Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.12.2012, Az. 2 BvR 1750/12

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2012, 407

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) JUSTIZ RICHTER

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung von Art 101 Abs 1 S 2 GG durch unberechtigte Zurückweisung eines Richterablehnungsgesuchs - hier: Äußerung eines Richters im Verhandlungstermin, "ihn interessiere die Wahrheit nicht", grob unsachlich und zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit offensichtlich geeignet


Tenor

Der Beschluss des [X.] vom 18. April 2012 - 3 Ri AR 4/12/3 Ri AR 32/11 - und der Beschluss des [X.] vom 28. Juni 2012 - 3 W 0562/12 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 101 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes.

Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen. Der Beschluss des [X.] vom 24. Juli 2012 - 3 W 562/12 - wird damit gegenstandslos.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung eines Befangenheitsantrags im Zusammenhang mit Äußerungen eines Zivilrichters während des Verhandlungstermins.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist Beklagte eines vor dem [X.] anhängigen Zivilrechtsstreits. Klägerin des [X.]ist eine in der [X.] ansässige Aktiengesellschaft.

3

a) Am 3. November 2011 fand im Rahmen des Ausgangsverfahrens ein Termin zur Güteverhandlung und Verhandlung über die Hauptsache statt. Nach Erörterung des Sach- und Streitstands äußerte der [X.] der Beschwerdeführerin, es sei seiner Auffassung nach geboten, einen in der [X.] wohnhaften Zeugen zu laden. Der zuständige Einzelrichter der 2. Zivilkammer des [X.]s weigerte sich jedoch, einen entsprechenden Beweisantrag in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufzunehmen. Der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin regte im weiteren Verlauf des Termins an, das Verfahren nach § 149 ZPO auszusetzen, und ergänzte sein tatsächliches Vorbringen; auch insoweit verweigerte der [X.] die Protokollierung. Als der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin ihm daraufhin vorhielt, es sei auch seine Aufgabe, die Wahrheit zu erforschen, entgegnete der [X.]: "Die Wahrheit interessiert [X.] nicht." Daraufhin lehnte die Beschwerdeführerin den [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Am 11. November 2011 gab der abgelehnte [X.] eine dienstliche Stellungnahme ab, in der er bestätigte, sich wie beanstandet geäußert und die Protokollierungen verweigert zu haben.

4

b) Mit Beschluss vom 18. April 2012 erklärte die zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufene Zivilkammer des [X.]s dieses für unbegründet. Die Erklärung des abgelehnten [X.]s - die Wahrheit interessiere ihn nicht - sei zwar zu monieren, begründe indes keine [X.]ablehnung, da durch sie sowohl die Klägerin als auch die Beklagte beschwert würden. Dass der abgelehnte [X.] den Beweisantrag weder ins Protokoll aufgenommen noch verbeschieden habe, begründe ebenfalls nicht die Besorgnis der Befangenheit, denn dies stehe in seinem Ermessen. [X.] im Rahmen der Prozessleitung könnten nur dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn sie sich derart weit von dem geübten Verfahren entfernten, dass sich der Eindruck einer willkürlichen, sachwidrigen und auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdränge, wofür es hier keinerlei Anhaltspunkte gebe.

5

c) Gegen diesen Beschluss legte die Beschwerdeführerin sofortige Beschwerde ein, der das [X.] mit Beschluss vom 15. Mai 2012 nicht abhalf. Mit Beschluss vom 28. Juni 2012, dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin zugegangen am 6. Juli 2012, wies das [X.] die sofortige Beschwerde zurück. Der abgelehnte [X.] habe nicht seinem Amtseid zuwiderhandeln wollen, es sei vielmehr der Beklagtenvertreter gewesen, der die Pflicht zur Wahrheitsfindung als Druckmittel dafür eingesetzt habe, um den abgelehnten [X.] zur Anhörung des Zeugen zu bewegen. Mit der gerügten Äußerung habe sich der abgelehnte [X.] dieser sachwidrigen Beeinflussung erwehrt. Auch im Übrigen seien die geltend gemachten Gründe nicht dazu geeignet, das Ablehnungsgesuch für begründet zu erklären.

6

d) Mit Beschluss vom 24. Juli 2012 wies das [X.] die gegen den Beschluss vom 28. Juni 2012 erhobene Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin zurück.

7

2. Mit ihrer am 3. August 2012 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die im Rubrum genannten Entscheidungen und Maßnahmen. Sie rügt die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 [X.], Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 13 [X.], Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 [X.].

8

Sie habe einen Anspruch darauf, dass ihr Rechtsstreit von einem [X.] bearbeitet, verhandelt und entschieden werde, der sich an seinen Amtseid gebunden fühle und nicht ankündige, diesem vorsätzlich zuwider handeln zu wollen. Den abgelehnten [X.] interessierten nach seiner Aussage weder Wahrheit noch Gerechtigkeit; es sei ihr nicht zumutbar, sich in dessen Willkür zu begeben. Das [X.] und das [X.] hätten die Tragweite der Gewährleistung des gesetzlichen [X.]s grundlegend verkannt. Dies verletze zugleich ihr Grundrecht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren aus Art. 19 Abs. 4, [ref=8f92e7c5-134a-4752-[X.]. 20 Abs. 3 [X.]] in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 [X.] und sei willkürlich. Durch die vom [X.] und [X.] vorgenommene Auslegung des § 46 Abs. 2 ZPO werde ihr das Recht auf wirksame Beschwerde genommen. Dies verletze das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz sowie die Rechte auf wirksame Beschwerde (Art. 13 [X.]), auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 [X.]). Sie werde zudem gehindert, sich effektiv gegen die Klageforderung zu verteidigen, was gegen Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verstoße.

9

Das [X.] hat mitgeteilt, von einer Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde werde abgesehen. Dem [X.] haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr in dem im Tenor bezeichneten Umfang statt, weil dies zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG angezeigt ist, § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]G. Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das [X.] bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde insoweit zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 in Verbindung mit § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]G).

Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie eine Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts der Beschwerdeführerin aus [ref=ab810bc3-99d4-4e8b-b880-af4cfc6ccdaf]Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.]] durch die Beschlüsse vom 18. April 2012 und vom 28. Juni 2012 rügt, zulässig und offensichtlich begründet. Auf die Frage, ob die Anhörungsrüge geeignet war, die Frist für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde offen zu halten, kommt es nicht an, da die Frist auch dann gewahrt ist, wenn sie mit dem Zugang des Beschlusses des [X.]s vom 28. Juni 2012 zu laufen begann.

1. a) Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG schützt den Anspruch des Bürgers auf eine Entscheidung seiner Rechtssache durch den hierfür von Gesetzes wegen vorgesehenen [X.] (vgl. [X.] 22, 254 <258>). Damit soll die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden (vgl. [X.] 95, 322 <327>). Die Verfassungsnorm garantiert, dass der Rechtsuchende im Einzelfall vor einem [X.] steht, der unabhängig und unparteilich ist und die [X.] und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet (vgl. [X.] 10, 200 <213 f.>; 21, 139 <145 f.>; 30, 149 <153>; 40, 268 <271>; 82, 286 <298>; 89, 28 <36>).

b) Zwar kann eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen [X.] durch die Rechtsprechung, der die Anwendung der [X.] und die Handhabung des Ablehnungsrechts im Einzelfall obliegt, nicht in jeder fehlerhaften Rechtsanwendung gesehen werden; andernfalls wäre jede fehlerhafte Handhabung des einfachen Rechts zugleich ein Verfassungsverstoß (vgl. [X.] 82, 286 <299>; [X.] 5, 269 <280>; 12, 139 <143>; 13, 72 <77>). Die Grenzen zum Verfassungsverstoß sind aber jedenfalls dann überschritten, wenn die Auslegung einer Verfahrensnorm oder ihre Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. [X.] 82, 286 <299> m.w.N.; [X.] 5, 269 <280>; 12, 139 <143 f.>; zuletzt [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 25. Juli 2012 - 2 BvR 615/11 -, juris, Rn. 12). Ob die Entscheidung eines Gerichts auf grober Missachtung oder grober Fehlanwendung des Gesetzesrechts (vgl. [X.] 29, 45 <49>; 82, 159 <197>; [X.] 5, 269 <280>; 12, 139 <143 f.>; 13, 72 <77>) beruht oder ob sie darauf hindeutet, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite des [ref=c7c5b38f-2bb2-4a5b-b7fb-91af3651f9cb]Art. 101 Abs. 1 Satz 2 [X.]] grundlegend verkannt hat, kann nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. [X.] 5, 269 <280>; 12, 139 <144>; 13, 72 <78>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 25. Juli 2012, a.a.[X.]).

c) Eine Besorgnis der Befangenheit ist gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des [X.]s zu zweifeln (vgl. [X.] 82, 30 <38>). Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der "böse Schein", also der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität (vgl. [X.] 46, 34 <41>). Entscheidend ist demnach, ob das beanstandete Verhalten für einen verständigen Verfahrensbeteiligten Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des [X.]s zu zweifeln (vgl. [X.] 5, 269 <281>; 13, 72 <79>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 25. Juli 2012, a.a.[X.], Rn. 13).

2. Nach diesen Maßstäben wurde im vorliegenden Fall der grundrechtliche Anspruch auf den gesetzlichen [X.] nicht gewahrt.

Die dienstliche Stellungnahme des abgelehnten [X.]s, nach der er "wohl etwas ungehalten" reagiert habe, gibt keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, unter welchen Voraussetzungen Unmutsbekundungen eines [X.]s, die sich auf das Verhalten von Prozessparteien oder Zeugen beziehen, bereits als solche geeignet sind, den Eindruck der Voreingenommenheit zu wecken (vgl. [X.], Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 13. Mai 2009 - 2 BvR 247/09 -, juris, Rn. 12; [X.], Beschluss vom 29. März 2012 - 14 W 2/12 - NJW-RR 2012, S. 960 <960>; [X.], Beschluss vom 24. Januar 2012 - 10 W 42/11 ([X.]) -, juris, Rn. 28; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 70. Aufl. 2012, § 42 Rn. 17; [X.], in: [X.] Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2008, § 42 Rn. 24 m.w.N.). Mit der Äußerung, auf die sich der Befangenheitsantrag der Beschwerdeführerin bezog, hat der [X.] nicht nur Unmut über ein Verhalten ihres Bevollmächtigten zum Ausdruck gebracht, sondern zugleich bekundet, dass er an der Erfüllung einer wesentlichen richterlichen Amtspflicht nicht interessiert sei. Der zivilprozessuale Beibringungsgrundsatz macht es zwar zur Sache der Parteien, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und Beweismittel zu benennen, und beschränkt insoweit die Aufgabe des [X.]s, den Sachverhalt zu erforschen (vgl. [X.], Beschluss vom 7. Februar 2008 - [X.]/07 -, [X.], [X.] <241>). Er bedeutet aber ebenso wenig wie andere Beschränkungen der Pflicht zur Ermittlung und Berücksichtigung von Tatsachen - wie sie, etwa im Interesse der Verfahrensbeschleunigung, auch im Ansatz vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägte Verfahrensordnungen kennen -, dass den [X.] die Wahrheit grundsätzlich nicht zu interessieren hätte. Auch der Zivilrichter ist nach Maßgabe der anwendbaren Verfahrensordnung, seinem Amtseid gemäß, verpflichtet, der Wahrheit zu dienen (§ 38 Abs. 1 DRiG).

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände (vgl. [X.] 82, 30 <38>; zur zivilprozessualen Rechtslage Schneider, [X.]im Zivilprozess, 3. Aufl. 2008, Rn. 378; [X.], Beschluss vom 5. Oktober 1992 - 11 W 76/92 -, [X.] 1992, [X.]343; [X.] a. M., Beschluss vom 23. September 1997 - 6 W 140/97 -, NJW-RR 1998, S. 858 <859>; [X.], Beschluss vom 30. September 2004 - 16 W 126/04 -, [X.] 2004, S. 561 <562>) kann eine Besorgnis der Befangenheit nicht verneint werden. Nachdem der [X.] sich geweigert hatte, einen Beweisantrag und weitere Äußerungen des Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin in das Protokoll aufzunehmen, und dieser deshalb dem [X.] vorgehalten hatte, es sei seine Aufgabe, die Wahrheit zu erforschen, stellte die daraufhin an den Bevollmächtigten gerichtete Äußerung des [X.]s, die Wahrheit interessiere ihn nicht, keinen bloßen Hinweis auf die zivilprozessrechtlichen Grenzen der richterlichen Pflicht zur Sachverhaltsermittlung dar. Unter diesen Umständen war die Annahme des [X.]s, die Äußerung begründe keine Ablehnung, weil sie beide Parteien gleichermaßen beschwere, unvertretbar. Die grob unsachliche Äußerung des [X.]s war eindeutig als zurückweisende Reaktion auf ein vom Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin vorgebrachtes Anliegen erfolgt und daher offensichtlich geeignet, den Eindruck einer Voreingenommenheit gerade nach dieser Seite hin zu erzeugen. Erst recht ist die Annahme des [X.]s nicht tragfähig, die Äußerung sei hinzunehmen als Reaktion auf eine sachwidrige Beeinflussung durch den Beklagtenvertreter, der die Pflicht zur Wahrheitsfindung als Druckmittel eingesetzt habe, um den [X.] zur Anhörung des Zeugen zu bewegen. Weshalb in dem Hinweis auf eine bestehende Amtspflicht eine sachwidrige Druckausübung liegen soll, ist nicht ansatzweise nachvollziehbar. Selbst wenn der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin mit seinem Hinweis auf die Wahrheitserforschungspflicht des Gerichts die Reichweite dieser Pflicht unter den gegebenen Umständen verkannt haben sollte, kann darin eine die Besorgnis der Befangenheit ausschließende Rechtfertigung für die anschließende Äußerung des [X.]s schon deshalb nicht liegen, weil in einem rechtsstaatlichen Verfahren die Pflicht des [X.]s zur Erfüllung seiner Amtspflichten und zu sachlichem Umgang mit dem Parteivorbringen nicht davon abhängt, dass dieses Vorbringen auf zutreffenden rechtlichen Einschätzungen beruht.

IV.

Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. [X.] 90, 22 <25 f.>). Von einer weiteren Begründung wird insoweit gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.]G abgesehen.

1. Der Beschluss des [X.]s vom 18. April 2012 und der Beschluss des [X.]s vom 28. Juni 2012 beruhen auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 [X.]G sind sie daher aufzuheben und das Verfahren ist an das [X.] Chemnitz zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des [X.]s vom 24. Juli 2012 wird damit gegenstandslos.

2. Die vollständige Erstattung der Auslagen ist gemäß § 34a Abs. 2, Abs. 3 [X.]G anzuordnen, weil die Beschwerdeführerin ihr wesentliches Rechtsschutzziel erreicht hat.

Meta

2 BvR 1750/12

12.12.2012

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Dresden, 24. Juli 2012, Az: 3 W 562/12, Beschluss

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 38 Abs 1 DRiG, § 46 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.12.2012, Az. 2 BvR 1750/12 (REWIS RS 2012, 407)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 407

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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