Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2007, Az. VI ZR 52/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4923

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 6. März 2007 [X.], Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2007 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], Pauge und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 31. Januar 2006 aufgehoben. Die Berufung der [X.]lagten gegen das Urteil des [X.], Zivilkammer 24, vom 1. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Die [X.]lagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Von Rechts wegen Tatbestand:Die Klägerin ist eine Tochter des verstorbenen Fürsten von [X.]. Die [X.]lagte verlegt die Zeitschrift "7 [X.]". In der Ausgabe Nr. 13/02 dieser Zeit-schrift vom 20. März 2002 wurde berichtet, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre auf der Insel [X.]/[X.] gelegene Villa vermieten. Illustriert war der [X.] unter anderem mit der beanstandeten Aufnahme, welche die Klägerin im Urlaub neben ihrem Ehemann auf einer öffentlichen Straße mit anderen Men-schen zeigt. 1 - 3 - Die Klägerin verlangt - wie ihr Ehemann im Verfahren [X.] ZR 53/06 - von der [X.]lagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]lagten hat das [X.] dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die Berufung der [X.]lagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. 2 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt, die [X.]lagte habe nicht rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild eingegriffen. Die Klägerin müsse als Person des öf-fentlichen Lebens gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG hinnehmen, dass Aufnahmen auch ohne ihre Einwilligung verbreitet würden. Dieses Recht zur Veröffentli-chung finde nach § 23 Abs. 2 KUG erst dann seine Grenze, wenn die Aufnah-men die Privatsphäre der Klägerin berührten und das Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Privatsphäre das Informationsinteresse der Allgemeinheit überwie-ge. Eine Abwägung der Grundrechte der Parteien aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebe hier, dass die [X.] rechtmäßig er-folgt sei. Zwar sei auch Art. 8 Abs. 1 [X.] bei der Abwägung zu [X.] und bei der Bestimmung der Grenzen des allgemeinen Persönlichkeits-rechts der Klägerin heranzuziehen. Das Grundgesetz sei aber als [X.] vorrangig. Allerdings sei hier keine Frage des allgemei-nen Interesses betroffen, zu der das veröffentlichte Bild einen Beitrag leiste, sondern nur das Unterhaltungsinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bun-desverfassungsgerichts sei die [X.] jedoch trotzdem zulässig, weil 3 - 4 - Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befinde, die Voraus-setzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllten; sie könnten das Rück-zugsbedürfnis nicht erfüllen und rechtfertigten damit auch nicht den grundrecht-lichen Schutz, den dieses Bedürfnis aus Gründen der Persönlichkeitsentfaltung verdiene. Diese Rechtsprechung binde das Berufungsgericht nach § 31 [X.]. Das beanstandete Bild zeige die Klägerin mit ihrem Ehemann auf offener Straße und damit an einem Platz, an dem sich viele Menschen aufhiel-ten. Wer sich - wie die Klägerin - als Person des öffentlichen Lebens im Urlaub an einem solchen Ort aufhalte, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang [X.]. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden. I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Klägerin kann der [X.]lagten die erneute [X.] der beanstande-ten Aufnahme untersagen. 4 1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine be-sondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile [X.], 332, 336; vom 28. September 2004 - [X.] ZR 305/03 - [X.], 83). [X.] nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, dass die Klägerin die nach diesen 5 - 5 - Grundsätzen erforderliche Einwilligung zur Verbreitung der Aufnahme weder ausdrücklich noch stillschweigend erteilt hat. 2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch ohne [X.] hinzunehmen, dass eine Aufnahme verbreitet werde, die sie im Urlaub in Begleitung ihres Ehemannes in der Öffentlichkeit [X.], kann in dieser [X.] nicht gefolgt werden. Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte einwilligungs-frei veröffentlicht werden dürfen, greift vorliegend nicht durch. 6 a) Das Berufungsgericht bejaht für die beanstandete Bildveröffentlichung eine Ausnahme im Sinn von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens die [X.] hinnehmen. Zwar leiste das Bild keinen Beitrag zu einer Frage von allgemeinem Interesse, sondern diene nur dem Unterhaltungsinteresse. Gleichwohl sei der Schutz der [X.] nicht vorrangig, weil die Aufnahme die Klägerin an einem Ort zeige, an dem sich viele Menschen befänden. 7 Seine Auffassung leitet das Berufungsgericht aus dem Urteil des Bun-desverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 ([X.] 101, 361 ff.) her, mit dem das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1995 (- [X.] ZR 15/95 - [X.], 332 ff.) zu den Paparazzi-Bildern (mit Ausnahme der Abbil-dungen mit Kindern) bestätigt worden ist und an das sich das Berufungsgericht nach § 31 [X.] gebunden fühlt. 8 b) Indessen wird die Auffassung des Berufungsgerichts nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl. [X.], [X.] 101, 361 ff.; NJW 2001, 1921, 1924 ff.; [X.], 2835 f.; [X.], 2836). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des [X.] - 6 - hofs für Menschenrechte (künftig: [X.]) vom 24. Juni 2004 in dem Verfahren von [X.] gegen [X.] (NJW 2004, 2647 ff.) und vom 16. November 2004 ([X.], 591 ff. - [X.] und [X.] gegen [X.]) dargelegten Grundsätze. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84 ff.; vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.], 274 ff.) und fasst dies nochmals zusammen. [X.]) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebilde-ten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 10 Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung des [X.] und des [X.] den abkürzenden Begriff der "Person der Zeitge-schichte" entwickelt. Als "relative" Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im [X.] mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als "abso-lute" Person der Zeitgeschichte eine Person, die aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Ge-genstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben, sich an ande-ren, erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu bewegen (vgl. Senat, [X.], 332 ff., bestätigt von [X.], [X.] 101, 361 ff.). 11 - 7 - bb) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitgeschichte hat der [X.] in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennende Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entschei-dungen Rechnung getragen hat (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84; vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.], 274). 12 Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Regelung in Ausnahme von dem [X.] des § 22 KUG Rücksicht auf das [X.] der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der [X.] sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Be-reich der Zeitgeschichte" zu beachten (vgl. [X.], [X.], 3406, 3407 f.). 13 cc) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschen-rechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (künftig: [X.]) in der [X.] vom 11. Mai 1994 ([X.] ff.; vgl. nun-mehr die ab 1. November 1998 geltende Neufassung - [X.]. vom 17. Mai 2002 - [X.] 1054 ff.) sowie aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und der Presse aus Art. 10 [X.] und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher der Pres-sefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 1995 - [X.] ZR 223/94 - [X.], 341 f.; vom 9. März 2004 - [X.] ZR 217/03 - VersR 2004, 863; und vom 28. September 2004 - [X.] ZR 305/03 - [X.], 83, 84; vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 85). Maßgebend ist 14 - 8 - hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der [X.] in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs im-mer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte [X.] der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls [X.]. Soweit sich die Bedenken des [X.] gegen den Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" richten (NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 72), geht es der Sache nach um die Frage, unter welchen Voraussetzungen über solche in der Öffentlichkeit bekannte Personen berichtet werden darf. Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass die Klägerin unbeschadet der Frage, ob sie als absolute Person der Zeitgeschichte im Sinn der bisherigen Rechtsprechung anzusehen ist, jedenfalls eine in der Öffentlichkeit bekannte Person ist und in besonderem Maß das Interesse der Öffentlichkeit auf sich zieht. Auch hat sie sich bei der beanstandeten Abbildung nicht an einem Ort der Abgeschiedenheit im oben dargelegten Sinn befunden, so dass der Gesichtspunkt der Belästigung durch heimlich aufgenommene Fotos (vgl. [X.] NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; [X.] 101, 361, 381; [X.], [X.], 3406, 3408; Senat, [X.], 332, 342) im Streitfall keine Rolle spielt. 15 Allein diese Umstände können jedoch entgegen der Auffassung des Be-rufungsgerichts nicht ausreichen, um einen Schutz der Privatsphäre zu vernei-nen. Das gilt nicht nur unter Berücksichtigung der Auffassung des [X.], son-dern ergibt sich bei richtigem Verständnis bereits aus dem abgestuften [X.] - 9 - konzept, wie es oben dargelegt worden ist. Hiernach ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grund-sätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitge-schichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senatsurteile [X.], 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.]O; vgl. [X.], Urteil vom 26. Oktober 2006 - [X.] - Rn. 15, zum Abdruck in [X.]Z bestimmt). Dabei darf [X.] der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng verstanden werden. Schon nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907 (KUG; vgl. [X.] in: [X.] Kommentar zu den Strafrechtlichen Nebengeset-zen des [X.], 5. Aufl., Band I § 23 KUG Anm. 1; [X.] Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, X[X.] Legislaturperiode I[X.] Session 1905/1906, erster Sessionsabschnitt, Aktenstück Nr. 30 S. 1540 f. und [X.] Lesung 25. Januar 1906, [X.], S. 819), vor allem aber im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Mei-nungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 mit Anmerkung von [X.] JZ 2004, 625; [X.], [X.] 101, 361, 389 f.; [X.], 2836, 2837). 17 - 10 - Zum [X.] der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist ([X.] 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.]O Rn. 24; [X.] [X.], 591, 592 f. Rn. 38 ff.). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Krite-rien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. [X.] 101, 361, 392; Senat, Urteile vom 14. März 1995 - [X.] ZR 52/94 - [X.], 667, 668 f., bestätigt durch [X.], [X.], 1026; und vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.]O). Die Bedeutung der Pressefreiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 [X.] auch in der Entscheidung des [X.] vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2648 f. Rn. 58, 60, 63) hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer [X.] Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht. 18 Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur "in bestimmten Grenzen" ([X.] NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Ein-schränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informations-recht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre anderer-seits, mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefrei-heit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will. 19 - 11 - Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des [X.] für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, [X.]Z 151, 26, 31; Urteil vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 404/02 - VersR 2004, 525 m.w.[X.]). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informations-belangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der In-formationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. [X.] 101, 361, 392; Senat, [X.], 332, 342 m.w.[X.]). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht und ist nicht schützenswert (vgl. [X.] 34, 269, 283; Senat, [X.], 332, 334 m.w.[X.]). 20 Dies hat das [X.] im Beschluss vom 21. August 2006 ([X.], 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob er auch für Personen von hohem [X.]anntheits-grad gilt. Diese Frage ist nach Auffassung des erkennenden Senats unter Be-rücksichtigung des Urteils des [X.] vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu beja-hen. Deshalb kann auch bei den bisher so genannten Personen der Zeitge-schichte nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hi-nausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der [X.]anntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des [X.] bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereig-nis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites 21 - 12 - Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben ge-recht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind. Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Ansicht des erkennenden Senats den Anforderungen des Gerichtshofs ([X.] NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch eine Bindungswirkung des § 31 [X.] nicht entgegen. Das [X.] hat zwar die Entscheidung des erkennenden Senats insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abge-schiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu [X.]. Im Übrigen hat das [X.] eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung in einem den Ehemann der Klägerin betreffenden Verfahren gebilligt (Senat, Urteil vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.], 274; [X.], [X.], 2835). 22 [X.]) Kommt es mithin für diese Abwägung maßgeblich auf den [X.] an, so kann - da im Streitfall die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch [X.] NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefes-tigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. [X.], 218, 223; Ur-teile vom 30. September 2003 - [X.] ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - [X.] ZR 305/03 - [X.], 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84 f. - jeweils m.w.[X.]). 23 - 13 - 3. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung: 24 Das in der Ausgabe Nr. 13/02 der Zeitschrift "7 Tage" vom 20. März 2002 veröffentlichte Bild war einem Bericht darüber beigefügt, dass die Klägerin und ihr Ehemann ihre auf der Insel [X.]/[X.] gelegene Villa vermieten. 25 Zwar darf - wie bereits oben näher ausgeführt - die Presse grundsätzlich selbst darüber bestimmen, was sie für berichtenswert hält. Die Klägerin und ihr Ehemann hielten sich im Zeitpunkt der beanstandeten Aufnahme zudem in der Öffentlichkeit unter anderen Menschen auf. 26 Die Wortberichterstattung über die Wohnung und ihre Vermietung betrifft aber selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs keinen Vorgang von all-gemeinem Interesse ([X.] NJW 2004, 2647, 2649 f. Rn. 60 ff.) und kein [X.] Ereignis. Auch der beanstandeten Abbildung ist kein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse und keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis zu entnehmen. Die Aufnahme zeigt die Klägerin und ihren Ehemann unstreitig im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "[X.]" zum regelmäßig geschützten [X.]bereich der [X.] gehört. 27 Bei der erforderlichen Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin ist nach den oben wiedergege-benen Grundsätzen der Rechtsprechung zu beachten, dass es eine entschei-dende Rolle spielt, ob die Presse eine neue und wahre Information von allge-meinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung mitteilt oder ob der [X.] für die Öffentlichkeit - wie hier - wesentlich in der Unterhaltung oh-ne gesellschaftliche Relevanz besteht (vgl. [X.], [X.] 34, 269, 283 f.; 101, 361, 390 f.; Senat, [X.], 332, 342 f.). Im letzten Fall besteht kein berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bild-veröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (§ 23 Abs. 1 28 - 14 - Nr. 1 KUG); die abgebildete Person muss die in einer Bildveröffentlichung ohne ihre Einwilligung regelmäßig liegende Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre und damit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen. 4. Nach allem ist das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf, hat der erkennende Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung der [X.]lagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist zurückzuweisen. 29 Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. 30 [X.] [X.] [X.] Pauge [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 869/04 - [X.], Entscheidung vom 31.01.2006 - 7 U 82/05 -

Meta

VI ZR 52/06

06.03.2007

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2007, Az. VI ZR 52/06 (REWIS RS 2007, 4923)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4923

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