Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2023, Az. X ZB 12/20

10. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 6360

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Gebrauchsmusterlöschungsverfahren: Zulässigkeit der beschränkten Verteidigung eines mit einem Teil-Löschungsantrag angegriffenen Anspruchs durch eine Kombination mit einem insoweit nicht angegriffenen Unteranspruch; Ergänzung des angegriffenen Anspruchs mit einem Teil der Merkmale eines nicht angegriffenen Unteranspruchs; Einreichung geänderter Anträge durch den Gebrauchsmusterinhaber noch vor Einleitung des Verfahrens; Kostenentscheidung - Tischgrill


Leitsatz

Tischgrill

1a. Auch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren ist die beschränkte Verteidigung eines mit einem Teil-Löschungsantrag angegriffenen Anspruchs durch Kombination mit einem insoweit nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines insoweit nicht angegriffenen Unteranspruchs unzulässig (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 1. März 2017 - X ZR 10/15, GRUR 2017, 604 Rn. 33 - Ankopplungssystem und BGH, Urteil vom 13. Juni 2023 - X ZR 47/21, GRUR 2023, 1274 Rn. 150 - Anschlussklemme).

1b. Ein Rechtsschutzinteresse besteht hingegen, wenn der angegriffene Anspruch lediglich um einen Teil der Merkmale eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ergänzt wird (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. Juni 2023 - X ZR 47/21, GRUR 2023, 1274 Rn. 151 - Anschlussklemme).

2a. In der Regel fehlt es an einem Anlass zur Stellung eines Löschungsantrags, wenn der Gebrauchsmusterinhaber schon vor Einleitung des Verfahrens geänderte Anträge eingereicht und erklärt hat, dass sich das Schutzbegehren auf die neuen Ansprüche beschränkt (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 27. Juni 2023 - X ZR 59/21, Rn. 149 - Anzeigemonitor).

2b. Begehrt der Antragsteller nach Abgabe einer solchen Erklärung eine Löschung des Gebrauchsmusters in weitergehendem Umfang und hat dieses Begehren Erfolg, so kommt eine Anwendung von § 93 ZPO zugunsten des Antragsgegners in der Regel dennoch nicht in Betracht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 35. Senats ([X.]) des [X.] vom 12. Oktober 2020 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Der Wert des Gegenstandes des [X.] wird auf 150.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des Gebrauchsmusters 20 2014 010 338 ([X.]), das aus der Patentanmeldung 10 2014 213 770.5 vom 15. Juli 2014 abgezweigt worden ist und einen [X.] und eine [X.] betrifft.

2

Schutzanspruch 1, auf den dreizehn weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet:

[X.] mit einem Gehäuse (1), einer innerhalb des Gehäuses (1) allseitig mit Abstand zum Gehäuse (1) angeordneten [X.] (3), einer in der [X.] (3) stehenden, im wesentlichen zylindrischen [X.] (20) mit Deckel (24), einem oberhalb der [X.] (20) angeordneten [X.]rost und einer Luftversorgungseinrichtung, die von unterhalb der [X.] (3) einen in die [X.] (20) gerichteten Luftstrom erzeugt, dadurch gekennzeichnet, dass die zylindrische Wand (23) der [X.] (20) aus einem Edelstahlblech gefertigt ist und dass das Edelstahlblech geschlitzt, gelocht oder gestreckt ist.

3

Anspruch 15 stellt eine [X.] mit entsprechenden Merkmalen unter Schutz.

4

Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin und eine Abnehmerin auf der Grundlage der [X.] 1, 6 bis 10 sowie 12 und 15 wegen Verletzung des Schutzrechts abgemahnt. Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin unter Fristsetzung aufgefordert, auf die Durchsetzung von Rechten aus dem [X.] zu verzichten, und einen [X.] angekündigt. Die Antragsgegnerin hat innerhalb der gesetzten Frist beim Patentamt geänderte [X.] 1 bis 8 eingereicht, mit der Erklärung, für Vergangenheit und Zukunft aus dem [X.] nur noch Rechte im Umfang der neu gefassten [X.] geltend zu machen.

5

Die Antragstellerin hat beim Patentamt die Löschung des Schutzrechts im Umfang der in der Abmahnung aufgeführten Ansprüche wegen fehlender Schutzfähigkeit beantragt. In der mündlichen Verhandlung hat sie zusätzlich die Löschung der geänderten Ansprüche mit Ausnahme der Ansprüche 4 bis 7 beantragt und ergänzend geltend gemacht, der Gegenstand des geänderten [X.] 1 gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus.

6

Die Antragsgegnerin hat das [X.] im Umfang der geänderten Ansprüche verteidigt, mit der Maßgabe, dass in Anspruch 8 vor dem Wort "Merkmalen" das Wort "den" eingefügt wird.

7

Das Patentamt hat das [X.] gelöscht, soweit es über den Gegenstand der verteidigten Fassung hinausgeht, und den Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens hat es der Antragstellerin ein Fünftel und der Antragsgegnerin vier Fünftel auferlegt.

8

Mit der dagegen gerichteten Beschwerde hat die Antragstellerin ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Antragsgegnerin ist dem mit ihrem erstinstanzlichen Antrag und acht [X.] entgegengetreten. Mit ihrer eigenen Beschwerde hat sie beantragt, der Antragstellerin die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

9

Das Patentgericht hat das [X.] im Umfang der angegriffenen [X.] 1, 6 bis 10, 12 und 15 gelöscht und die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt.

Mit ihrer vom Patentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihre Anträge aus der Beschwerdeinstanz weiter. Die Antragstellerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

B. Die [X.] Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

I. Das [X.] betrifft einen [X.] und eine [X.].

1. Die [X.]chrift geht beispielhaft von einem aus der [X.] ([X.]) bekannten Holzkohlegrill aus.

Dieser [X.] weise innerhalb eines Gehäuses eine [X.] mit einer siebartigen Abdeckung auf. Die Holzkohleschale sei mit einer geschlossenen Wandung ausgestattet und werde über eine zentrische, kegelförmige Aufwölbung und eine darin angeordnete Lochung von unten her mit Verbrennungsluft versorgt (Abs. 3).

Die [X.] sei im Wesentlichen nur zur Wärmeabstrahlung nach oben, nämlich durch ein abdeckendes Flammsieb hindurch geeignet. Aufgrund der schalenförmigen Ausbildung der [X.] reflektiere diese im Wesentlichen die Wärmestrahlung nach oben, wodurch die wirksame Fläche erheblich reduziert sei. Außerdem drohe das Flammsieb aufgrund der filigranen Ausgestaltung nach mehreren Heizzyklen zu brechen oder spröde zu werden (Abs. 4).

2. Das [X.] betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, die [X.] so auszuführen, dass sie einem ständigen Gebrauch mit hohen Temperaturen standhält und möglichst ungehindert Wärme abstrahlt.

3. Zur Lösung schlägt das [X.] in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von Schutzanspruch 1 einen Tischgrill vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Änderungen gegenüber der eingetragenen Fassung sind hervorgehoben):

Tischgrill mit

1. einem Gehäuse (1),

2. einer innerhalb des Gehäuses (1) allseitig mit Abstand zum Gehäuse (1) angeordneten [X.] (2),

3. einer in der [X.] (2) stehenden, im wesentlichen zylindrischen [X.] (20) mit

3.1 einem Deckel (24),

3.2 einer zylindrischen Wand (23), die aus einem geschlitzten, gelochten oder gestreckten Edelstahlblech gefertigt ist,

3.2.1 wobei die Schlitze von einer axialen Ausrichtung abweichen,

4. einem oberhalb der [X.] (20) angeordneten [X.]rost und

5. einer Luftversorgungseinrichtung, die von unterhalb der [X.] (2) einen in die [X.] (20) gerichteten Luftstrom erzeugt.

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Trotz der Einreichung neu formulierter [X.] und einer Beschränkungserklärung seitens der Antragsgegnerin habe die Antragstellerin ihren Löschungsantrag zulässigerweise gegen die eingetragenen [X.] 1, 6 bis 10 und 15 gerichtet.

Die weiteren eingetragenen [X.] seien nicht Verfahrensgegenstand geworden. Soweit die Antragstellerin sich gegen die nachgereichte Anspruchsfassung mit Ausnahme der Ansprüche 4, 5, 6 und 7 gewandt habe, habe sie lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie den von ihr geltend gemachten Löschungsanspruch auch im Umfang der nachgereichten [X.] nicht als erfüllt ansehe.

Soweit im kennzeichnenden Teil des nachgereichten [X.] 1 das Wort "zylindrisch" entfallen sei, liege darin keine unzulässige Erweiterung.

Die eingetragenen [X.] 6 bis 10 und 12 seien ohne weitere Sachprüfung zu löschen, weil ihr Gegenstand in den nachgereichten [X.]n nicht mehr enthalten sei. Für die eingetragenen [X.] 1 und 15 gelte dies nur, soweit sie über die nachgereichten [X.] 1 und 8 hinausgingen.

Der Gegenstand des nachgereichten [X.] 1 in der mit dem Hauptantrag und den [X.] 1 bis 3 verteidigten Fassung sei neu, beruhe aber nicht auf einem erfinderischen Schritt. Er sei dem Fachmann, einem Hochschulabsolventen der Fachrichtung Maschinenbau oder mit entsprechendem akademischen Grad mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Konstruktion von [X.]geräten jedweder Art, aus einer Zusammenschau der internationalen Anmeldung WO 2014/094745 ([X.]) mit der [X.] Anmeldung 2001304553 ([X.], Übersetzung [X.]a) nahegelegt gewesen.

Die [X.] und 5 seien unzulässig, da sie eine Kombination von Schutzanspruch 1 mit den Merkmalen des nicht angegriffenen [X.] 4 beinhalteten. Die Rechts- und Interessenlage sei insoweit nicht anders zu beurteilen als im patentrechtlichen [X.], in welchem die beschränkte Verteidigung des Patents durch eine Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ebenfalls unzulässig sei.

Für den Gegenstand des nachgereichten [X.] 8 gemäß dem Haupt- und den [X.] ergebe sich keine abweichende Beurteilung.

Die nachträgliche Einreichung geänderter [X.] rechtfertige es nicht, der Antragstellerin Kosten entsprechend § 93 ZPO aufzuerlegen. Vielmehr sei es angemessen, die Kostenentscheidung danach zu treffen, in welchem Umfang die Antragsgegnerin die angegriffenen eingetragenen [X.] mit den nachgereichten [X.]n erfolgreich verteidigen konnte.

III. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

1. Das Patentgericht hat mit Recht die fehlende Schutzfähigkeit von Schutzanspruch 1 in der verteidigten Fassung angenommen.

a) Die Annahme des Patentgerichts, [X.] offenbare mit Ausnahme der Merkmalsgruppe 3.2 sämtliche Merkmale der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von Anspruch 1, wird von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen und lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

b) Ohne Erfolg greift die Rechtsbeschwerde die Annahme des Patentgerichts an, ausgehend von [X.] sei es naheliegend gewesen, das vorbekannte Edelstahlsieb durch eine wesentlich solidere Edelstahl-Wand mit von einer axialen Richtung abweichenden Schlitzen zu ersetzen, wie sie in [X.] offenbart werde.

aa) Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat und auch die Rechtsbeschwerde im Ausgangspunkt nicht in Zweifel zieht, enthält [X.] den Hinweis, dass Flammensiebe einer [X.] aufgrund ihrer filigranen Ausgestaltung nach mehreren Heizzyklen brechen und verspröden können.

Das in [X.] vorgeschlagene feinmaschige Sieb aus Edelstahl ([X.] 26-30, [X.] 7-8, [X.] 4-5) ist nach den Ausführungen in [X.] zwar für einen hinreichend langen Gebrauch geeignet ([X.] 28-30). Dennoch hat das Patentgericht zu Recht angenommen, dass Anlass bestand, nach Möglichkeiten zu suchen, um die Lebensdauer der in [X.] offenbarten [X.] weiter zu steigern.

bb) Ebenfalls zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass vor diesem Hintergrund eine Ausgestaltung nach der Merkmalsgruppe 3.2 durch [X.] nahegelegt war.

(1) Wie den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 2 und 4 entnommen werden kann, offenbart [X.] einen Tischgrill mit einer in einem Gehäuse (7) angeordneten [X.] (4), die einen Gitterrost (3) trägt.

Abbildung

Mittig im Gitterrost ist eine aus zwei auf- bzw. ineinander steckbaren zylindrischen Wandelementen (2A) gebildete [X.] (2) angeordnet. Das untere Wandelement ist oberhalb des [X.]rostes (3) mit einer Vielzahl von als Langlöcher ausgebildeten Schlitzen (8) versehen, die in mehreren Reihen entlang des [X.] ausgebildet und gegenüber der [X.] geneigt sind.

Die [X.] (2) kann über die Höhe des [X.] (3) hinausgehend mit Holzkohle befüllt werden, so dass das [X.]gut Hitze von unten und oben erhält ([X.]a Abs. 26). Durch die Schlitze (8) und die rohrförmige Wandoberfläche werde genügend Strahlungswärme von der Holzkohle radial nach außen auf das [X.]gut übertragen (Abs. 35).

(2) Rechtsfehlerfrei hat das Patentgericht entschieden, dass es nahelag, das Sieb aus [X.] durch die in [X.] offenbarte stabilere und robustere Holzkammerwandung zu ersetzen

(a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergab sich aus [X.] auch die Anregung, die Schlitze in einer von der axialen Ausrichtung abweichenden Weise (Merkmal 3.2.1) anzuordnen.

Wie auch die Rechtsbeschwerde im Ansatz nicht verkennt, sind die in den Figuren 2 und 4 dargestellten Schlitze nicht axial angeordnet. [X.] enthält zwar - ebenso wie das [X.] - keine ausdrücklichen Angaben dazu, dass und weshalb eine solche Ausgestaltung vorteilhafter ist als eine axiale Ausrichtung. Auch ohne solche Hinweise bestand aber Anlass, die in den Figuren beispielhaft gezeigte Anordnung zu übernehmen, um den Anpassungsaufwand möglichst gering zu halten.

(b) Anders als es die Rechtsbeschwerde geltend macht, erweist sich die Verneinung der Schutzfähigkeit durch das Patentgericht auch nicht deshalb als rechtsfehlerhaft, weil die in [X.] gezeigten Schlitze (8) sich ausschließlich oberhalb des [X.]rostes (3) befinden.

Wie bereits oben ausgeführt wurde, kann die [X.] (2) nach der Beschreibung von [X.] bis oberhalb des [X.] (3) mit Holzkohle befüllt werden ([X.]a Abs. 26). Hieraus hat das Patentgericht rechtsfehlerfrei abgeleitet, dass auch der mit den Schlitzen versehene Teil des Zylinders mit Holzkohle befüllt werden kann. Hieraus hat es die zutreffende Schlussfolgerung gezogen, dass Anlass bestand, die Gestaltung der [X.] mit Schlitzen auch bei einem [X.] in Betracht zu ziehen, bei dem, wie in [X.] gezeigt, die [X.] lediglich unterhalb des [X.]rostes angeordnet ist.

2. Dass das Patentgericht auf dieser Grundlage den Gegenstand von Schutzanspruch 1 in der Fassung der [X.] bis 3 ebenfalls durch die Kombination von [X.] mit [X.] als nahegelegt bewertet hat, greift die Rechtsbeschwerde nicht gesondert an. Insoweit ist ein Rechtsfehler nicht zu erkennen.

3. Für den die [X.] betreffenden Schutzanspruch 8 in der Fassung gemäß Hauptantrag und den [X.] 1 bis 3 ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

4. Hinsichtlich der [X.] und 5 erweist sich die Entscheidung des Patentgerichts im Ergebnis als zutreffend.

a) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts besteht für diese Hilfsanträge ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse.

aa) Im Patentnichtigkeitsverfahren ist nach der Rechtsprechung des [X.] die beschränkte Verteidigung eines mit einer Teilnichtigkeitsklage angegriffenen Patentanspruchs durch Kombination mit einem insoweit nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines insoweit nicht angegriffenen Unteranspruchs unzulässig ([X.], Urteil vom 1. März 2017 - [X.], [X.], 604 Rn. 33 - Ankopplungssystem; Urteil vom 13. Juni 2023 - [X.], [X.], 1274 Rn. 150 - Anschlussklemme).

bb) Für die beschränkte Verteidigung eines mit einem Teillöschungsantrag angegriffenen Gebrauchsmuster gilt nichts anderes.

(1) Mit der Kombination der Merkmale eines angegriffenen Anspruchs mit denjenigen eines mit dem Löschungsantrag nicht angegriffenen Unteranspruchs würde ein Gegenstand zur Überprüfung gestellt, der mit dem Löschungsantrag nicht angegriffen ist. Die Möglichkeit, das Gebrauchsmuster beschränkt zu verteidigen, dient indes allein der Verteidigung gegenüber dem geführten Angriff, nicht hingegen der Überprüfung seiner Schutzfähigkeit im Übrigen.

(2) Dass das Gebrauchsmustergesetz anders als das Patentgesetz (§ 64) keine Regelung über ein Beschränkungsverfahren enthält, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine abweichende Beurteilung.

Das Beschränkungsverfahren nach § 64 [X.] steht in keinem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Möglichkeit, ein Patent mit der Nichtigkeitsklage nur teilweise anzugreifen, und der Möglichkeit, ein angegriffenes Patent in beschränkter Fassung zu verteidigen. Wenn der Patentinhaber das mit einer Nichtigkeitsklage angegriffene Patent nur mit einer geänderten Anspruchsfassung verteidigt und sich das Patent in dieser Fassung als rechtsbeständig erweist, führt dies zwar zu denselben Wirkungen wie eine Beschränkung nach § 64 [X.]. Die Unzulässigkeit einer Verteidigung mit einer nicht angegriffenen Fassung beruht aber nicht auf der Möglichkeit eines solchen Verfahrens, sondern auf dem Umstand, dass der Streitgegenstand des [X.]s durch den Kläger bestimmt wird. Insoweit weist das Gebrauchsmusterlöschungsverfahren keine Unterschiede auf.

cc) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts sind die [X.] und 5 bei Anlegung dieses Maßstabs jedoch zulässig.

(1) Nach Hilfsantrag 4 soll die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung von Schutzanspruch 1 durch folgende Merkmale ergänzt werden:

3.2.2 [wobei die Schlitze] gerade so breit ausgelegt sind, dass es zur optimalen Wärmeabstrahlung reicht, wobei sie so schmal sein müssen, dass weder Glut noch Funkenflug durch Schlitze hindurch nach außen gelangt,

3.2.3 und eine Breite von 1 bis 3 mm haben.

Nach Hilfsantrag 5 soll ergänzend in Merkmal 3.2 vor dem Wort "Wand" das Wort "zylindrische" eingefügt werden.

(2) Die damit verteidigte Fassung enthält nicht alle Merkmale des nicht angegriffenen [X.] 4.

Anspruch 4 selbst sieht als zusätzliches Merkmal zwar nur das Merkmal 3.2.3 vor. Er ist aber nicht unmittelbar auf Anspruch 1 zurückbezogen, sondern nur auf die Ansprüche 2 und 3, schützt also nur Ausgestaltungen, die zusätzlich die ergänzenden Merkmale mindestens einer dieser Ansprüche aufweisen. Sowohl Anspruch 2 als auch Anspruch 3 sehen axiale Schlitze vor.

Das auch nach den [X.] 4 und 5 vorgesehene Merkmal 3.2.1 schließt eine solche Ausgestaltung hingegen ausdrücklich aus. Diese Hilfsanträge betreffen mithin einen Gegenstand, der von demjenigen des eingetragenen Anspruchs 4 abweicht.

b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung geht der mit den [X.] 4 und 5 verteidigte Gegenstand nicht über das ursprüngliche [X.] hinaus.

In der Beschreibung wird zur Ausgestaltung der Schlitze ausgeführt, diese könnten axial verlaufen oder von der axialen Ausrichtung abweichen. Wesentlich sei jedenfalls, dass sie gerade so breit ausgelegt seien, dass es zur optimalen Wärmeabstrahlung reiche, wobei sie so schmal sein müssten, dass weder Glut noch Funkenflug durch sie hindurch nach außen gelangten (Abs. 8). Die Schlitze könnten je nach Bedarf ausgebildet sein, wobei eine Schlitzbreite im Bereich von 1 bis 3 mm von Vorteil sei (Abs. 10).

Daraus geht hinreichend deutlich hervor, dass die beschriebenen Vorteile der in Merkmal 3.2.2 vorgesehenen Breite im Bereich von 1 bis 3 mm unabhängig davon ist, ob die Schlitze axial oder nicht axial ausgerichtet sind.

c) Die Entscheidung des Patentgerichts erweist sich jedoch deshalb im Ergebnis als zutreffend, weil der mit den [X.] 4 und 5 verteidigte Gegenstand aus den vom Patentgericht zu Hilfsantrag 2 angestellten Erwägungen ebenfalls nicht schutzfähig ist.

aa) Nach Hilfsantrag 2 soll die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung von Schutzanspruch 1 um das auch nach den [X.] 4 und 5 vorgesehene Merkmal 3.2.2 ergänzt werden.

Die danach vorgesehene Vorgabe, die Schlitze gerade so breit auszulegen, dass es zur optimalen Wärmeabstrahlung reicht, und zugleich so schmal, dass weder Glut noch Funkenflug durch die Schlitze hindurch nach außen gelangt, war nach den insoweit nicht angegriffenen Erwägungen des Patentgerichts durch [X.] nahegelegt. Wie bereits oben ausgeführt wurde, lässt diese Beurteilung keinen Rechtsfehler erkennen.

bb) Ausgehend davon war der in den [X.] 4 und 5 beanspruchte Bereich von 1 bis 3 mm ebenfalls nahegelegt.

Anhand der Vorgaben aus Merkmal 3.2.2 ist es möglich, eine geeignete Schlitzbreite zu ermitteln. Dass die Auswahl des beanspruchten Bereichs unter diesen Vorgaben ungewöhnlich oder überraschend wäre, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

d) Für die [X.] bis 8, mit denen anstelle eines Tischgrills eine [X.] für einen Tischgrill mit den Merkmalen aus dem Hauptantrag bzw. den [X.] 2 und 4 unter Schutz gestellt werden soll, ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

5. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die vom Patentgericht getroffene Kostenentscheidung.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist der Rechtsgedanke des § 93 ZPO im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren allerdings entsprechend anzuwenden ([X.], Beschluss vom 25. Februar 1982 - [X.], [X.], 364 - Figur 3; Urteil vom 8. Dezember 1983 - [X.], [X.], 272, 276 - Isolierglasscheibenrandfugenfüllvorrichtung; Beschluss vom 11. März 1997 - [X.], [X.], 625, 627 - Einkaufswagen I).

Wie im Patentnichtigkeitsverfahren (dazu zuletzt [X.], Urteil vom 27. Juni 2023 - [X.], Rn. 149 - Anzeigemonitor) kommt die Anwendung von § 93 ZPO insbesondere dann in Betracht, wenn der Antragsgegner, der keine Veranlassung zur Stellung eines Löschungsantrags gegeben hat, das Schutzrecht nur in eingeschränkter Fassung verteidigt und auf den darüber hinausgehenden Schutz für die Vergangenheit und Zukunft verzichtet.

b) In Anwendung dieser Grundsätze fehlt es in der Regel an einem Anlass zur Stellung eines Löschungsantrags, wenn der Gebrauchsmusterinhaber dem Gegner schon vor Einleitung des Verfahrens eine Rechtsstellung verschafft, die derjenigen nach der Löschung des Gebrauchsmusters vergleichbar ist.

Wenn das Schutzrecht nur teilweise angegriffen wird, ist hierbei allerdings der bereits erwähnte Umstand zu berücksichtigen, dass das Gebrauchsmustergesetz kein Beschränkungsverfahren nach dem Vorbild des § 64 [X.] vorsieht und ein Gebrauchsmusterinhaber deshalb nicht in der Lage ist, den Gegenstand des Schutzrechts außerhalb eines Löschungsverfahrens einzuschränken.

Nach der Rechtsprechung des [X.]s steht einem Gebrauchsmusterinhaber jedoch die Möglichkeit offen, eingeschränkte [X.] zur Gebrauchsmusterakte zu reichen und dies mit der Erklärung zu verbinden, das [X.] auf die neuen Ansprüche zu beschränken. Da die nachgereichten [X.] Bestandteil der Gebrauchsmusterakte werden und jedermann die Einsicht in diese Akte freisteht, ist der Gebrauchsmusterinhaber aufgrund einer solchen Erklärung verpflichtet, Schutz gegenüber jedermann nur noch im Umfang der neu gefassten Ansprüche geltend zu machen. Auch wenn damit keine unmittelbare Änderung des Gegenstandes des Gebrauchsmusters bewirkt wird, ist eine solche Erklärung regelmäßig als vorweggenommener Verzicht auf einen Widerspruch gegen die Löschung des Gebrauchsmusters in seinem weitergehenden Umfang zu werten. Demzufolge ist das Gebrauchsmuster in seiner eingetragenen Form auf einen zulässigen Löschungsantrag ohne weitere Sachprüfung zu löschen, soweit die eingetragenen [X.] über die zur Gebrauchsmusterakte nachgereichten Ansprüche hinausgehen ([X.], Urteil vom 28. Oktober 1997 - [X.], [X.]Z 137, 60 = [X.], 910 juris Rn. 37 - Scherbeneis).

Im Zusammenhang mit § 93 ZPO ergibt sich hieraus die Schlussfolgerung, dass ein Gebrauchsmusterinhaber grundsätzlich keinen Anlass zur Stellung eines Löschungsantrags gibt, soweit er geänderte Anträge eingereicht und erklärt hat, dass sich das [X.] auf die neuen Ansprüche beschränkt.

c) Begehrt der Antragsteller nach Abgabe einer solchen Erklärung eine Löschung des Gebrauchsmusters in weitergehendem Umfang und hat dieses Begehren Erfolg, so kommt eine Anwendung von § 93 ZPO zugunsten des Antragsgegners in der Regel dennoch nicht in Betracht.

aa) Der Umstand, dass ein solcher Löschungsantrag gegen die eingetragene Fassung gerichtet ist, darf in dieser Konstellation nicht zum Nachteil des Antragstellers ausschlagen.

Wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, ist der Prüfung in einem Löschungsverfahren auch dann die eingetragene Fassung des Gebrauchsmusters zugrunde zu legen, wenn der Gebrauchsmusterinhaber schon vor dem Löschungsantrag geänderte Ansprüche eingereicht und erklärt hat, dass sich das [X.] auf die neuen Ansprüche beschränkt ([X.], Urteil vom 28. Oktober 1997 - [X.], [X.]Z 137, 60 = [X.], 910, juris Rn. 35 - Scherbeneis). Dies ist die Folge davon, dass der Gegenstand eines Gebrauchsmusters - ebenso wie der Gegenstand eines Patents - nur durch Hoheitsakt verändert werden kann (aaO Rn. 38).

bb) Die Anwendung von § 93 ZPO zugunsten des Antragsgegners wäre in dieser Konstellation auch deshalb zweckwidrig, weil der [X.] nur noch formell als Prüfungsgegenstand zu betrachtenden Teil des Schutzrechts keine Mehrkosten zur Folge hat.

Für den Gegenstandswert eines Gebrauchsmusterlöschungsverfahrens ist - ebenso wie für den Wert eines Patentnichtigkeits- oder Einspruchsverfahrens - der gemeine Wert des Schutzrechts zuzüglich entstandener Schadensersatzforderungen maßgeblich ([X.], Beschluss vom 27. März 2018 - [X.], [X.], 654 Rn. 7 - Ratschenschlüssel II).

Wenn der Gebrauchsmusterinhaber schon vor Stellung eines Löschungsantrags geänderte Ansprüche eingereicht und erklärt hat, dass sich das [X.] auf die neuen Ansprüche beschränkt, hat dies in der Regel zur Folge, dass sich der Wert des Schutzrechts verringert.

Der Wert eines Gebrauchsmusters wird maßgeblich durch die Möglichkeit bestimmt, Dritte von der Benutzung der geschützten Erfindung auszuschließen und gegen Verletzungen gerichtlich vorzugehen. Diese Möglichkeit wird bereits durch Erklärungen der genannten Art eingeschränkt. Der verbleibende Wert korrespondiert danach in der Regel mit dem Gegenstand, der sich aus den geänderten Ansprüchen ergibt. Wenn sich diese Ansprüche als nicht rechtsbeständig erweisen, ist es deshalb konsequent, die entstandenen Kosten, die in der Regel maßgeblich durch die am Gegenstandswert orientierten Anwaltskosten geprägt werden, in vollem Umfang dem Antragsgegner aufzuerlegen.

Hat der Antragsteller es hingegen versäumt, dem Antragsgegner durch entsprechende Aufforderung schon vor der Stellung eines Löschungsantrags die Gelegenheit zu geben, eine rechtliche Auseinandersetzung durch Einreichung geänderter Ansprüche und die Erklärung, dass sich das [X.] auf die neuen Ansprüche beschränkt, abzuwenden, und kommt es erst nach Stellung des Löschungsantrags zu einer beschränkten Verteidigung und einer damit einhergehenden Wertminderung, ist es demgegenüber konsequent, dem Antragsteller einen entsprechenden Teil der Kosten aufzuerlegen, sofern die Voraussetzungen des § 93 ZPO auch im Übrigen erfüllt sind.

d) Im Streitfall hat das Patentgericht der Antragsgegnerin danach zu Recht die Kosten in vollem Umfang auferlegt, weil diese schon vor dem Löschungsantrag geänderte Ansprüche eingereicht und erklärt hat, dass sich das [X.] auf die neuen Ansprüche beschränkt, und deshalb der Wert des Schutzrechts schon im Zeitpunkt der Antragstellung entsprechend verringert war.

IV. Die Kostenentscheidung für die [X.] beruht auf § 18 Abs. 4 Satz 2 [X.] in Verbindung mit § 109 Abs. 1 Satz 2 [X.].

V. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 51 Abs. 1 GKG und den übereinstimmenden Wertangaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht.

VI. Eine mündliche Verhandlung erachtet der [X.] nicht für erforderlich (§ 18 Abs. 4 Satz 2 [X.] in Verbindung mit § 107 Abs. 1 [X.]).

[X.]     

      

Deichfuß     

      

Kober-Dehm

      

Marx     

      

Crummenerl     

      

Meta

X ZB 12/20

12.09.2023

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BPatG München, 12. Oktober 2020, Az: 35 W (pat) 434/18, Beschluss

§ 15 GebrMG, § 17 Abs 4 S 1 GebrMG, § 84 Abs 2 S 2 PatG, § 93 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.09.2023, Az. X ZB 12/20 (REWIS RS 2023, 6360)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 6360 MDR 2023, 1397 REWIS RS 2023, 6360


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 35 W (pat) 434/18

Bundespatentgericht, 35 W (pat) 434/18, 12.10.2020.


Az. X ZB 12/20

Bundesgerichtshof, X ZB 12/20, 12.09.2023.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

35 W (pat) 434/18 (Bundespatentgericht)

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Teillöschungsverfahren - "Grill und Holzkohlekammer" – zur Akte nachgereichte Schutzansprüche bewirken keine unmittelbare …


35 W (pat) 430/13 (Bundespatentgericht)

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Adapter für Tintenpatrone" – zur Bezugnahme auf Anlagen in der Entscheidungsformel


35 W (pat) 416/13 (Bundespatentgericht)

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "G-CSF-Flüssigformulierung" – wesentliche Änderungen an dem technischen System für die elektronische …


35 W (pat) 406/22 (Bundespatentgericht)


35 W (pat) 8/16 (Bundespatentgericht)

Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "Netzanschluss-Tischgerät" – Abzweigung eines Gebrauchsmusters – entstehendes Prioritätsrecht ist akzessorisch zum …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

X ZR 10/15

X ZB 3/15

X ZR 59/21

X ZR 47/21

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.