Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.04.2011, Az. 30 W (pat) 49/10

30. Senat | REWIS RS 2011, 7853

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "SANAVITAL APOTHEKE (Wort-Bild-Marke)/SanoVITAL sich wieder richtig gut fühlen! (Wort-Bild-Marke)" – zur Waren- und Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit – Prägung durch einen Wortbestandteil – teilweise klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 00 505

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Winter und Hartlieb

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde des Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des [X.] vom 19. Januar 2010 (Erinnerungsbeschluss) aufgehoben, soweit darin unter Aufhebung des Beschlusses derselben Markenstelle vom 4. Juni 2008 ([X.]) der Widerspruch aus der Marke 300 28 239 hinsichtlich folgender Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist: „chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, veterinärmedizinische Präparate, pharmazeutische Präparate, diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; Beratungen in der Pharmazie, Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung, Dienstleistungen eines Apothekers“.

In dem genannten Umfang wird die Erinnerung des Markeninhabers gegen den Beschluss der genannten Markenstelle vom 4. Juni 2008 zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Der Antrag des Markeninhabers, dem Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 9. Januar 2006 angemeldete Wort-/Bildmarke, farbig (orange, grün, rot),

Abbildung

2

ist am 23. Februar 2006 unter der Nummer 306 00 505 für folgende Waren und Dienstleistungen in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden:

3

„Öle für Körper- und Schönheitspflege, Reinigungsmilch für Körper- und Schönheitspflege, Toilettemittel (Körperpflege), Seifen, Parfümeriewaren; chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, veterinärmedizinische Präparate, pharmazeutische Präparate, Babykost, diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke; Werbung auf dem Gebiet der Pharmazie, Verkaufsförderung für Dritte, Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, Büroarbeiten, Versandhandelsdienstleistungen bezüglich Pharmazeutika, Großhandelsdienstleistungen bezüglich Pharmazeutika, Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich Pharmazeutika, organisatorische Beratung, betriebswirtschaftliche Beratung; Lagerung von Ware im pharmazeutischen Bereich, Zustellung von Ware im pharmazeutischen Bereich; Dienstleistungen eines Arztes, Gesundheits- und Schönheitspflege, Beratungen in der Pharmazie, Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung, Dienstleistungen eines Apothekers, ambulante Pflegedienstleistungen, Dienstleistungen eines medizinischen Labors, Seniorenpflegedienste“.

4

Die Veröffentlichung erfolgte am 31. März 2006.

5

Gegen die Eintragung ist Widerspruch erhoben aus der Marke 300 28 239

Abbildung

6

die seit dem 7. Juni 2001 eingetragen ist als Wort-/Bildmarke in den Farben schwarz, blau, weiß für folgende Waren:

7

„Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich orthomolekulare Produkte, die Vitamine, Mineralien, Fettsäuren und Enzyme enthalten“.

8

Mit [X.] vom 4. Juni 2008 hat die Markenstelle für Klasse 44 des [X.]s teilweise eine [X.] im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.] i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bejaht und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, nämlich für die Waren und Dienstleistungen

9

„Öle für Körper- und Schönheitspflege, Reinigungsmilch für Körper- und Schönheitspflege, Toilettemittel (Körperpflege), Seifen; chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, veterinärmedizinische Präparate, pharmazeutische Präparate, Babykost, diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke; Dienstleistungen eines Arztes, Gesundheits- und Schönheitspflege, Beratungen in der Pharmazie, Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung, Dienstleistungen eines Apothekers, Dienstleistungen eines medizinischen Labors“.

[X.][X.] einerseits und [X.][X.] andererseits geprägt. Auch wenn die Kennzeichnungskraft des [X.] [X.][X.] der Widerspruchsmarke im Gesamteindruck leicht unterdurchschnittlich sein dürfte, sei die Abweichung der in den [X.] gelegenen, dunkel klingenden Vokale „a“ gegenüber „o“ nicht geeignet, angesichts der überwiegenden Übereinstimmungen eine klangliche [X.] auszuschließen.

[X.][X.] und [X.][X.] geprägt würden oder ob der Schutz der Marken jeweils auf der bildlichen Ausgestaltung beruhe. Diese Frage bedürfe indes keiner abschließenden Entscheidung; denn selbst bei Prägung der Marken durch [X.][X.] und [X.][X.] bestehe keine klangliche [X.], da sich der Schutzbereich der Widerspruchsmarke auf die konkrete Wortverbindung [X.][X.] beschränke mit der Folge, dass allenfalls gegen insoweit identische Kennzeichnungen Rechte geltend gemacht werden könnten. Die sich gegenüberstehenden Markenwörter seien wegen unterschiedlicher Mittelvokale aber nicht identisch. In bildlicher Hinsicht gewährleiste die abweichende grafische Gestaltung die Unterscheidbarkeit; für andere Arten der [X.] gebe es keinen Anhalt.

[X.][X.] und [X.][X.] innerhalb der Marken den jeweiligen Gesamteindruck prägten.

Der Widersprechende beantragt,

unter Wiederherstellung des [X.]es vom 4. Juni 2008 die Entscheidung des [X.]s vom 19. Januar 2010 insoweit aufzuheben als dort der Widerspruch zurückgewiesen wird.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen,

die Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hält mit näheren Ausführungen unter keinem Gesichtspunkt [X.] für gegeben. Beim Gesamtvergleich seien die sich gegenüberstehenden Wort-/Bildmarken im Hinblick auf abweichende Wort- und [X.] deutlich unterscheidbar. Den voneinander abgesetzten Wortbestandteilen „Sana“, „[X.]“ und „Vital“ komme kein besonderer Schutz zu; von einer phantasievollen Wortzusammenfügung könne schon wegen der grafischen Gestaltung nicht die Rede sein; jedenfalls sei wegen starker Kennzeichnungsschwäche dieser Begriffe [X.] auszuschließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Widersprechenden hat in der Sache teilweise Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht in klanglicher Hinsicht teilweise eine markenrechtlich relevante [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Sie führt teilweise zur Aufhebung des Erinnerungsbeschlusses der Markenstelle und teilweise zur Zurückweisung der Erinnerung des Inhabers der angegriffenen Marke und damit zur Bestätigung der im [X.] angeordneten teilweisen Löschung gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1 [X.] i. V. m. § 43 Abs. 2 Satz 1 [X.] in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

Hinsichtlich der weiteren verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen ist die Beschwerde nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken insoweit keiner Gefahr einer Verwechslung im Verkehr unterliegen.

Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die Waren und Dienstleistungen der angegriffene Marke 306 00 505, hinsichtlich derer die Markenstelle im [X.] den Widerspruch zurückgewiesen hat, nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind; da der Widersprechende keine Erinnerung eingelegt hat, ist die Zurückweisung des Widerspruchs insoweit rechtskräftig.

Ob [X.] im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und Dienstleistungen und der bei der Auswahl bzw. Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. [X.] GRUR 1998, 387 - Sabèl/[X.]; [X.], 343, Nr. 48 - [X.]; [X.], 413 ff. - Nr. 17 - [X.]/SIR; [X.], 237 ff. - Nr. 18 - [X.]/[X.]; [X.] [X.], 903, Nr. 10 - [X.]; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren vgl. [X.]/[X.], [X.]; 9. Aufl. § 9 Rdn. 32, 33).

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den Vergleichsmarken eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen im Umfang der im Tenor unter 1. genannten Waren und Dienstleistungen zu besorgen.

Soweit allgemeine Verkehrskreise zu berücksichtigen sind, ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware/Dienstleistung befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware bzw. der in Anspruch genommenen Dienstleistung unterschiedlich hoch sein kann (vgl. [X.], 140 - [X.]/[X.]; [X.], 942, 943 li Spalte - [X.]; [X.] [X.] 1999, 236, 239 Nr. 24. - [X.]/Loint’s).

Die Aufmerksamkeit des Publikums bei Auswahl und Erwerb von Waren und Inanspruchnahme von Dienstleistungen der vorliegenden Art wird nicht einheitlich sein; im Bereich der - teils auch preislich gehobenen – Körper- und Schönheitspflege, bei denen die Kunden im allgemeinen markenbewusst sind, eher höher, bei sonstigen, häufig niedrigpreisigen Körperpflegemitteln dagegen eher durchschnittlich. Allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, pflegt der Verkehr eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen (vgl. [X.], 50, 53 - [X.]/Indohexal).

Die als Wort-/Bildmarke geschützte Widerspruchsmarke verfügt in ihrer Gesamtheit originär über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Dies beruht schon auf den darin enthaltenen [X.]n; Anhaltspunkte dafür, dass diesen im für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Produkt-/Dienstleistungsbereich eine beschreibende, die Kennzeichnungskraft schwächende Bedeutung zukommen könnte, sind nicht ersichtlich.

Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Waren bzw. Dienstleistungen ist von der Registerlage auszugehen.

Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren/Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigungaller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigenbetrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigenVertriebs- oder [X.], ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinanderkonkurrierende oder einander ergänzende Produkte und [X.] anderer für die Frage der [X.] wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus den selben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie - was zu unterstellen ist - mitidentischen Markengekennzeichnet sind, wobei vom größten Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist (vgl. [X.] [X.], 582 ff. - Nr. 85 - [X.]; [X.] [X.], 941 ff. - Nr. 13 - [X.] [X.]; 2004, 241, 243 - GeDIOS; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/[X.]; Ströbele/[X.], a. a. O.; § 9 Rdn. 49).

Zwischen den speziellen Präparaten für die Gesundheitspflege, nämlich orthomolekularen, Vitamine, Mineralien, Fettsäuren und Enzyme enthaltenden Produkten der Widerspruchsmarke und den Waren „chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke, veterinärmedizinische Präparate, pharmazeutische Präparate, diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination“ der jüngeren Marke ist nach Art, Beschaffenheit, Verwendungszweck und regelmäßiger betrieblicher Herkunft Identität möglich. Hinsichtlich der Dienstleistungen „Beratungen in der Pharmazie, Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung, Dienstleistungen eines Apothekers“ ist von enger Ähnlichkeit auszugehen, da bei den maßgeblichen Verkehrskreisen der Eindruck entstehen kann, Ware und Dienstleistung unterlägen der Kontrolle desselben Unternehmens, sei es, dass das Dienstleistungsunternehmen sich selbständig mit der Herstellung bzw. dem Vertrieb der Ware befasst, sei es, dass der Warenhersteller oder -vertreiber sich auch in dem entsprechenden Dienstleistungsbereich betätigt. Dass Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln wie die beanspruchten orthomolekularen Produkte, zu denen neben Unternehmen der pharmazeutischen Industrie auch Apotheker gehören können, diesbezügliche Beratungs- und Apothekerdienstleistungen anbieten, ist - zum Beispiel im [X.] - üblich und weit verbreitet. Dasselbe gilt auch umgekehrt.

Hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen „Öle für Körper- und Schönheitspflege, Reinigungsmilch für Körper- und Schönheitspflege, Toilettenmittel (Körperpflege), Seifen, Babykost, Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke; Gesundheits- und Schönheitspflege, Dienstleistungen eines medizinischen Labors“ kann allenfalls von entfernter Ähnlichkeit ausgegangen werden. Mit den sehr speziellen orthomolekularen Produkten der Widerspruchsmarke, die in erster Linie hochdosiert zum Ausgleich von Mängeln an Mikronährstoffen im Körper oral verabreicht werden, sind in diesem Produkt- und Dienstleistungsbereich keine Überschneidungen feststellbar; darauf, dass die Gesundheitspflege im Allgemeinen Mittel und Maßnahmen zur Pflege und Erhaltung des gesunden menschlichen Körpers umfassen kann, deren Wirkungen ihren Schwerpunkt gerade nicht in der Heilung oder Linderung krankhafter Zustände haben, kommt es nicht an, da die Widerspruchsmarke nicht für Präparate für die Gesundheitspflege nach dem Oberbegriff geschützt ist, sondern nach der Fassung des [X.] allein für „orthomolekulare Produkte, die Vitamine, Mineralien, Fettsäuren und Enzyme enthalten“.

Im Bereich der sich danach gegenüberstehenden teilweise identischen, teilweise einander eng ähnlichen Waren und Dienstleistungen hat die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand einzuhalten. Im Bereich der allenfalls entfernt ähnlichen Waren und Dienstleistungen genügen indessen geringe Abweichungen, um der Gefahr von Verwechslungen zu begegnen.

Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ([X.] [X.], 258 (Nr. 26) - INTERCONNECT/T-InterConnect; [X.], 905 (Nr. 12) - [X.]; [X.], 909 (Nr. 13) - [X.]), wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen (vgl. [X.]/[X.] a. a. O., § 9 Rdn. 111). Das schließt es indessen nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante [X.] begründen können (vgl. [X.] [X.] [X.], 772, 776 (Nr. 57) - [X.]). Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, ([X.] und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. [X.] [X.], 413, 414 - Nr. 19 - [X.]/SIR; GRUR 2005, 1042, 1044 - Nr. 28 - [X.] LIFE; [X.]. 2004, 843 - Nr. 29 - [X.]; [X.], 235 - Nr. 15 - [X.]/[X.]; [X.], 484, 487 - Nr. 32 - [X.]; [X.], 60 ff. - Nr. 17 - [X.]; [X.], 779, 781 - Zwilling/[X.]). Dabei kann für die Annahme einer [X.] regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen (st. Rspr. vgl. z. B. [X.] a. a. O. Nr. 18 - [X.]/[X.] [X.]; [X.]/[X.], a. a. O., § 9 Rdn. 183 [X.]).

In der Gesamtwirkung der Vergleichsmarken besteht in keiner Hinsicht Zeichenähnlichkeit. Wegen des nur in der jüngeren Marke enthaltenen Wortes „[X.]“, des nur in der Widerspruchsmarke enthaltenen Ausspruchs „sich wieder richtig gut fühlen!“, der in beiden Marken deutlich abweichenden [X.] - einerseits die Verzierung des Buchstabens „V“ durch stilisiert gestaltete Blätter und ein Halbbogen über den Buchstaben „A“ bis „T“, anderseits ein schwebender, stilisiert dargestellter Mensch und ein Phantasiegebilde enthaltendes [X.] - sowie der abweichenden farblichen und grafischen Ausgestaltung unterscheiden sich die Zeichen in jeder Hinsicht deutlich.

[X.][X.] einerseits und [X.][X.] andererseits auszugehen. Im Einzelnen:

[X.][X.] tritt innerhalb der Widerspruchsmarke demgegenüber schon durch seine größenmäßige Aufmachung in zentraler Position deutlich hervor.

[X.][X.] auch als schutzfähiger, die Prägung bewirkender einheitlicher Wortbestandteil zu bewerten. Dies ergibt sich aus der - für die Schreibweise geschlossener Wörter üblichen - Wiedergabe des Wortes in gleichen Abständen der Einzelbuchstaben, der Verwendung derselben Farbe (schwarz) und der etwas herabgesetzten Anordnung des Anfangs- und [X.], was zusätzlich verbindend wirkt. Zwar ist der Wortteil „[X.]“ in Großbuchstaben wiedergegeben, während bei „[X.]“ einem großen Anfangsbuchstaben die Kleinschreibung nachfolgt. Diese Darstellung führt jedoch nicht zum Verständnis von zwei getrennt zu beurteilenden Markenwörtern. Derartige grafische Gestaltungen - wie zum Beispiel auch Binnengroßschreibung - werden zu Werbezwecken häufig eingesetzt und liegen mittlerweile im Rahmen eines üblichen [X.] (vgl. [X.] [X.] 2003, 388 - [X.]; [X.] GRUR 2001, 1153 - antiKALK; [X.] [X.], 229 - BioID). Diese typographische Besonderheit ist zwar bei der klanglichen Wiedergabe nicht wahrzunehmen. Darauf kommt es aber auch nicht an. Denn bei der Ermittlung des klanglichen Gesamteindrucks ist zu bestimmen, wie der Verkehr die Marke phonetisch wiedergibt, wenn er sie so sieht, wie sie eingetragen ist.

[X.][X.] trotz gewisser beschreibender Anklänge in seiner Gesamtheit ohne eingehende Analyse, die der Verkehr nicht vornimmt, eine phantasievolle Wortbildung dar, die auch bei Annahme einer gewissen Kennzeichnungsschwäche geeignet ist, den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke zu prägen. Nur dann, wenn bei der nachträglichen Prüfung im [X.] die Schutzfähigkeit eines Bestandteils der älteren Marke verneint wird, kann dieser Bestandteil den Gesamteindruck der Marke nicht prägen (vgl. hierzu etwa [X.] [X.], 778, 779 - [X.]; [X.], 1040, 1043 - Kinder).

[X.][X.] als Gesamtwort als prägender Bestandteil und auch nicht nur als sachbezogener Hinweis auf ein bestimmtes Warenangebot des Widersprechenden nahe gebracht werden soll, dass er dementsprechend von einem nicht nur unerheblichen Teil des Verkehrs auch so aufgefasst wird und die klangliche Wiedergabe der Marke dahingehend beeinflusst.

[X.][X.] geprägt. Das außerdem in kleinerer, abgesetzter Gestaltung enthaltene Wort „Apotheke“ ist ein beschreibender Hinweis auf die Vertriebs-/Erbringungsstätte der Waren/Dienstleistungen und kommt wegen fehlender Unterscheidungskraft für eine Prägung des Gesamteindrucks nicht in Betracht. Entgegen der Erwägung der Erinnerungsprüferin ist auch [X.][X.] als eine schutzfähige Einheit zu bewerten. Auch für die jüngere Marke ergibt sich diese Bewertung aus der Wiedergabe des Wortes in gleichen Abständen der Einzelbuchstaben, wobei die gleiche farbliche Gestaltung (grün) „[X.]“ und „[X.]“ einander zuordnet; der gelbe Halbbogen, der die Elemente „[X.]“ vom Aufstrich des Buchstabens „N“ bis zum Buchstaben „T“ des Elements „[X.]“ überspannt, wirkt zusätzlich verbindend. Zwar sind die genannten Wortteile in der Zeile etwas versetzt und in etwas unterschiedlicher Schriftgröße wiedergegeben. Diese Darstellung führt jedoch aufgrund der genannten verbindenden Elemente nicht zur Auffassung von zwei getrennt zu beurteilenden Bestandteilen. Der normalsichtige Verbraucher wird nach alledem zu einem nicht unerheblichen Teil bei natürlicher und ohne sich verbietende analysierende Betrachtungsweise die jüngere Marke mit [X.][X.] als Gesamtwort benennen.

[X.][X.] ist auch bei Annahme einer gewissen Kennzeichnungsschwäche wegen beschreibender Anklänge schutzfähig und damit geeignet, den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu prägen; auf die obigen Ausführungen zum Wort. [X.][X.] wird Bezug genommen.

[X.][X.] und [X.][X.] sind bis auf die klangschwachen Vokale „A/o“ im Wortinneren identisch, so dass eine hochgradige klangliche Zeichenähnlichkeit festzustellen ist.

In der Gesamtabwägung führt dies vorliegend zu dem Ergebnis, dass die angegriffene Marke im Bereich identischer Waren und eng ähnlicher Dienstleistungen wegen der geringfügigen Unterschiede in den prägenden Elementen der Vergleichsmarken den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht mehr einhält und jedenfalls in klanglicher Hinsicht [X.] besteht, was ausreicht (vgl. [X.] [X.], 714, 717 - Nr. 37 - idw).

Vor allem in der [X.] Rechtsprechung finden sich zwar Erwägungen, dass die klangliche Zeichenähnlichkeit in der rechtlichen Beurteilung der [X.] in den Hintergrund tritt, soweit die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen überwiegend auf Sicht gekauft bzw. in Anspruch genommen werden (EuG [X.]. 2003, 1017, 1019 Nr. 55 - [X.]; EuG [X.] 2004, 162, 167 Nr. 51 - [X.]/SIR; [X.] [X.], 313, 414 Nr. 21 - [X.]/SIR); hinsichtlich der hier vorliegenden Marken lässt sich indessen schon nicht feststellen, dass sie vor allem visuell wahrgenommen werden.

Zudem ist in der Rechtsprechung des [X.] hervorgehoben, dass auch dem „Kauf auf Sicht" häufig mündliche Nachfragen, Empfehlungen und auch Gespräche unter Verbrauchern vorausgehen, bei denen klangliche Verwechslungen von Marken stattfinden können (vgl. [X.] GRUR 1999, 241, 244 - Lions)

Es bleibt daher bei dem Grundsatz, dass es für die Feststellung der [X.] ausreichend ist, dass nur in einer Richtung Markenähnlichkeit besteht.

Im Bereich nur entfernt ähnlicher Waren und Dienstleistungen führt die Gesamtabwägung vorliegend zur Feststellung, dass die angegriffene Marke den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke noch einhält und eine Gefahr von Verwechslungen in jeder Hinsicht ausgeschlossen werden kann.

Die Beschwerde ist daher in dem aus dem Tenor unter Ziffer 1. genannten Umfang begründet, so dass der Erinnerungsbeschluss keinen Bestand haben kann; im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses, mit der Kosten nicht auferlegt worden sind, ist nicht mit der Beschwerde angegriffen. Soweit der Inhaber der angegriffenen Marke eine Kostenauferlegung beantragt, beinhaltet dies damit nicht die Überbürdung der Kosten des patentamtlichen Widerspruchsverfahrens auf den Widersprechenden. Eine Entscheidung über die Kosten des patentamtlichen Widerspruchsverfahrens durch den Senat ist daher nicht veranlasst.

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 49/10

07.04.2011

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.04.2011, Az. 30 W (pat) 49/10 (REWIS RS 2011, 7853)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7853

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