Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 06.07.2011, Az. VIII ZR 293/10

8. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5043

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Gegenstand

Anschlussgarantie beim Neuwagenkauf: Inhaltskontrolle für eine Klausel über den Ausschluss von Garantieansprüchen bei Verletzung von Wartungsobliegenheiten


Leitsatz

In einer formularmäßigen Vereinbarung über eine Anschlussgarantie für Material- oder Herstellungsfehler eines Kraftfahrzeugs, die der Fahrzeughersteller einem Fahrzeugkäufer gegen Entgelt gewährt, ist eine Klausel, nach der Garantieansprüche davon abhängen, dass der Garantienehmer die nach den Herstellerangaben erforderlichen Wartungen in den vorgegebenen Intervallen von einer Vertragswerkstatt des Herstellers durchführen lässt, wegen unangemessener Benachteiligung des Garantienehmers unwirksam, wenn sie Garantieansprüche unabhängig davon ausschließt, ob eine Verletzung der Wartungsobliegenheit für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist (Fortführung der Senatsurteile vom 17. Oktober 2007, VIII ZR 251/06, WM 2008, 263, und vom 12. Dezember 2007, VIII ZR 187/06, WM 2008, 559) .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 3. November 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger kaufte am 18. Februar 2005 von der Beklagten, der [X.] Tochtergesellschaft des [X.] Fahrzeugherstellers, einen am 30. Juni 2004 erstmals zugelassenen Vorführwagen [X.] 9.5. Bei dem Kauf erhielt er für das Fahrzeug eine Urkunde über eine auf die Beklagte als Garantiegeberin bezogene "[X.] Protection"-Garantie, deren formularmäßig gestaltete Bedingungen (im Folgenden: Garantiebedingungen) auszugsweise wie folgt lauten:

"2. Allgemeines

[X.] garantiert bei Material- oder Herstellungsfehlern die kostenlose Reparatur oder den kostenlosen Ersatz des betreffenden Teils bei jedem [X.]-Vertragshändler. Die Garantie ist an das in diesem Dokument beschriebene Fahrzeug gebunden und geht beim Weiterverkauf des Fahrzeugs auf den nächsten Erwerber über ...

4. Garantie-Dauer

Die vorliegende Garantie beginnt mit Ablauf der zweijährigen Herstellergarantie. Sie hat eine Laufzeit von einem Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Herstellergarantie ...

6. Garantie-Voraussetzungen

Garantieansprüche können nur bei einem [X.]-Vertragshändler unter folgenden Bedingungen geltend gemacht werden:

- Das Fahrzeug muss gemäß den im Serviceheft beschriebenen Vorschriften bei einem [X.]-Vertragshändler unter ausschließlicher Verwendung von [X.] Originalteilen gewartet worden sein.

- Die ordnungsgemäße Wartung muss im Serviceheft bestätigt sein.

- [X.] ist bei der Schadensmeldung vorzulegen."

2

Am 27. Dezember 2006 kam es bei einem Kilometerstand von 69.580 km zu einem Defekt an der [X.], den der Kläger im [X.]-Zentrum W.       beseitigen ließ. Dieses führte anlässlich der Reparatur zugleich die nach den Herstellerangaben im Serviceheft erforderliche, bis dahin jedoch unterbliebene 60.000-Kilometer-Inspektion durch. Nachdem die Beklagte wegen einer Überschreitung der vorgeschriebenen Serviceintervalle eine Eintrittspflicht abgelehnt hatte, stellte das [X.]-Zentrum W.        dem Kläger unter dem 7. Mai 2007 für die Reparatur 3.138,23 € in Rechnung.

3

Der Kläger, der die Reparaturrechnung nicht bezahlt hat, begehrt von der Beklagten die Freistellung von einer Inanspruchnahme durch das [X.]-Zentrum W.       aus der genannten Reparaturrechnung zuzüglich Zinsen und angefallener vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten sowie hilfsweise die Feststellung, dass die der Rechnung zugrunde liegende Reparatur ein Garantiefall im Sinne der zwischen den Parteien bestehenden "[X.] Protection"-Garantie ist. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die [X.] in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der [X.]n, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 - [X.], [X.]Z 37, 79, 81 ff.).

I.

5

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die [X.] brauche für die Reparatur an der [X.] schon deshalb nicht einzustehen, weil der Kläger die Inspektion für sein Fahrzeug nicht - wie vorgesehen - bei 60.000 km, sondern erst zusammen mit der streitigen Reparatur bei einem Stand von 69.580 km habe durchführen lassen. Ob die unterbliebene Inspektion bei 60.000 km für den eingetretenen Defekt, wie von der [X.]n geltend gemacht, ursächlich gewesen sei, sei unerheblich. Denn für eine Inanspruchnahme der [X.]n aus dem Garantieversprechen sei die in Ziffer 6 der Garantiebedingungen genannte Eintrittsvoraussetzung der regelmäßigen Wartung nicht erfüllt. Es gehe hier - vergleichbar mit der "mobilo-life"-Garantie, wie sie dem Urteil des [X.] vom 12. Dezember 2007 ([X.]) zugrunde gelegen habe - um eine sich an die zweijährige Herstellergarantie ab Erstzulassung anschließende Neuwagengarantie des Fahrzeugherstellers im Sinne von § 443 Abs. 1 BGB, welche der Kläger mit dem Erwerb des Fahrzeugs übernommen habe, und nicht um die im Zusammenhang mit dem Fahrzeugkauf erst neu begründete Gebrauchtwagengarantie eines [X.], für die der [X.] in seinem Urteil vom 17. Oktober 2007 ([X.]) einen von der Schadensursächlichkeit unabhängigen Haftungsausschluss des Garantiegebers bei Nichteinhaltung vorgeschriebener Wartungsintervalle als unwirksam angesehen habe.

7

Unerheblich sei auch, ob die von der [X.]n eingeräumte Garantie vom Kläger nur gegen eine besondere Gegenleistung oder unentgeltlich übernommen worden sei. Abgesehen davon, dass derartige Entgeltbestandteile häufig mehr oder weniger versteckt in einem meist runden Gesamtpreis enthalten seien, so dass sie im Nachhinein kaum noch als gesondertes Entgelt nachvollzogen werden könnten und schon deshalb nicht als trennscharfes rechtliches Kriterium taugten, habe der Kläger das Fahrzeug gerade nicht als Neuwagen erworben. Ob die [X.] in den Jahren 2004/2005 oder auch heute noch ihre zusätzliche Garantie grundsätzlich nur gegen gesonderte Vergütung angeboten habe, spiele angesichts der Besonderheiten der Preiskalkulation weder bei Neufahrzeugen noch bei sogenannten Tageszulassungen oder Vorführwagen eine entscheidende Rolle. Maßgeblich für die Abgrenzung sei daher nicht die Frage der (möglicherweise versteckten) Entgeltlichkeit, sondern der Umstand, ob es sich um eine Neuwagengarantie des Herstellers oder um eine Gebrauchtwagengarantie eines [X.] handele. Denn das Garantieversprechen aus einer Neuwagengarantie habe der Hersteller in zulässiger Weise von einer Einhaltung der vorgeschriebenen Wartungsintervalle und einer Erfüllung entsprechender Dokumentationspflichten abhängig machen können.

II.

8

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Freistellungsanspruch des [X.] aus der "[X.] nicht verneint werden.

9

Entgegen der Auffassung des [X.] kommt es für die Wirksamkeit der unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten [X.] nicht nur darauf an, dass es sich um eine Neuwagengarantie des Herstellers - und nicht um eine Gebrauchtwagengarantie eines [X.] - handelt, sondern auch darauf, ob die [X.] die von ihr eingeräumte Anschlussgarantie entgeltlich oder unentgeltlich übernommen hat. Für das Revisionsverfahren ist dabei zu unterstellen, dass die Garantie, wie von dem Kläger behauptet, jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Übernahme nur gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährt worden ist. Zumindest für diesen Fall unterliegen die unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten [X.] einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dieser Inhaltskontrolle halten sie jedoch, wie die Revision mit Recht geltend macht, nicht stand, weil die darin geregelten Garantieeinschränkungen den [X.] - hier gemäß Ziffer 2 Satz 2 der Garantiebedingungen den Kläger - entgegen den Geboten von [X.] und Glauben unangemessen benachteiligen, so dass die von ihm aus Ziffer 2 Satz 1 der Garantiebedingungen beanspruchte Reparaturkostenerstattung nicht allein schon wegen der unterbliebenen 60.000-Kilometer-Inspektion ausgeschlossen ist.

1. Die unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten [X.] sind nicht gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer [X.] Inhaltskontrolle entzogen. Zwar ist danach insbesondere § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht auf solche Abreden anzuwenden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln (Senatsurteile vom 17. Oktober 2007 - [X.], [X.], 263 Rn. 12; vom 24. März 2010 - [X.], [X.], 1050 Rn. 25; jeweils mwN). Diese Freistellung gilt jedoch nur für den unmittelbaren Leistungsgegenstand. Dagegen werden Regelungen, die die Leistungspflicht des Verwenders einschränken, von der Freistellung nicht erfasst, so dass Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle unterworfen sind, wenn sie anordnen, dass der Verwender unter bestimmten Voraussetzungen die versprochene Leistung nur modifiziert oder überhaupt nicht zu erbringen hat. Für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung bleibt deshalb nur der enge Bereich der [X.], ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhaltes ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann ([X.], Urteile vom 17. Oktober 2007 - [X.], aaO; vom 24. März 1999 - [X.], [X.]Z 141, 137, 141; jeweils mwN). Darum geht es bei den in der genannten Klausel geregelten [X.] indessen nicht.

a) Eine Kontrollfreiheit der Klausel ergibt sich nicht schon daraus, dass der Garantievertrag gesetzlich nicht geregelt ist. Auch Vertragstypen, die im Gesetz ungeregelt geblieben sind, können am Maßstab der §§ 307 ff. BGB gemessen werden (Senatsurteil vom 23. März 1988 - [X.], [X.]Z 104, 82, 90). Dementsprechend hat der Senat in der Vergangenheit Garantieverträge einer [X.] Kontrolle insoweit unterworfen, als es um Klauseln ging, die über die vertragliche Festlegung des unmittelbaren Leistungsgegenstandes hinaus das hierin gegebene Leistungsversprechen wieder eingeschränkt oder sonst modifiziert haben (Senatsurteile vom 24. April 1991 - [X.], [X.], 1384 unter II; vom 17. Oktober 2007 - [X.], aaO Rn. 13; vom 14. Oktober 2009 - [X.], [X.], 3714 Rn. 11 ff.; vgl. auch Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - [X.], [X.], 559 Rn. 13 ff.) oder die in ansonsten bestehende ([X.] eingegriffen haben (Senatsurteil vom 23. März 1988 - [X.], aaO S. 90 f.).

b) Der Senat hat dabei allerdings die Frage offen gelassen, ob eine - wie hier - als negative Anspruchsvoraussetzung formulierte [X.], die Leistungen aus der Garantie nicht durch die Aufstellung bestimmter Obliegenheiten einschränkt, sondern nach der gewählten Formulierung von vornherein nur unter der Voraussetzung durchgeführter Wartungsarbeiten verspricht, als eine der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibung zu qualifizieren ist (Senatsurteil vom 17. Oktober 2007 - [X.], aaO).

aa) Vor allem in der Instanzrechtsprechung wird die gewählte Klauselformulierung für maßgeblich erachtet, so dass in Fällen, in denen die Durchführung vorgeschriebener Wartungsarbeiten nicht als Einschränkung der zuvor gegebenen Garantie, sondern als Voraussetzung des Garantieanspruchs formuliert ist, die Möglichkeit einer Klauselkontrolle verneint wird, solange der Inhalt der [X.] nicht hinter dem verkehrstypischen und vom Kunden nach [X.] und Glauben zu erwartenden Deckungsumfang zurückbleibt ([X.], NJW 1997, 2186; [X.], [X.] 2006, 627, 628; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 11. Aufl., § 307 BGB Rn. 69; offen gelassen von [X.], NJW-RR 2006, 1464). Die Abhängigkeit der [X.] von der Durchführung vorgeschriebener Inspektions- und Wartungsarbeiten dergestalt, dass deren Unterlassen zwingend zum [X.] führt, wird dabei jedenfalls im Neuwagenhandel für verkehrstypisch erachtet mit der Folge, dass der Kunde auch keine darüber hinausgehenden Rechte aus der Garantie erwarten könne ([X.], aaO; [X.], aaO).

bb) Demgegenüber lehnt das Schrifttum eine Maßgeblichkeit der gewählten Klauselformulierung überwiegend ab. Es wird stattdessen vorgeschlagen, lediglich den Kernbereich der [X.] wie die Garantiezeit und die Art der Garantieleistung (z.B. Nachbesserung, Ersatzlieferung, finanzielle Erstattungsleistungen oder eine Kombination hiervon) gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfrei zu stellen ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], aaO, Teil 3 [X.]n/-verträge Rn. 3). Ansonsten sei unabhängig von der Formulierung einer Garantiebeschränkung als Inhaltsbeschreibung oder als Einschränkung oder Modifizierung der versprochenen Garantieleistung grundsätzlich vom Vorliegen einer kontrollfähigen Leistungsbeschränkung auszugehen, die am Maßstab der Schutzwürdigkeit des [X.]s, insbesondere seiner berechtigten Erwartungen an den Inhalt der Garantie, gemäß § 307 Abs. 1 BGB auf eine Unangemessenheit der darin liegenden Benachteiligung zu überprüfen sei ([X.], aaO Rn. 4; [X.] in [X.]/[X.][X.], AGB-Recht, 5. Aufl., Klauseln Rn. [X.]; [X.], [X.] 2010, 66, 67 f.; Niebling, [X.], 22, 24; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., Rn. 2055).

c) Der Senat entscheidet die Frage nunmehr im Sinne der zuletzt genannten Auffassung.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] verbleibt - wie vorstehend unter [X.] ausgeführt - für die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der [X.], ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhaltes ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann ([X.], Urteile vom 17. Oktober 2007 - [X.], aaO Rn. 12; vom 24. März 1999 - [X.], [X.]Z 141, 137, 141; jeweils mwN). Von diesen zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung gehörenden und deshalb nicht der [X.] unterliegenden Abreden sind die kontrollfähigen Nebenabreden zu unterscheiden, also Abreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, [X.] Gesetzesrecht treten kann (Senatsurteil vom 24. März 2010 - [X.], aaO mwN). Anders als die unmittelbaren [X.] bestimmen sie nicht das Ob und den Umfang der zu erbringenden Leistungen, sondern treten als ergänzende Regelungen, die lediglich die Art und Weise der Leistungserbringung und/oder etwaige Leistungsmodifikationen zum Inhalt haben, "neben" eine bereits bestehende Leistungshauptabrede (vgl. [X.], Urteile vom 26. Januar 2001 - [X.], [X.]Z 146, 331, 338; vom 24. März 2010 - [X.], aaO).

bb) Um eine solche lediglich ergänzende Regelung handelt es sich bei den unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten [X.] jedenfalls dann, wenn die von der [X.]n gewährte Anschlussgarantie - wie hier für die revisionsrechtliche Beurteilung zu unterstellen ist - nur gegen Zahlung eines dafür zu entrichtenden Entgelts zu erlangen war.

(1) Ob die genannte Klausel das abgegebene Garantieversprechen unmittelbar regelt oder lediglich ergänzt, kann der Senat selbst feststellen. Denn die formularmäßig gestalteten Garantiebedingungen der [X.]n unterliegen der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung. Nach der Rechtsprechung des [X.], an die der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 545 Abs. 1 ZPO angeknüpft hat (BT-Drucks. 16/9733, [X.]), sind Allgemeine Geschäftsbedingungen wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen vom Revisionsgericht - ausgehend von den [X.] eines rechtlich nicht vorgebildeten durchschnittlichen Vertragspartners unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise - frei auszulegen, da bei ihnen ungeachtet der Frage, ob sie über den räumlichen Bezirk des [X.] hinaus Verwendung finden, ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht (Senatsurteil vom 9. Juni 2010 - [X.], NJW 2010, 2877 Rn. 11 f. mwN). Diese Auslegung ergibt, dass die genannte Klausel das auf Gewährung einer Anschlussgarantie gerichtete Hauptleistungsversprechen der [X.]n lediglich durch Hinzufügung einer Einschränkung ergänzt.

(2) Anders als in dem Fall, in dem die Garantie dem Kunden nur "um den Preis" der regelmäßigen Durchführung der [X.] in den Vertragswerkstätten gewährt wird, die Durchführung der [X.] also - bei wirtschaftlicher Betrachtung - die "Gegenleistung" für die Garantiegewährung darstellt (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - [X.], aaO Rn. 17), bildet aus Kundensicht das vom [X.] zu entrichtende Entgelt die Gegenleistung für das unter Ziffer 2 Satz 1 der Garantiebedingungen dahin umschriebene Hauptleistungsversprechen der [X.]n, bei Material- oder Herstellungsfehlern für die kostenlose Reparatur oder den kostenlosen Ersatz des betreffenden Teils bei jedem Saab-Vertragshändler einstehen zu wollen.

Dieses Hauptleistungsversprechen reicht aus, um einen wirksamen Garantievertrag anzunehmen. Dagegen gehören die unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten [X.] nicht mehr zum kontrollfreien Minimum, ohne das dem Vertrag ein so wesentlicher Bestandteil fehlte, dass ihm die Wirksamkeit zu versagen wäre. Diese Regelung beschränkt das in Ziffer 2 Satz 1 der Garantiebedingungen bereits vollständig geregelte Garantieversprechen vielmehr in der Weise, dass sie eine Inanspruchnahme der [X.]n aus der Garantie von einer Wahrung der beschriebenen Wartungsanforderungen und deren Nachweis abhängig macht, und modifiziert dadurch das gegebene Hauptleistungsversprechen entsprechend (vgl. [X.], Urteile vom 24. März 1999 - [X.], aaO S. 141 f.; vom 26. September 2007 - [X.], NJW-RR 2008, 189 Rn. 14).

2. Der in Ziffer 6 der Garantiebedingungen als Folge einer unterlassenen Durchführung der dort beschriebenen Wartungsarbeiten vorgesehene Verlust der Garantieansprüche benachteiligt den Kläger unangemessen und ist deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

a) Eine Formularklausel ist nach der Rechtsprechung des [X.] unangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurteile vom 17. Oktober 2007 - [X.], aaO Rn. 15; vom 12. Dezember 2007 - [X.], aaO Rn. 14; vom 14. Oktober 2009 - [X.], aaO Rn. 13; jeweils mwN). Dies ist bei den in der genannten Klausel aufgestellten [X.] der Fall, wenn - wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist - die [X.] die Gewährung der Anschlussgarantie von der Zahlung eines gesonderten Entgelts abhängig macht.

b) Zwar ist ein Interesse der [X.]n anzuerkennen, zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der von der Garantie erfassten Fahrzeuge auf die Einhaltung der vorgegebenen Wartungsintervalle zu dringen, um auf diese Weise das Risiko von Garantiefällen zu vermindern. Auch mag ihr ein Interesse daran nicht abzusprechen sein, ihre [X.] über die gesetzliche Gewährleistungszeit hinaus an ihr Werkstattnetz zu binden, um dadurch nicht nur dessen Auslastung, sondern auch eine sachgerechte, nach ihren Vorgaben durchzuführende Wartung der Fahrzeuge und darüber zugleich den qualitativen Ruf der Fahrzeugmarke zu fördern sowie die von ihr eingegangenen [X.] hinreichend kalkulierbar gestalten zu können. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es für sich allein jedoch noch nicht, den Garantiegeber von seiner Leistungsverpflichtung ohne Rücksicht darauf freizustellen, ob der Verstoß des [X.]s gegen seine Obliegenheit zur Durchführung der Wartungsarbeiten für den reparaturbedürftigen Schaden ursächlich geworden ist.

aa) Zwar ist ein Fahrzeughersteller, der eine gesetzliche Haftung durch eine zusätzlich zum Kaufvertrag übernommene Herstellergarantie freiwillig erweitert, in der Bestimmung von Inhalt und Reichweite dieser zusätzlich gewährten Garantie grundsätzlich frei, was auch bei einer [X.] Beurteilung nicht unberücksichtigt bleiben kann (vgl. [X.], Urteil vom 19. Juni 1997 - [X.], [X.], 2043 unter [X.]). Dementsprechend hat der Senat das von vorstehenden Erwägungen getragene Interesse eines garantiegebenden Herstellers, von einer für Neuwagen übernommenen zusätzlichen Garantieverpflichtung bereits bei Nichteinhaltung der dem Kunden auferlegten Wartungsobliegenheiten in verkehrsüblichen Intervallen vollständig frei zu werden, für Fall als berechtigt anerkannt, dass ungeachtet einer möglichen Bereitschaft des Kunden, für das mit einer solchen Garantie versehene Neufahrzeug einen höheren Preis zu zahlen, die Garantie als zusätzliche Leistung zum Fahrzeugkauf angeboten wird und der Kunde, um in deren Genuss zu kommen, als - wirtschaftlich gesehen - "Gegenleistung" lediglich zur regelmäßigen Durchführung der [X.] in den Vertragswerkstätten gehalten ist. Für diesen Fall hat der Senat die Interessen des Kunden, die - ohnehin regelmäßig notwendigen - Wartungsarbeiten zwecks Erhalts des Garantieanspruchs nach den Vorgaben des Herstellers in dessen Werkstattnetz durchführen zu lassen, durch die betreffende [X.] nicht für unangemessen beeinträchtigt erachtet, da es der freien Entscheidung des Kunden überlassen bleibt, ob und ab wann er - etwa im Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs - von den regelmäßigen Wartungen Abstand nehmen oder diese bei anderen (preisgünstigeren) Werkstätten durchführen lassen will (Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - [X.], aaO Rn. 17 f.).

Ebenso hat es der Senat außerhalb dieser besonderen Interessenlagen beim Absatz von Neuwagen nicht missbilligt, wenn ein Garantiegeber in seinen Garantiebedingungen von einer Obliegenheit des Kunden ausgegangen ist, vom Fahrzeughersteller vorgeschriebene oder empfohlene Wartungsarbeiten in zumutbarer Weise (dazu Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - [X.], aaO) durchführen zu lassen, und bei versäumter Fahrzeugwartung dem Kunden den Beweis fehlender Ursächlichkeit zwischen dem Wartungsversäumnis und dem Garantiefall auferlegt hat (Senatsurteil vom 17. Oktober 2007 - [X.], aaO mwN).

bb) Um solche Fallgestaltungen geht es hier aber nicht. Die mit dem Fahrzeugkauf auf den Kläger übergegangene Anschlussgarantie der [X.]n stellt nicht lediglich eine zusätzliche Leistung des Herstellers beim Neufahrzeugkauf zwecks Schaffung eines absatzfördernden Qualitätsmerkmals seiner Fahrzeuge dergestalt dar, dass sich die "Gegenleistung" für die gewährte Garantie weitgehend in einer bis zum Garantiefall durchgeführten regelmäßigen Fahrzeugwartung im Werkstattnetz des Herstellers erschöpft (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - [X.], aaO Rn. 17). Vielmehr handelt es sich - wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist - um eine gesondert zu erwerbende und zu vergütende Garantie. Für diesen Fall kann das grundsätzlich anzuerkennende Interesse eines Fahrzeugherstellers, seine Kunden bei dem Absatz von Neufahrzeugen zu den vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungsarbeiten in seinem Werkstattnetz anzuhalten, um dadurch den Ruf seiner Marke als wenig schadensanfällig zu stärken und den Kunden an das eigene Werkstattnetz zu binden (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - [X.], aaO Rn. 17 f.; [X.], aaO), keinen Vorrang vor dem Interesse des Kunden an einem Schutz vor einer Aushöhlung von [X.]n durch einschränkende Nebenbestimmungen beanspruchen. Vielmehr verdient, wenn die Garantieleistungen nicht automatisch als zusätzliche Leistung zum Fahrzeugkauf mitgewährt werden, sondern erst durch ein gesondertes Entgelt erkauft werden müssen, die berechtigte Erwartung des Kunden am (Fort-)Bestand der erkauften Garantieleistung jedenfalls dann den Vorrang, wenn die mangelnde Beachtung der vorgeschriebenen Wartungsobliegenheiten keinen Einfluss auf den Eintritt des [X.] hat. Die in diesem Fall eintretende Belastung des Garantiegebers mit der Klärung von [X.] rechtfertigt - wie der Senat in seinem Urteil vom 17. Oktober 2007 ([X.], aaO) entschieden hat - unter den genannten Umständen ebenfalls keinen Untergang des Garantieanspruchs allein schon wegen einer Säumnis des [X.]s mit seiner Wartungsobliegenheit.

III.

Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Ball                                     Dr. Milger                                     Dr. Achilles

                Dr. Schneider                                   Dr. Fetzer

Meta

VIII ZR 293/10

06.07.2011

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Darmstadt, 3. November 2010, Az: 7 S 60/10, Urteil

§ 307 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 06.07.2011, Az. VIII ZR 293/10 (REWIS RS 2011, 5043)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5043

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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