Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.06.2019, Az. 2 BvR 2299/15

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2019, 6247

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde eines NPD-Funktionärs gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte - Rügen einer Verletzung der Rechtsschutzgarantie (Art 19 Abs 4 GG) bzw des Willkürverbots (Art 3 Abs 1 GG) unzureichend substantiiert


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte, das gegen ihn ausgesprochene Waffen- und Munitionsbesitzverbot sowie die Sicherstellung und Einziehung seiner Waffen und Munition.

2

1. Dem Beschwerdeführer wurde am 10. November 2008 eine Waffenbesitzkarte erteilt. Er erwarb in den folgenden Jahren insgesamt acht Schusswaffen, die in die Waffenbesitzkarte aufgenommen wurden.

3

2. Mit angegriffener Verfügung vom 5. Dezember 2011 widerrief das Stadtamt der [X.] die Waffenbesitzkarte. Dem Beschwerdeführer wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung untersagt, Waffen und Munition unabhängig von einer Erlaubnispflichtigkeit des Erwerbs zu besitzen. Weiter wurden die Sicherstellung und Einziehung der im Besitz des Beschwerdeführers befindlichen Waffen und Munition sowie seiner Waffenbesitzkarte und seines Jagdscheins angeordnet.

4

Zur Begründung führte das Stadtamt aus, der Beschwerdeführer weise die erforderliche Zuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) und b) [X.] ([X.]) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des [X.]es und weiterer Vorschriften vom 26. März 2008 ([X.]; im Folgenden: a.F.) nicht auf. Seine Aktivitäten in der rechtsextremistischen Szene seit dem [X.] sowie sein herausgehobenes Engagement als Vorsitzender im Kreisverband [X.] der [X.] ([X.]) seit März 2010 offenbarten, dass er der verfassungsmäßigen Ordnung und dem Gedanken der Völkerverständigung widersprechende Ziele verfolge. Die [X.] habe ein [X.]programm, das gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoße. Insbesondere propagiere sie einen völkischen Nationalismus, plädiere für einen autoritären Staat und strebe fremdenfeindliche Ziele an.

5

3. Der Beschwerdeführer legte am 14. Dezember 2011 Widerspruch gegen diese Verfügung ein. Er habe sich zu keinem Zeitpunkt im Umgang oder in der Aufbewahrung der bei ihm befindlichen registrierten Waffen als unzuverlässig erwiesen. Der Senator für Inneres und Sport wies den Widerspruch mit angegriffenem Widerspruchsbescheid überwiegend zurück. Zur Begründung führte er aus, der Beschwerdeführer besitze die erforderliche Zuverlässigkeit nicht. Es lägen keine besonderen Umstände vor, die im Einzelfall diese Annahme entkräfteten.

6

4. Der Beschwerdeführer erhob am 6. August 2013 Klage. Er trug im Wesentlichen vor, der Widerruf der [X.] sei überwiegend ideologisch begründet. Gerade die Unterstützung einer [X.] bei einer [X.] belege aber eine positive Grundhaltung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die [X.] sei eine zugelassene und in ihrer Zielsetzung verfassungskonforme [X.]; dies ergebe sich auch aus dem Beschluss des [X.] vom 18. März 2003 zum [X.]-Verbotsverfahren (vgl. [X.] 107, 339). Der Beschwerdeführer sei für den Kreisverband zuständig gewesen, nicht jedoch für die Landes- oder Bundespartei. Für den Inhalt der Wahlwerbung sei er nicht verantwortlich gewesen, und er habe auf die Gesamtpartei keinen Einfluss gehabt.

7

5. Das Verwaltungsgericht der [X.] wies die Klage mit angegriffenem Urteil vom 8. August 2014 - 2 K 1002/13 - im Wesentlichen ab. Zur Begründung führte es aus, der Widerruf beziehungsweise die Rücknahme der in der Waffenbesitzkarte dokumentierten Erlaubnisse zum Erwerb und Besitz von Waffen sei rechtmäßig erfolgt. Der Beschwerdeführer besitze die gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) [X.] a.F. erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr.

8

Nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29/08 -) sei der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. auch im Zusammenhang mit parteioffizieller oder parteiverbundener Tätigkeit zu prüfen. Die Vorschrift werde nicht von § 5 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) [X.] a.F. verdrängt, wonach eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit in der Regel bei einer Mitgliedschaft in einer [X.], deren Verfassungswidrigkeit das [X.] festgestellt habe, anzunehmen sei. Dies ergebe sich sowohl aus der Gesetzessystematik als auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Normzweck spreche ebenfalls gegen eine [X.]. Andernfalls könne das Verfolgen von Bestrebungen der in § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. genannten Art, obwohl dies nach der Wertung des Gesetzes regelmäßig die Unzuverlässigkeit begründe, im Schatten der Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen [X.] zum Nachteil der Allgemeinheit folgenlos bleiben.

9

Dieses Ergebnis stehe nicht im Widerspruch zum [X.]enprivileg des Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG in der Ursprungsfassung vom 23. Mai 1949 ([X.], im Folgenden: Art. 21 GG a.F.). Denn die Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit eines [X.]mitglieds oder -anhängers nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. beeinträchtige die von Art. 21 GG a.F. geschützte Mitwirkung der [X.] an der politischen Willensbildung nicht in rechtserheblicher Weise. Vielmehr stelle sich § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. als eine Vorschrift dar, die - vergleichbar mit den allgemeinen Strafgesetzen - dem Schutz fundamentaler Rechtsgüter der Allgemeinheit diene. Im [X.] an das [X.] (Urteil vom 13. November 2013 - M 7 K 12.2797 -) führte das Verwaltungsgericht weiter aus, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der verfassungsmäßigen Ordnung entsprechend den wesensverwandten Begriffen in § 4 Abs. 2 BVerfSchG und § 92 Abs. 2 StGB auszulegen sei. Die [X.] wende sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Auch nach aktuellen Erkenntnissen bestünden daran keine Zweifel. Im [X.] 2013 des [X.] werde unter anderem ausgeführt, die [X.] vertrete offen fremdenfeindliche, rassistische und nationalistische Positionen. Ihre verfassungsfeindliche Ausrichtung komme in dem im Jahr 2010 verabschiedeten [X.]programm zum Ausdruck. So liege allen Themenbereichen oder Sachfragen das Konzept der "[X.]" zugrunde und damit ein antiindividualistisches Menschenbild sowie ein "identitäres" Politik- und Staatsverständnis.

Der Beschwerdeführer habe die [X.] aktiv unterstützt. So habe er - ausweislich seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung - in seiner Funktion als Kreisvorsitzender organisatorische Arbeit geleistet. Er habe Mitgliederversammlungen abgehalten und die Mitglieder über Neuigkeiten informiert, die vom Bundesvorstand gekommen seien. Zudem habe er Infostände geplant und auch zusammen mit dem Schatzmeister Beiträge verbucht.

Atypische Gründe gegen die Einstufung des Beschwerdeführers als waffenrechtlich unzuverlässig seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Zwar habe der Beschwerdeführer im Jahr 2013 sein Amt als Kreisvorsitzender der [X.] aufgegeben. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) [X.] a.F. seien jedoch bei der Bewertung der Zuverlässigkeit Unterstützungshandlungen auch dann zu berücksichtigen, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor der Entscheidung erfolgt seien. Entgegenstehende Gründe, insbesondere eine vollständige Abwendung des Beschwerdeführers von den Zielen der [X.], seien nicht ersichtlich. Vielmehr sei der Beschwerdeführer nach seinem Vortrag weiterhin Mitglied der [X.].

Auch die Ausübung des behördlichen Ermessens zum Waffenbesitzverbot sei nicht zu beanstanden. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor; die Angemessenheit der Maßnahme sei in Bezug gesetzt worden zum verfolgten Schutzziel, dem Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit.

6. Gegen die Entscheidung des [X.] beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Außerdem werfe die Angelegenheit besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf, weil sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil zentral auf die Rechtsprechung des [X.] gestützt habe, was wegen Art. 9, 21 GG a.F. vertiefter Überprüfung bedürfe. Die Frage, ob von dem Tatbestand der [X.] gemäß § 5 Abs. 2 [X.] a.F. bereits dann auszugehen sei, wenn ein Betroffener sich "politisch bestimmte, Ziel und Zweck gerichtete Verhaltensweisen" zu eigen mache, mittels derer er sich "aktiv", nicht jedoch notwendigerweise [X.] gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richte, sei allein auf Basis des Gesetzestextes nicht zu beantworten. Schließlich habe die Rechtssache auch grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die zur Begründung herangezogene Entscheidung des [X.] sei überholt. Die Annahme, dass die beiden Tatbestände in § 5 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 [X.] a.F. nebeneinander stünden, überzeuge nicht.

7. Durch Beschluss vom 28. Oktober 2015 - 1 LA 267/14 -, dem Beschwerdeführer am 6. November 2015 zugestellt, lehnte das Oberverwaltungsgericht der [X.] den Berufungszulassungsantrag ab. Keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe liege vor. Die Frage, ob § 5 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) und Nr. 3 lit. a) [X.] a.F. selbstständig nebeneinander stünden, sei durch das Urteil des [X.] vom 30. September 2009 - 6 C 29/08 - revisionsgerichtlich geklärt und bedürfe keiner erneuten Überprüfung. Im Übrigen habe sich das Verwaltungsgericht nicht auf die bloße Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in der [X.] gestützt, sondern eine aktive Unterstützung dieser [X.] durch seine Tätigkeit als Funktionär angenommen. Die Annahme, dass die Aktivitäten der [X.] gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet seien, habe der Beschwerdeführer nicht schlüssig in Frage gestellt. Im Hinblick auf seine organisatorische Stellung innerhalb der [X.] sei er zu Recht als waffenrechtlich unzuverlässig eingestuft worden.

Am 7. Dezember 2015 hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot und von Art. 19 Abs. 4 GG hinsichtlich seines Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz.

1. Die angegriffenen Entscheidungen seien willkürlich, weil sie ebenso wie das Urteil des [X.] vom 30. September 2009 in § 5 Abs. 2 [X.] a.F. keine normative Stütze fänden. Sie dienten ersichtlich allein dem Zweck, unter Umgehung der Rechtslage eine politische Vorgabe umzusetzen. Die in den Nummern zwei und drei enthaltenen Fallgruppen stünden nicht zusammenhangslos nebeneinander. Die Anwendung von § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. sei gesperrt, wenn - wie hier - eine [X.] aus der Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen politischen [X.] gemäß Art. 21 Abs. 1 GG a.F. nicht hergeleitet werden könne. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Normzweck. Denn es sei unzutreffend, dass Bestrebungen gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. völlig folgenlos blieben, wenn diese "im Schatten der Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen [X.]" stattfänden. Auch der Vergleich zwischen § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. und § 4 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG stelle sich als nicht tragfähig dar. Denn aus § 4 BVerfSchG ergebe sich allenfalls eine Kompetenz zur Beobachtung, nicht hingegen eine Rechtsgrundlage dafür, dem Betroffenen ein Recht zu entziehen. Die angegriffene behördliche Praxis führe dazu, sämtliche Personen, die im Besitz einer Waffenbesitzkarte seien, von der Teilnahme und Ausübung von [X.] in einer nicht verbotenen, jedoch als "extremistisch" angesehenen [X.] auszuschließen.

2. Aus denselben Gründen sei auch Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Die Gerichte hätten entscheidungserheblichen Sachverhalt ausgeblendet. Zur Begründung des Verfolgens von Bestrebungen gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. sei es nicht ausreichend, dass der Beschwerdeführer Mitglied in der politischen [X.] [X.] sei beziehungsweise in dieser zwischen 2010 und 2013 das Amt des Kreisvorsitzenden bekleidet habe. Es bedürfe hierzu weiterer Feststellungen, die unterblieben seien. Beweisangebote, die darauf gerichtet gewesen seien festzustellen, dass weder die [X.] verfassungsfeindlich sei noch der Beschwerdeführer entsprechende Aktivitäten verfolge, seien übergangen worden.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, und ihre Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. [X.] 90, 22 <25 f.>), da sie unzulässig ist.

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt nicht den Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.].

1. Nach diesen Vorschriften ist der Sachverhalt, aus dem sich die Grundrechtsverletzung ergeben soll, substantiiert und schlüssig darzulegen. Ferner muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen. Aus dem Vortrag eines Beschwerdeführers muss sich mit hinreichender Deutlichkeit die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ergeben (vgl. [X.] 78, 320 <329>). Bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde hat sich der Beschwerdeführer mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. [X.] 82, 43 <49>; 86, 122 <127>; 130, 1 <21>). Für eine hinreichende Begründung ist ein Vortrag erforderlich, der das [X.] in die Lage versetzt, den angegriffenen Hoheitsakt ohne eigene weitere Nachforschungen einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen. Hierzu sind die angegriffenen Gerichtsentscheidungen sowie die zugrundeliegenden behördlichen Maßnahmen vorzulegen oder zumindest im wesentlichen Inhalt nach mitzuteilen beziehungsweise in einer Weise wiederzugeben, die eine Beurteilung erlaubt, ob die Entscheidung mit dem Grundgesetz in Einklang steht (vgl. [X.] 88, 40 <45>; 93, 266 <288>; 112, 304 <314 f.>).

2. Gemessen an diesen Maßstäben sind die gerügten Grundrechtsverletzungen nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Denn der Beschwerdeführer hat sich mit den aufgeworfenen Problemen und insbesondere mit der in den angegriffenen Entscheidungen in Bezug genommenen Rechtsprechung (vgl. zu dieser Anforderung [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 15. Oktober 2015 - 1 BvR 1645/14 -, juris, Rn. 13) nicht genügend auseinandergesetzt.

a) Dies betrifft zunächst die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG.

aa) Diese Vorschrift verleiht dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, einen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle, das heißt auf eine umfassende Prüfung des Verfahrensgegenstandes (vgl. [X.] 101, 106 <122 f.>; 103, 142 <156>; 129, 1 <20>). Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. [X.] 101, 275 <294 f.>; [X.]K 13, 472 <476>; 19, 157 <164>; [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten Senats vom 16. August 2018 - 2 BvR 237/18 -, juris, Rn. 24 sowie vom 23. Januar 2017 - 2 BvR 2584/12 -, juris, Rn. 18, jeweils m.w.N.). Um dem Gebot effektiven Rechtsschutzes zu genügen, darf das Fachgericht auf die Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten daher nur verzichten, wenn Beweismittel unzulässig, schlechterdings untauglich, unerreichbar oder für die Entscheidung unerheblich sind. Dagegen darf es von einer Beweisaufnahme nicht schon dann absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeits- oder zeitaufwendig erscheint (vgl. [X.], in: [X.]/[X.], GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 224 ). Art. 19 Abs. 4 GG ist verletzt, wenn ein Gericht die prozessrechtlichen Möglichkeiten zur Sachverhaltsfeststellung so eng auslegt, dass ihm eine sachliche Prüfung der ihm vorgelegten Fragen nicht möglich ist und das vom Gesetzgeber verfolgte [X.] deshalb nicht erreicht werden kann (vgl. [X.] 101, 275 <294 f.> m.w.N.).

bb) Den sich aus diesen Grundsätzen ergebenden Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde wird der Beschwerdeführer nicht gerecht. Er legt diese vom [X.] zu Art. 19 Abs. 4 GG entwickelten Maßstäbe bereits nur unzureichend dar (vgl. allgemein [X.] 99, 84 <87>; 101, 331 <345 f.>). Da sich seine Rüge zu Art. 19 Abs. 4 GG einzig darauf bezieht, dass weder das Verwaltungsgericht noch das Oberverwaltungsgericht ihrer Aufklärungspflicht nachgekommen seien, hätte er sich mit der Bedeutung der Sachverhaltsaufklärung für die verfassungsrechtliche Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes befassen müssen. Daran fehlt es jedoch vollständig. Das Verwaltungsgericht hat - gestützt auf die Einlassung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung - festgestellt, dass der Beschwerdeführer zum fraglichen Zeitpunkt Mitglied in der [X.] gewesen sei, ab 2010 das Amt des [X.]-Kreisvorsitzenden bekleidet und in dieser Funktion organisatorische Arbeit geleistet habe, darunter das Abhalten von Mitgliederversammlungen. Darüber hinausgehende Feststellungen waren ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. nicht veranlasst. Das Verwaltungsgericht hat sich zudem intensiv mit der Frage befasst, ob sich die Aktivitäten der [X.] gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Es hat dabei nicht lediglich auf die Rechtsprechung des Bayerischen [X.] München Bezug genommen, sondern sich im [X.] daran selbst mit der - seinerzeit aktuellen - Erkenntnislage auseinandergesetzt. Dem hat der Beschwerdeführer nichts Substantielles entgegengesetzt.

b) Nichts anderes gilt auch für den mit der Verfassungsbeschwerde gerügten Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung als Willkürverbot.

aa) Die Auslegung des Gesetzes und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und daher der Nachprüfung durch das [X.] entzogen. Ein verfassungsgerichtliches Eingreifen gegenüber Entscheidungen der Fachgerichte unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Willkürlich ist ein Richterspruch nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missgedeutet wird (vgl. [X.] 74, 102 <127>; 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>; 112, 185 <215 f.>). Dies muss die Verfassungsbeschwerde, will sie eine gerichtliche Entscheidung als willkürlich angreifen, im Einzelnen und nachvollziehbar darlegen.

bb) Der Beschwerdeführer rügt, dass das Verwaltungsgericht zur Auslegung des Begriffs "verfassungsmäßige Ordnung" in § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) [X.] a.F. die Begriffsbestimmungen in § 4 Abs. 1 Satz 1 lit. c), Abs. 2 BVerfSchG und § 92 Abs. 2 StGB herangezogen hat. Er setzt sich jedoch nicht damit auseinander, dass dies der herrschenden Auffassung entspricht (vgl. etwa Gade, [X.], 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 29; [X.]. [X.], Urteil vom 12. Oktober 2017 - 4 A 626/17 -, juris, Rn. 38), für die sich der Gesetzgeber ausdrücklich ausgesprochen hat (vgl. BTDrucks 14/7758, [X.]). Dasselbe gilt für die vom Beschwerdeführer als willkürlich angegriffene Auffassung des [X.] und des [X.], dass § 5 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) [X.] a.F. (Mitgliedschaft in einer [X.], deren Verfassungswidrigkeit das [X.] festgestellt hat) durch § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. (Verfolgen von Bestrebungen einer Vereinigung, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind) ergänzt wird, dass also unzuverlässig im Sinne des [X.]es auch derjenige sein kann, der verfassungsfeindliche Bestrebungen im Rahmen einer nicht verbotenen politischen [X.] verfolgt. Auch dies entspricht der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. [X.], Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29/08 -, juris, Rn. 13 ff.; [X.], Urteil vom 28. Januar 2015 - 6 C 1/14 -, juris, Rn. 8 ; [X.]. OVG, Urteil vom 16. März 2018 - 3 A 556/17 -, juris, Rn. 31 ff.; [X.]/[X.], [X.], S. 973 <976 ff.>; [X.], in: [X.], Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 5 Rn. 20). Während jedoch das [X.] in seinem vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Urteil vom 30. September 2009 - 6 C 29/08 - das Verhältnis zwischen § 5 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. und § 5 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) [X.] a.F. anhand aller herkömmlichen Auslegungsmethoden eingehend untersucht, befasst sich der Beschwerdeführer nur mit dem Normzweck und in Ansätzen mit der Systematik der Vorschriften. Auch setzt er sich nicht mit der Frage auseinander, ob die staatliche Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) den Gesetzgeber grundsätzlich dazu berechtigt, Kriterien für eine im Regelfall anzunehmende waffenrechtliche Unzuverlässigkeit auch bei Mitgliedern und Anhängern politischer [X.]en aufzustellen. Dies entspricht den Anforderungen an eine substantiierte Auseinandersetzung mit einer als willkürlich kritisierten Rechtsauffassung nicht.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 2299/15

19.06.2019

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, 28. Oktober 2015, Az: 1 LA 267/14, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 4 Abs 1 S 1 Buchst c BVerfSchG, § 4 Abs 2 BVerfSchG, § 92 Abs 2 StGB, § 5 Abs 2 Nr 3 Buchst a WaffG 2002 vom 26.03.2008, § 5 Abs 2 Nr 3 Buchst b WaffG 2002 vom 26.03.2008

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.06.2019, Az. 2 BvR 2299/15 (REWIS RS 2019, 6247)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6247

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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