Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 260/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1489

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 14. Oktober 2008 [X.], Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; [X.] Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Interviews einer Person des öffentlic[X.] Interesses über ihre Erkrankung können regelmäßig eine A[X.]ildung ihres Ehegatten zur Bebilderung eines Presseartikels ü-ber die Erkrankung nicht rechtfertigen. [X.], Urteil vom 14. Oktober 2008 - [X.]/06 - [X.] LG Hamburg
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseati-sc[X.] Oberlandesgerichts Hamburg vom 21. November 2006 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage Unterlassung der erneuten [X.] eines [X.]s, welches im Rahmen eines Beitrags über ihren [X.] in der von der [X.] verlegten Zeitschrift "[X.]" vom 18. Mai 2005 erschienen ist. Der Beitrag trägt die Überschrift: 1 "[X.] In der [X.] tankt er [X.] für sein neues Leben" Das Bild zeigt die Klägerin und ihren Ehemann auf einer Straße in der südfranzösisc[X.] Stadt [X.]. Die mit der Aufnahme bebilderte [X.] befasst sich unter anderem damit, dass sich die Klägerin und ihr Ehemann dort gemeinsam nach einer schweren [X.] [X.] des Ehemannes in einem Ferienhaus der Klägerin erholten. Erwähnt wird auch ein Interview, in welchem sich der Ehemann zu Veränderungen in seinem Leben nach der Krankheit geäußert habe. Die Bildnebenschrift lautet: "Kleiner Spaziergang Fernab vom hektisc[X.] [X.] genießen [X.] und seine [X.] die Ruhe in dem südfranzösisc[X.] Künstler-Städtc[X.], das schon der Maler [X.] liebte." Die Klage hatte in beiden Tatsac[X.]instanzen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer [X.] weiter. 3 Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentli-c[X.] ausgeführt, der Klägerin stehe auch dann ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB entsprec[X.]d in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu, wenn sie als sogenannte absolute Person der Zeitgeschichte die [X.] von A[X.]ildungen ohne ihre Einwilligung hinzunehmen habe. Die [X.] verletze die schutzwürdige Privatsphäre der Klägerin und [X.] ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG. Bei der Frage, in welchem Umfang einer in der Öffentlichkeit ste[X.]den Person Schutz vor der [X.] von Bildnissen zuzubilligen ist, sei abzuwägen zwisc[X.] dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sowie der Pressefreiheit auf der anderen Seite. Dabei sei [X.] - besondere der Schutzumfang von Art. 8 [X.] in der Bestimmung durch die Entscheidung des Europäisc[X.] Gerichtshofs für Mensc[X.]rechte (künftig: [X.]) vom 24. Juni 2004 zu beachten. Vorliegend sei davon auszuge[X.], dass sich die Klägerin nicht an einem belebten Ort unter vielen Mensc[X.] [X.] habe, als das beanstandete Bild aufgenommen worden sei. Auf dem [X.] seien außer der Klägerin und ihrem Ehemann nicht mehr als drei weitere Personen zu se[X.], wie ein Vergleich mit einer weiteren Aufnahme ergebe. Dass sich viele andere Mensc[X.] zum Zeitpunkt der Aufnahme gleichzeitig mit der Klägerin auf der Straße befunden hätten, habe die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden erweiterten Darlegungslast nicht substantiiert vorgetragen. Bei Beachtung der vom [X.] in der genannten Entscheidung aufge-stellten Grundsätze für die Abwägung der gegensätzlic[X.] Interessen greife die [X.] der Aufnahme rechtswidrig in das Recht der Klägerin am eige-nen Bild ein. Ein Unterhaltungsinteresse der Leser der Zeitschrift "[X.]" an Leben, Feriengestaltung und Nikotinkonsum der Klägerin und ihres Ehemannes rechtfertige nicht die erhebliche Einschränkung der Klägerin, wenn sie in offensichtlich privaten Lebensbereic[X.] abseits der breiten Öffentlichkeit die Erstellung und [X.] von [X.]s ohne ihre Einwilligung hinnehmen müsste. Die Aufnahme selbst zeige die Erkrankung des Ehemannes der Kläge-rin nicht, mit der sich der bebilderte Bericht befasse. Dass der Ehemann der Klägerin auch nach seiner Krankheit rauche, sei kein zeitgeschichtliches Ereig-nis. Der Vorrang des Privatsphärenschutzes ergebe sich schon daraus, dass die Verwendung gerade dieses Bildes für die Informationsvermittlung keinen erheblic[X.] Beitrag leisten könne. Die Beklagte könne auch keine Rechte [X.] herleiten, dass Bilder der Klägerin im monegassisc[X.] Fürstenpalast veröf-fentlicht worden seien. Es sei der Klägerin nicht versagt, im jeweiligen Einzelfall über die [X.] von Bildern zu entscheiden. 5 - 5 - I[X.] 6 Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nach-prüfung im Ergebnis stand. 7 1. Der erkennende Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils in mehre-ren Entscheidungen zum abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG bei [X.] von "Prominenten" unter Berücksichtigung der Recht-sprechung des [X.] und des [X.] Stellung genommen (vgl. Senat, [X.] 174, 262 ff.; Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84 ff.; vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.], 274 ff.; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 13/06 - [X.], 697, 698 f. und - [X.] ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.; vom 19. Juni 2007 - [X.] ZR 12/06 - [X.], 1135 ff.; vom 3. Juli 2007 - [X.] ZR 164/06 - [X.], 1283 ff.; vom 13. November 2007 - [X.] ZR 269/06 - NJW 2008, 1593 ff.; vom 24. Juni 2008 - [X.] ZR 156/06 - [X.], 1268 ff.; vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 67/08 - [X.], 1367 ff. und - [X.] ZR 243/06 - [X.], 1363 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht ergeben (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.). Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlic[X.] Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnis-ses dulden müssten, ist die Verbreitung einer A[X.]ildung aber dann nicht [X.] - 6 - sig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 9 Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgesche[X.]s. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeu-tung, sondern ganz allgemein das Zeitgesche[X.], also alle Fragen von allge-meinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffent-lichkeit bestimmt. Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstat-tung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu zie[X.] ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden. Zum [X.] der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlic[X.] Grenzen einen ausreic[X.]den Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistisc[X.] Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlic[X.] Interesses für wert hält, und dass sich im [X.] herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (vgl. Senat, Urteile vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; [X.], [X.]E 101, 361, 392). Auch der [X.] hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 [X.] hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer demo-kratisc[X.] Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse [X.] - 7 - zugeben. Das steht mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in [X.]. 11 a) Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwä-gung zwisc[X.] den Rechten der Abgebildeten nach Art. 8 Abs. 1 [X.], Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG andererseits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet und werden von §§ 22 f. KUG sowie Art. 8 und 10 [X.] beeinflusst, wie der Senat schon mehrfach nä-her ausgeführt hat (vgl. Urteile vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 67/08 - aaO und - [X.] ZR 243/06 - aaO). b) Die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild wird davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öffentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persönlichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. [X.], [X.]E 7, 198, 212; NJW 2006, 1865; [X.], Urteil vom 17. Oktober 2006, [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 55). Mit der Ent-scheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines be-stimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen. 12 Wie das [X.] in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können prominente Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei [X.] - 8 - genen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen (so bereits [X.], [X.]E 101, 361, 390 f.). Das gilt auch für die Bebilderung unterhaltender Beiträge als einen we-sentlic[X.] Bestandteil der [X.], der durch die Pressefreiheit ge-schützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprec[X.]de A[X.]ildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. [X.] gilt die Pressefreiheit auch für unterhaltende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres [X.] Umfelds einschließlich ihnen naheste[X.]der Personen. Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten der begleitenden Texte in besonderem Maß einer abwägenden Be-rücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen. Für die Abwägung zwisc[X.] der Pressefreiheit und dem [X.] ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im kon-kreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und [X.] erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlic[X.] Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. [X.], [X.]E 34, 269, 283; 101, 361, 391). Insoweit hat das Bundesverfas-sungsgericht im Beschluss vom 26. Februar 2008 aaO hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung umfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit gegenläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im [X.] auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlic[X.] Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzuse-14 - 9 - [X.] und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. 15 c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu [X.] (vgl. Senat, [X.] 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 85 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht [X.] darauf, lediglich einen Anlass für die A[X.]ildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlic[X.] Mei-nungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom 1. Juli 2008 - [X.] ZR 243/06 - aaO, 1366), ist es nicht angezeigt, dem [X.]sinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen. d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die zur [X.] ste[X.]den Umstände (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 u.a. - aaO) zu berücksichtigen, unter denen die [X.] entstanden ist, etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicher-weise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Um-ständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des Sich-Ge[X.]-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein. 16 - 10 - 2. a) Diese Grundsätze sind auf A[X.]ildungen der Klägerin anzuwenden, da sie als Person des öffentlic[X.] Interesses anzuse[X.] ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" einerseits und "[X.] / ordinary person" andererseits, vgl. [X.], Urteile vom 11. Januar 2005, [X.]. 50774/99, [X.] gegen [X.], §§ 27 ff. und vom 17. Oktober 2006 - [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 57). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bun-desverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreic[X.]den Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende [X.] hat und in die Abwägung keine schwerwiegenden Interessen des Betroffenen einzustellen sind, die einer [X.] entgegenste[X.]. 17 b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung: 18 aa) Das von der [X.] veröffentlichte [X.] zeigt die Klägerin mit ih-rem Ehemann bei einem laut Bildnebenschrift "kleinen Spaziergang" in [X.]. In ihr dortiges, laut beigefügter Wortberichterstattung kleines Ferienhaus hatten sich die Eheleute begeben, um nach der schweren Erkrankung des Ehemannes "wieder [X.]" zu tanken. Die Bildberichterstattung befasst sich hiernach mit einem Erholungsaufenthalt der Eheleute, der auch bei "[X.]" zum grundsätzlich geschützten [X.]bereich der Privatsphäre gehört. Die begleitende Wortberichterstattung betrifft darüber hinaus die Reaktion des Ehemannes der Klägerin auf seine schwere Erkrankung (Interview, Ernäh-rungsumstellung, Nikotingenuss) und hat damit jedoch auch bei großzügigem Verständnis keinerlei Bezug zu einem zeitgeschichtlic[X.] Ereignis. Sie befasst sich vielmehr ausschließlich mit der Privatsphäre der Klägerin. Zu dieser gehört - was allerdings bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise [X.] - 11 - tigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern anders sein kann (vgl. Senat, Urteil vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO, 1980) - nicht nur eine eigene Erkrankung (vgl. Senat, Urteil vom 5. Dezember 1995 - [X.] ZR 332/94 - [X.], 339, 340; [X.]E 32, 373, 379 f.; 101, 361, 382), sondern auch die Erkrankung eines engen Familienmitglieds. Selbst wenn unter dem Blick-punkt gesundheitlicher Schäden durch Alkoholmissbrauch ein Informationsinte-resse der Öffentlichkeit am Zusammenhang zwisc[X.] diesem und [X.] der Bauchspeicheldrüse bejaht werden könnte, steht hier der beanstande-ten [X.] das Interesse der Klägerin am Schutz der eigenen [X.] entgegen, zu der auch - mit den oben erwähnten Ausnahmen - der Ge-sundheitszustand gehört, also ihr Interesse am Schutz privater Vorgänge, die einfach - wie das [X.] formuliert hat (NJW 2008, 39, 44) - nichts in der Öffentlichkeit zu suc[X.] haben. Daran vermag nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Bekanntheitsgrad der Klägerin nichts zu [X.], weil es beim Gesundheitszustand ihres Ehemannes um eine höchstper-sönliche Angelegenheit geht und nicht ersichtlich ist, weshalb dieser im konkre-ten Fall von Interesse für die Öffentlichkeit sein könnte (zu möglic[X.] Ausnah-men vgl. Senat, [X.] 171, 275, 286 f.). Bei dieser Sachlage haben die Rechte der Presse aus Art. 10 [X.], Art. 5 Abs. 1 GG im Streitfall hinter den Schutz des Persönlichkeitsrechts der Klägerin (Art. 8 [X.], Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) zurückzutreten. 20 [X.]) Entgegen der Ansicht der Revision ändert sich an diesem Ergebnis nichts dadurch, dass der Ehemann der Klägerin sich im April 2005, also vor [X.] der beanstandeten Aufnahme, in Interviews zu seiner Erkran-kung geäußert hat. 21 - 12 - Zwar kann man sich im Allgemeinen nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsac[X.] berufen, die man selbst der Öffentlichkeit preis-gegeben hat (vgl. [X.], [X.]E 101, 361, 385; Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 524 und - [X.] ZR 404/02 - VersR 2004, 525, 526). Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnis-nahme entfällt regelmäßig, soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich [X.] werden (vgl. [X.], [X.]E 101, 361, 385; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84, 85 f.). Dies gilt auch und insbesondere für den Bildnisschutz bei Anwendung der §§ 22, 23 KUG. Wer aber - möglicherweise unter dem tatsächlic[X.] Druck einer bereits erfolgten Berichterstattung - an die Öffentlichkeit tritt, muss nicht stets hinnehmen, dass eine weitere Berichterstattung über ihn mit [X.]s bebildert wird, die ohne seine Einwilligung entstanden sind. Die Klägerin jedenfalls muss die [X.] Bildveröffentlichung ohne ihre Einwilligung nicht schon deshalb dulden, weil ihr Ehemann sich zuvor in Interviews über seine Erkrankung verbreitet [X.]. 22 - 13 - 23 3. Nach allem ist die Revision der [X.] mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. [X.] [X.] [X.]

Pauge Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.03.2006 - 324 O 797/05 - [X.], Entscheidung vom [X.] - 7 U 63/06 -

Meta

VI ZR 260/06

14.10.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. VI ZR 260/06 (REWIS RS 2008, 1489)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1489

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