Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.04.2016, Az. VIII ZB 47/15

8. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12367

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BEFANGENHEIT ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) GERICHTE VERFAHRENSGRUNDSÄTZE VERFAHREN

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Gegenstand

Richterablehnung: Verlust des Ablehnungsrechts bei Weiterverhandeln nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs


Leitsatz

Ein Verlust des Ablehnungsrechts tritt nicht dadurch ein, dass sich eine Partei nach Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit auf die weitere Verhandlung einlässt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 22. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] hat die Beklagte zu tragen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 2.665 €.

Gründe

I.

1

Der Kläger erwarb von der [X.]n eine gebrauchte Pulverbeschichtungsanlage zum Preis von 2.618 €, die er noch vor Erhalt an die Firma [X.]für 4.165 € weiterverkaufte, die hierauf zunächst 1.500 € anzahlte. Nachdem der Kläger seinerseits den von ihm geschuldeten Kaufpreis an die [X.] entrichtet hatte, erhielt die Firma [X.] von der [X.]n die Anlage und übergab an einen Mitarbeiter der [X.]n 2.665 € in bar.

2

Mit seiner Klage begehrt der Kläger diesen Betrag als "Schadensersatz" von der [X.]n. Nach einem der [X.]n vorgerichtlich übersandten Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers, der auch der Klage als Anlage beigefügt war, habe diese den Kaufpreis für die Anlage zweimal erhalten und sich "in Höhe des Betrages von 2.665 € (…) zu Unrecht bereichert", weswegen der Kläger "aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung" Zahlung von 2.665 € verlange. Die [X.] hat die Forderung mit der Begründung abgelehnt, sie befürchte Rückforderungsansprüche der Firma [X.] . Sollte der Kläger aber einen Nachweis der Firma [X.] beibringen, wonach er zur Geltendmachung der Forderung berechtigt sei, werde die [X.] den erhaltenen Betrag an ihn herausgeben.

3

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass es die Klage mit der vom Kläger vorgetragenen Begründung für unschlüssig halte. Eine Schadensersatzforderung wegen Nichterfüllung sei nicht ersichtlich, da sich die Maschine absprachegemäß im Besitz der Firma [X.] befinde. Falls der Kläger sich allerdings den Vortrag der [X.]n (hilfsweise) zu Eigen mache und überdies die Zahlung der Firma [X.] an die [X.] nach § 185 BGB genehmige, ergäbe sich der Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB. In diesem Fall bestehe für die [X.] auch keine Gefahr, danach erneut - und damit doppelt - von der Firma [X.]in Anspruch genommen zu werden.

4

Daraufhin hat die [X.] den [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Durch den Hinweis habe das Gericht dem Kläger "einen Tipp gegeben", wie er die bisher unschlüssige Klage schlüssig machen könne.

5

Anschließend haben beide [X.]en zu Protokoll erklärt, mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden zu sein. Das Amtsgericht hat daraufhin den Beschluss verkündet, dass zunächst die Entscheidung über den Befangenheitsantrag abgewartet werden solle.

6

Das Amtsgericht hat das Ablehnungsgesuch als unbegründet abgewiesen. Die hiergegen von der [X.]n eingelegte sofortige Beschwerde hat vor dem [X.] keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtbeschwerde erstrebt die [X.] die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und verfolgt ihr Befangenheitsgesuch weiter.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO aufgrund der Zulassung durch das [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zwar hat das Beschwerdegericht das Ablehnungsgesuch rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt, im Ergebnis jedoch richtig entschieden (§ 577 Abs. 3 ZPO), weil der Ablehnungsantrag unbegründet ist.

8

1. Das Beschwerdegericht hat das Ablehnungsgesuch der [X.]n bereits als unzulässig angesehen. Die [X.] habe ihr Ablehnungsrecht nach § 43 ZPO verloren, weil sie einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt habe, nachdem sie ihr Ablehnungsgesuch angebracht gehabt habe. Das Ablehnungsrecht entfalle grundsätzlich auch dann, wenn sich eine [X.] nach Anbringen des Gesuchs der weiteren Verhandlung nicht verweigere. Entscheidend sei bei § 43 ZPO, dass ein Einverständnis der [X.] mit der Person des [X.]s unwiderleglich vermutet werde, wenn sie sich in Kenntnis des [X.] auf die Verhandlung einlasse. Die [X.] habe nach Anbringen ihres [X.] im Sinne des § 43 ZPO weiterverhandelt, indem sie einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt habe. Die Einverständniserklärung nach § 128 Abs. 2 ZPO sei eine Antragstellung im Sinne von § 43 ZPO, weil sie die Grundlage dafür schaffe, dass das Gericht den Rechtsstreit ohne weitere mündliche Verhandlung entscheide. Die [X.] hätte ihr Ablehnungsrecht nur ausnahmsweise dann nicht verloren, wenn der abgelehnte [X.] sie zum [X.] in unzulässiger Weise gezwungen hätte, etwa durch die Drohung, ein Versäumnisurteil zu erlassen. Ein derartiger Ausnahmefall liege aber nicht vor. Die vom Amtsgericht noch durchgeführten Handlungen seien durch § 47 Abs. 2 ZPO gestattet, dessen Voraussetzungen auch im Übrigen vorlägen. Die [X.] führe sogar selbst aus, der [X.] habe erklärt, nach Anbringen des Befangenheitsgesuches dürfe nicht weiterverhandelt werden.

9

2. Die Beurteilung des [X.] hält rechtlicher Nachprüfung nur im Ergebnis stand.

a) Das Ablehnungsgesuch ist zulässig. Entgegen der Auffassung des [X.] ist die [X.] nicht nach § 43 ZPO gehindert, ihr Ablehnungsgesuch auf den in der mündlichen Verhandlung gegebenen Hinweis des [X.]s zu stützen.

aa) Die Frage, ob eine Prozesspartei ein Ablehnungsrecht nach § 43 ZPO verliert, wenn sie sich auf eine mündliche Verhandlung einlässt oder Anträge stellt, nachdem sie ein den Anforderungen des § 44 ZPO entsprechendes Ablehnungsgesuch angebracht hat, ist umstritten.

Nach einem Teil der Rechtsprechung und Literatur entfällt das Ablehnungsrecht nach § 43 ZPO grundsätzlich auch dann, wenn sich eine [X.] nach Anbringen des Gesuchs der weiteren Verhandlung nicht verweigert ([X.], [X.] 1954, 552; [X.], [X.], 373; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 43 Rn. 7; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 43 Rn. 3). Es sei nicht einzusehen, dass der Verlust des Ablehnungsrechts nur deshalb nicht eintreten solle, weil ein Ablehnungsgesuch schon angebracht worden sei. § 43 ZPO stelle die unwiderlegliche Vermutung auf, dass die [X.], die sich trotz bekannten [X.] auf die Verhandlung einlasse, mit der Person des [X.]s einverstanden sei. Die Norm wolle verhindern, dass das Gericht weitere prozessuale Arbeit vornehme, die im Fall der erfolgreichen Ablehnung nutzlos werde. Eine Ausnahme sei nur in Fällen zuzulassen, in denen sich eine [X.] gezwungen sehe, weiter zu verhandeln, um prozessuale Nachteile zu verhindern ([X.], aaO).

Die Gegenansicht hält es demgegenüber grundsätzlich für unschädlich, wenn sich eine [X.] auf eine mündliche Verhandlung einlässt, nachdem sie den Befangenheitsgrund durch die Anbringung eines entsprechenden Antrags geltend gemacht hat ([X.], Beschluss vom 17. Dezember 2015 - 8 W 52/15, juris Rn. 15; [X.]/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 43 Rn. 6; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 43 Rn. 13; Prütting/[X.]/[X.], ZPO, 7. Aufl., § 43 Rn. 6; Vossler, [X.] 2007, 992, 993). Zur Begründung wird vor allem auf den Wortlaut und den Regelungsgehalt des § 43 ZPO verwiesen.

bb) Der letztgenannten Auffassung gebührt der Vorzug. Ein Verlust des Ablehnungsrechts tritt nicht ein, wenn sich die [X.] nach Ablehnung des [X.]s auf die weitere Verhandlung einlässt. Dies entspricht sowohl dem Wortlaut als auch dem Zweck des § 43 ZPO und berücksichtigt insbesondere auch den Regelungsgehalt des im Rahmen des [X.] vom 24. August 2004 ([X.] I S. 2198 - 1. Justizmodernisierungsgesetz) geschaffenen § 47 Abs. 2 ZPO.

(1) Nach § 43 ZPO kann eine [X.] einen [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Der Gesetzeswortlaut regelt ausdrücklich nur den Fall, in dem die [X.] trotz Kenntnis des [X.] - zunächst - darauf verzichtet, diesen geltend zu machen und sich auf die weitere Verhandlung einlässt (vgl. dazu [X.], Urteil vom 7. Dezember 2005 - [X.], [X.]Z 165, 223, 226; Beschlüsse vom 24. April 2013 - [X.], juris Rn. 18; vom 5. Februar 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 800 Rn. 5).

(2) Dies entspricht dem Zweck der Norm, eine [X.], die an der Unbefangenheit des [X.]s zweifelt, anzuhalten, dies alsbald kund zu tun; dadurch soll ihr unter anderem die Möglichkeit genommen werden, einen Rechtsstreit willkürlich zu verzögern und bereits geleistete prozessuale Arbeit nutzlos zu machen ([X.], Beschlüsse vom 5. Februar 2008 - [X.], aaO; vom 1. Juni 2006 - [X.], [X.], 2776, Rn. 13 mwN). Soweit das Beschwerdegericht und die erstgenannte Ansicht diesen Gedanken fruchtbar machen wollen, um den Anwendungsbereich der Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus auch auf Fälle zu erstrecken, in denen die [X.] nach Anbringung des [X.] weiterverhandelt, sich mithin der weiteren Verhandlung nicht verweigert, ist dies nicht überzeugend. Dem Gericht ist es nach Anbringung eines [X.] ohne weiteres möglich, den Termin zu beenden, um nicht Arbeit auf die Sache zu verwenden, die sich später als überflüssig herausstellen könnte, wenn das Gesuch Erfolg haben sollte. Zwar eröffnet § 47 Abs. 2 ZPO dem Gericht die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen den Termin auch nach einem Ablehnungsgesuch fortzusetzen, wenn ansonsten eine Vertagung der Verhandlung erforderlich würde. Im Unterschied zu der durch § 43 ZPO geregelten Situation, in der die [X.] den Ablehnungsgrund zunächst nicht geltend macht, ist sich der [X.] hier aber der Tatsache bewusst, dass gemäß § 47 Abs. 2 Satz 2 ZPO der nach Anbringung des [X.] liegende Teil der Verhandlung wiederholt werden muss, falls die Ablehnung für begründet erklärt wird. Insofern gebieten es auch die Gedanken der Rechtssicherheit und Prozessökonomie, die in der Regelung des § 43 ZPO zum Ausdruck kommen, nicht, die Norm über ihren Wortlaut hinaus anzuwenden. Insbesondere ist es auch nicht Aufgabe des § 43 ZPO, jedwede Gefahr überflüssiger richterlicher Arbeit im Zusammenhang mit Ablehnungsgesuchen auszuschließen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 16. Januar 2014 - [X.] 377/12, NJW-RR 2014, 382, Rn. 21).

(3) Dass ein Verlust des Ablehnungsrechts nicht eintritt, wenn sich die [X.] nach Ablehnung des [X.]s in eine weitere Verhandlung einlässt, steht überdies im Einklang mit der gesetzgeberischen Intention bei der Neufassung des § 47 ZPO im Rahmen des [X.]. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann der Termin trotz des grundsätzlichen Handlungsverbotes nach § 47 Abs. 1 ZPO unter Mitwirkung des abgelehnten [X.]s fortgesetzt werden, wenn ein [X.] während der Verhandlung abgelehnt wurde und die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern würde. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des [X.] liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen (§ 47 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1508, [X.]) überträgt diese Vorschrift den Rechtsgedanken des § 29 Abs. 2 StPO in die Zivilprozessordnung, um einen Verzögerungseffekt (rechtsmissbräuchlicher) Ablehnungsgesuche zu vermeiden. Durch diese Norm sieht das Gesetz nun eine umfängliche Einschränkung der Wartepflicht des § 47 Abs. 1 ZPO vor, so dass es sich - entgegen der Ansicht des [X.] - nicht länger nur um besondere Ausnahmesituationen handelt, in denen sich eine [X.] zur Vermeidung prozessualer Nachteile gezwungen sehen kann, nach einem Ablehnungsgesuch an der Verhandlung weiter teilzunehmen.

Vielmehr kann es der [X.], die bereits einen Ablehnungsantrag gestellt hat, nicht zugemutet werden, sich einer Fortsetzung der Verhandlung zu verweigern, um den Verlust des Ablehnungsrechts nach § 43 ZPO zu verhindern - gleichzeitig durch ihre Verweigerung aber das Risiko einzugehen, am Prozess, der nach § 47 Abs. 2 ZPO wirksam fortgesetzt wird, nicht mehr mitgewirkt zu haben. Würde nämlich der Ablehnungsantrag vom Gericht zurückgewiesen, blieben die vorgenommenen Prozesshandlungen wirksam. Dieses Risiko wird auch nicht dadurch beseitigt, dass das Gericht - wie im vorliegenden Fall - nach Anbringung des [X.] ausdrücklich erklärt, es dürfe nun nicht mehr weiterverhandelt werden, um im [X.] daran aber - letztlich widersprüchlich - das Einverständnis der [X.]en mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zu protokollieren.

b) Das Ablehnungsgesuch ist allerdings unbegründet. Hierüber entscheidet der Senat selbst, weil weitere Feststellungen in der Sache nicht zu erwarten sind (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).

Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet wegen Besorgnis der Befangenheit die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines [X.]s zu rechtfertigen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht der den [X.] ablehnenden [X.] bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des [X.]s zu zweifeln (st. Rspr.; [X.], Beschlüsse vom 2. Oktober 2003 - [X.], [X.]Z 156, 269, 270; vom 15. März 2012 - [X.] 102/11, [X.], 1890 Rn. 10; vom 13. Januar 2016 - [X.], [X.], 1022 Rn. 9; [X.] 88, 17, 23; jeweils mwN). Kriterium für die Unparteilichkeit des [X.]s ist die Gleichbehandlung der [X.]en, so dass er sich der Ablehnung aussetzt, wenn er, ohne Stütze im Verfahrensrecht, die Äquidistanz zu den [X.]en aufgibt und sich zum Berater einer Seite macht ([X.], Beschluss vom 2. Oktober 2003 - [X.], aaO). Er muss vielmehr im Rahmen der materiellen Prozessleitung, zu der die in § 139 ZPO vorgesehenen Erörterungen, Fragen und Hinweise zählen (vgl. auch §§ 273, 278 Abs. 2 Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO), das Verfügungsrecht der [X.]en über das [X.] und deren alleinige Befugnis zur Beibringung des [X.] respektieren (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Oktober 2003 - [X.], aaO). Dies entspricht der Intention des Gesetzgebers, wonach es auch nach der Neufassung des § 139 ZPO im Rahmen des [X.] vom 27. Juli 2001 ([X.] I S. 1887 - Zivilprozessreformgesetz) weiterhin bei dem Grundsatz bleibt, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, durch Fragen oder Hinweise neue Anspruchsgrundlagen, Einreden oder Anträge einzuführen, die in dem streitigen Vorbringen der [X.]en nicht zumindest andeutungsweise bereits eine Grundlage haben (BT-Drucks. 14/4722, S. 77).

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdebegründung hat sich das Amtsgericht mit seinem Hinweis in der mündlichen Verhandlung aber im Rahmen seiner materiellen Prozessleitungspflicht gehalten. Bereits der Kläger hatte sich in der Klageschrift auf ein beigefügtes vorgerichtliches Schreiben an die [X.] bezogen, in dem sein Prozessbevollmächtigter ausführt, dass der [X.] den Kaufpreis "zweimal erhalten" habe und deshalb aus ungerechtfertiger Bereicherung zur Auskehrung des Betrages von 2.665 € verpflichtet sei. Der - wenn auch in der Formulierung etwas ungeschickt wie ein "Rat" an den Kläger - abgefasste Hinweis des Amtsgerichts ("sei die Klage schlüssig, wenn der Kläger sich den Vortrag der Beklagen zu eigen mache und die Zahlung der Firma [X.]nach § 185 Abs. 2 BGB genehmige"), begründet deshalb bei verständiger Wertung auch aus der Sicht der [X.]n nicht die Besorgnis einer Voreingenommenheit des [X.]s zugunsten des Klägers. Abgesehen davon, dass in der Regel ohnehin davon auszugehen ist, dass sich eine [X.] ihr günstiges Vorbringen des Gegners zumindest hilfsweise zu Eigen macht (vgl. [X.], Urteile vom 22. März 2011 - [X.], juris Rn. 23; vom 17. Januar 1995 - [X.], NJW-RR 1995, 684 unter 2 [X.] (1); [X.], NJW-RR 2009, 1141, 1142), und dass darüber hinaus auch in der Erhebung der Klage möglicherweise schon eine stillschweigende Genehmigung nach § 185 Abs. 2 BGB liegen kann (vgl. [X.], Beschlüsse vom 12. Juli 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 1129 Rn. 16; vom 15. Januar 2009 - [X.], NJW-RR 2009, 705 Rn. 8), zielte der Hinweis des [X.]s ersichtlich auf eine den Interessen beider [X.]en gerecht werdende Lösung ab.

Denn die [X.] hatte ein endgültiges Behaltendürfen des Betrages gar nicht beansprucht, sondern lediglich seine Auskehrung an den Kläger mit der Begründung abgelehnt, sie befürchte Rückforderungsansprüche der Firma [X.] und somit eine doppelte Inanspruchnahme. Genau auf eine Beseitigung dieser Unsicherheit zielte der Hinweis des Amtsgerichts danach ab, nämlich dass die Klage im Falle einer Genehmigung des Klägers gemäß § 185 Abs. 2 BGB aus § 816 Abs. 2 BGB begründet sei und in diesem Fall die einer Auskehrung entgegenstehende Gefahr einer nochmaligen Inanspruchnahme des [X.]n durch die Firma [X.] nicht mehr bestehe. Die Notwendigkeit prozessualer Maßnahmen (etwa gemäß § 67 ZPO) hatten die anwaltlich vertretenen [X.]en insoweit selbst zu beurteilen.

Dr. Milger                              Dr. Hessel                            Dr. [X.]

                    Dr. Schneider                          Dr. [X.]

Meta

VIII ZB 47/15

26.04.2016

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Kleve, 22. Juli 2015, Az: 4 T 168/15, Beschluss

§ 43 ZPO, § 47 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.04.2016, Az. VIII ZB 47/15 (REWIS RS 2016, 12367)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12367

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