Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.05.2021, Az. V ZR 299/19

5. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 6072

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Gegenstand

Wohnungseigentumsanlage: Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers für bereits vor dem 1. Dezember 2020 anhängige Verfahren bei Geltendmachung der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte; Anspruch eines Nachbarn auf Beseitigung der angepflanzten Gehölze bei Nichteinhaltung der Grenzabstände in Baden-Württemberg


Leitsatz

1. Für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren besteht die Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Rechte geltend macht, über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 WEG fort, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wird.

2. § 16 Abs. 1 NRG BW stellt eine selbständige landesrechtliche Anspruchsgrundlage dar, die dem betroffenen Nachbarn bei Nichteinhaltung der genannten Grenzabstände einen Anspruch auf Beseitigung der angepflanzten Gehölze gibt.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des [X.] - 1. Zivilkammer - vom 22. November 2019 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in [X.]. Das eine Grundstück steht im Eigentum des [X.] und einer weiteren Person, die zusammen eine Wohnungseigentümergemeinschaft bilden. Ihr Grundstück grenzt in dem Bereich des [X.], an welchem dem weiteren Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht zusteht, unmittelbar an das Grundstück der [X.] an. 2011 pflanzten die [X.] auf ihrem Grundstück entlang dieser Grenze vier Zypressen mit einem Grenzabstand von unter vier Metern. Der Kläger verlangt deren Beseitigung, hilfsweise den Rückschnitt auf eine Höhe von maximal 3,5 Metern und die Belassung auf dieser Höhe. Die [X.] erheben die Einrede der Verjährung. Das Amtsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.] mit Urteil vom 22. November 2019 zurückgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, möchten die [X.] weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe

I.

2

Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Beseitigungsanspruch gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 des [X.] für [X.] ([X.]) zu, da das Gehölz den vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalte. Die Norm stelle eine eigene Anspruchsgrundlage dar. Dies folge aus der Entstehungsgeschichte der Norm, der Gesetzessystematik und Sinn und Zweck der landesrechtlichen Abstandsregelung. Der Beseitigungsanspruch nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 [X.], für den - im Gegensatz zu einem auf § 1004 Abs. 1 [X.] gegründeten Anspruch - nicht eine dreijährige, sondern gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 [X.] eine zehnjährige Verjährungsfrist gelte, sei nicht verjährt. Er sei auch nicht aufgrund des nachbarlichen [X.] ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss komme nur in zwingenden Ausnahmefällen in Betracht. Hierfür genüge es nicht, dass dem Kläger an dem zur Grenze hin gelegenen Grundstücksteil kein Nutzungsrecht zustehe. Betroffen sei das Eigentum des [X.], welches ungeachtet des Sondernutzungsrechts eines anderen Miteigentümers bestehe. Auch sei nicht ausgeschlossen, dass sich die Sondernutzungsrechte in Zukunft änderten.

II.

3

Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

4

A. Der Kläger ist prozessführungsbefugt.

5

1. Zutreffend und von der Revision nicht beanstandet bejaht das Berufungsgericht auf der Grundlage des bis zum 30. November 2020 geltenden Wohnungseigentumsgesetzes, das im Zeitpunkt des Berufungsurteils noch Gültigkeit hatte, die [X.] des [X.]. Er war berechtigt, als einzelner Wohnungseigentümer den Beseitigungsanspruch gerichtlich geltend zu machen. Für Unterlassungs- und [X.] aus dem Miteigentum an dem Grundstück bestand nach bisher geltendem Recht keine geborene [X.] des Verbandes gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 [X.] aF, und zwar auch dann nicht, wenn Anspruchsgegner - wie hier - ein außerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft stehender Dritter war. Die Wohnungseigentümergemeinschaft konnte [X.] oder Unterlassungsansprüche wegen Störungen des [X.]seigentums zwar durch Mehrheitsbeschluss nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 [X.] aF an sich ziehen (gekorene [X.]) und war dann allein zuständig für die gerichtliche Geltendmachung gegenüber dem [X.] (Senat, Urteil vom 24. Januar 2020 - [X.], NJW-RR 2020, 894 Rn. 9 mwN). Einen solchen Beschluss haben die Wohnungseigentümer nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht gefasst.

6

2. Allerdings ist nach [X.]ass des Berufungsurteils die [X.] durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom 16. Oktober 2020 ([X.] I 2020, [X.]), das gemäß Art. 18 Satz 1 [X.] am 1. Dezember 2020 in [X.] getreten ist, in § 9a Abs. 2 [X.] neu geregelt worden. Die Neuregelung ist - unbeschadet etwaiger Übergangsvorschriften - auch im Revisionsverfahren zu beachten (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Mai 2020 - [X.], [X.], 1652 Rn. 31 f. für die Verordnung ([X.]) 2016/679). Nach § 9a Abs. 2 [X.] übt die [X.] der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern, und nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Die Vorschrift ist an die Stelle des bis dahin geltenden § 10 Abs. 6 Satz 2 [X.] aF getreten. Mit ihr hat der Gesetzgeber das bisher geltende Konzept aufgegeben, das unterschieden hat zwischen der geborenen [X.] bzw. Wahrnehmungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft und der gekorenen [X.] bzw. Wahrnehmungsbefugnis, die einen Beschluss der Wohnungseigentümer voraussetzt. Eine auf einem Beschluss beruhende besondere [X.] und Wahrnehmungsbefugnis sieht das Gesetz nicht mehr vor. Die [X.] die in § 9a Abs. 2 [X.] genannten Rechte aus und nimmt die entsprechenden Pflichten wahr (BT-Drucks. 19/18791 [X.]). Im Anwendungsbereich der Vorschrift steht die [X.] und Wahrnehmungsbefugnis und damit auch das Recht zur gerichtlichen Geltendmachung nunmehr ausschließlich dem Verband und nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer zu.

7

Nach § 9a Abs. 2 [X.] wäre der ursprünglich prozessführungsbefugte Kläger nicht mehr prozessführungsbefugt. Er verlangt von den Beklagten die Beseitigung der auf dem Nachbargrundstück angepflanzten Gehölze, da diese den in § 16 Abs. 1 Nr. 4 [X.] vorgeschriebenen Grenzabstand zu dem im gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer stehenden Grundstück nicht einhalten. Damit macht er sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer ergebende Rechte i.S.d. § 9a Abs. 2 Alt. 1 [X.] geltend.

8

3. Eine Übergangsvorschrift, die regelt, ob bei der gerichtlichen Geltendmachung von aus dem gemeinschaftlichen Eigentum sich ergebenden Rechten durch einzelne Wohnungseigentümer die [X.] auch dann nach § 9a Abs. 2 [X.] zu beurteilen ist, wenn das Verfahren - wie hier - bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängig war, enthält das neue Wohnungseigentumsgesetz nicht, insbesondere ist dies nicht von der Überleitungsregelung in § 48 Abs. 5 [X.] erfasst. Nach dieser Vorschrift sind für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die Vorschriften des dritten Teils dieses Gesetzes in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden. Die Regelung des § 9a Abs. 2 [X.] befindet sich aber nicht im dritten Teil des neuen Wohnungseigentumsgesetzes; ihre bis dahin geltende Vorgängernorm des § 10 Abs. 6 Satz 3 [X.] aF ist daher auch nicht für eine Übergangszeit anwendbar.

9

4. Da insoweit eine Übergangsvorschrift fehlt, wird überwiegend angenommen, dass die [X.] eines Wohnungseigentümers auch dann nach der neuen Regelung in § 9a Abs. 2 [X.] zu beurteilen sei, wenn das Verfahren schon vor dem 1. Dezember 2020 anhängig war. Aufgrund der darin festgelegten alleinigen Ausübungszuständigkeit der [X.] verliere der ursprünglich prozessführungsbefugte Wohnungseigentümer die [X.] mit der Folge, dass die Klage als unzulässig abzuweisen sei ([X.], [X.], 125; [X.]/[X.], [X.] [1.12.2020], § 48 Rn. 23; [X.]/[X.]/[X.], [X.]-Recht 2021, Kapitel 14 Rn. 186; [X.]/Wobst, [X.]-Reform 2020, Rn. 2034; [X.], [X.], § 9 Rn. 24; [X.]. [X.], 1012; [X.], [X.], 101).

Zur Vermeidung einer Klageabweisung wegen Wegfalls der [X.] werden verschiedene prozessuale Möglichkeiten aufgezeigt. Der Kläger könne den Rechtsstreit für erledigt erklären ([X.], [X.], 1012; [X.], [X.], 1473 Rn. 44; [X.]/[X.]/[X.], [X.]-Recht 2021, Kapitel 14 Rn. 187). Denkbar sei auch ein Parteiwechsel, indem die [X.] der Wohnungseigentümer nach entsprechender Beschlussfassung den Prozess übernehme, oder eine Fortsetzung des anhängigen Prozesses durch den ursprünglichen Wohnungseigentümer in gewillkürter Prozessstandschaft, wenn die [X.] ihn zur Prozessführung ermächtige ([X.]/[X.]/[X.], [X.]-Recht 2021, Kapitel 14 Rn. 188 ff.; [X.], [X.], 101; nur zum Parteiwechsel: Hügel/[X.], [X.], 3. Aufl., § 48 Rn. 17; [X.]/Wobst, [X.]-Reform 2020, Rn. 2034; nur zur Prozessstandschaft: [X.] [X.]/Müller [1.1.2021], § 9a Rn. 114; [X.], [X.] 2020, 487). [X.] die Wohnungseigentümer eine Übernahme des Prozesses oder die Ermächtigung des bisher klagenden Wohnungseigentümers zur (weiteren) Prozessführung ab, könne dieser hiergegen mit einer [X.] vorgehen. Das bisher anhängige Verfahren sei analog § 148 ZPO auszusetzen, bis über die [X.] rechtskräftig entschieden sei ([X.]/[X.]/[X.], [X.]-Recht 2021, Kapitel 14 Rn. 190; [X.], [X.] 2020, 487; [X.], [X.], 102).

5. Nach anderer Auffassung soll die einmal zulässig erhobene Klage des Wohnungseigentümers weiter zulässig bleiben. Hierzu werden unterschiedliche Lösungsansätze erörtert. Teilweise wird unter Hinweis auf den (auch) verfahrensrechtlichen Charakter der [X.] gemäß § 9a Abs. 2 [X.] eine analoge Anwendung der Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 5 [X.] befürwortet ([X.], Verfügung vom 5. Januar 2021 - 45 C 108/19, juris Rn. 3). Eine andere Auffassung erwägt, § 265 ZPO entsprechend anzuwenden. Die Vorschrift gelte in ihrem Anwendungsbereich auch für einen Wechsel der [X.]. Sie enthalte ein Regelungsmodell, das sich für die Bewältigung der Überleitungssituation eigne ([X.], [X.] 2021, 1, 5).

6. Der Senat entscheidet die Frage dahin, dass für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die [X.] eines Wohnungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Rechte geltend macht, über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 [X.] fortbesteht, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b [X.] vertretungsberechtigten Organs über einen entgegenstehenden Willen der [X.] der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wird.

a) Die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 5 [X.] enthält insoweit eine planwidrige Regelungslücke.

aa) Ob eine planwidrige Lücke gegeben ist, ist vom Standpunkt der gesetzlichen Regelung aus zu beurteilen, also anhand der Regelungsabsicht des Gesetzgebers ([X.], Urteil vom 7. November 2019 - [X.], [X.], 429 Rn. 33 mwN). Nach der Begründung zur Übergangsregelung in § 48 Abs. 5 [X.] sollen die Änderungen des Verfahrensrechts bereits anhängige Verfahren unberührt lassen. Verfahren, die bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits bei Gericht anhängig waren, sollen nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften weitergeführt werden (BT-Drucks. 19/18791 S. 86). Daher ordnet § 48 Abs. 5 [X.] an, dass für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die Vorschriften des dritten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes, der die Überschrift „Verfahrensvorschriften“ trägt, in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden sind.

bb) Verfahrensrechtliche Bedeutung kommt auch § 9a Abs. 2 [X.] zu, der die [X.] für die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte der Wohnungseigentümer nunmehr allein der [X.] der Wohnungseigentümer zuweist. Die Regelung hat nicht nur materielle, sondern zugleich auch verfahrensrechtliche Wirkungen, da sie der [X.] der Wohnungseigentümer das alleinige Recht zur Prozessführung als gesetzlicher Prozessstandschafter (vgl. [X.], [X.] 2006, 462, 466) verleiht. Das wirkt sich verfahrensrechtlich unmittelbar auf die bei Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Dezember 2020 bei Gericht noch anhängigen Verfahren aus. Denn ein ursprünglich zur Prozessführung berechtigter Wohnungseigentümer würde aufgrund der gesetzlichen Zuweisung dieser Befugnis an die [X.] der Wohnungseigentümer während des laufenden Verfahrens die [X.] verlieren.

cc) Ein - zur Unzulässigkeit der Klage führender - Wegfall der [X.] des Wohnungseigentümers während des laufenden gerichtlichen Verfahrens hätte zur Folge, dass das Verfahren, selbst wenn es - wie hier - schon seit Jahren anhängig und über mehrere Instanzen geführt worden war, für beide Parteien gänzlich nutzlos gewesen wäre und im Ergebnis nur erheblichen Aufwand und Kosten verursacht hätte. Gegen die Annahme, dass dies dem Plan des Gesetzgebers entspricht und er dies bewusst hinnehmen wollte, spricht, dass die Gesetzesbegründung hierzu keine [X.]äuterung enthält, was bei einem Eingriff dieses Ausmaßes und der Vielzahl der betroffenen Verfahren zu erwarten wäre. Der Annahme eines erheblichen Eingriffs kann nicht entgegengehalten werden, dass sich die Rechtslage nicht wesentlich geändert habe, da ein Wohnungseigentümer auch nach bisherigem Recht dem Risiko unterlag, dass die Klage durch Vergemeinschaftung des geltend gemachten Anspruchs unzulässig wird (zu den Rechtsfolgen der Vergemeinschaftung vgl. Senat, Urteil vom 24. Januar 2020 - [X.], NJW-RR 2020, 894 Rn. 14 mwN). Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass mit der Vergemeinschaftung gerade die Möglichkeit zu einer Rechtsverfolgung durch die [X.] der Wohnungseigentümer eröffnet werden sollte (vgl. Senat, Urteil vom 26. Oktober 2018 - [X.], NJW 2019, 1216 Rn. 22), während es bei einem mit Inkrafttreten der Neuregelung des § 9a Abs. 2 [X.] verbundenen Wegfall der [X.] an einer solchen Willensbildung der [X.] fehlte. Der Wohnungseigentümer müsste erst auf eine Übernahme der Rechtsverfolgung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, ggf. durch [X.], hinwirken. Dies bedeutete insbesondere auch im Hinblick auf das Verjährungsrisiko für ihn eine erhebliche Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Recht.

Eine Begründung durch den Gesetzgeber wäre aber auch deswegen zu erwarten, weil § 9a Abs. 2 [X.] für Verfahren, in denen ein Wohnungseigentümer vor Inkrafttreten der Vorschrift Klage erhoben hat und das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, bei einem Wegfall der [X.] eine so genannte unechte Rückwirkung (vgl. dazu [X.], [X.], 300 Rn. 40 f.; [X.], Beschluss vom 7. Mai 2015 - I ZR 171/10, NJW-RR 2015, 954 Rn. 18 mwN) entfalten würde. Regelungen mit unechter Rückwirkung sind nach der Rechtsprechung des [X.] zwar grundsätzlich zulässig ([X.], [X.], 300 Rn. 40 mwN). Für den Gesetzgeber ergeben sich aber aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit verfassungsrechtliche Schranken. Für die Zulässigkeit unechter Rückwirkung von Regelungen ist maßgeblich eine Güterabwägung zwischen der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl einerseits und dem Ausmaß des durch die Gesetzesänderung verursachten [X.] andererseits (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Mai 2015 - I ZR 171/10, NJW-RR 2015, 954 Rn. 20; [X.]E 25, 142, 154). Hätte der Gesetzgeber der Regelung in § 9a Abs. 2 [X.] für bereits anhängige Verfahren eine unechte Rückwirkung durch einen Wegfall der [X.] des Wohnungseigentümers beimessen wollen, hätte es nahegelegen, dass er die Gründe hierfür anhand des gesetzgeberischen Ziels erläutert und darstellt, warum dem Vertrauen des Wohnungseigentümers auf den Fortbestand seiner [X.] ein geringeres Gewicht zukommt. Das wäre vor allem auch deshalb zu erwarten gewesen, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse gegenüber dem verursachten Vertrauensverlust im Hinblick auf das von dem Gesetzgeber verfolgte Ziel der Neuordnung der Rechtsbeziehungen der [X.] der Wohnungseigentümer (vgl. BT-Drucks. 19/18791, [X.]) nicht ohne Weiteres auf der Hand liegt. Denn im Grundsatz entspricht es dem Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft, Störungen des gemeinschaftlichen Eigentums abzuwehren. Angesichts der verfassungsrechtlichen Grenzen einer unechten Rückwirkung spricht das Fehlen einer Begründung hierzu in den Gesetzesmaterialien dafür, dass der Gesetzgeber der Regelung des § 9a Abs. 2 [X.] eine solche nicht beilegen wollte, er vielmehr die verfahrensrechtlichen Auswirkungen der Vorschrift auf bereits anhängige Verfahren nicht im Blick gehabt und das Bedürfnis nach einer Übergangsregelung übersehen hat.

dd) Gegen das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke spricht nicht, dass für - auf der Grundlage des § 10 Abs. 6 Halbs. 2 [X.] aF gefasste - [X.] in der Gesetzesbegründung ausdrücklich davon ausgegangen wird, dass diese nach allgemeinen Grundsätzen mit Inkrafttreten der Neuregelung ihre Wirkung verlören (BT-Drucks. 19/18791 [X.]). Unabhängig davon, ob diese Annahme rechtlich zutreffend ist (kritisch [X.], [X.], 909, 911; [X.], [X.] 2020, 281, 298), lässt sich daraus nicht folgern, dass dem Gesetzgeber die mit dem umgekehrten Fall des Wegfalls der [X.] eines Wohnungseigentümers während eines laufenden Verfahrens verbundene Problematik bewusst war (a.A. [X.], NJW 2021, 643 Rn. 13; BeckRS 2021, 1523 Rn. 19). Denn auf die in der Gesetzesbegründung genannte Konstellation wirkt sich das Inkrafttreten von § 9a Abs. 2 [X.] während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens nicht zulasten der [X.] der Wohnungseigentümer aus, da im Regelfall lediglich eine gesetzliche [X.] an die Stelle der bisherigen gekorenen [X.] tritt (vgl. [X.], [X.] 2021, 1, 5) und die [X.] der [X.] damit unberührt bleibt.

ee) Soweit darauf hingewiesen wird, dass die Veränderung der Verwaltungsstruktur der Wohnungseigentümergemeinschaft in anderen Bereichen dazu geführt habe, dass die Wohnungseigentümer Ansprüche, die nach altem Recht gegen den Verwalter oder die übrigen Wohnungseigentümer durchgesetzt werden konnten, nur noch gegen den Verband hätten ([X.], BeckRS 2021, 1523 Rn. 25), spricht auch dies nicht gegen eine planwidrige Regelungslücke für die hier zu beurteilende Konstellation. Der Unterschied zu den genannten Fällen liegt darin, dass dort der klagende Wohnungseigentümer auf die gesetzliche Änderung während eines laufenden Verfahrens prozessual mit einer Umstellung der Klage auf die [X.] der Wohnungseigentümer reagieren kann (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Die [X.]-Reform, 2020, § 15 Rn. 2; zum [X.] im Berufungsverfahren vgl. [X.], Urteil vom 13. Juli 1956 - [X.], [X.]Z 21, 285, 288 f.). Zwar ist für einen Parteiwechsel, soweit bereits mündlich verhandelt wurde, die Zustimmung des ausscheidenden Beklagten erforderlich und in der Berufungsinstanz auch die Zustimmung des neuen Beklagten. Ihre Verweigerung wird im Hinblick auf die enge Verbindung, die die übrigen Wohnungseigentümer, der Verwalter bzw. die [X.] der Wohnungseigentümer zu dem Rechtsstreit haben, aber regelmäßig mangels schutzwürdigen Interesses als missbräuchlich und damit unbeachtlich anzusehen sein (vgl. [X.], Urteil vom 13. Juli 1956 - [X.], [X.]Z 21, 285, 289 sowie Senat, Urteil vom 5. März 2010 - [X.], NJW 2010, 2132 Rn. 10). Eine dem vergleichbare prozessuale Möglichkeit hat ein Wohnungseigentümer bei einem Wegfall seiner [X.] dagegen nicht.

b) Die Regelungslücke hätte der Gesetzgeber, hätte er sie erkannt, nach seinem Plan mit einer Regelung geschlossen, die sich an der Vorschrift des § 48 Abs. 5 [X.] orientiert, zugleich aber auch den Rechtsgedanken des § 9a Abs. 2 [X.] einbezieht, der die Durchsetzung der dort genannten Ansprüche der [X.] der Wohnungseigentümer zuordnet.

aa) Eine uneingeschränkte analoge Anwendung von § 48 Abs. 5 [X.], die zur Folge hätte, dass für eine Übergangszeit § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbs. 2 [X.] aF und § 9a Abs. 2 [X.] nebeneinander Anwendung fänden, wäre allerdings mit dem Ziel des neuen Wohnungseigentumsgesetzes nicht vereinbar. Indem der Gesetzgeber der [X.] der Wohnungseigentümer im Anwendungsbereich des § 9a Abs. 2 [X.] die alleinige [X.] und Wahrnehmungsbefugnis zugewiesen hat, wollte er die konzeptionelle Unklarheit über die Rolle der rechtsfähigen [X.] der Wohnungseigentümer beseitigen. Diese Unklarheit habe dazu geführt, dass der Rechtsanwender oftmals nicht sicher habe feststellen können, ob die rechtsfähige [X.] oder die Wohnungseigentümer berechtigt bzw. verpflichtet sind (vgl. BT-Drucks. 19/18791, [X.] f.). Diesem Ziel, die Rechtsbeziehungen in der [X.] einer klaren Ordnung zuzuführen, liefe ein - wenn auch nur vorübergehendes - Nebeneinander von [X.] und [X.]sen nach altem und nach neuem Recht zuwider.

bb) Die Zielsetzung des Gesetzgebers rechtfertigt es aber, die Lücke dahingehend zu schließen, dass für die bereits vor dem 1. Dezember 2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die [X.] eines Wohnungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Rechte geltend macht, über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 [X.] fortbesteht, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b [X.] vertretungsberechtigten Organs über einen entgegenstehenden Willen der [X.] der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wird.

(1) Der Übergangsregelung in § 48 Abs. 5 [X.] liegt die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass Änderungen des Verfahrensrechts bereits anhängige Verfahren unberührt lassen (BT-Drucks. 19/18791 S. 86), die Änderung verfahrensrechtlicher Vorschriften also auf den Ausgang eines bei Inkrafttreten der verfahrensrechtlichen Neuregelung anhängigen Verfahrens keine Auswirkungen haben soll. Dadurch wird im Interesse der Rechtssicherheit das mit Beginn des Rechtsstreits eingegangene Risiko nicht durch nachträgliche Änderungen dessen formaler Abwicklung verändert (vgl. MüKo[X.]/[X.], 8. Aufl. 2021, § 48 [X.] n.F. Rn. 12). Im Hinblick auf den (auch) verfahrensrechtlichen Charakter von § 9a Abs. 2 [X.] ist daher anzunehmen, dass es dem Plan des Gesetzgebers entspricht, die [X.] eines Wohnungseigentümers in einem bei Gericht bereits anhängigen Verfahren nicht schon durch das bloße Inkrafttreten der Neuregelung entfallen zu lassen. Er hätte aber zugleich auch den Rechten der [X.] der Wohnungseigentümer Rechnung getragen, der er in § 18 Abs. 1 [X.] die Aufgabe der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und in § 9a Abs. 2 [X.] die alleinige [X.] für die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte zugewiesen hat. Dementsprechend hätte er das Recht der [X.], über die Fortführung des Verfahrens eigenverantwortlich zu entscheiden, unangetastet gelassen. Daraus folgt, dass die [X.] der Wohnungseigentümer das bereits anhängige Verfahren selber als Partei übernehmen (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juli 2015 - [X.], [X.], 53 Rn. 8) oder aber dem Wohnungseigentümer die Fortführung des Verfahrens untersagen kann, etwa weil sie den Konflikt auf andere Weise als durch einen gerichtlichen Rechtsstreit beilegen will.

(2) Solange dem Gericht ein entgegenstehender Wille der [X.] der Wohnungseigentümer nicht zur Kenntnis gebracht wird, besteht für ein bereits vor dem 1. Dezember 2020 anhängiges Verfahren die [X.] des Wohnungseigentümers fort. Dies rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass die Geltendmachung und Durchsetzung von sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechten, insbesondere die Verfolgung von Ansprüchen wegen einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums, typischerweise im Interesse der [X.] der Wohnungseigentümer liegt. Beurteilungsgrundlage für das Vorliegen eines entgegenstehenden Willens der [X.] ist die - im Außenverhältnis maßgebliche - Äußerung ihres nach § 9b [X.] vertretungsberechtigten Organs. Auf die Wirksamkeit der Entscheidungsbildung der Wohnungseigentümer im Innenverhältnis, insbesondere die Wirksamkeit eines dazu gefassten Beschlusses, kommt es dagegen nicht an.

7. Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Kläger prozessführungsbefugt. Es kann dahingestellt bleiben, ob das von dem Prozessbevollmächtigen des [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegte Dokument vom 22. März 2021 eine Ermächtigung des [X.] zur Fortführung des Verfahrens durch die [X.] der Wohnungseigentümer belegt. Jedenfalls ergibt sich hieraus kein dem entgegenstehender Wille.

B. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass dem Kläger gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ein Anspruch auf Beseitigung der Zypressen zusteht.

1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 16 Abs. 1 [X.] eine selbständige landesrechtliche Anspruchsgrundlage darstellt, die dem betroffenen Nachbarn bei Nichteinhaltung der genannten Grenzabstände einen Anspruch auf Beseitigung der angepflanzten Gehölze gibt (so auch [X.], BeckRS 2020, 8812 Rn. 22, 31, 34; [X.], [X.] 1984, 23; [X.], Nachbarrecht für [X.], 6. Aufl., [X.] f., 228; [X.], Bäume, Sträucher und Hecken im Nachbarrecht, 6. Aufl., [X.]; [X.], Nachbarrechtsgesetz [X.], 4. Aufl., [X.]. Rn. 30, § 16 Rn. 47, § 26 Rn. 15; [X.], Nachbarrecht [August 2020], B § 22 II 2 c, i; [X.], Das Nachbarrecht in [X.], 22. Aufl., [X.], 142; [X.], Gesetz über das Nachbarrecht [X.]s, § 16 Rn. 2; [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], Nachbarrecht [X.], 19. Aufl., § 26 Rn. 2; a.A. wohl [X.], [X.], 2. Aufl., Rn. 226, 317).

Zwar ist § 16 Abs. 1 [X.], wonach bei der Anpflanzung von Bäumen, Sträuchern und anderen Gehölzen näher bestimmte Grenzabstände einzuhalten sind, nach seinem Wortlaut nicht als Anspruchsgrundlage für [X.], sondern als Gebotsnorm formuliert. Der Landesgesetzgeber ging jedoch ohne weiteres davon aus, dass die Vorschrift einen Anspruch auf Beseitigung grenzunterschreitender Anpflanzungen umfasst. Dies folgt aus der Entstehungsgeschichte und Systematik des Gesetzes.

a) Mit der Vereinheitlichung des Nachbarrechts durch das am 14. Dezember 1959 verabschiedete Nachbarrechtsgesetz für [X.] (fortan: [X.] 1959) wurden die früheren [X.] Vorschriften über Grenzabstände von Bäumen und Sträuchern auf die [X.] erstreckt. Damit trug der Landesgesetzgeber einer Forderung der Landwirtschaft Rechnung, die die [X.] Regelung des Nachbarrechts wegen der darin vorgesehenen verhältnismäßig geringen Abstände für Bäume und Waldanlagen kritisiert hatte (vgl. Band V der Beilagen zu den Sitzungsprotokollen des 2. Landtags von [X.], Beilage 2220, [X.]). Dass mit der Übernahme der in Art. 204 des früheren [X.] [X.] enthaltenen Formulierung „Bei Anpflanzungen ... sind folgende Abstände von der Grenze einzuhalten“ anstelle der in Artikel 10 des [X.]n [X.] verwendeten Formulierung „Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen ...“ in die neu geschaffene Regelung des § 16 [X.] 1959 die Rechte der Grundstückseigentümer insbesondere in den [X.]n nicht verschlechtert werden sollten, wird an der Verjährungsregelung des § 26 Abs. 1 [X.] 1959 deutlich. Danach verjährte der Anspruch auf Beseitigung von [X.], [X.] oder Pflanzungen, die den Vorschriften der §§ 11 bis 18 nicht entsprachen, in fünf Jahren seit der Schaffung der Einfriedigung, Spaliervorrichtung oder Pflanzung. Mit dieser Regelung sollte nach dem Willen des [X.] die damals geltende allgemeine 30-jährige Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch wesentlich abgekürzt und einheitlich für alle [X.] nach den §§ 11 bis 18 [X.] 1959 festgesetzt werden (aaO, S. 3559). Der Gesetzgeber ging also ausdrücklich davon aus, dass die genannten Normen, die - wie auch § 16 [X.] 1959 - im Wesentlichen lediglich als Gebotsnormen über die Einhaltung bestimmter Grenzabstände formuliert waren, nicht lediglich bloße Ordnungsvorschriften zum Schutz des Nachbargrundstücks darstellten, sondern zugleich landesrechtliche [X.] gewährten.

b) [X.], mit § 16 [X.] einen landesrechtlichen Beseitigungsanspruch zu schaffen, wird durch die Neuregelung der Verjährungsvorschrift in § 26 Abs. 1 [X.] bestätigt. Danach verjähren [X.] nach diesem Gesetz in fünf Jahren. Nach Satz 2 der Vorschrift beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre, wenn Gehölze im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 4 oder 5 [X.] betroffen sind. Schon aus dem Wortlaut der Regelung ergibt sich, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass § 16 Abs. 1 Nr. 4 und 5 [X.] einen Beseitigungsanspruch gewährt. Dies ergibt sich aber auch aus Sinn und Zweck der Regelung.

aa) Dem Landesgesetzgeber erschien hinsichtlich der in § 26 Abs. 1 Satz 2 [X.] genannten Gehölze, die im Allgemeinen höher wachsen, die fünfjährige Verjährungsfrist zu kurz. Er verlängerte die Frist auf zehn Jahre, um den Rechtsschutz des Nachbarn gegen rechtswidrig zu nahe an der Grundstücksgrenze gepflanzte mittelgroße und großwüchsige Gehölze, die oft erst nach Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist eine störende Ausdehnung erreichten, effektiver zu gestalten und dadurch auch eine effiziente Nutzung von Photovoltaik- und sonstigen Solaranlagen, die auf Gebäudedächern und -fassaden angebracht sind, zu ermöglichen. Grundstückseigentümer sollten länger die Möglichkeit haben, gegen solche Bepflanzungen des Nachbargrundstücks vorzugehen und so auch Hindernisse für eine effektive Solarnutzung auf dem eigenen Grundstück zu beseitigen. Das sollte dazu beitragen, dass die Nutzung von Solarenergie auf Privatgrundstücken weiter zunehme (Entwurfsbegründung des Gesetzes zur Änderung des [X.] BW, [X.]. 15/4384 S. 8, 10, 14).

bb) Dieses Ziel würde verfehlt, wenn der Begriff der „[X.] nach diesem Gesetz“ i.S.d. § 26 [X.] dahingehend ausgelegt würde, dass damit nur die in §§ 23 und 25 [X.] ausdrücklich in dieser Weise formulierten [X.] gemeint, Abstandsvorschriften wie etwa § 16 Abs. 1 [X.] dagegen nicht erfasst seien. Denn dann hätte § 26 Abs. 1 Satz 2 [X.] keinen Anwendungsbereich; insbesondere könnte nach Ablauf von fünf Jahren die Beseitigung von grenzunterschreitenden großwüchsigen Arten i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 5 [X.], auf die sich auch nicht die Verkürzungspflicht nach § 16 Abs. 3 [X.] bezieht, nicht verlangt werden, obwohl sich gerade solche Gewächse beson[X.] verschattend auf das Nachbargrundstück auswirken können und sie aus diesem Grunde ausdrücklich von der längeren Verjährungsfrist erfasst werden sollen (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], Nachbarrecht [X.], 19. Aufl., [X.]. § 26 Rn. 2; [X.], das Nachbarrecht in [X.], 22. Aufl., [X.], [X.]; [X.], Nachbarrechtsgesetz [X.], 4. Aufl., § 26 Rn. 15; [X.], Nachbarrecht für [X.], 6. Aufl., [X.]). Das aber wäre mit dem von dem Landesgesetzgeber ausdrücklich verfolgten Ziel, durch Stärkung des Rechtsschutzes Hindernisse für eine effiziente Nutzung solarer Energie auf dem eigenen Grundstück zu beseitigen, nicht in Einklang zu bringen.

c) Dem Ergebnis, dass § 16 Abs. 1 [X.] einen Beseitigungsanspruch gewährt, steht nicht entgegen, dass in anderen Vorschriften, namentlich in § 23 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 [X.], ausdrücklich von einem Beseitigungsverlangen die Rede ist, während § 16 Abs. 1 [X.] nur als Gebotsnorm formuliert ist. Daraus lässt sich nicht - wie die Revision meint - die Schlussfolgerung ziehen, dass der Landesgesetzgeber durch entsprechende Formulierung klar zu erkennen gegeben habe, wenn er selbständige landesrechtliche [X.] habe schaffen wollen. Die Vorschriften der § 23 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 [X.] treffen eine Regelung für herüberragende Zweige „abweichend von § 910 Abs. 1 [X.]“ und knüpfen damit notwendigerweise an den in § 910 Abs. 1 [X.] enthaltenen Begriff der „Beseitigung“ an. Dessen Verwendung lässt daher keine Schlussfolgerung über die Qualifizierung der übrigen gesetzlichen Regelungen zu.

d) Entgegen der Auffassung der Revision hatte der Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz, über die bloße Festlegung von Grenzabständen hinaus in § 16 Abs. 1 [X.] einen Beseitigungsanspruch gesetzlich zu regeln. Dies folgt aus Art. 124 EG[X.], der den Landesgesetzgeber ermächtigt, das Eigentum an Grundstücken zu Gunsten der Nachbarn noch anderen als den im Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmten Beschränkungen zu unterwerfen. Eine solche Beschränkung kann auch in der Regelung von Rechten und Pflichten eines Nachbarn bei der Nichteinhaltung von Grenzabständen bestehen. Nicht berechtigt wäre der Landesgesetzgeber allerdings, Inhalt und Umfang des Anspruchs wegen einer unmittelbar von § 1004 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfassten Eigentumsbeeinträchtigung abweichend vom Bürgerlichen Gesetzbuch zu regeln (vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar 2019 - [X.], NJW-RR 2019, 590 Rn. 21). Eine solche Regelung hat der Landesgesetzgeber aber nicht getroffen.

2. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen nimmt das Berufungsgericht an, dass die Voraussetzungen für einen Beseitigungsanspruch gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a [X.] erfüllt sind, da es sich bei den auf dem Grundstück der Beklagten befindlichen Zypressen um Gewächse im Sinne dieser Vorschrift handelt, die den vorgeschriebenen Grenzabstand von 4 Metern nicht einhalten.

3. Rechtlich zutreffend ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Kläger die grenzunterschreitende Bepflanzung nicht aufgrund des nachbarlichen [X.] zu dulden hat.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats wirkt sich der Gedanke von Treu und Glauben im Rahmen eines nachbarlichen [X.] hauptsächlich als Schranke der Rechtsausübung aus. Dies kann u.a. dazu führen, dass der Grundstückseigentümer eine bestimmte Nutzung seines Grundstücks durch den Nachbarn dulden muss. Allerdings haben die Rechte und Pflichten von [X.] insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. [X.] und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins Einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen [X.] nur zum Tragen, wenn ein über die gesetzlichen Regelungen hinausgehender billiger Ausgleich der wi[X.]treitenden Interessen dringend geboten erscheint (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 - [X.], NJW-RR 2013, 650 Rn. 6; Urteil vom 20. September 2019 - [X.], [X.]Z 223, 155 Rn. 21). Von diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei aus.

b) Entgegen der Ansicht der Revision ist ein Beseitigungsanspruch aus § 16 Abs. 1 [X.] nicht im Hinblick auf das nachbarliche [X.]sverhältnis ausgeschlossen, wenn es an einer - über die Nichteinhaltung des gesetzlichen [X.] hinausgehenden - Eigentumsbeeinträchtigung i.S.d. § 1004 Abs. 1 [X.] des Nachbargrundstücks fehlt. Ein solches Erfordernis besteht für den Beseitigungsanspruch aus § 16 Abs. 1 [X.] gerade nicht und kann auch nicht unter Hinweis auf das nachbarliche [X.]sverhältnis als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verlangt werden. Denn die Grundsätze des nachbarlichen [X.] dienen nicht dazu, eine gesetzgeberische Entscheidung zu korrigieren. Daher vermag allein der Umstand, dass dem Kläger an dem zur Grenze hin gelegenen, im Miteigentum aller Wohnungseigentümer stehenden Grundstücksteil kein Nutzungsrecht zusteht, eine Beschränkung des Beseitigungsanspruchs nicht zu rechtfertigen.

Das Berufungsgericht überspannt auch nicht - wie die Revision meint - die Substantiierungsanforderungen, wenn es annimmt, ein zwingender Ausnahmefall, der das Recht des [X.] auf Einhaltung des Grenzabstandes beschränken könnte, sei nicht vorgetragen. Soweit die Revision auf das vorinstanzliche Vorbringen der Beklagten verweist, die Bäume seien äußerst schmal und ein Schattenwurf sei aufgrund ihrer Lage nicht zu befürchten, geht das Berufungsgericht, dessen tatrichterliche Würdigung im Revisionsverfahren nur eingeschränkt nachprüfbar ist (vgl. Senat, Urteil vom 8. Februar 2013 - [X.], NJW-RR 2013, 650 Rn. 8; Urteil vom 13. Juli 2018 - [X.], NJW-RR 2019, 78 Rn. 13), rechtsfehlerfrei davon aus, dass sich aus diesem Vorbringen ein zwingender Ausnahmefall nicht ergibt.

4. Der Beseitigungsanspruch nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ist nicht verjährt; denn die zehnjährige Verjährungsfrist des § 26 [X.] ist noch nicht abgelaufen. Ohne Rechtsfehler und von der Revision auch nicht beanstandet nimmt das Berufungsgericht schließlich an, dass der Anspruch nicht verwirkt ist und auch kein Verstoß gegen das [X.] gemäß § 226 [X.] vorliegt.

5. Da dem Kläger bereits ein Beseitigungsanspruch aus § 16 Abs. 1 Nr. 4 [X.] zusteht, hat das Berufungsgericht zu Recht offengelassen, ob daneben auch die Voraussetzungen des in § 1004 Abs. 1 [X.] geregelten Beseitigungsanspruchs vorliegen, der eine - nicht schon durch die Unterschreitung eines bestimmten Grenzabstandes begründete (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 2005 - [X.], [X.], 395 Rn. 12; Beschluss vom 4. März 2010 - [X.]/09, NJW-RR 2010, 807 Rn. 24; [X.]/[X.], [X.] [2018], Art. 124 EG[X.] Rn. 35; a.A. [X.]/[X.], [X.] [2019], § 1004 Rn. 128 u. 198; [X.]/[X.], [X.] [01.02.2021], § 1004 Rn. 97) - Eigentumsbeeinträchtigung verlangt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]    

        

Schmidt-Räntsch    

        

Weinland

        

Göbel    

        

Haberkamp    

        

Meta

V ZR 299/19

07.05.2021

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Mannheim, 22. November 2019, Az: 1 S 36/19

§ 9a Abs 2 WoEigG, § 9b WoEigG, § 10 Abs 6 S 3 Halbs 2 WoEigG vom 26.03.2007, § 48 Abs 5 WoEigG, § 16 Abs 1 NachbG BW

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.05.2021, Az. V ZR 299/19 (REWIS RS 2021, 6072)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 803-805 REWIS RS 2021, 6072

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