Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.05.2020, Az. KZR 70/17

Kartellsenat | REWIS RS 2020, 949

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Gegenstand

Umfang der gesamtschuldnerischen Haftung der an einer Grundabsprache beteiligten Unternehmen - Schienenkartell III


Leitsatz

Schienenkartell III

Die an einer Grundabsprache beteiligten Unternehmen haften gesamtschuldnerisch nicht nur für etwaige Schäden, die durch die Umsetzung dieser Absprache unter ihrer Beteiligung in Bezug auf einzelne Auftragsvergaben verursacht worden sind, sondern für sämtliche Schäden, die ihre Ursache in der verbotenen Verhaltenskoordinierung haben; dies umfasst auch solche Schäden, die sich daraus ergeben, dass die durch die Koordinierung verursachte Schwächung der wettbewerblichen Kräfte die Angebotspreise der Kartellbeteiligten oder diejenigen der Kartellaußenseiter für die Abnehmer nachteilig beeinflusst hat.

Tenor

Auf die Revision wird das Urteil des 1. Kartellsenats des [X.] vom 24. November 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die [X.] auf Ersatz kartellbedingten Schadens in Anspruch.

2

Die Klägerin, ein Mobilitätsdienstleister für den öffentlichen Nahverkehr der [X.], bezog zwischen den Jahren 2002 und 2010 von der [X.] ([X.]) und ab November 2010 von der [X.] zu 1 in 26 Fällen [X.] für den Gleisbau, insbesondere Schienen, Weichen und Schwellen. Die [X.] übertrug ihren Geschäftsbereich "Gleisbau" im Jahr 2010 im Wege der Umwandlung durch Abspaltung auf die Beklagte zu 2.

3

Mit Bescheid vom 18. Juli 2013 verhängte das [X.] gegen die [X.] zu 1, 3 und 5 ein Bußgeld wegen Beteiligung an dem Kartell der "[X.]". Nach den Feststellungen des rechtskräftigen Bußgeldbescheids verstießen sie, gemeinschaftlich handelnd mit den [X.] zu 4, 6 und 7, jedenfalls zwischen 2001 und Mai 2011 gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen.

4

Mit anwaltlichem Schreiben vom 2. Dezember 2013 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1 erfolglos auf, einen Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung zu erklären.

5

Die Klägerin macht geltend, sie habe aufgrund des [X.] deutlich überhöhte Preise zahlen müssen. Für den dadurch verursachten Schaden hafteten sämtliche Beklagte als Beteiligte des [X.]. Sie hat beantragt, die [X.] zu verurteilen, als Gesamtschuldner Schadensersatz in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens jedoch 689.520,48 € zuzüglich Zinsen, zu zahlen (Klageantrag zu 1), sowie festzustellen, dass die [X.] als Gesamtschuldner verpflichtet sind, sämtliche ihr und ihren Zuwendungsgebern in Zusammenhang mit einem näher bezeichneten Beschaffungsvorgang entstandene oder in Zukunft entstehende Schäden nebst Zinsen zu ersetzen, die über die mit Klageantrag zu 1 geltend gemachten Schäden hinausgehen, sowie solche, die von dem Klageantrag zu 1 nicht erfasst sind (Klageantrag zu 2). Zudem hat sie beantragt, die [X.] zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung freizustellen (Klageantrag zu 3).

6

Das [X.] hat durch [X.] und [X.] die Klage hinsichtlich des Zahlungs- und des [X.] dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und sie im Übrigen abgewiesen. Sowohl die Berufung der Klägerin als auch diejenige der [X.] hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Die Revision hat das Berufungsgericht nur im Hinblick auf einen Teil der Beschaffungsvorgänge zugelassen.

7

Mit der Revision verfolgen die [X.] ihre Anträge auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe

8

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Belang - im Wesentlichen wie folgt begründet:

9

Der Klägerin stünden Schadensersatzansprüche gegen die [X.]agten wegen Verstoßes gegen § 1 GWB dem Grunde nach zu. Für den Belieferungszeitraum bis zum 30. Juni 2005 folge dies aus § 33 GWB in der ab dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung (GWB 1999), für nachfolgende Lieferungen aus § 33 Abs. 3, Abs. 1 GWB in der ab dem 30. Juni 2005 geltenden Fassung (GWB 2005).

Nach den gemäß § 33 Abs. 4 GWB 2005 bindenden Feststellungen des [X.] im Bußgeldbescheid stehe fest, dass es zumindest von 2001 bis Mai 2011 zwischen den Unternehmen der [X.]agten unter Einschluss der jeweiligen Rechtsvorgänger kartellrechtswidrige Absprachen im Bereich von Gleisoberbaumaterialien gegeben habe. Dies sei im Übrigen auch unstreitig.

Zugunsten der Klägerin streite ein Anscheinsbeweis, dass die [X.] zu höheren Preisen geführt habe, als sie im Wettbewerb erreichbar gewesen wären. Dies folge aus dem wirtschaftlichen Grundsatz, dass die Gründung eines [X.] grundsätzlich der Steigerung des Gewinns der am Kartell beteiligten Unternehmen diene. Bei einem Quotenkartell seien die Anbieter der Notwendigkeit enthoben, sich im Wettbewerb zur Erlangung von Aufträgen durchzusetzen. Der Preiswettbewerb sei weitgehend außer [X.] gesetzt, weil die Unternehmen ihre Preissetzungsspielräume nicht nutzen müssten. Diese Erwägungen ließen sich auf das in Rede stehende Stammkundenmodell übertragen, weil die Kundenschutzabsprache in gleicher Weise der Marktaufteilung diene. Die 26 in Streit stehenden [X.] seien auch vom Kartell betroffen gewesen. Dabei könne offen bleiben, ob auch in dieser Hinsicht ein Anscheinsbeweis bestehe. Die [X.]agten zu 1 und 2 hätten im Laufe des Verfahrens eingeräumt, dass es umfassend zu [X.] Absprachen gekommen sei. Dies wirke sich im Ergebnis auch zu Lasten der übrigen [X.]agten aus. Im Übrigen komme es nicht darauf an, ob die [X.]agten zu 3 bis 7 in irgendeiner Weise an Absprachen im Hinblick auf die konkreten [X.] beteiligt gewesen seien. Nach den Feststellungen des [X.] seien diese Unternehmensgruppen in allen Regionen während des gesamten [X.]raums an dem "[X.]" beteiligt gewesen. Dass die konkreten Absprachen hinsichtlich der in Rede stehenden [X.] völlig unabhängig von dem "[X.]" gewesen seien, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Den Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Klägerin höhere Preise gezahlt habe, hätten die [X.]agten nicht zu erschüttern vermocht.

Die Frage, ob und inwieweit es der Klägerin gelungen sei, den kartellbedingten Vermögensnachteil an die nächste Marktstufe weiterzureichen, könne der Endentscheidung überlassen bleiben. Für die Zwecke des Grundurteils sei es ausreichend, dass im Streitfall wegen der Berücksichtigung von Kosten einer Vielzahl anderer im [X.] und [X.] eine vollständige Weitergabe des Nachteils auszuschließen sei. Ebenso sei auszuschließen, dass der Schaden der Klägerin aufgrund von Zahlungen der Zuwendungsgeber vollständig entfallen sei. Es sei nicht vorgetragen, dass die Klägerin keinerlei Eigenanteil zu tragen gehabt hätte. Soweit die Klägerin bezüglich des Beschaffungsvorgangs Nr. 4 von dem betreuenden Ingenieurbüro wegen eines Planungsfehlers vollständigen Ersatz ihrer Aufwendungen erlangt habe, sei ihr gleichwohl ein Schaden verblieben. Ob die Klägerin ein Mitverschulden durch Handlungen ihrer Mitarbeiter treffe, brauche im Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs nicht entschieden zu werden. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. Weder lasse sich eine Kenntnis noch ein Kennenmüssen seitens der Mitarbeiter der Klägerin von einer Absprache zwischen den [X.] feststellen. Die kenntnisunabhängige Verjährungsfrist sei für sämtliche [X.] bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen. Über die Höhe der Zinsen sei im Betragsverfahren zu entscheiden.

Der Klägerin stehe auch ein Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die außergerichtliche Vertretung zu. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts, um die [X.]agte zu 1 zum Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung zu veranlassen, sei angesichts der hohen Komplexität kartellrechtlicher Schadensersatzklagen erforderlich und zweckmäßig gewesen. Eine selbständige Gebühr sei angefallen, weil dem Bevollmächtigten zu diesem [X.]punkt noch kein unbedingter Klageauftrag erteilt worden sei.

II. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig, § 543 Abs. 1 ZPO.

1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung auf einzelne [X.] ist unwirksam. Zwar hat das Berufungsgericht die Möglichkeit, die Revision nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulassen, auf den auch die [X.] selbst die Revision beschränken könnte. Voraussetzung für eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung ist jedoch, dass der von der Zulassungsbeschränkung erfasste Teil des Streitstoffs in dem Sinne selbständig ist, dass er in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (st. Rspr., vgl. nur [X.], Beschluss vom 10. April 2018 - [X.], [X.], 710 Rn. 21; Urteil vom 28. Januar 2020 - [X.], [X.], 202 = [X.] 2020, 136 Rn. 15 - [X.] II). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt, weil die Ansprüche, auf die sich die Frage der Verjährung auswirkt, im Hinblick auf die weiteren Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs angesichts des einheitlich zu beurteilenden Kartellverstoßes wie auch der sich daraus ergebenden Wirkungen nicht anders beurteilt werden dürfen als die übrigen in Streit stehenden Ansprüche (vgl. bereits [X.], [X.], 202 Rn. 16 - [X.] II).

2. Die Revision ist auch im Hinblick auf die [X.]agte zu 2 zulässig. Sie hat die Revision ordnungsgemäß begründet. Zwar sind ebenso wie an die eindeutige Bezeichnung des [X.] ([X.], Urteil vom 9. April 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 1161 Rn. 5) grundsätzlich strenge Anforderungen an die Erklärung zu stellen, für welchen der Rechtsmittelführer die Revision begründet wird. Allerdings sind dabei - wie auch sonst bei der Auslegung von [X.] - alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Mai 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 281 Rn. 10, zur Bezeichnung des [X.]). Die Rechtsmittelbegründung ist ebenso wie die Rechtsmitteleinlegung ([X.], Beschluss vom 24. Juli 2013 - [X.], NJW-RR 2013, 1278) der Auslegung zugänglich. Bei der Auslegung nach objektiven Gesichtspunkten kommt der Vermutung, dass derjenige, der ein Rechtsmittel eingelegt hat, auch die von seinem Prozessbevollmächtigten eingereichte Begründung des Rechtsmittels abgeben will, ausschlaggebende Bedeutung zu. Um diese Vermutung auszuräumen, bedarf es gewichtiger Anhaltspunkte, die in erster Linie aus dem Inhalt der Berufungsbegründung zu entnehmen wären (vgl. [X.], Urteil vom 20. November 1970 - [X.], juris Rn. 12).

Nach diesen Grundsätzen hat der Prozessbevollmächtigte der [X.]agten zu 1 und 2 die Revision, nachdem er diese unzweifelhaft für beide [X.]agten eingelegt hatte, auch für die [X.]agte zu 2 begründet. Zwar wird in den Anträgen nur die [X.]agte zu 1 genannt. Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass die [X.]agte zu 2 das von ihr eingelegte Rechtsmittel nicht mehr aufrechterhalten wollte. Vielmehr ist in den Ausführungen der Revisionsbegründung nicht von der "[X.]. zu 1", sondern von "der [X.]." die Rede. Damit trägt die Revisionsbegründung erkennbar dem Umstand Rechnung, dass die Verurteilung der [X.]agten zu 2 durch die Vorinstanzen nur aus Gründen der umwandlungsrechtlichen Rechtsnachfolge und nicht wegen eigener, ihr zurechenbarer Handlungen erfolgte. Insofern ist es unschädlich, dass in der Revisionsbegründung die [X.]agte zu 2 nicht ausdrücklich erwähnt wird.

III. Die Revision hat in der Sache Erfolg. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach nicht bejaht werden.

a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass für die in Rede stehenden Aufträge aus den [X.] im Jahr 2002, auf die die Klägerin ihre Klage unter anderem stützt, als Anspruchsgrundlage § 33 Satz 1 GWB in der seit dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung (GWB 1999) in Betracht kommt (vgl. [X.], Urteil vom 28. Juni 2011 - [X.], [X.]Z 190, 145 Rn. 13 - [X.]; Urteil vom 11. Dezember 2018 - [X.], [X.], 474 Rn. 44 - [X.] I). Danach ist derjenige, der gegen eine Vorschrift des [X.] verstößt, sofern die Vorschrift den Schutz eines anderen bezweckt, diesem zur Unterlassung verpflichtet; fällt ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last, ist er auch zum Ersatz des aus dem Verstoß entstandenen Schadens verpflichtet.

Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht § 33 Abs. 3 GWB in der ab dem 1. Juli 2005 geltenden Fassung (GWB 2005) im Hinblick auf die geltend gemachten Schadensersatzansprüche angewendet, die die Klägerin auf [X.] ab diesem [X.]punkt stützt. Zum Schadensersatz ist nach dieser Vorschrift verpflichtet, wer einen Verstoß nach § 33 Abs. 1 GWB 2005 vorsätzlich oder fahrlässig begeht. Gemäß § 33 Abs. 1 GWB 2005 ist derjenige, der gegen eine Vorschrift des [X.] oder gegen Art. 81 oder 82 EGV (jetzt: Art. 101, 102 AEUV) verstößt, dem Betroffenen zur Beseitigung und gegebenenfalls zur Unterlassung verpflichtet.

b) Mit Recht hat das Berufungsgericht einen schuldhaften Verstoß der [X.]agten gegen § 1 GWB festgestellt und dabei angenommen, dass nach den gemäß § 33 Abs. 4 GWB 2005 für den nachfolgenden Schadensersatzprozess bindenden Feststellungen des [X.] im Bußgeldbescheid die [X.]agten über einen längeren [X.]raum an [X.] Absprachen beteiligt waren. Dies wird von der Revision auch nicht beanstandet. Nach den Feststellungen des [X.] haben die [X.]agten auch gegen Art. 81 Abs. 1 EGV (jetzt: Art. 101 Abs. 1 AEUV) verstoßen.

Danach praktizierten Hersteller und Händler von Schienen, Weichen und Schwellen spätestens seit 2001 bis zur Aufdeckung des [X.] im Mai 2011 auf dem [X.] in [X.] Preis-, [X.]. Die Unternehmensgruppen [X.] und [X.] waren in allen Regionen und über den gesamten [X.]raum beteiligt. Die [X.]agte zu 1 nahm in diesem [X.]raum im Bereich Schienen und Schwellen regional bei Ausschreibungen an Absprachen teil. Die genannten Absprachen beruhten maßgeblich darauf, dass den einzelnen Unternehmen bestimmte "Altkunden" oder "Stammkunden" zugeordnet waren und diese Zuordnung von den [X.] grundsätzlich respektiert wurde. Hierzu verzichteten die anderen [X.] auf die Abgabe von Angeboten oder reichten diese erst nach Ablauf der Angebotsfrist oder zu überhöhten Preisen ein, so dass der Auftrag dem vorbestimmten Unternehmen zufallen konnte. Die Absprachen wurden vorwiegend über telefonische Kontakte und persönliche Treffen sowie E-Mails umgesetzt. Aufgrund der über Jahre praktizierten Absprachen und gewachsenen Kundenbeziehungen war allen Beteiligten klar, wer jeweils den ausgeschriebenen Auftrag erhalten sollte. Dem betreffenden, als "Spielführer" bezeichneten Unternehmen kam eine organisatorische und koordinierende Funktion für den Auftrag zu. Diese beinhaltete unter anderem, den anderen Unternehmen, überwiegend in getarnter Form, die Preise der [X.] oder den vom "Spielführer" angestrebten [X.] mitzuteilen. Zum Ausgleich für die Abgabe von [X.]n wurden die [X.] meist durch Unteraufträge oder sonstige Kompensationsgeschäfte entschädigt. Der Ausgleich erfolgte aber nicht nur projektbezogen; vielmehr basierte das System auf einem projektübergreifenden Verständnis und Vertrauensverhältnis der [X.] untereinander. Als Gegenleistung für die Abgabe eines Schutzangebots konnte der Schützende grundsätzlich davon ausgehen, dass er bei einem anderen Projekt von den [X.] geschützt würde. Der Ablauf war insgesamt so etabliert, dass es häufig keiner ausdrücklichen Absprache bezogen auf ein konkretes Projekt bedurfte. Im Bereich Weichen war die [X.]agte zu 1 an Absprachen beteiligt, die bis Ende 2008 vor allem bei Sitzungen des [X.] beziehungsweise innerhalb des [X.] getroffen wurden.

c) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis mit Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs berechtigt ist. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist Voraussetzung eines kartellrechtlichen Schadensersatzanspruchs sowohl nach § 33 Satz 1 GWB 1999 als auch nach § 33 Abs. 3, Abs. 1 GWB 2005 ebenso wie nach § 823 Abs. 2 BGB, dass dem Anspruchsgegner ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten anzulasten ist, das - vermittelt durch den Abschluss von Umsatzgeschäften oder in anderer Weise - geeignet ist, einen Schaden des Anspruchstellers unmittelbar oder mittelbar zu begründen ([X.], [X.], 202 Rn. 25 - [X.] II; Urteile vom 3. Dezember 2019 - [X.], juris Rn. 33; [X.], juris Rn. 42, und [X.], [X.] 2020, 384 Rn. 43). Auf die weitergehende Frage, ob sich die [X.] auf den in Rede stehenden Beschaffungsvorgang, auf den der Anspruchsteller sein Schadensersatzbegehren stützt, tatsächlich ausgewirkt hat und das Geschäft damit in diesem Sinn "kartellbefangen" oder "kartellbetroffen" war, kommt es im Rahmen der Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität hingegen nicht an. Für die Feststellung der hiernach maßgeblichen Voraussetzungen gilt der Maßstab des § 286 ZPO. Im Streitfall sind sie ohne Weiteres erfüllt, weil die Klägerin nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] von der am Kartell beteiligten [X.]agten zu 1 Waren erworben hat, welche Gegenstand der [X.] waren.

d) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann jedoch nicht angenommen werden, dass der Klägerin aufgrund der [X.] zwischen den beteiligten Unternehmen - mit der für ein Zwischenurteil nach § 304 ZPO erforderlichen Wahrscheinlichkeit ([X.], [X.], 474 Rn. 38 - [X.] I) - überhaupt ein Schaden entstanden ist. Die Annahme, der Beweis des ersten Anscheins streite dafür, dass sich die [X.] auf die in Rede stehenden [X.] preissteigernd ausgewirkt habe, und die [X.]agten hätten die daraus folgende Vermutung eines kartellbedingten Schadens nicht erschüttert, steht mit der Rechtsprechung des [X.] nicht in Einklang.

Für die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises fehlt es - wie der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat - bei einem [X.], wie es hier in Rede steht, an der dafür erforderlichen Typizität des [X.] ([X.], [X.], 474 Rn. 57 - [X.] I). Die Annahme des [X.], der Anscheinsbeweis sei durch das Vorbringen der [X.]agten nicht erschüttert, trägt deshalb die Feststellung der Schadensersatzpflicht der [X.]agten nicht. Den Urteilsgründen ist auch nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht unter Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalls zu der Überzeugung gelangt wäre, dass der Klägerin ein Schaden entstanden ist.

2. Da die Feststellungen des [X.] die Annahme eines Schadensersatzanspruchs nicht tragen, kann auch der Ausspruch zur Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten keinen Bestand haben.

IV. Da sich das Urteil des [X.] nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO), ist es aufzuheben (§ 562 ZPO). Der [X.] kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil er der vom Tatrichter vorzunehmenden Würdigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls nicht vorgreifen kann. Die Sache ist daher zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

V. Bei der erneuten Prüfung, ob der Klägerin durch das [X.], an dem sich die [X.]agten beteiligt haben, ein Schaden entstanden ist, und der sich daran gegebenenfalls anschließenden Prüfung der Höhe des Schadens wird das Berufungsgericht die Anforderungen an die Tatsachenfeststellung zu beachten haben, wie sie der Rechtsprechung des [X.] zu entnehmen sind ([X.], [X.], 202 Rn. 34 ff. - [X.] II). Darüber hinaus wird das Berufungsgericht Folgendes zu berücksichtigen haben:

1. Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren erneut zu der Annahme eines kartellbedingten Schadens gelangen, wird eine gesamtschuldnerische Haftung der [X.]agten zu 3 bis 7 nach §§ 830, 840 BGB, anders als die Revision meint, nach Maßgabe der folgenden Erwägungen auch dann anzunehmen sein, wenn nicht festgestellt werden kann, ob sich die [X.]agten zu 3 bis 7 an Absprachen im Hinblick auf einzelne hier in Rede stehende [X.] beteiligt haben.

a) Da es sich bei der Verabredung und Durchführung eines [X.] um eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung handelt, haften grundsätzlich alle [X.] nach § 830 Abs. 1 Satz 1, § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner ([X.], Urteil vom 28. Juni 2011 - [X.], [X.]Z 190, 145 Rn. 80 - [X.]). Die Beurteilung, ob sich jemand als Mittäter oder Gehilfe im Sinne der genannten Bestimmungen an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligt hat, richtet sich nach den für das Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (vgl. nur [X.], Urteile vom 29. Oktober 1974 - [X.], [X.]Z 63, 124, 126, und vom 24. Januar 1984 - [X.], [X.]Z 89, 383, 389).

aa) Soweit ein Verstoß gegen kartellrechtliche Verbotstatbestände in Rede steht, gilt dies grundsätzlich auch für den Begriff der Tat. Nach der Rechtsprechung des [X.] begründen Einzelabsprachen, die lediglich eine kartellrechtswidrige Grundabsprache konkretisieren, regelmäßig keine selbständigen Taten. Sie stellen keine mehrfache Verletzung desselben Tatbestandes dar; vielmehr werden sie schon vom gesetzlichen Tatbestand zu einer Bewertungseinheit verbunden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 19. Dezember 1995 - [X.], [X.]St 41, 385, 394; vom 28. Juni 2005 - [X.], [X.], 163 f. - [X.] Transportbeton I, und vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.]St 58, 158 Rn. 23 - Grauzementkartell I), die auch zivilrechtlich eine tatbestandliche Handlungseinheit (ebenso zur natürlichen Handlungseinheit [X.], Urteil vom 9. Juli 2015 - [X.], [X.], 1214 Rn. 29 - Kopfhörer-Kennzeichnung) darstellen kann.

Wer sich an einer solchen Grundabsprache beteiligt, haftet nach § 830 BGB für alle Folgen, die sich aus diesem Verstoß ergeben. Für die Haftung des Teilnehmers ist es daher unerheblich, ob er den Schaden eigenhändig (mit-)verursacht und wieviel er selbst zu ihm beigetragen hat. Maßgebend ist, dass er sich an der schadenstiftenden Handlung mit dem Willen beteiligt hat, sie als eigene Tat gemeinschaftlich mit anderen zu verwirklichen (Mittäter) oder sie als die Tat anderer durch seine Anstiftung oder Beihilfe zu fördern oder zu unterstützen. Ein Weniger an eigenhändiger Verwirklichung der unmittelbaren Schadensherbeiführung wird insoweit durch den in die Tat umgesetzten Willen zur Teilnahme an ihr kompensiert (vgl. [X.]Z 63, 124, 126).

Aus diesem Grund ist es im Streitfall unerheblich, wenn in Bezug auf einzelne [X.] nicht festgestellt werden kann, ob und inwieweit ein Unternehmen, welches an der Grundabsprache beteiligt ist, sich auch an einer Einzelabsprache beteiligt hat, mit der die Grundabsprache umgesetzt wird. Wirkt sich die [X.] zudem allgemein auf die Preise der an der Grundabsprache beteiligten Unternehmen aus, so erstreckt sich die gesamtschuldnerische Haftung der an der Grundabsprache beteiligten Unternehmen nach §§ 830, 840 BGB typischerweise auch dann auf Absatzgeschäfte eines anderen, ebenfalls an der Grundabsprache beteiligten Unternehmens, wenn in Bezug auf dieses Geschäft eine Einzelabsprache nicht getroffen worden ist oder eine solche nicht festgestellt werden kann. Hat die [X.] weitergehend Einfluss auf die von [X.] geforderten Preise gehabt, umfasst die gesamtschuldnerische Haftung regelmäßig auch Schäden, die aus Geschäften zwischen [X.] und ihren Abnehmern oder Lieferanten resultieren (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juni 2018 - [X.], [X.] 2018, 315 Rn. 38 ff. - Grauzementkartell II).

bb) Nach der Rechtsprechung des [X.] verlangt der subjektive Tatbestand einer Teilnahme im Sinne des § 830 BGB neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern. Für den einzelnen Teilnehmer muss ein Verhalten festgestellt werden, das den rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes Rechtsgut zumindest unterstützt hat und von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutsverletzung gerichteten Willen getragen war (vgl. nur [X.], Urteile vom 4. November 1997 - [X.], [X.]Z 137, 89 Rn. 102; vom 9. März 2010 - [X.], [X.]Z 184, 365 Rn. 34, und vom 15. Oktober 2013 - [X.], [X.] NJW 2014, 1380 Rn. 15). Dass der Mittäter positive Kenntnis von den konkreten Folgen der Tat hat, ist wegen der Zurechnung wechselseitiger Tatbeiträge, die ihre Grenze erst im [X.] findet (vgl. [X.], Urteil vom 24. Januar 1984 - [X.], NJW 1984, 1226, 1229 mwN; [X.]/[X.], 7. Aufl., § 830 Rn. 40), nicht erforderlich.

cc) Diese Anforderungen stehen in Einklang mit den aus Art. 81 Abs. 1 EGV (jetzt: Art. 101 Abs. 1 AEUV) folgenden Vorgaben des Unionsrechts. Danach kann ein an einem Kartell beteiligtes Unternehmen zivilrechtlich bereits dann für mittelbar verursachte Schäden haften, wenn dies den [X.] nicht verborgen bleiben konnte ([X.], Urteil vom 5. Juni 2014 - [X.]/12, [X.], 783 = [X.] 2014, 586 Rn. [X.]), wobei die Vorhersehbarkeit dieser Folgen unzweifelhaft nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist (vgl. Generalanwältin [X.], Schlussanträge vom 30. Januar 2014 - [X.]/12 Rn. 74 [X.]; [X.], in [X.]/[X.]/[X.], Kartellverfahren und Kartellprozesse, § 26 Rn. 139). Aus diesem Grund ist auch nach dem Unionsrecht eine Haftung für Schäden nicht ausgeschlossen, die daraus resultieren, dass ein an diesem Kartell nicht beteiligtes Unternehmen in Anbetracht der Machenschaften des [X.] seine Preise höher festgesetzt hat, als es dies ohne das Kartell getan hätte ([X.], [X.], 783 Rn. 37 [X.]).

b) Sollte das Berufungsgericht erneut einen kartellbedingten Schaden der Klägerin bejahen, wird nach diesen Maßstäben eine gesamtschuldnerische Haftung der [X.]agten zu 3 bis 7 gemeinsam mit den [X.]agten zu 1 und 2 anzunehmen sein. Das Berufungsgericht wird bei der erneuten Würdigung der zwischen den [X.] getroffenen Absprachen im Rahmen der Bindungswirkung nach § 33 Abs. 4 GWB 2005 und ungeachtet seiner eigenen Ausführungen im Beschluss über die [X.] in den Blick zu nehmen haben, dass die [X.]agten - wie bereits dem Tatvorwurf des Bußgeldbescheids zu entnehmen ist - gemeinschaftlich handelnd durch dieselbe Handlung, mithin durch eine Tat, vorsätzlich gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen gemäß § 1 GWB und Art. 81 Abs. 1 EGV verstoßen haben. Dies erfolgte nach den vom [X.] im Bußgeldbescheid getroffenen Feststellungen durch eine umfassende Verhaltenskoordinierung der [X.], wobei diese Koordinierung über die [X.] hinweg immer von demselben Grundverständnis getragen war, wonach einzelnen Unternehmen bestimmte Kunden zugeordnet waren und die Kartellanten diese Kundenbeziehungen grundsätzlich respektierten. Nach den weiteren im Bußgeldbescheid getroffenen Feststellung basierte die Verhaltensabstimmung auf einem projektübergreifenden Verständnis und Vertrauensverhältnis der [X.], auf dessen Grundlage ein Beteiligter, der im Rahmen einer Ausschreibung ein Schutzangebot abgab, davon ausgehen konnte, seinerseits bei einem anderen Projekt geschützt zu werden. Daran waren die Unternehmensgruppen [X.] und [X.], zu denen die [X.]agten zu 3 bis 7 gehören, in allen Regionen und im gesamten [X.] beteiligt. Vor diesem Hintergrund wird es für eine umfassende gesamtschuldnerische Haftung genügen, dass sich die [X.]agten zu 3 bis 7 an diesem von den Kartellmitgliedern intendierten und ins Werk gesetzten System wechselseitiger Rücksichtnahme beteiligten, das auf die Verfälschung des [X.] gerichtet war und bei dem die Existenz einer Vielzahl von Einzelabsprachen sowie deren Wechselbezüglichkeit den Schluss rechtfertigt, dass den auf konkrete Erwerbsvorgänge bezogenen Einzelabsprachen eine diese umfassende - nicht notwendigerweise ausdrücklich erklärte - Grundabsprache zugrunde lag.

Folge einer solchen Grundabsprache ist es, dass die hieran beteiligten Unternehmen gesamtschuldnerisch nicht nur für etwaige Schäden haften, die durch die Umsetzung dieser Absprache unter ihrer Beteiligung in Bezug auf einzelne Auftragsvergaben verursacht worden sind, sondern für sämtliche Schäden, die ihre Ursache in der verbotenen Verhaltenskoordinierung haben. Dies umfasst auch solche Schäden, die sich daraus ergeben, dass die durch die Koordinierung verursachte Schwächung der wettbewerblichen Kräfte die Angebotspreise der [X.] für die Abnehmer nachteilig beeinflusst hat. Für diese Auswirkungen haften die an der Grundabsprache Beteiligten gesamtschuldnerisch, weil es sich dabei um eine zumindest vorhersehbare, typischerweise auch beabsichtigte Folge von Absprachen der in Rede stehenden Art handelt. Ebenso stellen sich etwaige auf die Koordinierung zurückzuführende Auswirkungen auf die Angebotspreise von [X.] regelmäßig als vorhersehbare Folge solcher Absprachen dar. Auf die Frage, ob die [X.]agten zu 3 bis 7 an projektbezogenen Preis-, [X.] bezüglich sämtlicher der in Rede stehenden [X.] beteiligt waren, wird es daher für die Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung nicht entscheidend ankommen.

2. Sollte das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu der Annahme gelangen, dass der Klägerin ein [X.] Schaden entstanden ist, so wird es im Hinblick auf den Beschaffungsvorgang Nr. 4 zu berücksichtigen haben, dass der diesbezügliche Schaden bereits vollständig durch die aus einem anderen Grund erfolgte Schadensersatzzahlung seitens eines [X.] kompensiert worden ist. Dieser Dritte und die [X.]agten haften wie Gesamtschuldner (vgl. [X.], Urteil vom 29. Juni 1972 - [X.], NJW 1972, 1802, 1803). Daraus folgt, dass die [X.]agten nach § 422 Abs. 1 BGB gegenüber der Klägerin befreit worden sind und der Anspruch der Klägerin gegen die [X.]agten nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den [X.] übergegangen ist.

3. Sollte das Berufungsgericht erneut - und unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung des [X.] anerkannten Grundsätze (vgl. [X.], 202 Rn. 51 ff. - [X.] II) - den Erlass eines Zwischenurteils nach § 304 ZPO in Betracht ziehen, wird die im angegriffenen Urteil offengelassene Frage nach einem Mitverschulden der Klägerin nur dann dem Betragsverfahren vorbehalten werden können, wenn das Berufungsgericht nach summarischer Prüfung zu dem Ergebnis kommen kann, dass die Klageforderung in keinem Fall von einem etwa zu berücksichtigenden Mitverschulden der Klägerin voll aufgezehrt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 1974 - [X.], NJW 1975, 106, 108) und sich zugleich der Einwand des Mitverschuldens vom Grund der Haftung trennen lässt; was dann nicht der Fall ist, wenn sich beides aus einem einheitlich zu würdigenden Schadensereignis ableitet ([X.], Urteil vom 19. April 2013 - [X.], NJW 2013, 1948 Rn. 11).

Nach der Rechtsprechung des [X.] sind die [X.]agten nach Treu und Glauben daran gehindert, sich auf ein Mitverschulden der Klägerin unter Verweis auf die Kenntnisse eines Mitarbeiters der Klägerin von den [X.] Absprachen und der Beteiligung der [X.]agten hieran zu berufen (vgl. dazu [X.], [X.], 474 Rn. 91 - [X.] I). Der Umstand, dass Mitarbeiter der Klägerin Kenntnis von [X.] Absprachen hatten oder sich gar pflichtwidrig an diesen beteiligten, rechtfertigt als solcher auch nicht den Schluss, die Klägerin habe ihre Organisations- und Überwachungspflichten verletzt; im Übrigen träfe sie insoweit allenfalls der Vorwurf der Fahrlässigkeit, so dass ihr Beitrag angesichts des vorsätzlichen Handelns der [X.]agten zurückzutreten hätte ([X.], aaO Rn. 84). Gleiches gilt, soweit geltend gemacht wird, die Einbeziehung eines Unternehmens in die Erstellung des Leistungsverzeichnisses eines potentiellen Kunden habe dazu geführt, dass die Ausschreibungen auf die Produkte eines bestimmten Herstellers zugeschnitten wurden ([X.], aaO Rn. 78).

4. Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht eine kenntnisabhängige Verjährung der geltend gemachten Ansprüche verneint hat. Auf die Frage, ob Mitarbeiter der Klägerin, die nach dem Vorbringen der [X.]agten im Bereich des Einkaufs der in Rede stehenden Produkte leitende Funktionen bekleideten, von den wettbewerbswidrigen Absprachen wussten, kommt es nicht an. Nach der Rechtsprechung des [X.] dient die Wissenszurechnung dem Schutz des redlichen Vertragspartners. Sie ist nicht gerechtfertigt, wenn dieser nicht schutzwürdig ist, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn Mitarbeiter der Klägerin hinter ihrem Rücken zu deren Nachteil mit den [X.]agten zusammengewirkt hätten ([X.], [X.], 474 - [X.] I). Soweit die Revision vorbringt, die Klägerin habe es unterlassen, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass etwaige Informationen über wettbewerbsbeschränkende Absprachen weitergeleitet würden, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Eine grobfahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann darin nicht erblickt werden ([X.], [X.], 474 Rn. 84 - [X.] I).

5. Ungeachtet der verfahrensfehlerhaften Feststellung eines kartellbedingten Schadens ist die Annahme des [X.], der Klägerin stünde dem Grunde nach ein Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu, für sich genommen nicht zu beanstanden.

Ob eine vorprozessuale anwaltliche Zahlungsaufforderung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV [X.] auslöst oder als der Vorbereitung der Klage dienende Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] zum Rechtszug gehört und daher mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV [X.] abgegolten ist, ist eine Frage der Art und des Umfangs des im Einzelfall erteilten Mandats ([X.], Urteile vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.], 283 Rn. 37, und vom 28. Mai 2013 - [X.], juris Rn. 33, jeweils mwN). Erteilt der Mandant den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden (vgl. Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 VV [X.]), lösen bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren aus, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig wird. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV [X.] ist dann kein Raum mehr. Anders liegt es, wenn sich der Auftrag nur auf die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts beschränkt oder der [X.] jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein lediglich (aufschiebend) bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter [X.] steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV [X.] nicht entgegen ([X.], Urteil vom 15. August 2019 - [X.]/17, NJW-RR 2019, 1332 Rn. 43, mwN).

Das Berufungsgericht hat, anders als die Revision geltend macht, nicht übergangen, dass die [X.]agten das Vorbringen der Klägerin, diese habe ihre Bevollmächtigten zunächst nur beschränkt oder bedingt beauftragt, in Abrede gestellt haben. Es hat vielmehr im Rahmen der freien Beweiswürdigung dem Inhalt des [X.] vom 2. Dezember 2013 sowie der schriftsätzlichen Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Prozess indizielle Bedeutung beigemessen und sich auf dieser Grundlage die Überzeugung gebildet, dass die Klägerin jedenfalls keinen unbedingten Auftrag zur gerichtlichen Rechtsverfolgung erteilt hat.

Meier-Beck     

      

Berg     

      

Tolkmitt

      

Rombach     

      

Linder     

      

Meta

KZR 70/17

19.05.2020

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Frankfurt, 24. November 2017, Az: 11 U 56/16 (Kart)

§ 33 S 1 GWB vom 26.08.1998, § 33 Abs 1 GWB vom 15.07.2005, § 33 Abs 3 GWB vom 15.07.2005, § 823 Abs 2 BGB, § 830 Abs 1 S 1 BGB, § 840 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.05.2020, Az. KZR 70/17 (REWIS RS 2020, 949)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 949

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