Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.07.2017, Az. II ZR 319/15

2. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8626

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Gegenstand

Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife der GmbH: Ausgleich masseschmälernder Zahlungen; analoge Anwendung der Regelung des Insolvenzrechts über Bargeschäfte; Anforderungen an die in die Masse fließende Gegenleistung; Bemessung der Gegenleistung nach Liquidationswerten


Leitsatz

1. Die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife entfällt, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Zahlung durch eine Gegenleistung ausgeglichen wird. Die Regeln des Bargeschäfts nach § 142 InsO aF sind insoweit nicht entsprechend anwendbar.

2. Die in die Masse gelangende Gegenleistung muss für eine Verwertung durch die Gläubiger geeignet sein. Das sind Arbeits- oder Dienstleistungen in der Regel nicht.

3. Wenn die Gesellschaft insolvenzreif und eine Liquidation zugrunde zu legen ist, ist die in die Masse gelangende Gegenleistung grundsätzlich nach Liquidationswerten zu bemessen.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 1. Oktober 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.] entschieden ist.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 1. Juli 2014 wie folgt teilweise abgeändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 53.940,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2010 zuzüglich Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von insgesamt 1.746,38 € zu zahlen.

Dem Beklagten bleibt vorbehalten, nach der Zahlung von 14.065,69 € nebst den ausgeurteilten Zinsen an die Masse seine Rechte in Höhe des Betrages, den die begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger zu verfolgen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen werden die Berufung des Beklagten und die Revision des [X.] zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.](im Folgenden: Schuldnerin), einer private company limited by shares nach [X.] Recht, die eine Niederlassung in [X.] hatte. Der Beklagte war deren Director. Geschäftsgegenstand der Schuldnerin war die Vermarktung von Anteilen einer [X.] Gesellschaft. Einnahmen erzielte sie vornehmlich aus Provisionszahlungen für von ihr vorgenommene Vermittlungstätigkeiten. Zwischen dem 14. September 2009 und dem 9. Dezember 2009 zahlte die Schuldnerin vom Geschäftskonto und aus der Barkasse an die [X.], die [X.], [X.], [X.], [X.] und U.             GmbH zusammen 6.508,27 € und an Angestellte 9.208,51 € für Gehälter für Juni 2009, insgesamt 15.716,78 €.

2

Der Kläger hat mit der Behauptung, die Schuldnerin sei spätestens seit dem 1. September 2009 zahlungsunfähig gewesen, vom Beklagten die Zahlung von insgesamt 53.940,95 € nebst Zinsen und außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verlangt.

3

Das [X.] hat den Beklagten zur Zahlung von 53.940,25 € nebst Zinsen und außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht ihn zur Zahlung von 39.874,56 € wegen eines erstmals im [X.] geltend gemachten Altgläubigerquotenschadens verurteilt und die Klage im Übrigen - wegen in der [X.] vom 14. September 2009 bis zum 9. Dezember 2009 aus der Barkasse bzw. vom Geschäftskonto geleisteter Zahlungen - abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.], mit der er die Zurückweisung der Berufung des Beklagten im vollen Umfang erstrebt.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision des [X.] hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des Urteils des [X.] unter Aufnahme eines Vorbehalts zugunsten des Beklagten, nach Zahlung von 14.065,69 € nebst Zinsen seine Rechte in Höhe des Betrages, den die begünstigten [X.] im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger zu verfolgen.

5

I. Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 642) hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt, die Schuldnerin sei am 7. September 2009 zahlungsunfähig gewesen. Den Beklagten treffe gleichwohl keine Verpflichtung, gemäß § 64 Satz 1 GmbHG dem Kläger die Mittel zu ersetzen, die der Schuldnerin durch Zahlungen aus der Barkasse bzw. vom Geschäftskonto in der [X.] vom 14. September 2009 bis zum 9. Dezember 2009 entzogen worden seien. Eine masseschmälernde Zahlung im Sinn von § 64 Satz 1 GmbHG liege dann nicht vor, wenn und sobald im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Zahlung ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen endgültig gelangt sei, der die mit der Zahlung bewirkte [X.] ausgleiche. Dazu sei auf die Wertungen des [X.] zurückzugreifen und seien als eine Fallgruppe des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung [X.] entsprechend § 142 [X.] anzuerkennen.

6

Die Zahlungen der Schuldnerin an die [X.], die [X.], [X.], [X.], [X.] in Höhe von 6.508,27 € seien danach nicht ausgleichspflichtig, weil bei lebensnaher Betrachtungsweise die dadurch bewirkten [X.]en unmittelbar durch den gleichwertigen Bezug von Energie, Wasser und [X.] sowie Dienstleistungen der Telekommunikation, des [X.] und des Kabelfernsehens ausgeglichen worden seien. Die am 14. September 2009 erbrachten verspäteten Gehaltszahlungen für Juni 2009 seien ebenfalls nicht ausgleichspflichtig. Nach der Rechtsprechung des [X.] seien die im Rahmen von Arbeitsverhältnissen verspätet erbrachten Entgeltzahlungen als Bargeschäft anzusehen, wenn sie - wie hier - den Kriterien für einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Entgeltzahlung und Arbeitsleistung genügten.

7

II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

8

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht auf den Beklagten als Director einer private company limited by shares nach [X.] Recht § 64 Satz 1 GmbHG entsprechend angewandt (vgl. [X.], Urteil vom 15. März 2016 - [X.], [X.], 821 Rn. 14).

9

2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auf den Ausgleich einer masseschmälernden Zahlung nach § 64 Satz 1 GmbHG die zu § 142 [X.] in der bis 4. April 2017 geltenden Fassung gefundenen Wertungen entsprechend angewandt.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.]Z 203, 218 Rn. 9 f.) entfällt die Ersatzpflicht des Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife gemäß § 64 Satz 1 GmbHG, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt auch in diesen Fällen zunächst eine zur Ersatzpflicht führende Zahlung vor. Durch den Ausgleich entfällt vielmehr der aufgrund der Zahlung bestehende Anspruch gegen den Geschäftsführer. Grund hierfür ist, dass der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife nicht nur Insolvenzantrag zu stellen hat (§ 15a [X.]), sondern im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger die noch verbliebene Masse zu erhalten hat. Wenn er dennoch die Masse durch Zahlungen oder andere Leistungen schmälert, wird er nach § 64 Satz 1 GmbHG ersatzpflichtig. Soweit und sobald eine solche [X.] mit oder ohne Zutun des Geschäftsführers ausgeglichen wird, ist der Zweck von § 64 Satz 1 GmbHG, im Interesse der Gläubiger die Masse zu erhalten, erreicht. Eine nochmalige Erstattung durch den Geschäftsführer würde die Masse über ihre bloße Erhaltung hinaus anreichern und über den mit dem sogenannten Zahlungsverbot des § 64 Satz 1 GmbHG verbundenen Zweck hinausgehen.

Da der die Erstattungspflicht auslösende Vorgang in der Schmälerung der Masse durch die einzelne Zahlung besteht, ist nicht jeder beliebige weitere Massezufluss als Ausgleich dieser [X.] zu berücksichtigen. Vielmehr ist ein unmittelbarer wirtschaftlicher, nicht notwendig zeitlicher Zusammenhang mit der Zahlung erforderlich, damit der Massezufluss der an und für sich erstattungspflichtigen [X.] zugeordnet werden kann. Auf eine Zuordnung nach wirtschaftlicher Betrachtung zur einzelnen masseschmälernden Zahlung kann nicht verzichtet werden, da der Ersatzanspruch nicht auf Erstattung eines Quotenschadens gerichtet ist ([X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.]Z 203, 218 Rn. 10 mwN). Unter der Voraussetzung, dass ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht, kommt als Massezufluss, der die [X.] ausgleicht, auch in Betracht, dass für die Zahlung ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist ([X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.]Z 203, 218 Rn. 9).

b) Die Regeln des [X.] nach § 142 [X.] aF sind insoweit aber nicht entsprechend anwendbar ([X.], [X.] 2015, 70, 72; [X.], [X.], 949, 950; [X.], [X.], 793, 795; [X.]/[X.], [X.] 178 [2014], 387, 403 ff.; [X.]/[X.], [X.] 2016, 153, 180 f.; [X.], [X.] 181 [2017], 482, 506 ff.; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 21. Aufl., § 64 Rn. 71; einschränkend [X.], [X.], 723, 725). Zwar legt der Wortlaut von § 142 [X.] aF, nach dem eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, nur anfechtbar ist, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 [X.] vorliegen, wegen der Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung eine entsprechende Anwendung nahe. Für eine Analogie fehlt es aber an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Ersatzpflicht des Geschäftsführers nach § 64 Satz 1 GmbHG und die Insolvenzanfechtung haben unterschiedliche Voraussetzungen. Damit, dass bei Vorliegen eines [X.] nach § 142 [X.] aF eine Anfechtung ausscheidet, wird ein anderer Zweck verfolgt als durch das Entfallen der Ersatzpflicht des Geschäftsführers bei einem Ausgleich der [X.].

aa) Das Anfechtungsrecht schützt vor einer Gläubigerbenachteiligung durch die Verminderung der [X.] und durch die Vermehrung der Schuldenmasse ([X.], Urteil vom 15. September 2016 - [X.], [X.], 2329 Rn. 13 mwN; Urteil vom 28. Januar 2016 - [X.], [X.], 426 Rn. 24 mwN). § 64 Satz 1 GmbHG schützt die Gläubiger zwar auch vor einer Benachteiligung, aber nur vor einer Benachteiligung durch eine Verminderung der [X.]. Durch die Anordnung einer Ersatzpflicht bei einer [X.] wird der Geschäftsführer dazu angehalten, nach Insolvenzreife die vorhandene [X.] zu erhalten. Dementsprechend führt die Begründung von Verbindlichkeiten nicht zu einer Haftung des Geschäftsführers nach § 64 Satz 1 GmbHG ([X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.]Z 203, 218 Rn. 17). Bei der Zahlung von einem debitorischen Konto liegt lediglich ein Gläubigertausch, aber keine [X.] vor ([X.], Urteil vom 26. Januar 2016 - [X.], [X.], 1119 Rn. 38; Urteil vom 8. Dezember 2015 - [X.], [X.], 364 Rn. 26; Urteil vom 23. Juni 2015 - [X.], [X.]Z 206, 52 Rn. 32; Urteil vom 3. Juni 2014 - [X.], [X.], 1523 Rn. 15; Urteil vom 25. Januar 2011 - [X.], [X.], 422 Rn. 26), während [X.] darin eine Gläubigerbenachteiligung zu sehen sein kann (vgl. [X.], Urteil vom 10. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 276 Rn. 12).

bb) Mit § 142 [X.] werden einzelne Gläubiger, die einem Schuldner eine Vorleistung erbringen, ungeachtet der Anfechtungstatbestände und jenseits der Vorsatzanfechtung in ihrem Vertrauen geschützt, die Gegenleistung des Schuldners behalten zu dürfen. Die Vorschrift dient daher dem Schutz des Geschäftsgegners ([X.], [X.], 949, 950; [X.], [X.] 2015, 70, 72). § 64 GmbHG bezweckt aber nicht einen Schutz des Geschäftsgegners, sondern der Gläubiger der [X.]. Mit der Zulassung eines [X.]s wird auch kein Vertrauen des Geschäftsführers in [X.] geschützt oder belohnt. Der Ausgleich lässt den an und für sich bestehenden Ersatzanspruch lediglich - insoweit ähnlich einem schadensersatzrechtlichen Vorteilsausgleich - entfallen, um eine Massebereicherung durch die Erstattungspflicht des Geschäftsführers zu vermeiden.

§ 142 [X.] liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, unterlägen selbst von ihm abgeschlossene wertäquivalente [X.] der Anfechtung (Begründung zu § 161 Regierungsentwurf [X.], BT-Drucks. 12/2443 [X.]; [X.], Urteil vom 13. April 2006 - [X.], [X.]Z 167, 190 Rn. 30). Anders als § 142 [X.] soll der Wegfall der Erstattungspflicht bei einer ausgleichenden Gegenleistung nach einer Zahlung im Sinne des § 64 Satz 1 GmbHG dagegen nicht eine weitere Teilnahme der Schuldnerin am Geschäftsverkehr ermöglichen. Ab Insolvenzreife darf der Geschäftsführer - abgesehen von der Ausnahme nach § 64 Satz 2 GmbHG - keine Zahlungen mehr leisten, sondern hat Insolvenzantrag zu stellen. Die GmbH soll, jedenfalls unter der Verantwortung der bisherigen Geschäftsleitung, gerade nicht weiter am Geschäftsverkehr teilnehmen. Mit dem [X.] werden dem Geschäftsführer daher auch keine [X.] gegeben.

Da es lediglich auf einen wirtschaftlich zuzuordnenden, in die Masse gelangenden Gegenwert ankommt, ist auch - anders als beim Bargeschäft - kein zeitlicher Zusammenhang erforderlich. So kann etwa eine erfolgreiche Anfechtung durch den Insolvenzverwalter auch nach längerer [X.] die Haftung des Geschäftsführers entfallen lassen.

3. Das Urteil erweist sich auch nicht deshalb als richtig, weil ohne entsprechende Anwendung von § 142 [X.] von einem Ausgleich der Zahlungen durch einen Massezufluss auszugehen ist.

a) Der Zahlung von Gehältern in Höhe von 9.208,51 € für Juni 2009 steht kein Massezufluss gegenüber. Mit einer Zahlung entgegen § 64 Satz 1 GmbHG wird die ab Insolvenzreife den Gläubigern zur Verwertung zur Verfügung stehende Masse verkürzt. Um diese Masseverkürzung ausgleichen zu können, muss auch die in die Masse gelangende Gegenleistung für eine Verwertung durch die Gläubiger geeignet sein. Zwar ist für die Bewertung der [X.]punkt maßgeblich, in dem die Masseverkürzung durch einen Massezufluss ausgeglichen wird, und nicht der [X.]punkt der tatsächlichen Insolvenzeröffnung ([X.], Urteil vom 18. November 2014 - [X.], [X.]Z 203, 218 Rn. 11). Die Bewertung selbst hat aber schon aufgrund der Insolvenzreife der Gesellschaft danach zu erfolgen, ob die Insolvenzgläubiger die Gegenleistung verwerten könnten, wenn zum maßgeblichen [X.]punkt das Verfahren eröffnet wäre. Das ist bei Arbeits- oder Dienstleistungen regelmäßig, so auch hier, nicht der Fall. Dienstleistungen führen nicht zu einer Erhöhung der [X.] und sind damit kein Ausgleich des Masseabflusses ([X.], [X.] 2015, 70, 73).

b) Den Zahlungen der Schuldnerin an die [X.], die [X.], [X.], [X.], [X.] und U.            GmbH in Höhe von 6.508,27 € steht ebenfalls kein Massezufluss gegenüber. Soweit es sich um [X.] und Telekommunikationsdienstleistungen, Entgelt für [X.] und Kabelfernsehen, gehandelt hat, gilt wie für Arbeits- und andere Dienstleistungen, dass sie die für die Gläubiger verwertbare [X.] nicht erhöhen und damit kein Ausgleich der [X.] durch die Zahlung sind.

Aber auch soweit mit diesen Gegenleistungen - was allenfalls beim „Coffee Service“ denkbar ist - Materiallieferungen verbunden waren, führt dies nicht zu einem Wegfall der Erstattungspflicht. Wenn die [X.] und eine Liquidation zugrunde zu legen ist, ist die in die Masse gelangende Gegenleistung grundsätzlich nach [X.] zu bemessen ([X.], [X.], 793, 797). Ob ausnahmsweise Fortführungswerte in Ansatz gebracht werden können, wenn eine Fortführung gesichert erscheint, kann hier offenbleiben, weil für eine Fortführungsfähigkeit kein Anhaltspunkt besteht. Die Bewertung hat aufgrund der Insolvenzreife der Gesellschaft danach zu erfolgen, ob die Insolvenzgläubiger die Gegenleistung verwerten könnten, wenn zum Bewertungszeitpunkt das Verfahren eröffnet wäre. Auch eine Bewertung einer Gegenleistung nach [X.] setzt aber voraus, dass die als Gegenleistung zur Masse gelangten Gegenstände für die Insolvenzgläubiger verwertbar wären. Dass mit dem „Coffee Service“ solche verwertbaren Gegenstände zur Masse gelangten, ist weder vorgetragen noch festgestellt. Bei im Rahmen eines „Coffee Service“ etwa geliefertem Kaffee als geringwertigem, typischerweise zum alsbaldigen Verbrauch bestimmten Gut liegt das auch fern. Aus diesem Grund sind geringwertige Verbrauchsgüter regelmäßig nicht für einen Ausgleich geeignet (aA [X.] [X.], 793, 796). Jedenfalls bei fehlender Verwertbarkeit ist für eine Vermutung, dass der gezahlte Preis dem Wert der Gegenleistung entspricht, um die Bewertung handhabbar zu machen, von vorneherein kein Raum (aA [X.], [X.], 949, 951 f.; [X.] [X.], 723, 725).

Dass die Bezahlung der [X.] und Telekommunikationsdienstleistungen durch die Schuldnerin erforderlich war, um einen sofortigen Zusammenbruch eines auch in der Insolvenz sanierungsfähigen Unternehmens zu verhindern, und die Zahlung daher nach § 64 Satz 2 GmbHG zur Abwendung eines größeren Schadens für die Gläubiger entschuldigt wäre (vgl. [X.], Urteil vom 23. Juni 2015 - [X.], [X.]Z 206, 52 Rn. 24; Beschluss vom 5. November 2007 - [X.], [X.], 72 Rn. 6; Urteil vom 8. Januar 2001 - [X.], [X.]Z 146, 264, 274 f.), ist nicht festgestellt und nicht ersichtlich.

4. Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden. Der Beklagte war zur Erstattung der Zahlungen nach Insolvenzreife zu verurteilen. Da dem Kläger erstinstanzlich insgesamt 53.940,25 € zugesprochen worden sind und das Berufungsgericht den Beklagten unter Abänderung des [X.] zur Zahlung von 39.874,56 € verurteilt hat, beträgt die Summe dieses Erstattungsanspruchs, die ihm zuzuerkennen ist, noch 14.065,69 €. Insoweit war das Urteil des [X.] um den Vorbehalt zugunsten des Beklagten zu ergänzen, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte [X.] im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen (vgl. [X.], Urteil vom 8. Januar 2001 - [X.], [X.]Z 146, 264, 279; Urteil vom 16. März 2009 - [X.], [X.], 860 Rn. 24).

[X.]     

      

Wöstmann     

      

Born   

      

Bernau     

      

Grüneberg     

      

Meta

II ZR 319/15

04.07.2017

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 22. November 2016, Az: II ZR 319/15, Beschluss

§ 64 S 1 GmbHG, § 142 InsO vom 05.10.1994

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.07.2017, Az. II ZR 319/15 (REWIS RS 2017, 8626)

Papier­fundstellen: WM2017,1661 REWIS RS 2017, 8626


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZR 319/15

Bundesgerichtshof, II ZR 319/15, 04.07.2017.


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