Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2022, Az. 5 StR 490/21

5. Strafsenat | REWIS RS 2022, 5314

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

STRAFRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) EUROPA REVISION (STRAFRECHT) DROGEN

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafbarkeit des Handels mit CBD-Blüten


Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. Juli 2021 werden verworfen.

Die Angeklagten haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten B.    wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 144.000 Euro angeordnet. Den Angeklagten [X.]hat das [X.] wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

2

Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 [X.]). Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben.

3

1. Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von den Angeklagten bei den beiden Taten jeweils gehandelten 60 kg Blüten von Cannabispflanzen mit hohem Cannabidiolanteil ([X.]) Betäubungsmittel im Sinne des § 1 Abs. 1 BtMG iVm Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG waren. Es handelte sich nach der zutreffenden Bewertung der [X.] um Teile von zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, die nicht der Ausnahmeregelung unter Buchst. b zur Position Cannabis in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG unterfielen. Zwar lag der Gehalt des Wirkstoffs THC – der, anders als Cannabidiol, psychoaktiv ist – in den Blüten bei 0,2 %, sodass er den Grenzwert der Ausnahmevorschrift nicht überschritt. Auch verfolgten die Angeklagten mit dem Verkauf der Blüten ausschließlich gewerbliche Zwecke im Sinne der Ausnahmevorschrift (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 24. März 2021 – 6 [X.], NStZ 2021, 549, 550 m. krit. [X.]. [X.]/[X.]). Nach den Feststellungen war aber – anders als von der Ausnahmevorschrift vorausgesetzt – ein Missbrauch der [X.] zu [X.] nicht ausgeschlossen, was dem Angeklagten B.    bewusst und dem Angeklagten [X.] gleichgültig war.

4

a) Die Feststellung des [X.]s, bei bestimmten Zubereitungsformen der [X.], etwa durch Erhitzen beim Backen, werde zusätzliches THC freigesetzt, das bei einem [X.] einen Cannabisrausch erzeugen könne, ist ausreichend beweiswürdigend belegt. Die in den Urteilsgründen wiedergegebenen Ausführungen der zu dieser Frage gehörten chemischen Sachverständigen sind in sich schlüssig und nachvollziehbar. Ergänzend hat das [X.] auf die gleichlautende sachverständige Einschätzung Bezug genommen, die der [X.] einer aktuellen Entscheidung in einem insoweit vergleichbaren Fall zugrunde gelegt hat ([X.], Urteil vom 24. März 2021 – 6 [X.], NStZ 2021, 549, 551). Hier kommt hinzu, dass die Erkenntnisse der Sachverständigen im Einklang mit der Einlassung des Angeklagten B.    stehen, wonach er aufgrund seiner intensiven Beschäftigung mit [X.] mit einem THC-Gehalt von bis zu 0,2 % wusste, dass durch bestimmte [X.] weiteres THC aus dem CBD extrahiert wird und so ein Cannabisrausch erzeugt werden kann. Danach liegt kein Fall vor, in dem die Tatsachengrundlage eines über den Einzelfall hinausreichenden Rechts- oder wissenschaftlichen Erfahrungssatzes klärungsbedürftig wäre und daher ausnahmsweise die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Revisionsgericht veranlasst sein könnte (vgl. [X.]/[X.]/[X.], § 351 Rn. 10 ff.; [X.], [X.], 26. Aufl., § 351 Rn. 5).

5

b) Voraussetzung der Ausnahmevorschrift unter Buchst. b zur Position Cannabis in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG ist, dass der Missbrauch zu [X.] ausgeschlossen ist. Hierfür genügt es nicht, dass nur bei den Angeklagten und deren unmittelbar abnehmenden Großhändlern ein [X.] der gehandelten [X.] fernlag. Vielmehr kommt es auch auf die vom Vorsatz des [X.] umfasste Missbrauchsmöglichkeit beim Endabnehmer an (vgl. [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 2 Rn. 18a; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 6. Aufl., § 1 Rn. 281).

6

Nach der gesetzgeberischen Intention der Ausnahmevorschrift soll die persönliche Verwendung von Pflanzen der Gattung Cannabis und ihrer Teile zu [X.] verboten bleiben ([X.]. 899/95, Beschluss des Bundesrates vom 1. März 1996 [7. BtMÄndV], [X.] der Anlage). Das Merkmal des nicht ausschließbaren Missbrauchs zu [X.] stellt ein Korrektiv dar (so [X.], Urteil vom 24. März 2021 – 6 [X.], NStZ 2021, 549, 550 Rn. 19). Diese Korrektivwirkung kann das Merkmal aber nur entfalten, wenn es auch in Konstellationen zur Anwendung kommt, in denen – wie hier – ein gewerblich handelnder Ausgangsverkäufer Pflanzenteile, die zu Missbrauchszwecken geeignet sind, zwar zunächst an andere Groß- oder Zwischenhändler verkauft, dieser Verkauf aber schon darauf gerichtet ist, die Pflanzenteile in unbearbeiteter Form und daher mit unverändertem Missbrauchspotential an den Endverbraucher weiterzuveräußern. Auf die Zufälligkeit, ob Groß- oder Zwischenhändler in den Vertrieb eingeschaltet werden, kann es danach nicht ankommen.

7

2. Das angefochtene Urteil und die ihm zugrunde liegenden Strafnormen verstoßen nicht gegen europarechtliche Vorschriften. Selbst wenn – was die Revision des Angeklagten B.    ihrer Argumentation zugrunde legt, das [X.] aber nicht ausdrücklich festgestellt hat (Lieferanten „möglicherweise mit Sitz in [X.]“) – die gehandelten [X.] in [X.] legal produziert worden waren, bevor sie in [X.] gehandelt wurden, ist durch die Strafbarkeit in [X.] die [X.] (Art. 34 AEUV) nicht verletzt.

8

a) Es besteht kein Anlass, den [X.] gemäß Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV zu einer Vorabentscheidung anzurufen, da es für die Entscheidung nicht auf eine noch zu klärende Auslegung der maßgeblichen Rechtsakte, sondern auf die Subsumtion des Sachverhalts im Einzelfall ankommt. Die Auslegung der Art. 34 und 36 AEUV in Bezug auf den Verkehr mit Cannabisprodukten ist, wenn nicht schon aus sich selbst heraus („acte clair“), so jedenfalls aufgrund der bereits dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] („acte éclairé“) derart offenkundig, dass für vernünftige entscheidungserhebliche Zweifel keinerlei Raum bleibt (grundlegend zur Vorlagepflicht [X.], Urteile vom 6. Oktober 1982 – 283/81; vom 6. Oktober 2021 – [X.]/19; zu den Maßstäben [X.], Beschlüsse vom 24. Mai 2022 – 1 BvR 2342/17; vom 30. März 2022 – 2 BvR 2069/21, NStZ-RR 2022, 222, 223 f.; Urteil vom 30. Juli 2019 – 2 BvR 1685/14 u.a. Rn. 314 ff.). Die Würdigung des in Rede stehenden Sachverhalts und die Subsumtion des Einzelfalls unter die bereits näher konturierten europarechtlichen Vorgaben obliegen den nationalen Gerichten ([X.], Urteil vom 29. Juli 2021 – 3 [X.] Rn. 23). Die Verpflichtung zur Vorlage gemäß Art. 267 AEUV entfällt nicht erst dann, wenn eine auf den konkreten, im Streitfall gegenständlichen Sachverhalt bezogene Entscheidung vorliegt. Vielmehr genügt es, dass eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] besteht, durch die die betreffende Rechtsfrage gelöst ist. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Art von Verfahren sich diese Rechtsprechung gebildet hat, und selbst dann, wenn die strittigen Fragen nicht völlig identisch sind ([X.], Beschluss vom 30. April 2020 – [X.]/19).

9

b) Danach besteht hier keine Vorlagepflicht.

aa) Der Anwendungsbereich der [X.] ist nicht eröffnet, weil die gehandelten [X.] Suchtstoffe im Sinne des Einheits-Übereinkommens der [X.] von 1961 sind. Schon deshalb kann Art. 34 AEUV nicht verletzt sein.

Für solche Suchtstoffe, einschließlich derjenigen auf Hanfbasis, hat der [X.] wiederholt entschieden, dass ihre Schädlichkeit allgemein anerkannt und daher ein Inverkehrbringen in allen Mitgliedstaaten verboten ist (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 2010 – [X.]/09 Rn. 36 f., 41 mwN); lediglich ein streng überwachter Handel, der der Verwendung für medizinische und wissenschaftliche Zwecke dient, ist davon ausgenommen. Betäubungsmittel außerhalb des streng überwachten Handels zur Verwendung für medizinische und wissenschaftliche Zwecke fallen bereits ihrem Wesen nach unter ein Einfuhr- und Verkehrsverbot, sodass sich ein Unionsbürger für ihren Verkauf nicht auf die Verkehrsfreiheiten berufen kann. Diese Grundsätze sind zuletzt in der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 19. November 2020 erneut betont worden ([X.], Urteil vom 19. November 2020 – [X.]/18 Rn. 59 ff.).

Die der Verurteilung zugrundeliegenden [X.] sind Suchtstoffe im Sinne dieser Rechtsprechung. Dem steht es nicht entgegen, dass der [X.] in seiner Entscheidung vom 19. November 2020 CBD-Öl aus dem [X.] ausgenommen hat. Denn jenes Öl war aus Cannabis mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,2 % so extrahiert worden, dass schließlich – mit Ausnahme von Verunreinigungen – keine andere Verbindung als CBD enthalten war, das nicht psychoaktiv wirksam ist (vgl. [X.], aaO Rn. 55, 72). Damit sind [X.] als unbearbeitete Teile der Cannabispflanze, die THC enthalten und deren THC-Gehalt weiter erhöht werden kann, nicht vergleichbar (vgl. [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 2 Rn. 18c; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 6. Aufl., § 1 Rn. 293; [X.] BtMG/Teriet, [X.]., § 29 Rn. 29; Rottmeier, [X.] 2021, 77, 84: „[X.][n], die Cannabis in Form von Pflanzen oder Pflanzenteilen enthalten, [… waren] nicht Gegenstand der [X.]-Entscheidung“; siehe aber auch [X.]/[X.], [X.] 2021, 336, 347).

Den hier gehandelten [X.] war nicht das [X.] entzogen und sie enthielten auch nicht nur eine „völlig unbedeutende Menge des psychoaktiven Wirkstoffs“ ([X.], aaO Rn. 74; vgl. auch Rottmeier, [X.] 2021, 77, 84 f.). Vielmehr war der durch bestimmte Zubereitungsformen der Blüten erzielbare THC-Gehalt nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des [X.]s gerade nicht völlig unbedeutend, sondern geeignet, einen Cannabisrausch zu erzeugen.

bb) Auch losgelöst von der Suchtstoffeigenschaft im Sinne des Einheits-Übereinkommens verstoßen die Strafvorschriften des BtMG zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln iVm der Ausnahmevorschrift unter Buchst. b zur Position Cannabis in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG und das angefochtene Urteil nicht gegen die [X.] aus Art. 34 AEUV. Denn bei den genannten Strafnormen würde es sich – auch unter Berücksichtigung des engen Ausnahmecharakters des Art. 36 AEUV – um eine im Sinne dieser Vorschrift gerechtfertigte Einschränkung der [X.] zum Schutz der öffentlichen Gesundheit handeln.

Unter den vom AEUV geschützten Gütern und Interessen nehmen die Gesundheit und das Leben von Menschen den höchsten Rang ein, und es ist Sache der Mitgliedstaaten, im Rahmen einer Risikobewertung zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten wollen und wie dieses Niveau erreicht werden soll. Da sich dieses Niveau von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zuzuerkennen. Zudem erlaubt bei wissenschaftlichen und praktischen Unsicherheiten das Vorsorgeprinzip den Erlass von Schutzmaßnahmen ([X.], aaO Rn. 85 ff.).

Nach der Wertung des Gesetzgebers wird durch die Möglichkeit des Missbrauchs von [X.] mit ihrem erzielbaren THC-Gehalt zu [X.] die öffentliche Gesundheit gefährdet (vgl. [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 2 Rn. 16e, 18; zur Rechtfertigung durch Belange des Gesundheitsschutzes vgl. auch Rottmeier, [X.] 2021, 77, 85 f.). Ein Verkehrsverbot stellt vor diesem Hintergrund eine verhältnismäßige Beschränkung der [X.] dar.

Die Annahme einer Gesundheitsgefährdung durch die Möglichkeit des Missbrauchs von [X.] zu [X.] stützt sich auch nicht lediglich auf „rein hypothetische Erwägungen“, die nach dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 19. November 2020 für eine Rechtfertigung nach Art. 36 AEUV nicht genügen ([X.], aaO Rn. 90). Vielmehr sind [X.] von [X.], die eine Anreicherung des [X.] bewirken und daher bei einem [X.] einen Cannabisrausch erzeugen können, allgemein bekannt – sodass auch der Angeklagte B.    bei seiner Befassung mit dem Thema auf sie stieß – und, worauf das [X.] hingewiesen hat, einfach umzusetzen (vgl. Rottmeier, [X.] 2021, 77, 85; aA [X.]/[X.], [X.] 2021, 336, 349 f.).

3. Aus den vorstehenden Gründen erachtet der Senat die Strafbarkeit des Handels mit [X.] auch nicht als verfassungswidrig, sodass keine Veranlassung besteht, eine Entscheidung des [X.] einzuholen (Art. 100 Abs. 1 GG). Das Übermaßverbot ist nicht verletzt. Die vom [X.] für die Verfassungsgemäßheit der Strafbarkeit des Verkehrs mit Cannabis herangezogene Gesundheitsgefährdung unter anderem aufgrund der psychoaktiven Wirkung des Stoffes ([X.], Beschluss vom 3. März 1994 – 2 BvR 2031/92 u.a., [X.]E 90, 145, 174 ff.) trifft nach den [X.] Feststellungen des [X.]s auch auf die hier gehandelten [X.] zu; ihr Missbrauch zu [X.] war gerade nicht ausgeschlossen.

4. Entgegen der Auffassung des [X.] bedarf der Schuldspruch betreffend den Angeklagten B.    in konkurrenzrechtlicher Hinsicht keiner Korrektur.

a) Insoweit hat das [X.] Folgendes festgestellt:

Die Angeklagten und ein weiteres Bandenmitglied ließen sich in zwei Fällen in einem Sattelzug jeweils 60 kg [X.] liefern. Vor der ersten Lieferung hatte der Angeklagte B.    erfahren, dass in dem Sattelzug regelmäßig 20 kg Cannabis für einen anderen, nachfolgend zu [X.] Kunden mittransportiert würden. Bei einer Überprüfung der Ware nach der ersten Lieferung erkannte der Angeklagte B.    , dass ihm neben den [X.] versehentlich auch 6 kg des für den anderen Kunden bestimmten Cannabis übergeben worden waren. Der Angeklagte B.    bewahrte diese Cannabispakete im Lagerraum gesondert auf und gab sie dem Fahrer bei der nächsten Lieferung wieder mit. Die bei dieser zweiten Lieferung erhaltene Ware lagerte er in einem Verschlag. [X.] später stellte er bei einer Überprüfung fest, dass ihm aufgrund eines neuerlichen Versehens diesmal neben den [X.] 13,6 kg Cannabis übergeben worden waren, die für einen anderen Empfänger bestimmt waren. Er legte die Beutel mit Cannabis in gesonderte Kartons, um sie bei einer geplanten weiteren Lieferung zurückzugeben. Dazu kam es aufgrund der Verhaftung des Angeklagten [X.]  nicht mehr.

b) Die [X.] hat für den Angeklagten B.    angenommen, seine Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bezogen auf die versehentlich gelieferten 6 kg Cannabis und sein bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge betreffend die zweite Lieferung von [X.] stünden zueinander in Tateinheit. Dies trifft jedenfalls im Ergebnis zu. Denn bei natürlicher Betrachtungsweise standen die Rückgabe der 6 kg Cannabis als Beihilfehandlung und die Entgegennahme der zweiten Lieferung von [X.], die der Angeklagte B.    gleichzeitig und im Rahmen derselben anhaltenden Geschäftsbeziehung vornehmen ließ, in einem so engen Verhältnis, dass sie sich als natürliche Handlungseinheit darstellten.

Dagegen fehlte es – anders als der [X.] meint – zwischen dem Umgang mit den 6 kg versehentlich geliefertem Cannabis einerseits und der ersten Lieferung von [X.] andererseits an einer solchen engen Verbindung. Bei der objektiv gemeinsamen Entgegennahme dieser beiden Drogenmengen wusste der Angeklagte B.    noch nicht von dem versehentlich mitgelieferten Cannabis; nach der Entdeckung wurden die beiden Betäubungsmittelvorräte mit verschiedenen Zweckrichtungen (eigenes Handeltreiben mit den [X.], spätere Rückgabe der 6 kg Cannabis) zwar am selben Ort, aber separat voneinander verwahrt. Das geht über einen bloßen gleichzeitigen Besitz, der keine Tateinheit begründet (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Mai 2018 – 3 [X.], [X.], 42), nicht hinaus.

Nach diesen Maßstäben hat das [X.] zwar zu Unrecht angenommen, zwischen der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch das Verwahren der zweiten versehentlich gelieferten [X.] von 13,6 kg und dem bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge betreffend die zweite Lieferung von [X.] bestehe Tateinheit statt Tatmehrheit. Hierdurch ist der Angeklagte B.    indes nicht beschwert. Dasselbe gilt für den Besitz des Angeklagten [X.] an den versehentlich gelieferten 13,6 kg Cannabis, der nach der Wertung des [X.]s mit der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hinsichtlich der zweiten [X.] in Tateinheit stehen soll.

c) Der Senat ist durch den Antrag des [X.] auf Schuldspruchkorrektur nicht gehindert, auch die Revision des Angeklagten B.    insgesamt nach § 349 Abs. 2 [X.] zu verwerfen. Ein Antrag des [X.] auf Schuldspruchänderung, dem der Senat nicht folgen will, steht einer Verwerfung des Rechtsmittels durch Beschluss nicht entgegen; daran ändert der Umstand nichts, dass sich der [X.] auch auf § 349 Abs. 4 [X.] bezogen hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Juni 2022 – 5 StR 128/22; vom 21. November 2019 – 4 StR 158/19; vom 3. Mai 2011 – 5 [X.] jeweils mwN). Dies gilt auch, soweit er – zumal hier nur hilfsweise – die Herabsetzung einer Einzelstrafe beantragt hat ([X.], Beschlüsse vom 8. Juni 2022 – 5 StR 128/22; vom 21. November 2019 – 4 StR 158/19; vom 2. März 2016 – 1 [X.]).

[X.]     

      

Köhler     

      

Resch 

      

von Häfen     

      

Werner     

      

Meta

5 StR 490/21

23.06.2022

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 7. Juli 2021, Az: 510 KLs 9/20

§ 1 Abs 1 Anl 1 BtMG, § 29 BtMG, § 29a BtMG, § 30a BtMG, Art 34 AEUV, Art 36 AEUV, Art 267 Abs 1 AEUV, Art 267 Abs 3 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23.06.2022, Az. 5 StR 490/21 (REWIS RS 2022, 5314)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5314

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

202 StRR 52/23 (BayObLG München)

Voraussetzungen für die Annahme einer Rauscheignung bei Handel mit Hanfblütentee


6 StR 240/20 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Verkehrsfähigkeit von Cannabisprodukten; Merkmal des gewerblichen Zwecks im Ausnahmetatbestand


5 StR 269/22 (Bundesgerichtshof)


4 StR 125/23 (Bundesgerichtshof)

Strafzumessung bei unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Strafschärfung wegen hoher Wirkstoffmenge; Strafmilderung …


2 StR 284/20 (Bundesgerichtshof)

Konkurrenzen bei Betäubungsmitteldelikten: Verknüpfung mehrere Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge …


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.