Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffent-licher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äu-ßerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öf-fentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. [X.], [X.]E 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Recht-sprechung des [X.] besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 [X.] zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer [X.] von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. [X.], Urteile vom 22. Oktober 2007, [X.]. 21279/02 u.a., [X.] u.a. gegen [X.], § 45; vom 17. Dezember 2004, [X.]. 49017/99, [X.] und B[X.]dsg[X.]rd gegen [X.], § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder vi-suellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. ee) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite [X.] der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persön-lichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. [X.], [X.]E 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Januar 2006 - 1 BvR 2602/05 - [X.], 1865; [X.], Urteil vom 19 - 12 - 17. Oktober 2006, [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kon-text eines bestimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrecht-lich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert [X.]. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berück-sichtigen. Wie das [X.] in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - [X.]O, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei ei-genen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits [X.]E 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der Medien-betätigung, der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entspre-chende A[X.]ildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller [X.]en beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres [X.] Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. [X.] bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betrof-fenen. 20 Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem [X.] ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im kon-kreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und [X.] erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der 21 - 13 - Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. [X.], [X.]E 34, 269, 283; 101, 361, 391). 22 Insoweit hat das [X.] (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - [X.]O, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit ge-genläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. ff) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu [X.]. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des [X.] dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstrei-chen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen betei-ligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, [X.] 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings dar-auf, lediglich einen Anlass für die A[X.]ildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt, ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vor-rang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen. 23 - 14 - gg) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter Ausnut-zung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die [X.] wiegt schwerer, wenn die visuelle [X.] durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzoge-nen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Er-wartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern au-ßerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des [X.] außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein. 24 b) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Nachrichtensprecherin, Fernsehjournalistin und -moderatorin als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist (vgl. zur [X.] zwischen "[X.]", "personnalité politique / politician" und "[X.]": [X.], Urteile vom 11. Januar 2005, [X.]. 50774/99, [X.] gegen [X.], §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des [X.] zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende [X.] hat und die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentlichung entgegenstehen. 25 - 15 - c) Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung: 26 27 Das beanstandete Bild zeigt - worauf der Begleittext selbst hinweist - die Klägerin in einer (völlig) belanglosen Situation beim "[X.]" mit ihrer Putz-frau im Fischerdorf [X.] auf [X.]. Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "[X.] ist auf [X.]", in dem jeweils unter [X.] von [X.]grafien über die Anwesenheit sog. Prominenter, u.a. der Klägerin, auf der Insel berichtet wird. Der Nachrichtenwert der Berichterstattung hat [X.] im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessie-rende [X.], sondern beschränkt sich lediglich auf die Information, dass sich die Klägerin zurzeit auf [X.] aufhalte, wo sie ein Ferienhaus besitze, und dort - wie viele andere Menschen auch - mitunter auch in Begleitung ein-kaufen gehe. Eine solche Berichterstattung, die nur der Befriedigung des Un-terhaltungsinteresses bestimmter Leser dient, mag zwar möglicherweise - wor-auf es im Streitfall allerdings nicht ankommt - als reine Wortberichterstattung zulässig sein. Sie rechtfertigt es jedoch nicht, dass die Klägerin einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht durch Veröffentlichung eines Bildes in dieser zu ihrer Privatsphäre gehörenden Situation ohne ihre Einwilligung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinnehmen muss. Insoweit ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin und der Pressefreiheit der Beklagten, dass letztere zurückzutreten hat. Hieran vermag auch der Hinweis der Revision nichts zu ändern, dass die Klägerin bei anderen Gelegenheiten der Öffentlich-keit über die Presse Einblicke in ihr Privatleben gewährt habe (vgl. zu einem insoweit anders gelagerten Fall Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.]O mit Nichtannahmebeschluss des [X.] [X.], 849). - 16 - II[X.] 28 [X.] ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 565, 516 Abs. 3 ZPO. [X.]
[X.] [X.]

[X.]

Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.06.2006 - 27 O 1126/05 - [X.], Entscheidung vom 07.11.2006 - 9 U 148/06 -

Meta

VI ZR 243/06

01.07.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2008, Az. VI ZR 243/06 (REWIS RS 2008, 3073)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3073

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