Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2008, Az. VI ZR 67/08

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3078

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.]/08 Verkündet am: 1. Juli 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; [X.] Art. 8, 10; KunstUrhG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Kann ein Bericht über die Vermietung der Ferienvilla einer Person des öffent-lichen Interesses Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser geben, kann die Bebilderung dieses Berichts mit einem Foto des Eigentümers und sei-ner Ehefrau auch ohne deren Einwilligung zulässig sein. [X.], Urteil vom 1. Juli 2008 - [X.]/08 - [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], Wellner, Pauge und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 31. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsverfahren zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin ist eine Schwester des regierenden Fürsten von [X.]. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "7 Tage". In der Ausgabe [X.] dieser Zeitschrift vom 20. März 2002 wurde berichtet, dass die Klägerin und ihr [X.] ihre auf der Insel [X.]/[X.] gelegene Villa vermieten. Der Artikel ist unter der farblich hervorgehobenen Doppelzeile 1 "In Prinzessin [X.]s Bett schlafen Kein unerfüllbarer Wunsch!" überschrieben mit "[X.] und [X.] vermieten ihre [X.]". - 3 - Im Text, der um den als Block hervorgehobenen Satz "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste" platziert ist, wird u.a. ausgeführt: 2 3 "Längst haben auch die Reichen einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt. Warum ein Schloss, ein Haus einfach leer stehen lassen, wenn man selbst nicht anwesend ist? Besser, es an zahlende Gäste zu vermieten. [X.], [X.], [X.] von [X.], [X.] tun es und - ja, auch Prinzessin [X.] und ihr Mann [X.]. Nur einmal im Jahr steuert das Ehepaar die Insel [X.] in [X.] an, ein Besitz, der seit mehr als zwanzig Jahren dem [X.] gehört." 4 Es folgt eine Beschreibung des Anwesens, seiner Lage und seiner In-neneinrichtung. Der Artikel fährt dann fort: 5 "Allerdings gibt es bei diesem 'privaten Gästehaus' einen 'kleinen' Haken: Trotz seiner Schlichtheit hat es einen stolzen Preis: Ein Tag in der [X.] kostet 1.000 Dollar", wobei das Personal im Preis inbegriffen sei. 6 Illustriert ist der Bericht u.a. mit der beanstandeten Aufnahme, welche die Klägerin und ihren Ehemann in [X.] auf einer öffentlichen Straße zusammen mit anderen Menschen zeigt. 7 Die Klägerin verlangt von der [X.], es zu unterlassen, diese Auf-nahme erneut zu veröffentlichen. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] dieses Urteil aufge-hoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, die Berufung der [X.] gegen das erstin-stanzliche Urteil zurückzuweisen. Der erkennende Senat hat mit Urteil vom 8 - 4 - 6. März 2007 das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung zurückgewie-sen. Auf die Verfassungsbeschwerde der [X.] hat der Erste Senat des [X.] mit Beschluss vom 26. Februar 2008 ausgespro-chen, dass das Urteil des [X.]s und die Entscheidung des erkennenden Senats die Beklagte in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen, und unter Aufhebung des Urteils des erkennenden Senats die Sache zur erneu-ten Entscheidung an den [X.] zurückverwiesen. Entscheidungsgründe: [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht rechts-widrig in das Recht der Klägerin am eigenen Bild eingegriffen. Die Klägerin müsse als Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die sie im Rahmen eines Auftretens in der Öffentlichkeit abbildeten, auch ohne ihre Einwilligung verbreitet würden. Eine Person des öffentlichen Lebens, die sich - wie die Klägerin - im Urlaub auf offener Straße aufhalte, müsse mit einer ge-wissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu [X.]. 9 - 5 - I[X.] 10 Das Berufungsurteil hält nach den Grundsätzen der Entscheidung des [X.] vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.) revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Der Text des von den Parteien nicht beanstandeten Artikels, den die angegriffene Auf-nahme bebildert hat, gestattete die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin auch ohne deren Einwilligung. 1. Allerdings kann der Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass die streitgegenständliche Aufnahme verbreitet werde, in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Diese Auffassung wird nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - [X.], 84 ff.; vom 15. No-vember 2005 - [X.] ZR 286/04 - [X.], 274 ff.; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - [X.], 957 ff.; vom 3. Juli 2007 - [X.] ZR 164/06 - [X.], 1283 ff.). Verfassungsrechtliche Beanstandungen haben sich insoweit nicht er-geben (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - NJW 2008, 1793 ff.). 11 Nach diesem abgestuften Schutzkonzept dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden (§ 22 KUG); hiervon macht § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bild-nisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Auch bei Personen, die un-ter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dul-den müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich 12 - 6 - an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, aber dann nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). 13 Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeu-tung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allge-meinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffent-lichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen so-gar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. [X.] JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO S. 957, 958; [X.], [X.]E 101, 361, 389 f.; [X.], 2836, 2837). Das Informationsinteresse besteht indes nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte [X.] der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu zie-hen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des [X.] entscheiden. Zum [X.] der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im [X.] herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse 14 - 7 - ist (Senat, Urteile vom 15. November 2005 - [X.] ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - [X.] ZR 51/06 - aaO, 957 f.; [X.], [X.]E 101, 361, 392; Eu-ropäischer Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: [X.]), Urteil vom 16. November 2004, [X.]. 53678/00, [X.] und [X.] gegen [X.], [X.], 591, 592 f., §§ 38 ff.). Der [X.] hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 ([X.]. 59320/00, von [X.] gegen [X.], [X.], 2647, 2649 f., §§ 58, 60, 63) die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 [X.] hervorgehoben und ausgeführt, dass die Presse in einer [X.] Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben. Das steht auch mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitge-schichte in Einklang. a) Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem [X.] des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Anwendung des § 23 Abs. 1 KUG erfordert hiernach eine Abwägung zwischen den Rechten der Abgebilde-ten nach Art. 8 Abs. 1 [X.] und Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 10 Abs. 1 [X.] und Art. 5 Abs. 1 GG anderer-seits. Die Grundrechte der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) sind ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet. 15 Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen. Zu diesen zählen u.a. die §§ 22 f. KUG und auch Art. 8 [X.]. Die in §§ 22 ff. KUG enthaltenen Regelungen sowie die von Art. 10 [X.] verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsmäßigen Ordnung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG den Persönlichkeits-16 - 8 - schutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenregelungen und ihre abwägende Zuordnung zueinander durch die Gerichte hat der interpretationslei-tenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten [X.] Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden Gewährleistungen der [X.] Menschenrechtskonvention zu berücksichtigen. Hierbei ist zu be-achten, dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art. 8 Abs. 1 [X.] dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schutzes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksich-tigen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 21. August 2006 - 1 BvR 2606/04 u.a. - [X.], 3406, 3408); auch kann die Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 [X.] einen Anspruch auf Schutz durch die staatlichen Gerichte vor Veröffentlichung von Bildnissen des Einzelnen aus seinem Alltagsleben einschließen (vgl. [X.], Urteil vom 24. Juni 2004, [X.]. 59320/00, von [X.] ge-gen [X.], §§ 50 ff., aaO, 2648). Über die Reichweite dieses Schutzes ist im konkreten Fall durch Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 10 Abs. 1 [X.] gewährleisteten Äußerungsfreiheit und ihrer in Art. 10 Abs. 2 [X.] geregelten Schranken ebenfalls im Wege der Abwägung zu [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juni 2005, [X.]. 14991/02, [X.] gegen [X.]; Urteil vom 17. Oktober 2006, Beschwer-de-Nr. 71678/01, [X.] gegen [X.], §§ 38 ff.). Das Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit unterliegt der Schranken-regelung des Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 GG. Schranken sind neben den Grundrech-ten wie Art. 5 Abs. 1 GG insbesondere die Vorschriften über die Veröffentli-chung fotografischer Abbildungen von Personen in §§ 22 ff. KUG mit dem [X.] abgestuften Schutzkonzept, das sowohl dem Schutzbedürfnis der ab-gebildeten Person wie den von den Medien wahrgenommenen Informationsin-teressen der Allgemeinheit Rechnung trägt (vgl. [X.], [X.]E 35, 202, 224 f.; 101, 361, 387; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - 17 - 9 - aaO, 1795). Daneben beschränkt die in Art. 10 [X.] verbürgte Freiheit der Äußerung und Verbreitung sowie des Empfangs von Meinungen unter [X.] von Informationen den Schutz der Persönlichkeit. Der Schutz des Art. 10 Abs. 1 [X.] schließt insbesondere auch die Veröffentlichung von [X.] zur Bebilderung der Medienberichterstattung ein (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; [X.], Ur-teile vom 14. Dezember 2006, [X.]. 10520/02, [X.] gegen [X.] Nr. 2, § 29; vom 24. Juni 2004, [X.]. 59320/00, von [X.] gegen [X.], § 59, aaO, 2649). Über die Zu-lässigkeit von Beschränkungen dieses Rechts durch Maßnahmen der staatli-chen Gerichte zum Schutz des Privatlebens des Abgebildeten ist nach der Rechtsprechung des [X.] gleichfalls im Wege einer Abwägung mit dem in Art. 8 [X.] verbürgten Anspruch auf Achtung des Privatlebens zu entscheiden (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1795; [X.], Urteil vom 17. Oktober 2006, [X.]. 71678/01, Gour-guenidze gegen [X.], § 37 f. m.w.N.). Bei der Abwägung mit kollidierenden Rechtsgütern unter Berücksichtigung der von Art. 5 Abs. 1 GG verbürgten [X.] für die Zulässigkeit einer Berichterstattung der Presse, die zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll (vgl. [X.]E 20, 162, 177; Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796), ist der von Art. 10 Abs. 1 [X.] verbürgten Äußerungsfreiheit ein besonderes Gewicht dort beizumessen, wo die Berichterstattung der Presse einen Beitrag zu Fragen von allgemeinem Interesse leistet (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796; [X.], Urteil vom 16. November 2004, [X.]. 53678/00, [X.] und [X.] gegen [X.], § 40; Urteil vom 1. März 2007, [X.]. 510/04, [X.] u.a. gegen [X.], § 82). - 10 - Die Garantie der Pressefreiheit dient nicht allein den subjektiven Rechten der Presse, sondern in gleicher Weise auch dem Schutz des Prozesses öffent-licher Meinungsbildung und damit der Meinungsbildungsfreiheit der Bürger. Äu-ßerungen in der und durch die Presse wollen in der Regel zur Bildung der öf-fentlichen Meinung beitragen und haben daher zunächst die Vermutung der Zulässigkeit für sich, auch wenn sie die Rechtssphäre anderer berühren (vgl. [X.], [X.]E 20, 162, 177; 66, 116, 133; 77, 346, 354). Nach der Recht-sprechung des [X.] besteht nur wenig Spielraum, die Gewährleistung des Art. 10 Abs. 1 [X.] zurücktreten zu lassen, falls eine Medienberichterstattung einen Bezug zu einer [X.] von allgemeinem Interesse aufweist (vgl. [X.], Urteile vom 22. Oktober 2007, [X.]. 21279/02 u.a., [X.] u.a. gegen [X.], § 45; vom 17. Dezember 2004, [X.]. 49017/99, [X.] und [X.] gegen [X.], § 68 f.). Art. 5 Abs. 1 GG gebietet allerdings nicht, generell zu unterstellen, dass mit jeder vi-suellen Darstellung aus dem Privat- und Alltagsleben prominenter Personen ein Beitrag zur Meinungsbildung verbunden sei, der es für sich allein rechtfertigte, die Belange des Persönlichkeitsschutzes zurückzustellen. 18 b) Nach diesen Grundsätzen wird die Reichweite des Schutzes des Rechts am eigenen Bild davon beeinflusst, ob eine Information in die breite Öf-fentlichkeit der Massenmedien überführt wird und damit nicht auf einen engen Personenkreis begrenzt bleibt. Andererseits wird das Gewicht der das Persön-lichkeitsrecht gegebenenfalls beschränkenden Pressefreiheit davon beeinflusst, ob die Berichterstattung eine Angelegenheit betrifft, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. [X.], [X.]E 7, 198, 212; Beschluss vom 24. Ja-nuar 2006 - 1 BvR 2602/05 - [X.], 1865; [X.], Urteil vom 17. Oktober 2006, [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 55). Mit der Entscheidung, ein Bild einer Person abzudrucken und in den Kontext eines be-stimmten Berichts zu rücken, nutzen die Medien ihre grundrechtlich geschützte 19 - 11 - Befugnis, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie jedoch den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen. 20 Wie das [X.] in seinem Beschluss vom 26. Fe-bruar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) dargelegt hat, können [X.] Personen der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Le-bensentwürfen bieten sowie Leitbild- oder Kontrastfunktionen erfüllen. Auch die Normalität ihres Alltagslebens kann der Meinungsbildung zu Fragen von allge-meinem Interesse dienen (so bereits [X.]E 101, 361, 391). Das gilt auch für unterhaltende Beiträge als einen wesentlichen Bestandteil der [X.], der durch die Pressefreiheit geschützt wird, zumal der publizistische und wirtschaftliche Erfolg der Presse auf unterhaltende Inhalte und entsprechende Abbildungen angewiesen sein kann und die Bedeutung visueller Darstellungen beträchtlich zugenommen hat. Hiernach gilt die Pressefreiheit auch für unterhal-tende Beiträge über das Privat- oder Alltagsleben von Prominenten und ihres [X.] Umfelds einschließlich ihnen nahestehender Personen. Allerdings [X.] es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß der abwägen-den Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen der Betroffenen. Für die Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem [X.] ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Presse im kon-kreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und [X.] erörtert, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllt und zur Bildung der öffentlichen Meinung beiträgt oder ob sie lediglich die Neugier der Leser nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigt (vgl. [X.], [X.]E 34, 269, 283; 101, 361, 391). 21 - 12 - Insoweit hat das [X.] (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796) hervorgehoben, dass das Selbstbestimmungsrecht der Presse nicht auch die Entscheidung erfasst, wie das Informationsinteresse zu gewichten ist, sondern diese Gewichtung zum Zweck der Abwägung mit ge-genläufigen Interessen der Betroffenen vielmehr im Fall eines Rechtsstreits den Gerichten obliegt. Diese haben allerdings im Hinblick auf das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG von einer inhaltlichen Bewertung - etwa als wertvoll oder wertlos, seriös oder unseriös o.ä. - abzusehen und sind auf die Prüfung beschränkt, in welchem Ausmaß der Bericht einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann. 22 c) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu [X.]. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des [X.] dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstrei-chen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen betei-ligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken (vgl. Senat, [X.] 158, 218, 223; Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.] ZR 292/03 - NJW 2005, 594, 595 f.). Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings dar-auf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats vom heutigen Tag - [X.] ZR 243/06), ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen. 23 d) Daneben sind bei einer Bildberichterstattung für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch der Anlass und die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die Aufnahme entstanden ist, etwa unter [X.] - 13 - zung von Heimlichkeit oder beharrlicher Nachstellung. Auch ist bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird. Die [X.] wiegt schwerer, wenn die visuelle [X.] durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzoge-nen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berührt oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Er-wartung haben durfte, nicht in den Medien abgebildet zu werden. Das kann nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation, sondern au-ßerhalb örtlicher Abgeschiedenheit auch in Momenten der Entspannung oder des [X.] außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein. 2. a) Diese Grundsätze sind auf die Klägerin anzuwenden, da sie, wie das [X.] in seinem Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1800) ausgeführt hat, auch nach der Einschätzung des [X.] als Person des öffentlichen Interesses anzusehen ist ("personnage public / public figure" in Abgrenzung zur "personnalité politique / politician" ei-nerseits und "[X.] / ordinary person" andererseits, vgl. [X.], Urteile vom 11. Januar 2005, [X.]. 50774/99, [X.] gegen [X.], §§ 27 ff.; vom 17. Oktober 2006 - [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 55). Diese Einstufung hat nach den Ausführungen des Bun-desverfassungsgerichts zur Folge, dass über eine solche Person in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, wenn die Information einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende [X.] hat und die Abwägung [X.] schwerwiegenden Interessen des Betroffenen ergibt, die einer Veröffentli-chung entgegenstehen. 25 - 14 - b) Für den Streitfall führt das zu folgender Abwägung: 26 27 Die beanstandete Aufnahme ist ohne Einwilligung der Klägerin veröffent-licht worden. Die Bildberichterstattung als solche betrifft keine Angelegenheit, welche die Öffentlichkeit wesentlich berührt (vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 2006 - [X.]. 71678/01, [X.] gegen [X.], § 55). Die Aufnahme zeigt nach ihrer Überschrift die Klägerin zusammen mit ihrem [X.] in der Öffentlichkeit "in Urlaubslaune", ohne dass der Abbildung allein ein weitergehender Inhalt oder Anhaltspunkte für einen erhöhten Schutzbedarf der Klägerin zu entnehmen wären. Es ist auch von der [X.] nicht geltend ge-macht oder sonst ersichtlich, dass die Aufnahme, welche nicht über die Abbil-dung eines Ausschnitts aus der Normalität des Alltagslebens im Urlaub der prominenten Klägerin hinausgeht, aus sich heraus der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen könnte. c) Gleichwohl führt der in der beanstandeten Veröffentlichung einer Auf-nahme der Klägerin "in Urlaubslaune" enthaltene Eingriff der [X.] in die Privatsphäre unter den Umständen des Streitfalls nicht dazu, dass das Recht des beklagten Presseverlags auf Meinungsäußerung und Meinungsbildung zu-rücktreten müsste. 28 Die Aufnahme der Klägerin und ihres Ehemannes bebildert eine [X.], welche sich hauptsächlich damit befasst, dass dem Ehemann eine Ferienvilla in [X.]/[X.] gehört, wie diese gelegen und wie sie ausgestat-tet ist. Der - von der Klägerin nicht angegriffene - Artikel teilt mit, dass die Villa, in welcher die Klägerin und ihr Ehemann lediglich einmal im [X.] mach-ten, für 1.000 Dollar/Tag gemietet werden könne, Bedienungspersonal inbegrif-fen. 29 - 15 - Neben weiteren Einzelheiten enthält der Bericht den hervorgehobenen Hinweis, "Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste". Zusätzlich werden einige Hollywoodstars und [X.] von Adelshäusern genannt, die "einen Hang zu ökonomischem Denken entwickelt" hätten und ebenfalls ihre Feriendomizile vermieteten, wenn sie diese nicht selbst nutzten. Hierdurch werden den Lesern der Zeitschrift Informationen über veränderte Verhaltensweisen einer kleinen Schicht von reichen Prominen-ten gegeben, die im [X.] öffentlicher Aufmerksamkeit stehen und von daher Leitbild- oder Kontrastfunktionen für große Teile der Bevölkerung haben [X.]. Wie das [X.] (Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 - aaO, 1800 f.) dargelegt hat, kann die geschilderte Verhal-tensweise in einer [X.] Gesellschaft Anlass zu einer die Allgemein-heit interessierenden [X.] geben und es grundsätzlich auch rechtferti-gen, den in dem Beitrag erwähnten prominenten Vermieter des Anwesens und die Klägerin als seine Ehefrau in einem kontextgerechten Bild darzustellen. [X.] solche Bedeutung des Beitrags liegt schon deshalb nahe, weil die entspre-chende Stoßrichtung des Berichts mit Fettdruck und durch die zentrale Anord-nung der beiden [X.]sätze ("Auch die Reichen und Schönen sind sparsam. Viele vermieten ihre Villen an zahlende Gäste") im Druck besonders herausge-stellt und im Fließtext wiederholt wird. Wie das [X.] aaO ausgeführt hat, kann ein derartiger Bericht Anlass für sozialkritische Überlegun-gen der Leser auch einer solchen Zeitschrift sein und damit eine die Allgemein-heit interessierende [X.] über das ökonomische Denken derjenigen "Reichen und Schönen" anstoßen, die eine Ferienvilla für 1.000 Dollar/Tag ein-schließlich Personal vermieten oder mieten können, wobei auch die Möglichkeit besteht, dass die Leser über den Sinn einer solchen Mitteilung in dieser Zeit-schrift nachdenken sowie als mündige Bürger ihr eigenes Konsumverhalten überdenken. Insoweit reicht bereits die Möglichkeit aus, dass der Beitrag der 30 - 16 - Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008, aaO; [X.], Urteile vom 16. No-vember 2004, [X.]. 53678/00, [X.] und [X.] gegen [X.], § 40; vom 1. März 2007, [X.]. 510/04, [X.] u.a. gegen [X.], § 82). Da mithin durch die Wortberichterstattung Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende [X.] geschaffen werden kann, ist ihre Bebilderung durch die (einzige) Aufnahme der Klägerin nicht zu [X.]. Diese Abbildung ist für sich genommen nicht beeinträchtigend. Die Klägerin hat auch nicht geltend gemacht, dass sie etwa heimlich oder in beläs-tigender Weise zustande gekommen sei, und auch keine anderen Gesichts-punkte vorgetragen, die im Rahmen des abgestuften Schutzkonzepts einer Veröffentlichung entgegenstehen könnten, auch wenn diese ohne ihre Einwilli-gung erfolgt ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-richts (vgl. [X.], Beschluss vom 26. Februar 2008 - 1 BvR 1606/07 u.a. - aaO, 1796 f.), auch dann, wenn die Aufnahme aus anderem Anlass entstanden ist. - 17 - Die Revision der Klägerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. 31 [X.] [X.] Wellner

Pauge [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 869/04 - O[X.], Entscheidung vom 31.01.2006 - 7 U 82/05 -

Meta

VI ZR 67/08

01.07.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.07.2008, Az. VI ZR 67/08 (REWIS RS 2008, 3078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3078

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

7 U 82/05

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.