Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 271/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1484

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 14. Oktober 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; [X.] Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Die [X.] des Bildes einer Person des öffentlichen Interesses ist regelmä-ßig nicht erlaubt, wenn die Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeits-recht der abgebildeten Person und der Presse- und Informationsfreiheit zu einem Überwiegen des Interesses am Schutz privater Vorgänge (hier: Gesundheitszustand des Ehemannes) führt. [X.], Urteil vom 14. Oktober 2008 - [X.]/06 - [X.] [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 21. November 2006 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Unterlassung der erneuten [X.] eines [X.]s, welches im Rahmen eines Beitrags mit der Überschrift "[X.] - was wird jetzt aus ihr? Sie weinte am Grab ihres [X.]. Sie weint am Bett ihres Mannes. Und [X.] macht sich Sorgen um sie" in der von der [X.] verlegten Zeitschrift [X.] Nr. 17/05 vom 20. April 2005 er-schienen ist. Auf dem Bild sitzen die Klägerin und ihr Ehemann auf der [X.] eines Hotels vor mehreren leeren Gläsern am Tisch. Sie hebt eine Flasche an. Die Bildnebenschrift lautet: "2003, [X.], Sonnenterrasse, ca. 13 Uhr. Die Gläser sind leer. [X.] prüft, ob in der Flasche noch Wein ist." 1 - 3 - Der mit der Aufnahme eingeleitete Bericht befasst sich damit, dass der [X.] der Klägerin wie im Rausch lebe. Eine Überschrift in Fettdruck lautet: "Weißwein in der Strandbar. Rotwein im Sporthotel. Und zur Entgiftung nach [X.]". Der Ehemann der Klägerin sei mit ihr vor fünf Jahren in einer Entgif-tungsklinik P. an der [X.] gewesen. Seine lebensgefährliche Bauchspeichel-drüsenentzündung habe zur Krankenhauseinweisung geführt und zur Folge, dass er nie wieder trinken dürfe. Hervorgehoben ist: "Ärzte warnen: Kein Trop-fen Alkohol mehr für [X.], sonst ..." Die Klage hatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer [X.] weiter. 2 Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im [X.] ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu. Es könne unterstellt werden, dass sie als so genannte absolute Person der Zeitgeschichte grund-sätzlich die [X.] eines Bildes auch ohne Einwilligung hinnehmen müsse. Die [X.] verletze jedoch die schutzwürdige Privatsphäre der Klägerin (§ 23 Abs. 2 KUG). Bei der Frage, in welchem Umfang einer in der Öf-fentlichkeit stehenden Person Schutz vor der [X.] von Bildnissen zuzubilligen sei, sei abzuwägen zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betrof-fenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der anderen Seite. Dabei sei insbesondere der Schutzumfang 3 - 4 - von Art. 8 [X.] in der Bestimmung durch die Entscheidung des [X.] (künftig: [X.]) vom 24. Juni 2004 zu [X.]. Vorliegend sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin nicht an einem belebten Ort unter vielen Menschen aufgehalten habe, als das beanstandete Bild aufgenommen worden sei. Auf dem [X.] seien außer der Klägerin und ih-rem Ehemann keine weiteren Personen zu sehen. Ob auf der Aufnahme, aus der das veröffentlichte Bild ausgeschnitten worden sei, eine weitere Person ab-gebildet sei, sei nicht sicher zu erkennen; sie lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, die Klägerin habe sich an einem belebten Ort unter vielen Personen befun-den. Dass der Tisch des Ehepaars von der öffentlichen Straße aus einsehbar sei, sei nicht substantiiert vorgetragen und auch nur von Bedeutung, wenn sich auf dieser Straße viele Menschen aufhielten. Die Beklagte habe im Einzelnen vortragen müssen, wie die Sichtverhältnisse bei Entstehung der Aufnahme ge-wesen seien. Bei Beachtung der vom [X.] in der genannten Entscheidung aufge-stellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzlichen Interessen greife die [X.] der Aufnahme rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eige-nen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser der Zeitschrift [X.] an Leben, Feriengestaltung und Konsumverhalten der Klägerin und ihres [X.]es rechtfertige nicht die erhebliche Einschränkung der Klägerin, wenn sie in offensichtlich privaten Lebensbereichen abseits der breiten Öffentlichkeit die Erstellung und [X.] von [X.]s ohne ihre Einwilligung hinnehmen müsste. Anderes ergebe sich nicht daraus, dass sich der bebilderte Bericht mit der lebensgefährlichen Erkrankung des Ehemannes befasse. 4 - 5 - I[X.] 5 Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nach-prüfung im Ergebnis stand. 6 1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils in mehre-ren Entscheidungen zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei [X.] von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Recht-sprechung des [X.] und des [X.] Stellung genommen (vgl. Senat, [X.] 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84 ff.; vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.], 274 ff.; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 13/06 - [X.], 697, 698 f. und - [X.] ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - [X.] ZR 12/06 - [X.], 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - [X.] ZR 164/06 - [X.], 1283 ff.; vom 13. November 2007 - [X.] ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - [X.] ZR 156/06 - [X.], 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 67/08 - [X.], 1367 ff. und - [X.] ZR 243/06 - [X.], 1363 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.). Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnis-ses dulden müssten, ist die Verbreitung einer A[X.]ildung aber dann nicht [X.] - 6 - sig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 8 Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeu-tung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allge-meinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffent-lichkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstat-tung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden. Zum [X.] der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im [X.] herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; [X.], [X.]E 101, 361, 392). Auch der [X.] hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 [X.] hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demo-kratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von [X.] - 7 - zugeben. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in [X.]. 10 a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwä-gung zwischen den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 [X.], Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 [X.] beeinflusst, wie der Senat schon mehrfach nä-her ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 67/08 - aaO und - [X.] ZR 243/06 - aaO). b) Die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. [X.], [X.]E 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; [X.], Urteil vom 17. Oktober 2006, [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 55). Mit der Ent-scheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines be-stimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen. 11 Wie das [X.] in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei [X.] - 8 - genen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits [X.], [X.]E 101, 361, 390 f.). Das gilt auch für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen [X.] Bestandteil der [X.], der durch die Pressefreiheit ge-schützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende A[X.]ildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. [X.] gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres [X.] Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Be-rücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen. Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem [X.] ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im kon-kreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und [X.] erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. [X.], [X.]E 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfas-sungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im [X.] auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzuse-13 - [X.] und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. 14 c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu [X.] (vgl. Senat, [X.] 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 85 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht [X.] darauf, lediglich einen Anlass für die A[X.]ildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Mei-nungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es nicht angezeigt, dem [X.]sinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen. d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die zur [X.] stehenden Umstände (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berücksichtigen, unter denen die [X.] entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicher-weise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Um-ständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des [X.] außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein. 15 - 10 - 2. a) Diese Grundsätze sind auf A[X.]ildungen der Klägerin anzuwenden, da sie als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("[X.] public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einer-seits und "[X.] / ordinary person" andererseits, vgl. [X.], [X.] vom 11. Januar 2005, [X.]. 50774/99, [X.] gegen [X.], §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bun-desverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende [X.] hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer [X.] entgegenstehen. 16 b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung: 17 aa) Das von der [X.] veröffentlichte [X.] zeigt die Klägerin mit ih-rem Ehemann laut [X.] auf einer Sonnenterrasse in [X.]. Das Bild ist unstreitig während des [X.] der Eheleute entstanden, der auch bei "Prominenten" zum grundsätzlich geschütz-ten [X.]bereich der Privatsphäre gehört. Die begleitende Wortberichterstattung betrifft darüber hinaus die schwere Erkrankung des Ehemannes an einer [X.] der Bauchspeicheldrüse und lässt anklingen, dass diese durch über-mäßigen Alkoholgenuss verursacht sein kann. Sie hat damit jedoch auch bei großzügigem Verständnis keinen Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis, sondern befasst sich ausschließlich mit der Privatsphäre der Klägerin. Zu dieser gehört - was allerdings bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern anders sein kann (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO, 1980) - nicht nur 18 - 11 - eine eigene Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - [X.] ZR 332/94 - [X.], 339, 340; [X.]E 32, 373, 379 f.; 101, 361, 382), [X.] auch die Erkrankung eines engen Familienmitglieds. Selbst wenn unter dem Blickpunkt gesundheitlicher Schäden durch Alkoholmissbrauch ein Infor-mationsinteresse der Öffentlichkeit am Zusammenhang zwischen diesem und Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstandeten [X.] das Interesse der Klägerin am Schutz der ei-genen Privatsphäre entgegen, zu der auch - mit den oben erwähnten Ausnah-men - der Gesundheitszustand gehört, also ihr Interesse am Schutz privater Vorgänge, die - wie das [X.] formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - einfach nichts in der Öffentlichkeit zu suchen haben. Daran vermag nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Bekanntheitsgrad der Klä-gerin nichts zu ändern, weil es beim Gesundheitszustand ihres Mannes um eine höchstpersönliche Angelegenheit geht und nicht ersichtlich ist, weshalb dieser im konkreten Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sein könnte (zu möglichen Ausnahmen vgl. Senat, [X.] 171, 275, 286 f.). Auch der gleichzeitige Tod des [X.] der Klägerin ändert hieran nichts. Bei dieser Sachlage haben die Rechte der Presse aus Art. 10 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den Schutz des Persönlichkeitsrechts der Klägerin (Art. 8 [X.], Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurückzutreten. 19 [X.]) Entgegen der Ansicht der Revision ändert sich an diesem Ergebnis nichts dadurch, dass der Ehemann der Klägerin sich nach seiner Erkrankung im April 2005, also geraume Zeit nach Entstehen der beanstandeten Aufnahme und zwei Tage nach Erscheinen des mit dieser bebilderten Artikels, in [X.] zu seiner Erkrankung geäußert hat. 20 - 12 - Zwar kann man sich im Allgemeinen nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die man selbst der Öffentlichkeit preis-gegeben hat (vgl. [X.], [X.]E 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - [X.] ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnis-nahme entfällt nämlich, soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich [X.] werden; die Erwartung, dass die Öffentlichkeit die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden ([X.], [X.]E 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 85 f.). Dies gilt auch und insbesondere für den Bildnisschutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG. Die be-anstandete Aufnahme stammt indes aus einer Zeit, in der der Ehemann der Klägerin seine Privatsphäre noch nicht preisgegeben hatte, so dass eine [X.] mangels eines berechtigten Informationsinteresses rechtswidrig war. Nach allem kommt es nicht darauf an, ob bereits die beanstandete [X.] unter Verletzung der Privatsphäre entstanden ist, nämlich unter Um-ständen, die schon für sich genommen die [X.] unzulässig machen (vgl. [X.], [X.]E 101, 361, 394 f.; NJW 2008, 1793, 1797), ob also hier auch der Schutz vor heimlich gefertigten Aufnahmen eingreift, wobei es [X.] zur Darlegungs- und Beweislast der [X.] stünde, unter wel-chen Umständen die jeweilige Aufnahme entstanden ist (vgl. [X.] aaO 1797). 21 - 13 - 22 3. Nach allem ist die Revision der [X.] mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. [X.] [X.] [X.]

Pauge

Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.03.2006 - 324 O 465/05 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 7 U 60/06 -

Meta

VI ZR 271/06

14.10.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 271/06 (REWIS RS 2008, 1484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1484

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