Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2014, Az. 5 AZR 256/13

5. Senat | REWIS RS 2014, 2675

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Gegenstand

Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 29. November 2012 - 2 [X.]/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] unter dem Gesichtspunkt des „equal pay“.

2

Der 1968 geborene Kläger ist seit dem 10. [X.]pril 2006 bei der [X.], die gewerblich [X.]rbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt. Seit 2006 wurde er einem Unternehmen des [X.] als Stromableser überlassen.

3

Dem [X.]rbeitsverhältnis lag zunächst ein Formulararbeitsvertrag vom 19. [X.]pril 2006 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag

        

…       

        

Der Mitarbeiter ist eingestellt als

        

[X.]ußendienstmitarbeiter,

        

Der Mitarbeiter wird aufgrund der notwendigen Qualifikation für die im [X.] ausgeübte Tätigkeit entsprechend des nachfolgend genannten [X.] wie folgt eingruppiert:

        

Entgeltgruppe:

[X.] 4+

        

Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses [X.]rbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen dem [X.]rbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister ([X.]) und der [X.] und [X.] ([X.]) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag ([X.]), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag ([X.]) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV).

        

Der [X.]rbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den [X.]rbeitgeber zuständigen [X.]rbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). In diesem Fall treten die von diesem anderen [X.]rbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses [X.]rbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge.

        

…       

        

5. [X.]rbeitszeit

        

[X.]ls regelmäßige wöchentliche [X.]rbeitszeit ausschließlich Pausen werden 35,00 Stunden vereinbart.

        

…       

        

Lage, Beginn, Ende und Dauer der täglichen und wöchentlichen [X.]rbeitszeit sowie die Lage und Dauer der Pausen richten sich nach den in dem Betrieb des jeweiligen Kunden geltenden betrieblichen Regelungen, im Übrigen nach den Bestimmungen der in 1. genannten Tarifverträge. Der jeweilige [X.]rbeitszeitbeginn ist als Beginn der Verpflichtung zur [X.]rbeitsleistung selbst zu verstehen und nicht als Eintreffen im Kundenbetrieb bzw. am [X.]rbeitsplatz.

        

…       

        

6. Vergütung

        

…       

        

6.4 Zahlung

        

Die Vergütung wird nach [X.]bzug der gesetzlichen Beiträge wie Steuern und Sozialversicherung, monatlich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein vom Mitarbeiter [X.] Konto überwiesen.

        

…       

        

14. [X.]usschluss von [X.]nsprüchen

        

[X.]nsprüche aus dem [X.]rbeitsverhältnis und solche, die mit dem [X.]rbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

        

Unberührt hiervon bleiben [X.]nsprüche aus unerlaubter Handlung.

        

Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des [X.]nspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des [X.]nspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach [X.]blehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.

        

…“    

4

Weitere Zusatzvereinbarungen von 2006 und 2007 betrafen den Einsatz und die Vergütung des [X.].

5

[X.]m 26. [X.]pril 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der [X.] vorformulierte „Zusatzvereinbarung“, die lautet:

        

„Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass ab dem 01.01.2010 (bei späterem Eintritt ab Beginn des [X.]rbeitsverhältnisses) auf das bestehende [X.]rbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem [X.]rbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister ([X.]) und den Einzelgewerkschaften des [X.] ([X.]) in der jeweils gültigen Fassung [X.]nwendung finden. Diese bestehen derzeit aus Manteltarifvertrag ([X.]), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag ([X.]) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV). Der Tarifvertragspartner [X.] tritt somit an die Stelle der unter Ziffer 1. des geschlossenen [X.]rbeitsvertrages genannten Tarifvertragspartei [X.] und [X.] ([X.]).

        

[X.]lle übrigen getroffenen Regelungen des [X.]rbeitsvertrages gelten fort und bleiben von dieser Zusatzvereinbarung unberührt.“

6

In einem anderen Rechtsstreit schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach ab dem 1. Mai 2011 auf das [X.]rbeitsverhältnis die zwischen dem [X.] ([X.]) und der [X.] ([X.]) geschlossenen Tarifverträge [X.]nwendung finden.

7

[X.]uf [X.]nfrage des [X.] erteilte ihm die [X.] mit Schreiben vom 16. [X.]ugust 2012 folgende [X.]uskunft:

        

„…    

        

in Erfüllung unserer [X.]uskunftsverpflichtung gem. § 13 [X.]ÜG übersenden wir Ihnen nachfolgende Informationen.

        

Herr C ist seit [X.]pril 2006 im Wege der [X.]rbeitnehmerüberlassung bei der [X.] eingesetzt; zunächst als Stromableser, seit Juli 2007 dann als Kombi-[X.]ußendienstmitarbeiter.

        

Die Eingruppierung seiner Tätigkeiten wäre zunächst in [X.] 4 / Start (2006 - 2007) und dann [X.]/Basis nach [X.]nlage 1 zum Vergütungstarifvertrag der Tarifgruppe [X.] des [X.]GWE vom 28.11.2011 erfolgt.

        

Die Grundvergütung wird 13mal je Jahr gezahlt, zudem gibt es eine Sonderzuwendung in Höhe von 363,00 [X.] ([X.]nlage 2 zum Vergütungstarifvertrag der Tarifgruppe [X.] des [X.]GWE vom 28.11.2011) einmalig je Jahr.

        

Die Spesen und Fahrtkosten werden entsprechend der individuellen [X.]ufwendungen nach der gültigen Reisekostenregelung der [X.] vergütet.

        

Die fiktive Gehaltsentwicklung von [X.] entnehmen Sie bitte der [X.]nlage zum Vergütungstarifvertrag der Tarifgruppe [X.] des [X.]GWE vom 28.11.2011; der Verbleib in Basis und Erfahrungsstufen ist jeweils maximal drei Jahre vorgesehen.

        

…“    

8

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 25. Februar und 3. März 2011 hat der Kläger mit der am 6. Juli 2011 eingereichten Klage unter Berufung auf § 10 [X.]bs. 4 [X.] die Differenz zwischen der von der [X.] erhaltenen Vergütung und dem [X.]rbeitsentgelt, das die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, auf der Grundlage der Vergütungsgruppen B 1 und B 2 verlangt. Darüber hinaus hat er Differenzfahrtkostenerstattung sowie die Zahlung von [X.] und Sonderzuwendungen beansprucht.

9

Der Kläger hat die [X.]nsicht vertreten, nachdem die Tarifunfähigkeit der [X.] durch das [X.] festgestellt worden sei, laufe die arbeitsvertragliche Verweisung auf die mit der [X.] geschlossenen Tarifverträge leer. Er habe daher [X.]nspruch auf Vergütung zu den im Entleiherbetrieb gültigen Bedingungen, namentlich den Tarifverträgen der Tarifgruppe [X.].

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 63.197,08 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, ein [X.]nspruch auf gleiches [X.]rbeitsentgelt sei nicht entstanden, zumindest zum Teil verjährt. Zudem habe der Kläger die Höhe des [X.]nspruchs nicht dargelegt. [X.]uf die von der [X.] erteilte [X.]uskunft könne er sich nicht stützen, weil diese nicht Entleiherin sei. Der Kläger habe sein Zahlenwerk nicht an die erteilte [X.]uskunft angepasst.

Das [X.]rbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist begründet. Die Beklagte ist nach § 10 Abs. 4 [X.] verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständliche [X.] der Überlassung an ein Unternehmen des [X.] das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren [X.]n gewährt hätte ([X.]). Der Kläger musste keine Ausschlussfristen einhalten (I[X.]). Die Ansprüche sind jedoch unter Umständen teilweise verjährt (II[X.]). In welcher Höhe dem Kläger [X.] zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des [X.] nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (IV.).

[X.] Der Kläger hat für die streitgegenständliche [X.] der Überlassung an ein Unternehmen des [X.] Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.]. Eine nach § 9 Nr. 2 [X.] zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Nr. 1 Arbeitsvertrag verweist auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der [X.] unwirksame Tarifverträge. Die Zusatzvereinbarung vom 26. April 2010 könnte die Beklagte allenfalls für die [X.] ab dem 1. Januar 2010 von der Pflicht zur Gleichbehandlung entbinden. Sie ist aber mit dem von der Beklagten gewollten Inhalt intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 11 ff., 18).

I[X.] Der Anspruch des [X.] auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen.

1. Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der [X.] oder aus den nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen Tarifverträgen zwischen dem [X.] ([X.]) und Einzelgewerkschaften des [X.] vom 15. März 2010 (fortan: [X.]-TV 2010) einzuhalten. Derartige „tarifliche“ Ausschlussfristenregelungen sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 21 f.).

2. Ob Nr. 14 Arbeitsvertrag eine eigenständige, bei Unwirksamkeit der in Bezug genommenen „Tarifverträge“ oder bei einer unwirksamen Bezugnahme auf Tarifverträge zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfristenregelung enthält, kann dahingestellt bleiben. Als solche würde sie einer [X.] nicht standhalten. Die Kürze der Fristen auf beiden Stufen benachteiligte den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. [X.] 25. Mai 2005 - 5 [X.] - [X.]E 115, 19; 28. September 2005 - 5 [X.] - [X.]E 116, 66).

3. Die Ansprüche des [X.] sind nicht nach § 16 [X.][X.] oder gemäß Nr. 14 des mit Wirkung zum 1. Mai 2011 im Wege des Prozessvergleichs vor dem [X.] (- 3 [X.] -) geschlossenen Änderungsvertrags verfallen.

Die Klausel erfasst (nur) Ansprüche, die nach Änderung der [X.] fällig geworden sind. Die von der Beklagten intendierte Rückwirkung der Ausschlussfristenregelung wäre - als Vertragsbestandteil gedacht - nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger durch die nachträgliche zeitliche Begrenzung eines bereits entstandenen Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte (vgl. [X.] 19. Februar 2014 - 5 [X.] 1046/12 - Rn. 23; 19. Februar 2014 - 5 [X.] 920/12 - Rn. 16 ff., 25).

II[X.] Soweit der Kläger Ansprüche aus 2007 und im Laufe des Rechtsstreits im Wege der Klageerweiterungen weitere Ansprüche geltend gemacht hat, sind diese unter Umständen verjährt.

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.] ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und mit dem arbeitsvertraglich für die Vergütung bestimmten [X.]punkt fällig wird. Mangels Eingreifens der besonderen Tatbestände der §§ 196, 197 BGB unterliegt er der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist kommt es - neben dem Entstehen des Anspruchs - nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB darauf an, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist. Die erforderliche Kenntnis setzt keine zutreffende rechtliche Würdigung voraus, es genügt vielmehr die Kenntnis der den Anspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Danach hat der Leiharbeitnehmer von dem Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.] ausreichende Kenntnis iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wenn er Kenntnis von der Tatsache hat, dass vergleichbare [X.] des Entleihers mehr verdienen als er. Dagegen kommt es nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung der arbeitsvertraglichen Klausel an, mit der der Verleiher von der in § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 [X.] eröffneten Möglichkeit, von dem Gebot der Gleichbehandlung abzuweichen, Gebrauch macht. Vertraut der Leiharbeitnehmer auf deren Rechtswirksamkeit und in diesem Zusammenhang auf die Tariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition, ist dieses Vertrauen ebenso wenig geschützt wie das des Verleihers. Etwas anderes gilt nur dann, wenn und solange dem Leiharbeitnehmer die Erhebung einer die Verjährung hemmenden Klage ( § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ) unzumutbar war ([X.] 20. November 2013 - 5 [X.] 776/12 - Rn. 16).

2. Das [X.] hat nicht festgestellt, ob dem Kläger die Tatsachen bekannt waren, aus denen er im vorliegenden Rechtsstreit gefolgert hat, vergleichbare [X.] hätten mehr verdient als er.

IV. In welcher Höhe dem Kläger - nicht verjährte - Ansprüche auf [X.] zustehen, kann der Senat wegen fehlender Feststellungen des [X.] nicht entscheiden. Auch dies führt zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es unerheblich, ob die Entleiherin tatsächlich vergleichbare [X.] beschäftigt. Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines [X.] an, kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses [X.] abgestellt werden. Maßstab ist in diesem Fall das Arbeitsentgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre. Das gebietet schon die unionsrechtskonforme Auslegung des § 10 Abs. 4 [X.] im Lichte des Art. 5 Abs. 1 [X.] 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: [X.]). Es fehlt zudem jeglicher Anhaltspunkt, dass nach nationalem Recht der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt entfallen soll, wenn der Entleiher für eine bestimmte Tätigkeit nur noch Leih-, aber keine [X.] mehr beschäftigt ([X.] 19. Februar 2014 - 5 [X.] 680/12 - Rn. 15).

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass - entsprechend der von der [X.] erteilten [X.] - im R-Konzern ein allgemeines [X.], nämlich die Tarifverträge der Tarifgruppe [X.], Anwendung findet. Maßgeblich ist damit das Entgelt, das der Kläger erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit bei der Entleiherin angestellt worden wäre.

2. Die [X.] der [X.] vom 16. August 2012 ist ordnungsgemäß. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger der [X.] zur Arbeitsleistung überlassen war, die Auskünfte aber von der [X.] erteilt wurden. Denn § 13 [X.] hindert den Entleiher nicht, zur Erstellung und Bekanntgabe der [X.] Hilfspersonen hinzuzuziehen, sofern diese über das für eine ordnungsgemäße [X.] erforderliche Wissen verfügen ([X.] 19. Februar 2014 - 5 [X.] 1048/12 - Rn. 27 mwN).

3. Das [X.] wird festzustellen haben, ob der Kläger als [X.] die tariflichen Voraussetzungen einer Vergütung nach Vergütungsgruppe B 2 erfüllt hätte. Dabei kann sich der Kläger für die Darlegung des Entgelts vergleichbarer [X.] auf die [X.] der [X.] vom 16. August 2012 stützen. Deshalb ist es im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast Sache der Beklagten, die [X.] zu erschüttern (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] 146/12 - Rn. 22). Dazu hat sie - bislang - keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, die Tätigkeit des [X.] im Streitzeitraum habe nicht der in der [X.] zugrunde gelegten Tätigkeit entsprochen. Das [X.] hat - aus seiner Sicht konsequent - keine Feststellungen über das Entgelt vergleichbarer [X.] getroffen. Sollte die Beklagte die [X.] insoweit erschüttern, wird der die [X.] ergänzende Sachvortrag des [X.] zu den Eingruppierungsvoraussetzungen der beanspruchten Vergütungsgruppe und deren tatsächlicher Handhabung bei der Entleiherin zu werten sein.

4. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs nach § 10 Abs. 4 [X.] ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen.

a) Zutreffend hat der Kläger als Ausgangspunkt für die Berechnung der [X.] zuletzt ein Monatsgehalt angesetzt.

Im erneuten Berufungsverfahren wird festzustellen sein, ob der Kläger für die bei der Entleiherin zu beanspruchende Monatsvergütung die dort geschuldete regelmäßige Arbeitszeit (§ 4 [X.] [X.]) erbracht bzw. durch gesetzliche Entgeltfortzahlungstatbestände „abgedeckt“ hat.

b) Hat der Kläger nach den von der Beklagten abgerechneten und damit [X.] gestellten Stunden Mehrarbeit iSv. § 5 [X.] [X.] geleistet - was bislang allerdings nicht ausreichend substantiiert dargelegt ist -, kann er dafür [X.] nach den tariflich vorgesehenen Regeln beanspruchen. Der Abgeltung von Mehrarbeit kann die Beklagte nicht den Vorrang von Freizeitausgleich (§ 5 Nr. 4 [X.] [X.]) entgegenhalten, wenn sie keinen Freizeitausgleich gewährt, sondern die [X.] - wenn auch zu niedrig - vergütet hat.

5. Der Senat kann nicht feststellen, ob und in welcher Höhe der Antrag zu 11., mit dem der Kläger Fahrtkostenersatz geltend macht, begründet ist.

a) Echter Aufwendungsersatz ist kein Arbeitsentgelt. Er ist auch keine wesentliche Arbeitsbedingung iSv. § 10 Abs. 4 [X.]. Solche sind ausschließlich die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. f, i [X.] genannten Regelungsgegenstände ([X.] 23. März 2011 - 5 [X.] 7/10 - Rn. 29 , [X.]E 137, 249 ). Dazu gehört Aufwendungsersatz nicht. Nur soweit sich Aufwendungsersatz als „verschleiertes“ und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt darstellt, ist er beim Gesamtvergleich der Entgelte zu berücksichtigen ([X.] 23. März 2011 - 5 [X.] 7/10 - Rn. 35, aaO ).

b) Der Kläger hat die Zahlung weiteren ([X.] in Form steuerlich nicht begünstigter Fahrgelder bislang nicht näher substantiiert. Dass die Entleiherin tatsächlich 0,33 Euro/km gezahlt und es nicht bei 0,30 Euro/km - steuerlich privilegiert - belassen hätte, ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen nicht. Das [X.] wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - entsprechende Feststellungen treffen müssen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Dittrich    

        

    Dombrowsky    

                 

Meta

5 AZR 256/13

24.09.2014

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Trier, 14. Februar 2012, Az: 3 Ca 880/11, Urteil

§ 9 Nr 2 AÜG, § 10 Abs 4 AÜG, § 199 Abs 1 Nr 2 BGB, § 13 AÜG, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2014, Az. 5 AZR 256/13 (REWIS RS 2014, 2675)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2675

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